Eugen Nesper (Ingenieur)
Eugen Heinrich Josef Nesper (* 5. Juli 1879 in Meiningen; † 3. Mai 1961 in Berlin) war ein deutscher Ingenieur, Hochfrequenztechniker und Schriftsteller. Er gilt als Pionier der drahtlosen Übertragung.
Leben
Eugen Nesper war der Sohn des Schauspielers Josef Nesper (1844–1925) und seiner Frau Therese (1855–1914). Er besuchte das Falk-Realgymnasium in Berlin, verließ aber die Schule im Jahr 1896 vorzeitig und begann ein Volontariat in der Berliner Filiale der Deutzer Gasmotoren-Fabrik Möller & Bluhm. Als Hilfsassistent nahm er 1896/1897 an den frühen Versuchen zur drahtlosen Telegraphie teil, die Adolf Slaby und dessen Assistent Georg Graf von Arco in Potsdam-Babelsberg durchführten. Er gehörte damit zu den Funkpionieren der ersten Stunde.
Eugen Nesper bestand die externe Reifeprüfung im Jahr 1898 und studierte anschließend Elektrotechnik, Maschinenbau und Nationalökonomie an der Technischen Hochschule in Charlottenburg bis zum Diplom im Jahr 1902. Im Jahr 1904 promovierte Nesper mit der Arbeit „Die Strahlung von Spulen“ zum Dr. phil. an der Universität Rostock.[1] Im Sommersemester 1904 arbeitete er als technischer Assistent am Elektrotechnischen Institut der Technischen Hochschule Danzig und danach als Laboringenieur bei der Telefunken-Gesellschaft für drahtlose Telegraphie mbH.
Im Jahr 1906 wechselte er gemeinsam mit weiteren Mitarbeitern der Telefunken zur C. Lorenz AG, die gerade von der Amalgamated Radio Telegraph Company des dänischen Physikers Valdemar Poulsen die Lizenzrechte für den von ihm erfundenen Lichtbogensender erworben hatte. In den folgenden Jahren arbeitete Nesper in leitender Position an dessen Weiterentwicklung und an anderen frühen Funksystemen mit. Bald leitete er die drahtlose Abteilung und von 1917 bis 1921 führte er die Niederlassung der Lorenzwerke in Wien. Er entwickelte in dieser Zeit eine zunehmende Faszination für die zu dieser Zeit noch neue Idee eines organisierten Rundfunks.
„... der Gedanke, Geräte zur drahtlos-telefonischen Übertragung zu bauen, nicht nur um rasch objektiv gehaltene Nachrichten an jeden, der einen entsprechenden Empfänger besaß, zu übertragen, sondern vor allem, um der Idee der Völkerversöhnung zu dienen.“
Als er 1921 erkannte, dass er dafür im Deutschen Reich eher etwas erreichen konnte, als in der Republik Österreich, kehrte er als technischer Schriftsteller und Gutachter nach Berlin zurück. Er warb in der Folgezeit sehr aggressiv um eine breite öffentliche Aufmerksamkeit für seine Forderung nach einer schnellen Einführung und Verbreitung des Hörfunks in Deutschland. Dazu setzte er vor allem auf seine wissenschaftlichen, aber an eine sehr bereite Leserschaft gerichteten Publikationen, wie die Zeitschrift „Jahrbuch der drahtlosen Telegraphie“, deren Herausgeber er als Nachfolger von Heinrich Fassbenders ab 1922 für einige Jahre war. Im März 1923 improvisierte er gemeinsam mit Siegmund Loewe, Manfred von Ardenne und Otto Kappelmayer vor zahlreichen Mitgliedern des Reichskabinetts und dem Reichspräsidenten Friedrich Ebert eine Vorführung englischer Rundfunksendungen, um politische Unterstützung für ein Zustandekommen des Unterhaltungs-Rundfunks auch in Deutschland zu gewinnen. Am 6. April 1923 gründeten Siegmund Loewe und Eugen Nesper den ersten Radioclub in Berlin, den „Deutschen Radio-Klub e.V.“ Ab August des gleichen Jahres begann er die Zeitschrift „Der Radio-Amateur“ herauszugeben, die bereits im ersten halben Jahr eine Auflage von 50.000 erreichte. Außerdem war er nicht nur als Autor eigener Bücher, sondern auch als Übersetzer mehrerer englischsprachiger Werke zum Thema Radio und Rundfunk tätig. Neben Hans Bredow, der die politischen und rechtlichen Weichenstellungen übernahm, gilt Nesper mit seiner öffentlichen Propaganda in der Geschichte des Hörfunks als einer der entscheidenden Wegbereiter des 29. Oktober 1923, an dem mit der ersten Unterhaltungssendung des Senders Funk-Stunde Berlin aus dem Vox-Haus der Hörfunk in Deutschland seinen offiziellen Anfang feiern konnte.
Auf technischer Seite beteiligte er sich über die Mitarbeit als Gutachter und Berater an zahlreichen Detailverbesserungen, sowohl zur Antenne als auch verschiedener anderer Komponenten der ersten Rundfunkempfänger. Unter seiner Mitwirkung entwickelte Teile hatten einen ausgezeichneten Ruf bis über die Grenzen Deutschlands hinaus. Von den Nationalsozialisten wurde er mehrfach als Rundfunksachverständiger herangezogen und 1943 dazu beauftragt, eine Ultraschall-Signalübertragung zu entwickeln, an der er bis zum Kriegsende in Dresden arbeitete.
Nach und nach erweiterte Nesper seine Interessen auch auf die Bildtelegraphie und Fernsehtechnik. Anfang der 40er Jahre befasste er sich intensiv mit dem Bau von Lautsprechern. Für ein Raumtonsystem erhielt er 1949 ein Patent,[3] in dem er bereits Grundgedanken für den späteren 3-D-Klang formulierte.
Eugen Nesper starb im Alter von 82 Jahren einsam in Berlin.[2] Die 1908 geschlossene Ehe mit der Arzttochter Käte Wilbrandt (* 1882) war kinderlos.
In Berlin-Lichtenrade wurde eine Straße nach ihm benannt, der Nespersteig.
Leistungen und Werke
Große Bekanntheit erlangte er mit seinen zahlreichen Veröffentlichungen über die Radiotechnik, sowohl in Fachzeitschriften wie Der Radio-Amateur oder Elektrotechnische Zeitschrift, wie auch mit zahlreichen Büchern. Zu den Standardwerken gehört Wege zum Detektorlautsprecher, das 1946 erschienen und im Jahr 1949 von ihm nochmal erheblich überarbeitet worden ist.
Mehrere Jahre redigierte er außerdem das Wiener Funkmagazin, die Funktechnik und die Dralowid-Nachrichten. Er verfasste insgesamt etwa 1000 Fachaufsätze und mehr als 30 Bücher, wie insbesondere:
- Die drahtlose Telegraphie und ihr Einfluss auf den Wirtschaftsverkehr unter besonderer Berücksichtigung des >>System Telefunken<<. Berlin (Springer) 1905
- Die Frequenz- und Dämpfungsmesser der Strahlentelegraphie, 1907
- Handbuch der drahtlosen Telegraphie und Telephonie. Berlin (Springer) 1921, 2 Bände
- Radio-Schnell-Telegraphie, 1922
- Der Radio-Amateur „Broadcasting“. Ein Lehr- und Hilfsbuch für die Radio-Amateure aller Länder, 1923
- Der Rundfunk auf dem Lande und in Kleinstädten, 1925
- Ein Leben für den Funk – Wie der Rundfunk entstand, 1950
- UKW- und Fernseh-Empfangsantennen (gemeinsam mit A. Korn), 1954
Weblinks
- Literatur von und über Eugen Nesper im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Literatur
- Oskar Blumtritt: Nesper, Eugen Heinrich Josef. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 70 f. (Digitalisat).
- Kurt Jäger: Lexikon der Elektrotechniker, VDE-Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-8007-2120-1. S. 269 f.
Einzelnachweise
- Siehe dazu auch den Eintrag von Eugen Nesper im Rostocker Matrikelportal
- Kurt Jäger: Lexikon der Elektrotechniker, VDE-Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-8007-2120-1. S. 269
- Raumplastik-Wiedergabevorrichtung, DBP 969503 vom 18. Oktober 1949