Dyhrn
Dyhrn (auch Dyherrn) ist der Name eines alten preußisch-schlesischen Adelsgeschlechts, das ursprünglich aus dem meißnischen Uradel stammte.
Geschichte
Die Familie Dyhrn wurde erstmals im 13. Jahrhundert erwähnt. Damals zog sie aus Sachsen in das Herzogtum Schlesien, wo der Zweig Rudelsdorf-Reesewitz bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges sesshaft war.
Die Familie Dyhrn teilte sich im 15. und 16. Jahrhundert in drei Hauptlinien:
- die Adelige in der Lausitz
- die Freiherrliche im Fürstentum Glogau
- die Gräfliche im Fürstentum Oels
Alle drei Linien teilten sich im Laufe der Zeit in zahlreiche eheliche und uneheliche Zweige, die auch außerhalb Schlesiens bzw. Preußens blühten und deren Stand in einigen Fällen noch erhoben wurde. So wurden im 17. Jahrhundert zwei Familienzweige in den Freiherren-, ein weiterer in den Grafenstand erhoben. Im 18. Jahrhundert verfügten alle Zweige der Ölsnischen Linie über die gräfliche Würde. Ein adeliger, untitulierter Zweig in der Lausitz wurde am Ende des 18. Jahrhunderts auch freiherrlich, starb aber bald aus.
Dyhrnsche Herrschaften in Schlesien
Die Freiherrliche Linie (auch „die Glogau’sche“) besaß: Herzogswaldau, Kölmichen, Saabor, Boyadel, Pirnig, Streidelsdorf, Gleinig, Osten, Rützen, Kontopp, Kreppelhof, Golin, Korangelwitz, Deutsch Kessel, Brunzelwaldau, Juliusburg, Waldenburg, Neuhaus, Kulmikau, Liebenzig, Postelwitz, Gabel u. a.
Die Gräfliche Linie (auch „die Ölsnische“) besaß: Ulbersdorf, Gimmel, Prauß, Eisenberg, Festenberg, Pangau, Schönau, Badewitz, Dyhernfurth, Dyherngrund, Loslau, Krausendorf, Obrath, Ostrowine, Hünern, Reesewitz, Galbitz, Glambach, Urschkau, Rudelsdorf, Stradam, Mühlwitz u. a.
Wappen
Das freiherrliche Wappen von 1655 ist geviert und mit einem gekrönten blauen Herzschild belegt, darin ein mit drei sechsblättrigen roten Rosen belegter silberner Schrägrechtsbalken. Felder: 1=schwarz, 2=rot, 3=gold und 4=blau, sämtlich ohne Bild. Zwei Helme, auf dem rechten mit rechts rot-silbernen, links grün-silbernen Decken neun schwarze Reiherfedern, auf dem linken mit rechts schwarz-goldenen, links blau-goldenen Decken ein mit dem Schrägbalken des Schildes belegter blauer Flug.[1]
Persönlichkeiten
- Sophia von Dyhrn (1255/57–1323), Mätresse und durch Heirat Herzogin von Schlesien-Liegnitz
- Johannes von Dyhrn (auch Johannes VII. de Dehre) (1400–1460), Bischof von Lebus
- Christoph von Dyhrn (1576–1655), kaiserlicher Rat, Diplomat und Mäzen
- Georg Abraham von Dyherrn (1620–1671), Kanzler von Schlesien und Landeshauptmann von Glogau
- Melchior Sylvius von Dyhrn-Schönau (1663–1726), preußischer Politiker, Kanzler von Schlesien und Hofminister
- Friedrich Sylvius von Dyhrn (1693–1755), Landeshauptmann von Schlesien und Großgrundbesitzer
- Hedwig Maximiliane von Dyhrn (1699–1747), österreichische Hof- und Sternkreuzordensdame
- Anton Ulrich von Dyhrn und Schönau (1704–1768), Oels-Württembergischer Hofmarschall, preußischer Kammerherr, Landeshauptmann von Schlesien
- Georg Karl von Dyherrn (1710–1759), sächsischer Generalleutnant
- Carl Friedrich von Dyhrn (1729–1785), sächsischer Major, Generaladjutant des preußischen Königs Friedrich des Großen sowie Gouverneur von Leipzig
- Charlotte Wilhelmine von Dyhrn († 1796), deutsche Pietistin, Tochter des Feldmarschalls Wilhelm Dietrich von Buddenbrock
- Sophie Caroline von Dyhrn (1722–1793), freie Standesherrin und Unternehmerin
- Ludwig Ferdinand von Dyherrn (1743–1817), kursächsischer Generalmajor
- Rudolf Gottlieb von Dyherrn (1745–1806), preußischer Generalmajor
- Antoinette Louise von Dyhrn-Schönau, verheiratete Gräfin Hoym (1745–1820), Unternehmerin, Gemahlin des schlesischen Finanzministers Karl Georg von Hoym
- Wilhelm Karl von Dyhrn-Schönau (1749–1813), preußischer Minister und Diplomat
- Ernst Konrad von Dyhrn-Schönau (1769–1842), Generallandschaftsdirektor der Provinz Schlesien
- Amalie Friedrike Wilhelmine von Dyherrn-Czettritz (1790–1866), Philanthropin
- Konrad Adolf von Dyhrn (1803–1869), Politiker, Dichter und Dramatiker
- Emilie von Dyhrn, geb. Scholz (1811–1875), Ehefrau des Publizisten und Schriftstellers Gustav Freytag
- Georg von Dyherrn (1848–1878), Schriftsteller
- Alexandra von Dyhrn (1873–1945), Universitätsprofessorin, Historikerin, Publizistin und Genealogin
Besitzungen in Schlesien bzw. Preußen
- Das gräfliche Schloss Loslau
- Das alte und das neue Schloss Dyhernfurth
- Die Reste des Schlosses Herzogswaldau bei Freystadt
- Schloss Koschentin
- Schloss Chinnow in Neustadt in Westpreußen
- Schloss Saabor in Zabór
- Wasserburg Streitelsdorf bei Freystadt
- Ruine des Schlosses Konntopp
- Schloss Stradam
- Wappen der Freiherren von Dyhern an der Kirche in Reesewitz
- Denkmal der Charlotta von Dyhrn neben der Kirche in Reesewitz
Literatur
- Walter von Boetticher: Geschichte des Oberlausitzischen Adels und seiner Güter 1635–1815, Band 1, 1912, S. 319; Band 4, 1923, S. 12
- Genealogisches Handbuch des Adels, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn), ISSN 0435-2408
- Adelslexikon, Band III, Band 61 der Gesamtreihe, 1975, S. 58–60
- Genealogisches Handbuch der gräflichen Häuser, Reihe A, Band 3, Band 18 der Gesamtreihe, 1958, S. 137–138
- Genealogisches Handbuch der freiherrlichen Häuser, Reihe A, Band 8, Band 51 der Gesamtreihe, 1971, S. 87–88
- Gothaischer Hofkalender, Justus Perthes, Gotha
- Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser, Band 20, 1870, S. 181f–184; Band 22, 1872, S. 132–134
- Gothaisches genealogisches Taschenbuch der gräflichen Häuser, Band 7, 1833, S. 178-179; Band 9, 1835, S. 167; Band 44, 1871, S. 243–244; Band 47, 1874, S. 231f
- Ernst Heinrich Kneschke: Deutsche Grafenhäuser der Gegenwart. Band 1, T.O. Weigel, Leipzig 1852, S. 207–208
- Ernst Heinrich Kneschke: Die Wappen der deutschen freiherrlichen und adeligen Familien in genauer, vollständiger und allgemein verständlicher Beschreibung. Band 4, T.O. Weigel, Leipzig 1857, S. 99–102
- Ernst Heinrich Kneschke: Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon, Band 2, Voigt, Leipzig 1859, S. 613–614
- Leopold von Ledebur: Adelslexicon der Preußischen Monarchie. Band 1, Berlin 1855, S. 187–188; Band 3, 1858, S. 243
- J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Bauer & Raspe, Nürnberg,
- Otto Titan von Hefner: III. Band, 1. Abteilung, Der Adel des Königreichs Preußen: Grafen und Freiherrn, 1857, S. 6 u. 41, Tfl. 7 u. 49
- Konrad Blažek: VI. Band, 8. Abteilung, 3. Teil, Der abgestorbene Adel der Preussischen Provinz Schlesien, 1894, S. 129, Tfl. 83
- August Verlohren: Stammregister und Chronik der Kur- und Königlich Sächsischen Armee. Beck, Leipzig 1910, S. 192–193
- Leopold von Zedlitz-Neukirch: Neues preussisches Adels-Lexicon, Band 1, Leipzig 1836, S. 451
Einzelnachweise
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band III, Limburg (Lahn) 1975