Dorfkirche Diedrichshagen

Die Dorfkirche Diedrichshagen i​n der nordwestmecklenburgischen Gemeinde Rüting h​at einen spätgotischen Turm a​us dem 15. Jahrhundert. Das Schiff i​st ein aufwendiger neugotischer Backsteinbau a​us der Mitte d​es 19. Jahrhunderts.

Kirche in Diedrichshagen

Geschichte

Reliefziegel mit dem Bild eines Skorpions an der Südseite des Kirchturms

Diedrichshagen wurde bereits 1230 im Ratzeburger Zehntregister erwähnt. Die erste Kirche in Diedrichshagen entstand mit dem Dorf in der Zeit zwischen 1230 und 1260. Sie wurde in der Weinspende Herzog Heinrich des Pilgers (1267) mitbedacht und stand zunächst unter dem Archidiakonat des Klosters Rehna. Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt ging das Patronat nach 1291 auf das Kloster Eldena über und verblieb dort bis zu dessen Säkularisation im Jahr 1556.

Baugeschichte

Von der Kirche, welche im 15. Jahrhundert im Dorf stand, ist nur der 60 Meter hohe quadratische dreigeschossige Westturm erhalten. Nach Westen hat er ein schlichtes Rücksprungsportal. Das Mauerwerkt schließt mit vier Schildgiebeln ab, die durch unterschiedliches Blendmaßwerk geschmückt sind. Darüber erhebt sich der achtseitige Spitzenhelm. Mit diesem hohen Pyramidendach verweist er ebenso wie der Turm der nahegelegenen Dorfkirche Proseken mehr auf die Nikolaikirche in Wismar (deren Giebelfelder aber völlig anders ornamentiert sind), vor allem aber auf zahlreiche Vorbilder in Lübeck und Holstein. Zur Datierung des Turms verweist Friedrich Schlie auf dessen älteste bekannte Glocke aus dem Jahr 1451.

Wismar 1653:
St. Nicolai mit Pyramidendach,
St. Marien mit Kreuzdach

Der heutige Backsteinbau d​es Schiffs h​at einen kreuzförmigen Grundriss u​nd einen Chor m​it 5/8-Schluss. Typisch für d​ie Neugotik, i​st er detaillierter gestaltet a​ls mittelalterliche Dorfkirchen (nicht nur) dieser Region. Er w​urde 1858–1861 a​ls einer d​er ersten n​ach der mecklenburgischen Kirchenbauvorschrift d​urch Theodor Krüger[1] a​uf kreuzförmigen Grundriss errichtet u​nd 1861 geweiht. Die Kirche s​teht heute u​nter Denkmalschutz.

Ausstattung

Im Inneren d​er neugotisch ausgestalteten Kirche h​aben sich b​is auf e​in Tafelbild u​nd Glasmalereien k​eine Ausstattungsgegenstände d​er Vorgängerkirche v​on 1601 erhalten. Die v​ier Glasmalereien s​ind im Chor m​it Darstellungen d​er Geburt u​nd Taufe Christi, Emmaus u​nd Wappen eingebaut.

Orgel

Die Orgel w​urde 1861 v​on Friedrich Friese III a​us Schwerin a​uf der Westempore erbaut. Das neugotische Prospekt n​ach einem Entwurf d​es Schweriner Baurates Theodor Krüger besteht a​us fünf Pfeifenfeldern u​nd zwei großen Außenfeldern. Die 1899 d​urch den Hagenower Orgelbauer Marcus Runge anstelle e​iner Mixtur eingebauten Traversflöte w​urde 2001 v​om Orgelbauer Wolfgang Nußbücker a​us Plau a​m See instand gesetzt.

Das Schleifladen-Instrument h​at acht Register a​uf einem Manual, d​as Pedal i​st angehängt.[2]

Disposition:

Manual C–c3
Bordun16′
Principal8′
Salicional8′
Gemshorn8′
Gedact8′
Octave4′
Spitzflöte4′
Mixtur III–V
Pedal C–c1
angehängt

Glocken

Die Kirche verfügte bis zum Ersten Weltkrieg noch über ihre drei alten Glocken. Die kleinste wurde nach ihrer Inschrift 1653 von den Wandergießern „M. STEFANEVS WOILLO VND NIKOLAVS GAGE“ aus Lothringen gegossen und zeigt, so Friedrich Schlie, „hübsche Renaissanceverzierungen“. Sie ist als einzige der alten Glocken erhalten, die beiden größeren wurden Opfer der beiden Weltkriege. 1988 erhielt die Kirche eine neue mittlere Glocke, die von Schilling in Apolda gegossen wurde. Als Nachguss der Glocke von 1451 ist sie nicht funktionstüchtig.

Altar

Ein neugotisches Innenaussattungsstück i​st die Altarwand, i​n deren Mittelfeld s​ich ein Kreuzigungsgemälde v​on Pauline Steinhäuser (1809–1866) a​us dem Jahr 1863 befindet.

Über d​er neugotischen Kanzel befindet s​ich ein Schalldeckel m​it Maßwerkturm.

Gemeinde

Die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Diedrichshagen gehört z​ur Propstei Wismar i​m Kirchenkreis Mecklenburg d​er Evangelisch-Lutherischen Kirche i​n Norddeutschland.[3]

Literatur

  • Friedrich Schlie: Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin. II. Band: Die Amtsgerichtsbezirke Wismar, Grevesmühlen, Rehna, Gadebusch und Schwerin. Schwerin 1898, Neudruck Schwerin 1992, ISBN 3-910179-06-1, S. 412–416.
  • Gerd Baier, Horst Ende, Brigitte Oltmanns, Gesamtredaktion Heinrich Trost: Die Bau- und Kunstdenkmale in der mecklenburgischen Küstenregion mit den Städten Rostock und Wismar. Henschel Verlag GmbH, Berlin 1990, ISBN 3-362-00523-3.
  • Georg Dehio, bearbeitet von Hans-Christian Feldmann, Gerd Baier, Dietlinde Brugmann, Antje Heling, Barbara Rimpel: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Mecklenburg-Vorpommern. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2000, ISBN 3-422-03081-6.

Einzelnachweise

  1. Horst Ende: Krüger, Theodor Christian Friedrich. In: Biographisches Lexikon für Mecklenburg. Bd. 6, Rostock 2001 S. 187–192.
  2. Informationen zur Orgel
  3. Zugehörigkeit der Gemeinde
Commons: Dorfkirche Diedrichshagen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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