European Robotic Arm
Der European Robotic Arm (ERA, englisch für Europäischer Roboterarm) ist ein von der ESA entworfener und in Europa gebauter Roboterarm, der vom russischen Segment der Internationalen Raumstation aus operiert.
Entwicklung
Die Entwicklung und der Bau des ERA wurden als internationales Projekt der ESA in Auftrag gegeben. Unter Leitung des niederländischen Hauptvertragspartners Dutch Space beteiligten sich mehrere europäische Unternehmen aus acht Ländern an dem Vorhaben. Der Grundgedanke war, den Wirkungsbereich des Canadarm2 zu erweitern, da dieser nicht in der Lage ist, sich am russischen Stationssegment fortzubewegen und somit nicht alle Bereiche der Station erreichen kann. Darüber hinaus sollte ein redundantes System für einen möglichen Ausfall des Canadarm2 geschaffen werden.
Weiterhin dient ERA der Erprobung und Erforschung einsatztauglicher Robotertechnik selbst, da er weitgehend selbständig arbeiten soll und das erste von der ESA entworfene System seiner Art darstellt. Die beiden anderen Roboterarme Canadarm2 und Strela hingegen werden überwiegend manuell gesteuert und bauen auf erfolgreichen Vorgängersystemen auf.
Start und Installation
ERA ist zusammen mit dem russischen Forschungsmodul Nauka (MLM), an Bord einer russischen Proton-M-Rakete vom Weltraumbahnhof Baikonur aus zur Raumstation gestartet. Der Start des zugeteilten Aufbaufluges 3R war ursprünglich für 2009 geplant, sollte dann 2014 erfolgen, verzögerte sich aber aufgrund mehrerer technischer Probleme immer wieder[1][2] und fand am 21. Juli 2021 statt.[3] Vor der Installation des ERA wurden im Rahmen des Shuttle-Transportfluges für das Modul Rasswet (STS-132) die Luftschleuse, ein Radiator sowie Ersatzteile für den ERA geliefert. Im All werden diese Ausrüstungsgegenstände später durch den ERA an Nauka angebracht.
Bereits im Sommer 2006 wurde ERA nach Russland geliefert, um die Integration an Nauka vorzunehmen und die Funktion des Systems zu überprüfen. Das MLM wird nach der Installation an der ISS Ausgangsmodul für ERA sein und enthält neben mehreren Versorgungspunkten auch den Steuerstand, der es der Besatzung ermöglicht, den Roboterarm vom Inneren der ISS aus zu bedienen. Darüber hinaus wird es auch außerhalb der Station möglich sein, den Roboterarm während eines Außenbordeinsatzes zu steuern. Bei der Steuerung aus dem Stationsinneren, kurz als IVA-MMI bezeichnet (Intra Vehicular Activity-Man Machine Interface), wird ein Laptop verwendet, auf dem der bedienende Astronaut den Arm und dessen Umgebung beobachten kann. Bei der Kontrolle des Armes während eines Ausstiegs, dem EVA-MMI (Extra Vehicular Activity-Man Machine Interface), kommt ein speziell angepasstes Steuermodul zum Einsatz, das eigens zur Bedienung mit sperrigen Handschuhen der Raumanzüge ausgelegt ist.
Aufgaben
Nach dem Vorbild des bereits an der ISS installierten kanadischen Roboterarms Canadarm2 wird ERA in der Lage sein, von verschiedenen Versorgungspunkten des russischen Segmentes aus zu operieren. Dazu wird ERA sich ähnlich einer Spannerraupe anhand der sogenannten Power and Data Grapple Fixtures frei fortbewegen können. Einige der von ERA wahrgenommenen Tätigkeiten werden vollständig automatisch, also ohne die direkte Bedienung durch ein Mitglied der ISS-Besatzung, oder halbautomatisch ablaufen. Dies soll präzises Arbeiten sicherstellen und zusätzlich der Besatzung ermöglichen, anderen Tätigkeiten nachzugehen. Neben Inspektionsarbeiten und dem Transport von Experimenten wird ERA auch die Raumfahrer selbst zu ihren Einsatzorten bringen, was eine wesentlich schnellere Fortbewegung bei Außeneinsätzen ermöglicht.
Die Aufgaben des ERA beinhalten:
- Aussetzen und Wiedereinbringen von Experimenten in den freien Weltraum
- Inspektion und Videoüberwachung der Station
- Unterstützung während Außenbordeinsätzen
- Installation und Aufstellung von Solarpaneelen
- Ersatz und Reparatur von Solarpaneelen
- Handhabung externer Nutzlasten
Komponenten
- Zwei ca. 5 m lange, symmetrische Arm-Sektionen aus CFK (Gliedmaßen, engl. limbs)
- Zwei identische Greifer (engl. End Effectors (EE)) die auch Daten, Strom und mechanischen Antrieb auf Nutzlasten übertragen können
- Zwei Handgelenke mit je drei Verbindungsstellen
- Eine dem Ellbogen ähnliche Verbindung
- Einen zentralen Steuerungscomputer im Arm (engl. ERA Control Computer (ECC))
- Vier Kameras und dazugehörige Beleuchtungseinheiten (engl. Camera and Light Units (CLU))
Technische Daten
- Gesamtlänge: 11,3 m
- Operationsradius: 9,7 m
- Masse: 630 kg
- Maximale Nutzlast: 8 t
- Maximale Bewegungsgeschwindigkeit: 0,1 m/s
- Positionierungsgenauigkeit: 5 mm
- Energieverbrauch: 475 W im Durchschnitt, 800 W maximal
- Betriebsspannung: 120 V Gleichspannung
Weblinks
- Seite des Herstellers (englisch, niederländisch)
- ERA-Seite der ESA (Memento vom 5. November 2012 im Internet Archive)
- ESA-Bulletin Nr. 128 (PDF-Datei; 992 kB), November 2006
- EADS Astrium: Robotiksysteme für die Internationale Raumstation ISS (Memento vom 15. Juli 2014 im Internet Archive)
Einzelnachweise
- FGB-2/MLM. Russian Space Web, 4. Oktober 2016, abgerufen am 28. Dezember 2016 (englisch).
- Alain Chabot: Russia to bump its ISS crew back to three. Russian Space Web, 24. Oktober 2017, abgerufen am 25. Oktober 2017 (englisch).
- Anatoly Zak: Nauka's launch pushed back to May 2021. (Anmeldung erforderlich) Russian Space Web, 18. Mai 2020; Zusammenfassung auf Twitter.