Eisenbahnunfall von Northeim
Der Eisenbahnunfall von Northeim war die Entgleisung eines Güterzugs gegen 1.30 Uhr am 15. November 1992 am Nordende des Bahnhofs Northeim, in dessen Trümmer anschließend der Schnellzug von München nach Kopenhagen hinein fuhr. 11 Tote und 51 zum Teil schwer Verletzte waren die Folge.
Ausgangslage
Auf der zweigleisigen Strecke Hannover–Göttingen war ein Güterzug in südliche Richtung unterwegs, in der Gegenrichtung der D 482 von München nach Kopenhagen.
Unfallhergang
Von einem in den Güterzug eingestellten Hilfszugwagen löste sich ein Puffer, fiel ins Gleis und brachte zunächst einen Wagen am Nordende des Bahnhofs Northeim zum Entgleisen, was die Entgleisung weiterer 14 Güterwagen zur Folge hatte. Einige dieser Wagen ragten nun in das Lichtraumprofil des Gegengleises, auf dem sich der Schnellzug mit einer Geschwindigkeit von knapp 120 km/h näherte. Zwar hatten die Trümmer auf dem Gegengleis zur Folge, dass die Gleisfreimeldeanlage eine Besetztmeldung abgab, so dass das für den D482 „Fahrt“ zeigende Einfahrsignal des Bahnhofs Northeim auf „Halt“ zurückfiel. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Lok des D482 aber bereits unmittelbar vor dem Einfahrsignal. Der Lokführer hatte daher keinerlei Chance, auf den Wechsel der Signalstellung noch rechtzeitig zu reagieren. Die beim Überfahren des Signals erfolgte Zwangsbremsung konnte aufgrund der Kürze der von dem Signal bis zum Hindernis noch verbleibenden Wegstrecke von 180 Metern nicht mehr nennenswert wirksam werden. Die Lok fuhr mit ihrer Front mit einer Geschwindigkeit von etwa 120 km/h in die in dem Gleis stehenden Wagentrümmer und schrammte mit dem Zug anschließend mit noch etwa 100 km/h an den in das Gleis hineinragenden Güterwagen vorbei. Der Führerstand der Lokomotive des Schnellzuges (DB-Baureihe 110[1]) wurde bis zur Rückwand eingedrückt. Die Lokomotive und die vorderen Wagen wurden zudem seitlich aufgeschlitzt, entgleisten und stürzten zum Teil um. Ein Schlafwagen und ein weiterer Wagen stürzten von der Brücke über die B 241, durchbrachen das Brückengeländer und blieben kopfüber zertrümmert liegen. Erst nach mehreren hundert Metern kam der Zug zum Stehen.[2]
Folgen
11 Menschen starben und 51 wurden zum Teil schwer verletzt. Der Lokomotivführer des Schnellzuges wurde in der schwer beschädigten Lokomotive eingeklemmt und kam ebenfalls ums Leben.
Zwölf Minuten nach dem Unfall waren die ersten Retter vor Ort. Nahezu 500 Helfer von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk (THW), Rettungsdiensten und Polizei waren im Einsatz, vom THW allein etwa 250. Es war der größte Katastropheneinsatz in der Geschichte von Northeim. In Bahnhofsnähe wurde mit Zelten und Betten ein Auffanglager für die verletzten und gestrandeten Reisenden errichtet.
Die Staatsanwaltschaft ermittelte jahrelang. Das Verfahren wurde jedoch schließlich eingestellt, weil eine individuelle Schuld niemandem nachzuweisen war. Es handele sich um eine „Verkettung unglücklicher Umstände“. Wäre der D482 nur etwa 30 Sekunden später unterwegs gewesen, hätte der Lokführer auf das Zurückfallen des Einfahrsignals des Bahnhofs Northeim auf „Halt“ noch rechtzeitig reagieren und den Zug vor dem Hindernis anhalten können. Zur Erinnerung an den Unfall wurde in der Nähe des Bahnhofs ein Gedenkstein gesetzt.
Weblinks
- Foto auf hna.de
- THW Ortsverband Northeim: Zugunglück im Northeimer Bahnhof.
- Zugunglück Northeim im Göttingen-Wiki.
Einzelnachweise
- Bild vom THW Northeim, die Nummer 110 ist spiegelverkehrt lesbar.
- Artikel im Spiegel vom 23. November 1992, Ausgabe 48/1992, S. 101–105