Félicité de Lamennais

Félicité Robert d​e Lamennais (* 19. Juni 1782 i​n Saint-Malo; † 27. Februar 1854 i​n Paris) w​ar ein französischer Priester, Philosoph u​nd Verfasser politischer Schriften.

Lamennais. Porträt von Jean-Baptiste Paulin Guérin

Leben

Lamennais, Sohn eines geadelten Reeders, verlor seine Mutter mit fünf Jahren und wuchs bei einem Onkel auf. Sein älterer Bruder Jean-Marie (1780–1860) begründete die Ordensgemeinschaft der Schulbrüder von Ploërmel sowie eine weibliche Ordensgemeinschaft in Saint-Brieuc, seine Seligsprechung ist gegenwärtig im Gange. In seinem vierbändigen Essai sur l’indifférence en matière de religion („Über die Gleichgültigkeit in Sachen Religion“, 1817–1823) setzte sich Félicité Robert mit den Philosophen der französischen Aufklärung auseinander, insbesondere mit Jean-Jacques Rousseau und Voltaire. Er versuchte dabei, den Katholizismus mit liberalem und progressivem Gedankengut der Aufklärung zu verbinden. Insbesondere die ideologische und institutionelle Verflechtung von Klerus und Königtum, die im Ancien Régime im Rahmen des Systems des Gallikanismus etabliert und durch das napoleonische Konkordat von 1801 quasi weitergeführt worden war, war ihm dabei ein Dorn im Auge. Beeinflusst von Rousseau setzte er sich für Demokratie und Republik ein und forderte Religions- und Pressefreiheit sowie die Trennung von Staat und Kirche. Gleichzeitig befürwortete der tiefgläubige Katholik Lamennais die päpstliche Autorität in Glaubensfragen und die Zentralisierung der Kirche, somit war er auch ein Vordenker des Ultramontanismus, der Mitte des 19. Jahrhunderts in Frankreich einflussreich zu werden begann. Sprachrohr seiner Ansichten war die kurzlebige Zeitschrift L’Avenir, die er 1830–1831 gemeinsam mit dem Theologen Lacordaire, dem Politiker Montalembert und mehreren anderen Intellektuellen herausgab.

Seine revolutionären Ideen führten unweigerlich z​u heftigen Anfeindungen d​urch konservative Bischöfe. 1832 verurteilte Papst Gregor XVI. o​hne Nennung d​es Namens Lamennais’ Schriften i​n seiner Enzyklika Mirari vos u​nd verfasste ebenfalls d​ie Enzyklika Singulari nos (1834) m​it dem Untertitel: „Über d​ie Irrtümer Lamennais“. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen b​rach Lamennais m​it Rom u​nd wandte s​ich einem christlichen Sozialismus zu. Seine 1834 erschienenen Paroles d’un croyant („Worte e​ines Gläubigen“) beklagten d​ie „Entzauberung“ d​er Welt u​nd inspirierten e​ine ganze Generation religiöser Sozialisten.[1] 1835 führten i​hn Franz Liszt u​nd Marie d’Agoult i​n den Salon v​on George Sand ein. 1848 w​urde er i​n die Nationalversammlung gewählt, d​och nach d​em Staatsstreich v​om 2. Dezember 1851 z​og er s​ich aus d​er Politik zurück.

Lamennais g​ilt auch a​ls einer d​er Begründer d​es Fideismus, e​iner extremen Form katholischer Glaubensphilosophie.

Werke (Auswahl)

  • Réflexions sur l’état de l’église en France pendant le 18ième siècle et sur sa situation actuelle (1808)
  • De la tradition de l’église sur l’institution des évêques (1814)
  • Essai sur l’indifférence en matière de religion (1817–1823)
  • De la religion considérée dans ses rapports avec l’ordre public et civil (1825–1826)
  • Les Progrès de la révolution et de la guerre contre l’église (1828)
  • Paroles d’un croyant (1834)
  • Le Livre du peuple (1837)
  • De l’esclavage moderne (1839)
  • Politique à l’usage du peuple (1839)
  • Esquisse de philosophie (1840)
  • Amschaspands et Darvands (1843)

Literatur

  • Jean-René Derré: Lamennais, ses amis et le mouvement des idées à l’époque romantique 1824–1834, Klincksieck 1962.
  • Waldemar Gurian: Die politischen und sozialen Ideen des französischen Katholizismus 1789/1914, Volksvereins-Verlag 1929.
  • Julian Strube: Ein neues Christentum. Frühsozialismus, Neo-Katholizismus und die Einheit von Religion und Wissenschaft. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 66/2, 2014, S. 140–162.
  • Andreas Verhülsdonk: Religion und Gesellschaft: Félicité Lamennais, Peter Lang 1991.
Commons: Félicité de Lamennais – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Félicité Robert de Lamennais – Quellen und Volltexte (französisch)

Einzelnachweise

  1. Julian Strube: Sozialismus, Katholizismus und Okkultismus im Frankreich des 19. Jahrhunderts. De Gruyter, Berlin/Boston 2016, S. 177–211; vgl. Julian Strube: Ein neues Christentum. Frühsozialismus, Neo-Katholizismus und die Einheit von Religion und Wissenschaft. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 66/2, 2014, S. 140–162.
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