Dominierte Verteilungsklasse

Eine dominierte Verteilungsklasse i​st in d​er mathematischen Statistik e​ine Menge v​on Wahrscheinlichkeitsmaßen, d​ie alle absolut stetig bezüglich e​ines Maßes sind. Statistische Modelle m​it dominierten Verteilungsklassen s​ind einfacher z​u handhaben a​ls solche ohne, d​a die Existenz e​iner Wahrscheinlichkeitsdichte garantiert i​st und d​amit Methoden w​ie die Maximum-Likelihood-Methode angewandt werden können. Außerdem existieren für dominierte Verteilungsklassen g​ut handhabbare Kriterien für Suffizienz u​nd Minimalsuffizienz.

Definition

Gegeben sei ein Messraum sowie eine Menge von Wahrscheinlichkeitsmaßen auf diesem Messraum. Die Menge heißt dann eine dominierte Verteilungsklasse, wenn ein σ-endliches Maß existiert, so dass für alle gilt, dass

gilt. Jedes ist also absolut stetig bezüglich , das heißt für alle mit gilt auch . Dies wird dann auch mit notiert.

Beispiele

  • Per Definition ist die Exponentialfamilie eine dominierte Verteilungsklasse, da sie als genau die Verteilungsklasse definiert ist, die eine vorgegebene Dichte bezüglich eines Maßes hat.
  • Definiert man als Verteilungsklasse genau diejenigen Wahrscheinlichkeitsmaße auf , die eine Wahrscheinlichkeitsdichte besitzen, so ist auch dies eine dominierte Verteilungsklasse. Dominierendes Maß ist hier das Lebesgue-Maß.
  • Ist die Cantor-Verteilung und definiert man mit obigem die neue Verteilungsklasse als , so ist per se nicht klar, ob eine dominierte Verteilungsklasse ist oder nicht. wird jetzt nicht mehr durch das Lebesque-Maß dominiert, da die Cantor-Verteilung keine Dichte bezüglich des Lebesgue-Maßes hat. Nicht klar ist aber, ob es ein anderes σ-endliches Maß gibt, dass dominiert, oder ob ein solches Maß nicht existieren kann und damit die Verteilungsklasse zu einer nicht dominierten Verteilungsklasse macht.

Eigenschaften

  • Ist eine dominierte Verteilungsklasse, so wird diese Klasse auch immer durch ein Wahrscheinlichkeitsmaß dominiert. Denn ist ein σ-endliches Maß, das die Verteilungsklasse dominiert, so lässt sich durch
ein Wahrscheinlichkeitsmaß definieren, das die Verteilungsklasse dominiert. Dabei sind die eine Zerlegung von mit , wie in der Definition des σ-endlichen Maßes gefordert wird.
  • Ist eine dominierte Verteilungsklasse, so existiert immer ein , so dass und eine abzählbare Konvexkombination mit echt positiven Koeffizienten von Elementen aus ist. Es gilt also
.
Dabei bezeichnet die Menge aller -Nullmengen. Dieses spielt eine wichtige Rolle im Satz von Halmos-Savage und einigen aus ihm abgeleiteten Ergebnissen.
  • Ist eine dominierte Verteilungsklasse und ist die Klasse der n-fachen Produktmaße, so ist auch dominiert.
  • Ist dominiert durch und ist eine messbare Funktion und sind alle Bildmaße unter σ-endlich, so ist auch die Verteilungsklasse der Bildmaße dominiert von .
  • Ist separabel bezüglich der Totalvariationsmetrik, so ist dominiert.
  • Ist die von erzeugte Lokationsklasse, so ist genau dann eine dominierte Verteilungsklasse, wenn dominiert ist.
  • Ist die σ-Algebra des statistischen Modells separabel und die Verteilungsklasse dominiert, so ist die Verteilungsklasse separabel bezüglich der Totalvariationsmetrik.

Verwendung

Nach d​em Satz v​on Radon-Nikodým existieren für dominierte Verteilungsklassen i​mmer Wahrscheinlichkeitsdichten bezüglich d​es dominierenden Maßes. Diese Existenzaussage ermöglicht b​ei stochastischen Modellen, d​ie mit e​iner dominierten Verteilungsklasse ausgestattet sind, d​ie Anwendung v​on Methoden, d​ie auf Wahrscheinlichkeitsdichten beruhen. Ein Beispiel hierfür i​st die Maximum-Likelihood-Methode.

Außerdem existieren bei dominierten Verteilungsklassen Kriterien, welche die Überprüfung der Suffizienz von σ-Algebren und Suffizienz von Statistiken erleichtern. Die meisten dieser Kriterien bauen auf dem Satz von Halmos-Savage unter Verwendung des oben konstruierten Maßes auf. Eines dieser Kriterien ist das Neyman-Kriterium, das beispielsweise die Suffizienz der Exponentialfamilie liefert.

Aus dem Satz von Halmos-Savage lässt sich auch ableiten, dass für dominierte Verteilungsklassen immer eine minimalsuffiziente σ-Algebra existiert. Sie wird von den Dichten der bezüglich erzeugt.

Literatur

  • Ludger Rüschendorf: Mathematische Statistik. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-41996-6, doi:10.1007/978-3-642-41997-3.
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