Eduard Oehler
Eduard Heinrich Oehler (* 13. Juni 1837 in Aarau; † 30. Mai 1909 in Bern) war ein Schweizer Industrieller in Offenbach.
Leben
Eduard Oehler wurde als Sohn des aus Frankfurt am Main stammenden und 1826 in der Schweiz eingebürgerten Aarauer Kantonslehrers und späteren Offenbacher Teerfarbenfabrikanten Karl Gottlieb Reinhard Oehler und der Aarauer Beamtentochter Louise Jaeger geboren.[1] Nach dem Besuch der Kantonsschule Aarau und Heirat der Tochter des Gründers, studierte er ab 1856 Chemie am Polytechnikum Zürich, wo er sich dem Corps Rhenania anschloss.[2] Nach dem Studium ging er nach Paris, um sich wissenschaftlich und technisch weiterzubilden. Dort lernte er die Teerfarben und deren Darstellung kennen.
Nach seiner Rückkehr aus Frankreich trat er in Offenbach am Main in das von seinem Vater 1850 übernommene Sellsche Teerfarbenwerk ein, das zu dieser Zeit Teerprodukte wie Ruß, Wagenschmiere und Kreosot herstellte. Bei einem Großbrand im Sommer 1857 zog er sich lebensgefährliche Verbrennungen zu. Die Narben zeichneten ihn zeitlebens im Gesicht.
Als sein Vater 1870 aus dem Geschäft austrat, führte er zusammen mit seinem Bruder Karl, den er später auszahlte, die K. Oehler Anilin- und Anilinfarbenfabrik Offenbach weiter. Aus bescheidenen, werkstattmäßigen Anfängen heraus war es zu einem mittelständischen Unternehmen mit über 500 Arbeitern und etwa 100 technischen und kaufmännischen Angestellten entwickelt worden. Das Produktportfolio wurde um neue Farbstoff wie Alizarin, Wasserblau und Indigo erweitert.[3]
Er war Mitglied der Gesellschaft deutscher Chemiker, in deren Mitgliederverzeichnis er ohne akademischen Grad für die Firma K. Oehler in Offenbach geführt wurde.[4][5] Wegen seines geschäftlichen Erfolges wurde er als Blaukönig von Offenbach bezeichnet.
Mitte 1905 wurde das Werk von den Inhabern für 2 Mio. Mark an die Chemische Fabrik Griesheim-Elektron verkauft.
Seine 1873 von seinem Cousin Jaeger, einem Verwandten seiner Mutter Louise Jaeger, konstruierte Fabrikantenvilla in Offenbach, Mainstraße 159 hat sich erhalten. Sie wurde jüngst aufwendig saniert und befindet sich im Privatbesitz. Auch nahm er seinen Schwiegersohn Ferdinand Boehm als Teilhaber auf und ermöglichte ihm den Bau einer imposanten Fabrikantenvilla in Offenbach, Körnerstraße 48.[6] Am 20. August 1902 kaufte Eduard Oehler als Besitzer der Villa "Schönörtli"[7] bei Oberhofen am Thunersee, die er oft mit seiner Familie bewohnte, dem Kanton Bern einen Streifen Seestrand oberhalb Oberhofen ab.
Mit seiner ersten Ehefrau Elise Zeller hatte er sieben Kinder. Nach deren frühen Tod im Alter von 41 Jahren, heiratete er mit 66 Jahren am 22. September 1903 in Freiburg im Breisgau die 35 Jahre jüngere russische Tänzerin Viktoria Budzbanowska (1874–1943)[8] aus Świecie, mit der er noch ein weiteres Kind, Rudolf Joachim Oehler (* 23. Oktober 1908), zeugte.[9][10] Sechs Jahre nach seiner zweiten Hochzeit starb er. Sein Sohn Eduard Hans Oehler (* 18. Februar 1881 in Offenbach; † 7. Juli 1941 in Heppenheim) war ein Forschungsreisender, Pflanzensammler, Afrikaforscher und zusammen mit Fritz Klute Erstbesteiger des Mawenzi.
Abgeordneter
1896 wurde Eduard Oehler zum Mitglied auf Lebenszeit der Ersten Kammer des Landtags des Großherzogtums Hessen ernannt. 1907 schied er durch Verzicht aus.
Verdienste um das Gemeinwohl
Eduard Oehler engagierte sich in der Wohlfahrt und der Förderung der Wissenschaften und Kunst. 1907 spendete er der Ludwigsuniversität Gießen für Anschaffungen auf dem Gebiete der Chemie.[11] Der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft gehörte er seit 1906 an, ab 1908 als arbeitendes Mitglied.
Für den Alice-Frauenverein kaufte er ein Haus in der Rödernstraße und unterstützte so die Arbeit der evangelischen Schwestern. Als posthumes Geschenk für seine erste verstorbene Ehefrau gründete er die Elise-Oehler-Stiftung und ermöglichte dadurch den Bau der Kleinkinderschule Bieber-Bürgel, eines Jugendhorts und eines Spitals für arme Offenbacher Kinder.
In seinem Testament bedachte er die Kantonsschule Aarau, das Polytechnikum Zürich und andere Bildungsstätten, die er besucht hatte, für die Anschaffung von Lehrmitteln.
Ehrungen
- Für seine Verdienste um das Gemeinwohl wurde Eduard Oehler zum Geheimen Kommerzienrat ernannt.
- Nach ihm wurde in Offenbach am Main die Eduard-Oehler-Straße benannt.[12]
Literatur
- Jochen Lengemann: MdL Hessen. 1808–1996. Biographischer Index (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Bd. 14 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Bd. 48, 7). Elwert, Marburg 1996, ISBN 3-7708-1071-6, S. 284.
- Natur und Museum, 40. Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft, Frankfurt am Main, 1909, S. 61–64. Digitalisat
- Klaus-Dieter Rack, Bernd Vielsmeier: Hessische Abgeordnete 1820–1933. Biografische Nachweise für die Erste und Zweite Kammer der Landstände des Großherzogtums Hessen 1820–1918 und den Landtag des Volksstaats Hessen 1919–1933 (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Bd. 19 = Arbeiten der Hessischen Historischen Kommission. NF Bd. 29). Hessische Historische Kommission, Darmstadt 2008, ISBN 978-3-88443-052-1, Nr. 645.
Weblinks
- Oehler, Eduard Heinrich. Hessische Biografie. (Stand: 28. Juni 2017). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- Bruno Meyer: Oehler. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- 150 Jahre Corps Rhenania Zürich-Aachen-Braunschweig, 1855–2005. Braunschweig 2005, S. 296.
- Reinhold Gries: Haus der Stadtgeschichte Offenbach plant Industrieabteilung. In: op-online.de. 1. März 2012, abgerufen am 28. Juni 2016.
- Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, Mitgliederverzeichnis zum 1. Januar 1878
- Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, Mitgliederverzeichnis zum 1. Januar 1883
- Bild der Villa seines Schwiegersohnes und Teilhabers des Teerfarbenwerks Oehler Ferdinand Boehm, Offenbach, Körnerstraße 48
- Villa Schönörtli bei Oberhofen am Thunersee
- [Die Witwe Viktoria Oehler-Budzbanowska schloß am 2. April 1936 einen Grundstücksvertrag mi dem Staat Bern]
- Das Leben des Dr. Eduard Oehler
- Promotion Nr. 1973 ETH Zürich des Sohnes Rudolf Joachim Oehler (* 23. Oktober 1908)
- Bernhard Friedmann: Sponsoren, Mäzene, Stifter in der Geschichte der Universitätsbibliothek. Festschrift der Universität Gießen, 2007, S. 278 (PDF; 613 kB)
- Eduard-Oehler-Straße im Stadtplan von Offenbach