Dumping
Dumping (von englisch to dump ‚abladen‘), [da…] das, -s (Mehrzahl), bezeichnet den Verkauf von Gütern oder Dienstleistungen unter den Herstellungskosten bzw. den Selbstkosten.[1] Liegt der Preis eines Gutes unterhalb der Herstellkosten bzw. des Einstandspreises, nennt man diesen auch Dumpingpreis (siehe auch Penetrationspreis).[2]
Erfolgt der Verkauf außerhalb des Herstelllandes, bezieht sich der Begriff auf die auf dem Heimatmarkt des Exporteurs geltenden Preise. Ein solches Dumping ist aus Sicht des Produzenten sinnvoll, wenn ein Reimport der Waren in das Ursprungsland nicht möglich ist.
Geschichte
Das Problem Dumping ist schon lange bekannt.
Bereits im Jahr 1931 hatte das Reichsgericht den Benrather Tankstellenfall zu entscheiden. In der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts beschäftigte sich der österreichische Ökonom Gottfried Haberler intensiv mit dem Begriff Dumping.[3]
Das GATT von 1947 enthält im Artikel VI einen Anti-Dumping Paragraphen.[4] 1994 wurde dieser Artikel mit dem Agreement on the Implementation of Article VI für alle Mitglieder der WTO verbindlich.[5]
Überblick
Motivation
Ein Dumping-Anbieter nimmt stets kurzfristig einen wirtschaftlichen Verlust in Kauf, um längerfristig für ihn selbst positive Folgeeffekte zu erzielen. Es kann verschiedene Ziele geben, ein Wirtschaftsgut zu einem Dumping-Preis anzubieten:
- Marktanteile der Konkurrenz verringern.
- Konkurrenz ganz vom Markt verdrängen, um ein Monopol zu erreichen.
- Den Markteintritt zu erreichen.
- Die Geschäftsanbahnung mit einem bestimmten Kunden, insbesondere im Dienstleistungsbereich.
- Die spätere Erzielung von Skaleneffekten / Netzwerkeffekten
Von staatlichem Dumping spricht man, wenn dies durch eine staatliche Exportförderung ermöglicht wird, wobei wirtschaftspolitische Ziele zugrunde liegen. Auch die Währungspolitik eines Staates kann darauf abzielen, Exporte zu fördern und Importe zu bremsen (siehe auch „Kompetitive Abwertung“). Staaten, die keine frei konvertible Währung haben, können den Kurs ihrer Währung einfach festsetzen.
Wer ein Wirtschaftsgut (z. B. Hotelzimmer, Handelsschiff, Eisenbahnwaggon) vermieten möchte, hat sozusagen eine ‚verderbliche Ware‘. Wenn z. B. ein Hotelzimmer unvermietet zu bleiben droht, ist der Vermieter in der Versuchung, es zu einem nicht kostendeckenden Preis zu vermieten. Seine Motivation ist „besser ein nicht-kostendeckender Vermietpreis als überhaupt keine Einnahme“. Mögliche Untergrenze eines rationalen Mietpreises sind seine variablen Kosten (Beispiel Hotelzimmer: Kosten für Roomkeeping, Endreinigung, Wasser, Strom, ggfs. Frühstück); siehe auch Deckungsbeitrag. Diese Versuchung kann zu einem Preiskampf an einem Markt bzw. zu einem ruinösen Wettbewerb führen.
Unterscheidung und Einteilung von Dumping
Dumping lässt sich auf konzeptueller Ebene in folgende Arten untergliedern:
- saisonal,
- sporadisch,
- zyklisch,
- persistent,
- und räuberisch.
Außerdem kann man das Dumping auf verschiedenen Märkten betrachten, etwa Agrardumping oder Lohndumping.
Bedingungen
Damit Dumping erst möglich wird, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:[6]
- branchenspezifisch unvollständiger Wettbewerb (Unternehmen haben gewissen Einfluss auf die Preise, keine perfekten Preisnehmer)
- Marktsegmentierung (Inländer können die Exportgüter nicht ohne weiteres kaufen, keine Arbitrage).
Feststellung von Dumping
Für die Feststellung ob Dumping vorliegt sind zwei Begriffe wichtig:
- Dumpingspanne (engl. dumping margin): Prozentsatz, um den der Exportpreis angehoben werden müsste, um den sog. Normalwert zu erreichen.
- Schadensspanne (engl. injury margin): Prozentsatz, um den der Exportpreis angehoben werden müsste, damit inländische Produzenten ihre Kosten decken und eine angemessene Gewinnspanne erzielen können.
Im Rahmen eines Anti-Dumping-Verfahren müssen diese beide Kennzahlen berechnet werden. Sie bilden die Grundlage für einen Anti-Dumping-Zoll, der maximal die Höhe der kleinere der beiden Zahlen haben darf.
Wirkung
Dumping führt in jedem Fall zu einer kurzfristigen Verbilligung der gedumpten Waren oder Leistungen und damit zu einer Begünstigung des Abnehmerkreises zu Lasten desjenigen, der das Dumping vornimmt. Ob die bezweckte mittel- oder langfristige Durchsetzung der Interessen des Dumping-Anbieters erfolgreich ist, hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem von der Marktentwicklung, der Marktflexibilität und dem Verhalten der Abnehmer. Je entwickelter und flexibler ein Markt organisiert ist und je größer die Chancen für den Markteintritt neuer, nicht-monopolistischer Anbieter sind, desto geringer ist die Chance, dass Dumping langfristig die bezweckte, für den Markt schädliche Wirkung entfalten kann.
Gegenmaßnahmen
Ausgenommen Agrardumping, ist Dumping nach den Regeln der WTO verboten. Da die tatsächlichen Kostenstrukturen eines Anbieters für eine außenstehende Behörde nicht zugänglich sind, wird aus praktischen Gründen (beispielsweise in der Rechtsauffassung der WTO) Dumping bereits dann angenommen, wenn der beobachtete Preis eines exportierten Gutes im Exportland niedriger ist als der Preis im Produktionsland. Ein durch Dumping nachweisbar geschädigtes Land ist berechtigt, einen Antidumpingzoll zu erheben.
Abgeleitete Begriffsverwendung
Im übertragenen Sinne wird teils auch von Sozialdumping gesprochen, wenn niedrigere Sozialstandards es ermöglichen, Waren und Dienstleistungen in einem Drittland kostengünstig anzubieten. Dies unterscheidet sich aber von der obigen Definition von Dumping und ist daher eine Übertragung des negativ wertbesetzten Begriffes in einen anderen Kontext.
Gleiches gilt beim Steuerdumping. Hier setzen einzelne Gebiete eines Wirtschaftsraums ihre Steuersätze für Unternehmen oder Privatpersonen sehr tief an oder verzichten (vorübergehend) ganz auf eine Besteuerung, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.
Echtes Sozialdumping liegt vor, wenn soziale Standards partiell außer Acht gelassen werden, z. B. im Falle von Schwarzarbeit außerhalb der Arbeitszeit durch sozialversicherte Vollzeitbeschäftigte. Der günstige Endpreis kann dann nur deswegen angeboten werden, weil der Leistungserbringer die Kosten der sozialen Absicherung nicht auch auf die Schwarzarbeit umlegt.
Häufig wird der Dumping-Vorwurf auch unberechtigterweise erhoben, um handelspolitische Maßnahmen zu rechtfertigen oder ausländische Anbieter zur freiwilligen Selbstbeschränkung zu zwingen, so zum Beispiel beim Byrd Amendment.
Auch wird Dumping häufig angenommen, selbst wenn geringere Preise aufgrund komparativer Kostenvorteile durchaus sinnvoll sind.
Ebenfalls im übertragenen Sinne spricht man auch von Lohndumping, wenn Niedriglöhne gezahlt werden, insbesondere wenn diese unter der Höhe des Existenzminimums oder Sozialhilfesatzes liegen.
Siehe auch
Literatur
- Richard Reuter: Dumping aus marktökonomischer Sicht. Deutscher Universitätsverlag; Auflage: 1996 (15. Juli 1996). ISBN 978-3824463299.
Weblinks
- WTO Anti-Dumping - Gateway
- http://www.antidumpingpublishing.com/
- Magazin Deutsch – Doping und Dumping bedrohen Freiheit und Solidarität (Memento vom 4. Februar 2009 im Internet Archive) – zum Wettbewerb in der Kulturgesellschaft
- Magazin Markt und Mittelstand - Existenzrisiko Antidumping
Einzelnachweise
- Dumping – Definition im Gabler Wirtschaftslexikon.
- Dumpingpreis – Definition im Gabler Wirtschaftslexikon.
- Gottfried Haberler: Der Internationale Handel. Springer; Auflage: 1933 (1. Januar 1933). ISBN 978-3642505638, S. 218ff.
- The General Agreement on Tariffs and Trade (GATT 1947) – Legal Text auf den Seiten der WTO.
- Agreement on Implementation of Article VI of the General Agreement on Tariffs and Trade 1994 (Anti-Dumping Agreement) – Legal Text auf den Seiten der WTO.
- Paul Krugman, Maurice Obstfeld, Marc Melitz: Internationale Wirtschaft: Theorie und Politik der Außenwirtschaft. Pearson Studium; Auflage: 9., aktualisierte Auflage (1. November 2011). ISBN 978-3868941340, S. 191.