Fatih Çevikkollu
Fatih Çevikkollu (* 16. April 1972 in Köln) ist ein deutscher Theater-, Film- und Fernsehschauspieler, Kabarettist. Für sein erstes Soloprogramm Fatihland wurde er 2006 mit dem Prix Pantheon Jurypreis ausgezeichnet.
Schauspieler
Fatih Çevikkollu arbeitete zunächst als Schauspieler beim D.a.S. Theater. Später studierte er an der Hochschule Ernst Busch in Berlin und ging dann ans Düsseldorfer Schauspielhaus.[1] Seit 2005 präsentiert er in Köln den Stand-Up-Comedy Club No Maganda Club.[2] Im Fernsehen spielte er die Rolle des Murat Günaydin in Alles Atze, aber auch im Kino – zum Beispiel 2002 in Tattoo – war der Schauspieler zu sehen. Mitte der 1990er Jahre war er Mitglied der Hip-Hop-Gruppe Shakkáh.
Kleinkünstler
Sein erstes eigenes Kleinkunstprogramm Fatihland, in dem der Künstler ironisch und humorvoll Themen aus dem Blickwinkel einer interkulturellen Identität aufbereitet, ist eine Mischung aus Stand-up-Comedy, Kabarett, Rap, Hip-Hop und Lyrik. In der Karnevalssession 2008/09 ist er als der erste Büttenredner mit türkischen Wurzeln beim Kölner Karneval im Veranstaltungsgelände Kölner Tanzbrunnen aufgetreten.
Die Jury des Kleinkunstpreises Prix Pantheon sah 2006 in dem von Çevikkollu verfassten Genre-Mix den Beweis dafür, „dass gutes Kabarett durchaus sinnstiftend sein kann“, und zeichnete den sich selbst als „Comedian“ sehenden Satiriker mit dem Jurypreis aus. In der Laudatio hieß es unter anderem: „Fatih Çevikkollu vollführt seine immer hintergründige und zielsichere Kritik an Politik und Gesellschaft mal nachdenklich, mal bissig, aber immer so, dass seine Sicht der Dinge die Zuschauer nicht nur zum Lachen bringt, sie wirkt auch in deren Köpfen weit über den Abend hinaus.“
Schriftsteller und Buchautor
2008 veröffentlichte Fatih Çevikkollu zusammen mit Sheila Mysorekar sein erstes Buch Der Moslem-TÜV, in dem Sheila Mysorekar und er laut Hamburger Abendblatt „bissig die deutsche ‚Lust am Recht auf Empörung‘ überzeichnet“. Mit Nach Hause veröffentlichte Çevikkollu auch eine Kurzgeschichte in der deutsch-türkischen Anthologie Was lebst Du? (2005).
Mit Der Integrator beschreibt Fatih Çevikkollu 2007 in einem satirischen Beitrag zu dem Sammelband re/visionen. Postkoloniale Perspektiven von People of Color auf Rassismus, Kulturpolitik und Widerstand in Deutschland. seine „Desintegrationserfahrungen“.[3] In dieser autobiographisch angelegten Satire schildert Çevikkollu seine durch Helmut Kohls ‚Fernseh-Genuschel‘ über Integration provozierten Erfolge, den „Moslem-TÜV“ zu bestehen: „Ich zerlegte Deutschland in 0,7 Sekunden souverän in Mittelgebirge, wusste sofort, wer Caspar David Friedrich ist – ich hatte ja alle seine Platten im Original (Schellack) – und ließ mir den Artikel 1 des Grundgesetzes in Fraktur auf den Unterarm tätowieren. So erscheint der starke Arm des Gesetzes in ganz neuem Licht.“[4] Danach gab es aus seinem Deutschsein kein Zurück, er war ja der Integrator. Bei einem Besuch bei seiner in die Türkei zurückgekehrten Mutter jedoch entdeckt er, dass ihn die Lust der Deutschen, sich zu empören, auch in der Türkei nicht loslässt. Beim Einkauf in einem Carrefour konfrontiert ihn das Personal bei seinem verzweifelten Versuch, den Geschäftsführer zu sprechen, mit der Feststellung: „Was macht denn der Deutsche hier?!“ – Çevikkollu resigniert: „Das war aus mir geworden, aus meinem unschuldigen Wünschen, mitspielen zu wollen. Ich spürte das schwere Atmen Helmut Kohls im Nacken und erkannte zu spät: Es war die dunkle Seite der Macht.“[5]
Hörspiele und Feature
- 2009: Inge Braun, Helmut Huber: Werd ich mit Singen deutsch? – Regie: Nikolai von Koslowski (DKultur/RBB)
- 2015: David Zane Mairowitz: Inschallah, Marlov – Regie: Jörg Schlüter (Kriminalhörspiel – WDR)
Preise
- 2006: Prix Pantheon (Jurypreis)
- 2007: Sprungbrett – Kabarettpreis der Tageszeitung Handelsblatt
- 2011: Kulturpreis der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland (Förderpreis)
- 2019: sPEZIALiST 2019 (Publikumspreis)
- 2019: St. Ingberter Pfanne (Jurypreis)
Literatur
- Der Moslem-TÜV: Deutschland, einig Fatihland. Mit Sheila Mysorekar. Rowohlt, Hamburg 2008. ISBN 978-3-498-00938-0 Leseprobe (PDF; 130 kB)
- Der Integrator. In: Kien Nghi Ha, Nicola Lauré al-Samarai, Sheila Mysorekar (Hrsg.): re/visionen. Postkoloniale Perspektiven von People of Color auf Rassismus, Kulturpolitik und Widerstand in Deutschland. Unrast-Verlag, Münster 2007, ISBN 978-3-89771-458-8 Herausgeberinnenpräsentation (PDF; 9 kB)
- Nach Hause. Kurzgeschichte. In: Aysegül Acevit, Birand Bingül (Hrsg.): Was lebst du? Geschichten aus Almanya. Knaur, München 2005, ISBN 3-426-77797-5
Weblinks
- Literatur von und über Fatih Çevikkollu im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Fatih Çevikkollu in der Internet Movie Database (englisch)
- offizielle Internetpräsenz Fatih Çevikkollus
- Laudatio der Jury zum Prix Pantheon Jurypreis 2006 an Fatih Çevikkollu
- Interview und Podcast mit Fatih Çevikkollu
Einzelnachweise
- Presseinformation 2013 Seite 2 (Memento des Originals vom 7. April 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. . Website von Fatih Çevikkollu. Abgerufen am 6. April 2014.
- Unrast Personenverzeichnis
- Kien Nghi Ha, Nicola Lauré al-Samarai, Sheila Mysorekar in re/visionen. Seite 16.
- re/visionen. Postkoloniale Perspektiven von People of Color auf Rassismus, Kulturpolitik und Widerstand in Deutschland. Seite 129
- re/visionen. Postkoloniale Perspektiven von People of Color auf Rassismus, Kulturpolitik und Widerstand in Deutschland. Seite 131