Eduard Schreiber (Filmemacher, 1939)
Eduard Schreiber (* 21. Mai 1939 in Obernitz) ist ein deutscher Filmregisseur und Autor.
Leben
Eduard Schreiber wurde 1939 Obernitz (Böhmen) geboren und ist dort noch ein Jahr zur Schule gegangen, bis er 1946 mit seiner Familie in die Nähe von Ilsenburg im Harz ausgesiedelt wurde. Nach dem Abschluss der Oberschule wurde sein ganzer Abiturjahrgang nicht zum Studium zugelassen, deshalb verpflichtete er sich zum Dienst in der NVA. Anschließend bewarb er sich in an der Karl-Marx-Universität Leipzig für ein Studium der Literaturwissenschaften und war am Institut für Literarische Publizistik eingeschrieben. Parallel besuchte er Prosa- und Literaturkritik-Seminare und belegte ein Jahr Germanistik.
Eduard Schreiber hat seit 1960 jedes Jahr regelmäßig an der Dokumentarfilmwoche in Leipzig teilgenommen und bewegte sich in einem Kreis um das Filmkunsttheater Casino. Hier pflegte er sehr intensiven Kontakt mit anderen Filmemachern, welche ihn gründlich prägten. Schreiber leitete zu dieser Zeit einige Abenddiskussionen im Hotel Astoria und schrieb viele Filmkritiken, bis er 1970 ins DEFA-Studio für Dokumentarfilme kam, dem er bis 1990 angehörte. Eine Promotion über die Prager Literatur bei Eduard Goldstücker wurde von der Karl-Marx-Universität nicht zugelassen, da der Prager Frühling bereits begonnen hatte, weshalb er über Egon Erwin Kisch promovierte.
Nach 1990 las er seine Stasi-Akten und stellte fest, dass er bereits Anfang der 1960er-Jahre durch das Ministerium für Staatssicherheit observiert wurde. Allein in den acht Jahren im DEFA-Studio für Dokumentarfilme haben 14 Mitarbeiter Berichte über ihn geschrieben. 1988 trat Eduard Schreiber aus der SED aus.[1]
Neben seinen Werken als Regisseur von über 50 Dokumentarfilmen wurde Eduard Schreiber, der sich auch Radonitzer nennt, durch seine Arbeiten zur Filmtheorie und Filmgeschichte, als Nachdichter, Übersetzer von Poesie und Prosa sowie anderen Schriften aus der Tschechische Sprache ins Deutsche sowie als Herausgeber bekannt. In Tschechien ist er Mitglied der Künstlervereinigung „Q“.[2]
Eduard Schreiber lebt in Wilhelmshorst.
Filmografie
- 1972: Deutsch, deutscher, bundesdeutsch
- 1974: Eisenmacher
- 1975: Annäherung an E.H.M.
- 1976: ...als ob es gestern wär'. Walli Nagel
- 1977: Hermann Hesse 1877–1977
- 1978: Ich war Ernst Reinhardt
- Nun gut, wir wollen fechten. G. E. Lessing
- 1979: Das wechselvolle Leben des deutschen Malers und Glücksuchers Heinrich Vogeler
- Wieland Förster. Dezember 79
- 1980: Erinnerungen an Häuser
- 1982: Ein Bauer und seine Frau
- 1983: Abhängig
- 1984: Miklós Radnóti
- 1985: Wissen Sie nicht, wo Herr Kisch ist
- 1987: The Time is now – Jetzt ist die Zeit
- 1988: Rückfällig
- 1989: Spuren
- 1990: Ich war ein glücklicher Mensch
- 1991: Östliche Landschaft
- 1992: Die Tribüne
- Unser täglich Brot gib uns heute
- 1993: Der Ballon
- 1994: Großer trauernder Mann
- Kreml-Frauen
- 1995: Lange nach der Schlacht. Altes Lager 1991–1994
- 1996: Tod im Kreml
- 1997: Reise ohne Wiederkehr. Philipp Tolziner – Bauhausarchitekt
- 1998: Die Erfindung Goethe
- 1999: Aviatricen. Die Stars der Stalinschen Luftfahrt
- 2000: Zone M.
- Trotzkis Traum. Psychoanalyse im Lande der Bolschewiki
- 2001: Ein abgebrochenes Gespräch. Eduard Goldstücker
- 2003: Tödliches Heilkraut. Erich Arendt
- Schlesinger. Berlin
- 2004: Klang-Rausch-Ekstase. Die Künstlergruppe „Brücke“ 1905–1913
- 2005: Im Labyrinth. Wieland Förster
- 2006: PhantomAsien
- 2007: Was ich am besten kann, ist Schweigen. Der Theatermacher Fritz Marquardt
Auszeichnungen
- 1984: Findlingspreis 1983 der Filmklubs der DDR für Abhängig[3]
- 1986: 16. Internationales Kurzfilmfestival Tampere: Ehrendiplom für Wissen Sie nicht, wo Herr Kisch ist[4]
- 1986: Heinrich-Greif-Preis für Radnóti und Wissen Sie nicht, wo Herr Kisch ist[5]
- 1991: Bundesfilmpreis für Östliche Landschaft[6]
Literatur
- Ralf Schenk, Ingrun Spazier: Eduard Schreiber – Dokumentarfilm-Regisseur. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 34, 2000.
- Eduard Schreiber: Das Auge schwimmt auf dem Canale Grande (Hrsg.: DEFA-Stiftung, Dezember 2020)[7]
Weblinks
- Eduard Schreiber in der Internet Movie Database (englisch)
- Eduard Schreiber bei filmportal.de
- Eduard Schreiber auf der Website der DEFA-Stiftung
Einzelnachweise
- Interview-Film Ralf Schenk im Zeitzeugengespräch mit Eduard Schreiber von 2002
- Eduard Schreiber beim Arco-Verlag Wuppertal
- Neue Zeit vom 24. Januar 1984, S. 4
- Neues Deutschland vom 6. März 1986, S. 6
- Berliner Zeitung vom 15. März 1986, S. 7
- Neue Zeit vom 5. Dezember 1991, S. 12
- Das Auge schwimmt auf dem Canale Grande. DEFA-Stiftung, abgerufen am 22. Dezember 2020.