Epikanthus medialis
Als Epikanthus medialis (altgriechisch ἐπί epí, deutsch ‚auf, darüber‘; altgriechisch κανθός kanthós, deutsch ‚Augenwinkel‘; lateinisch medialis „zur Mitte hin“), auch Epikanthus-Falte oder einfache Oberlidfalte, wird eine oftmals genetisch bedingte sichelförmige Hautfalte am inneren Randwinkel des Auges bezeichnet, die das Auge mandelförmig erscheinen lässt. Im Gegenzug zur Mongolenfalte bleibt diese Lidfalte auch bei geschlossenem Augenlid bestehen.[1]
Der Epikanthus medialis ist charakteristisch für viele Angehörige der ost- und südostasiatischen Völker von der Mongolei bis Thailand. Zum Beispiel haben die meisten Mongolen, Han-Chinesen, Hui-Chinesen, Tibeter, Koreaner, Japaner, Vietnamesen und Thais Epikanthus-Falten, aber auch Angehörige sibirischer und einige Turkvölker, wie etwa die Tungusen, Tuwiner, Selkupen, Jakuten, Altaier, Kirgisen, Kasachen, Dolganen und Uiguren. Des Weiteren kommt die einfache Oberlidfalte bei indigenen Völkern Amerikas einschließlich Grönlands, sowie bei Khoikhoi-Völkern im südlichen Afrika vor.
Wahrnehmung
Für Europäer scheint bei Ostasiaten das Auge als Ganzes verengt. So sind die diskriminierenden Ausdrücke wie Schlitzauge entstanden[2].
Ostasiaten nehmen oft einen anderen Unterschied wahr; die Epikanthus-Falte im Innenwinkel des Auges spielt keine so große Rolle. Vielmehr unterscheiden Ostasiaten inzwischen Augen mit „einer Oberlidfalte“ (jap. 一重瞼, hitoe mabuta) und Augen mit „doppelter Oberlidfalte“ (二重瞼, futae mabuta). Augen mit nur einer Oberlidfalte sind typisch für ostasiatische Augenformen, während europäische Augen fast immer doppelte Oberlidfalten haben.
Aufgrund des westlichen Einflusses gelten doppelte Lidfalten in vielen ostasiatischen Ländern heutzutage als Schönheitsideal.[3] Europäisches Aussehen wird vielfach bevorzugt,[4] auch soll die doppelte Lidfalte optisch ein größeres Auge erzeugen, der Besitzer soll „freundlicher“ und „wacher“ wirken. Daher werden doppelte Lidfalten oft aufgemalt oder geklebt. Zunehmend werden sie auch durch eine ästhetische Augenoperation verwirklicht.[5] Diese Operation ist heute einer der häufigsten schönheitschirurgischen Eingriffe in Ost- und Südostasien.[6]
Pseudostrabismus
Ein Epikanthus täuscht vom kosmetischen Erscheinungsbild her oft ein Innenschielen vor, insbesondere bei Kleinkindern vom zweiten bis zum dritten Lebensjahr, bei denen ein Epikanthus die Regel ist. Der Eindruck eines Schielens verstärkt sich noch bei horizontalen Blickbewegungen. Im Normalfall verschwindet dieser Eindruck mit Ausbildung des Nasenrückens.[5]
Down-Syndrom
Ein Epikanthus ist – neben aufsteigenden Lidachsen, rundem Gesicht, einer großen Zunge, einem kurzen Hals, Vierfingerfurchen und Sandalenlücken – eines der äußerlichen Merkmale des Down-Syndroms. Von der Ähnlichkeit zu den Augen mongolischer Völker rührt die Bezeichnung der Trisomie 21 durch ihren Entdecker John Down als „Mongolismus“.
Weblinks
Literatur
- Theodor Axenfeld (Begr.), Hans Pau (Hrsg.): Lehrbuch und Atlas der Augenheilkunde. 12., völlig neu bearbeitete Auflage. Unter Mitarbeit von Rudolf Sachsenweger u. a. Gustav Fischer, Stuttgart u. a. 1980, ISBN 3-437-00255-4.
- Pschyrembel klinisches Wörterbuch. Mit klinischen Syndromen und Nomina Anatomica. = Klinisches Wörterbuch. Bearbeitet von der Wörterbuchredaktion des Verlages unter der Leitung von Christoph Zink. 256., neu bearbeitete Auflage. de Gruyter, Berlin u. a. 1990, ISBN 3-11-010881-X.
Einzelnachweise
- Epikanthus. Abgerufen am 12. November 2020.
- Teresa Dapp: Asiaten in Deutschland: Wir sind keine Schlitzaugen! In: Die Zeit. 21. Februar 2014, abgerufen am 12. November 2020.
- Christoph Neidhart: Große Augen. Abgerufen am 12. November 2020.
- Plastic surgery boom as Asians seek 'western' look (Plastische Chirurgie boomt, da Ostasiaten sich "westliches" Aussehen wünschen), CNN.com
- Herbert Kaufmann (Hrsg.): Strabismus. Unter Mitarbeit von Wilfried de Decker u. a. Enke, Stuttgart 1986, ISBN 3-432-95391-7, S. 292.
- https://klinikerfahrungen.de/das-asiatische-schoenheitsideal-die-doppelte-lidfalte/