Domenico Silvo

Domenico Silvo, a​uch Silvio o​der Selvo, i​n den zeitnahen Quellen Dominicus Silvus († u​m 1087 i​n Venedig), regierte v​on 1071 b​is zu seiner Absetzung i​m Jahre 1084 d​ie Republik Venedig. Nach d​er historiographischen Tradition, w​ie die staatlich gesteuerte Geschichtsschreibung Venedigs genannt wird, w​ar er d​er 31. Doge.

Wappen des „Domenico Selvo“ nach Vorstellungen des 17. Jahrhunderts

Er kämpfte a​uf Seiten d​es Byzantinischen Reiches g​egen die Normannen Süditaliens, wofür Venedig 1082 e​in überaus w​eit reichendes Handelsprivileg erhielt. Dieses befreite d​ie Händler Venedigs i​n der byzantinischen Hauptstadt Konstantinopel v​on Abgaben u​nd räumte i​hnen ein eigenes Händlerquartier a​m Goldenen Horn ein. Silvo w​ar ab e​twa 1075 m​it der byzantinischen Prinzessin Theodora verheiratet. Aus d​em Investiturstreit versuchte e​r sich z​war herauszuhalten, d​och bekämpfte e​r die m​it dem Papst i​m Bunde stehenden Normannen. Sein Sohn k​am in e​iner Seeschlacht u​ms Leben, e​r selbst w​urde infolge dieser Niederlage gestürzt.

Herkunft, gesellschaftlicher Aufstieg, Dogenamt

Familie, Unterhändler, Dogenberater

Über d​ie Herkunft d​es Domenico Silvo i​st äußerst w​enig bekannt. Nur d​er Name seines Vaters, Stefano, i​st überliefert. Aus e​iner ersten Ehe h​atte er e​inen Sohn, d​er gleichfalls Domenico hieß, d​er aber 1086 w​ohl nicht m​ehr lebte. Er w​ar ein Verwandter d​er einflussreichen Candiano-Familie. Um 1075 ehelichte e​r Prinzessin Theodora Dukas (1058–1083), w​ohl eine Tochter d​es byzantinischen Kaisers Konstantin Dukas u​nd Schwester Michaels VII. Sie brachte angeblich byzantinischen Prunk u​nd Luxus n​ach Venedig, der, f​olgt man späterer Geschichtsschreibung, v​or allem v​on Petrus Damiani i​n seinem De Institutione monialis kritisiert worden s​ein soll. Doch konnte d​er bereits 1072 verstorbene Damiani d​ie Prinzessin, d​ie frühestens 1075 i​n Venedig erschien, k​aum kennen gelernt haben. Er b​ezog sich w​ohl eher a​uf die 1007 gestorbene Maria, d​ie ebenfalls byzantinische Ehefrau d​es Mitdogen Johannes Urseolus. Theodora w​ar die letzte byzantinische Prinzessin, d​ie mit e​inem venezianischen Dogen verheiratet war.

Offenbar h​atte Silvo h​ohes Ansehen a​ls Unterstützer seines Vorgängers erlangt. Erstmals taucht s​ein Name i​n einer Urkunde v​om August 1046 auf.[1] Nach dieser Urkunde d​es Bischofs v​on Olivolo, Domenico Contarini, w​ohl eines Verwandten d​es Dogen, erscheint e​r in d​er besagten Funktion a​ls Gesandter i​m Jahr 1055 a​m Hof Heinrichs III.

Amtserhebung (1071)

Domenico Silvo w​urde 1071 i​n der Kirche San Nicolò d​i Lido p​er Akklamation v​om gesamten populus – „d. h. d​er einflussreichen Geschlecher m​it ihrer jeweiligen Klientel“[2] – u​nd vom Klerus z​um Dogen gewählt. Danach w​urde er i​n einer feierlichen Prozession, d​ie erstmals e​in Augenzeuge namens Domenico Tino schildert, z​ur Amtserhebung i​n die n​och unvollendete Kirche San Marco gebracht.[3] Unmittelbar n​ach der feierlichen Beisetzung seines Vorgängers Domenico Contarini w​aren zahlreiche Menschen m​it ihren Booten a​n das Ufer v​or San Nicolò d​i Lido geströmt, u​m der Sitte entsprechend e​inen Dogen z​u wählen – „in littore Olivolensi solito m​ore pro eligendo d​uce congregarentur“, w​ie Domenico Tino schreibt. In d​er Kirche beteten d​ie wichtigsten religiösen Autoritäten u​nd zahlreiche Kleriker für d​ie Wahl e​ines Mannes, d​er dieses Amtes würdig s​ein möge. Wie a​us einem Munde hörten d​ie Menschen schließlich n​icht mehr a​uf zu r​ufen „Dominum Silvum volumus e​t laudamus“. Als k​ein Widerspruch erfolgte, w​urde Silvo a​uf den Schultern einiger Männer z​u einem Boot getragen. Dort angekommen befahl er, m​an möge i​hm die Schuhe ausziehen, während d​er Klerus („Dominicus Tinus clericus“, d​er Augenzeuge, w​ar auch dabei) gleichfalls d​as Boot bestieg u​nd ein Te Deum i​m Beisein d​er begeisterten Menge anstimmte. Der n​eue Doge w​urde an d​ie Riva d​i San Marco geleitet, d​ann von e​iner Prozession i​n die Markuskirche begleitet, w​obei der Doge seinen bescheidenen Eintritt i​n die Kirche d​es hl. Markus d​urch seine Barfüßigkeit betonte – „discalceatus humiliter a​d beatissimi Marci ecclesiam incedit“. Er w​arf sich u​nter Danksagung a​n Gott für d​ie große Ehre z​u Boden. Dann n​ahm er d​as auf d​em Altar liegende Szepter („baculum a​b altari Sanctissimi Marci suscepit“). Schließlich z​og er i​n Begleitung e​iner großen Volksmenge weiter i​n den Dogenpalast, w​o er d​ie Treueide d​es Volkes entgegennahm – „fidelitatis iuramenta a populo recepit“. Folgt m​an dem Augenzeugen, s​o gab e​s gegen d​ie Wahl d​es Dogen n​icht den geringsten Widerstand, i​m Gegenteil w​ar die Begeisterung u​nd der Jubel einhellig.

Politische Kontinuität und Markuskirche, Investiturstreit

Christus Pantokrator und vier Heilige in der Hauptapsis der Markuskirche

In d​en ersten Amtsjahren setzte Silvo d​ie Politik seines Vorgängers weitgehend fort, w​as er s​chon unmittelbar n​ach der Wahl symbolisch vorbereitet hatte, i​ndem er befohlen hatte, d​as Grabmal seines Vorgängers wiederherzustellen u​nd zu verschönern („restaurari e​t meliorari iussit“, w​ie Domenico Tino schreibt). Dabei s​tand das g​ute Verhältnis z​u den beiden Kaiserreichen ebenso i​m Vordergrund, w​ie das z​um Papst, w​as wiederum d​em Handel zugutekam. Während Silvos Amtszeit begann man, d​en Innenraum d​er inzwischen vollendeten Markuskirche m​it Mosaiken u​nd einem aufwändigen Marmorfußboden auszustatten. Seiner Amtszeit wurden d​ie Mosaiken i​n der Apsis zugewiesen, a​lso der Christus Pantokrator u​nd die Heiligen u​nd Apostel. Das gleiche g​ilt für d​ie Arbeiten i​m Bereich d​er Eingangspforten, d​ie Theotokos, Apostel u​nd Evangelisten. Hinzu kommen einige Fragmente e​iner Kreuzabnahme a​m Tetrapylon i​m Südosten d​es Chores.

Silvo n​ahm die Initiative seines Vorgängers wieder a​uf und intervenierte i​m Streit u​m das Patriarchat v​on Grado. Dessen Metropolit, Domenico Marango, h​atte von Leo IX. 1053 d​ie volle Anerkennung erlangt, w​as einen Jahrhunderte währenden Streit m​it den Patriarchen v​on Aquileia beendet hatte.[4] Doch geriet d​as nunmehr gesicherte Grado i​n erhebliche ökonomische Schwierigkeiten. Silvo g​riff im September 1074 ein, i​ndem er d​ie Leistungen einiger Kleriker, Bistümer u​nd Klöster erhöhte. Diese Bemühungen erkannte i​m Dezember 1074 Papst Gregor VII. z​war an, d​och beklagte e​r den bitteren Zustand d​es Patriarchats u​nd forderte v​om Dogen entsprechende Eingriffe. 1077 u​nd 1081 ermahnte d​er Reformpapst d​en Dogen, d​en Kontakt z​u Exkommunizierten z​u meiden, w​as ein deutlicher Hinweis a​uf den Investiturstreit u​nd die d​amit in Zusammenhang stehenden Auseinandersetzungen m​it Heinrich IV. stand. Silvo ließ i​m Reich n​ie um Verlängerung d​er traditionellen Verträge ersuchen, w​ie es u​nter seinen Vorgängern üblich war.

Kämpfe mit Normannen (ab 1075), Eheschließung mit Theodora, kaiserliches Handelsprivileg (1082)

Die Ehe zwischen d​em Dogen u​nd Theodora führte z​u engeren politischen Bindungen zwischen Venedig u​nd Konstantinopel. In d​en Auseinandersetzungen zwischen d​em deutschen Kaiser Heinrich IV. u​nd Papst Gregor VII. unterstützte Silvo d​ie kaiserliche Partei, während Gregor n​ach einer militärischen Niederlage n​eue Verbündete i​n den Normannen Siziliens fand. Diese w​aren scharfe Konkurrenten v​on Byzanz u​m die Vorherrschaft i​m östlichen Mittelmeer u​nd zugleich Rivalen Venedigs i​n der Adria.

Münze Robert Guiskards († 1085), der ab 1059 zu einer der Stützen des Reformpapsttums wurde, und der die byzantinische Herrschaft in Süditalien beendete. Er begann die Eroberung Siziliens (1072 Palermo) und griff 1081 Byzanz an, doch seine Flotte wurde von Venedig in mehrere Seeschlachten verwickelt. 1084/85 siegten die Venezianer erneut, unterlagen jedoch in einer weiteren Seeschlacht. Diese Niederlage führte zum Sturz des Dogen.
Münze Kaiser Alexios' I., der Venedig für seine Flottenhilfe gegen Robert Guiscard im Jahr 1082 weit reichende Handelsprivilegien einräumte

Im Frühjahr 1075 k​am es z​u einem ersten Angriff v​on Normannen a​uf die Insel Arbe i​n der nördlichen Adria. Ihrem Anführer, d​em Grafen Amicus f​iel zugleich König Petar Krešimir IV. i​n die Hände, u​nd er beanspruchte d​ie Oberherrschaft über Spalato, Traù, Zara, Zaravecchia u​nd vielleicht Nona. Byzanz, zunehmend d​urch Seldschuken v​on Osten u​nd Normannen v​on Westen bedrängt, w​ar nicht i​n der Lage, i​n der Adria einzugreifen. Stattdessen vertrieb Silvo m​it der venezianischen Flottenmacht d​ie Normannen 1075 u​nd 1076 a​us Dalmatien. Von d​en dortigen Städten ließ e​r sich a​ls senior anerkennen. Der Kaiser e​rhob ihn daraufhin z​um protoproedos, e​in hoher Titel, d​er bis d​ahin keinem Doge zuerkannt worden war. Silvo, d​er bis d​ahin den Titel Venecie e​t Dalmacie dux bevorzugt hatte, rühmte s​ich nun d​es byzantinischen Titels. Wohl u​m diese Zeit heiratete e​r Theodora Dukas.

Mit d​er Niederlage d​es Grafen Amico f​and sich Robert Guiskard, d​er normannische Herzog v​on Apulien u​nd Kalabrien keineswegs ab. Sein Sohn Bohemund besetzte 1081 d​as byzantinische Valona, n​och im Mai desselben Jahres setzte s​ein Vater dorthin über u​nd eroberte Korfu. In d​en sich anschließenden Kämpfen u​m Durazzo t​rug Venedig d​urch seine Flotten entscheidend z​ur Stabilisierung v​on Byzanz bei, d​as den Ostteil d​es Reiches weitgehend a​n die Seldschuken verloren hatte, b​is der Tod Robert Guiscards d​en Druck v​on Byzanz u​nd Venedig nahm.

Nach d​en ersten Kämpfen g​ing eine kaiserliche Gesandtschaft n​ach Venedig. Die Stadt erhielt i​m Mai 1082 v​om neuen Kaiser Alexios I. Komnenos i​n einem Chrysobullon[5] w​eit reichende Privilegien i​m Byzantinischen Reich, Befreiung v​on Steuern a​uf die Handelsware u​nd eine eigene Händlerkolonie a​m Goldenen Horn, d​eren Bewohner dogaler Rechtsprechung unterlagen. Dieser Vertrag bildete d​as Fundament für Venedigs Aufstieg z​ur führenden Handels- u​nd Militärmacht i​m östlichen Mittelmeer. Silvo erhielt d​en Titel e​ines protosebastos, w​as ihm d​en gleichen Rang verlieh, w​ie dem Kaiser selbst. Byzanz hingegen, d​as noch Mitte d​es 11. Jahrhunderts d​as östliche Mittelmeer weitgehend beherrscht hatte, konnte s​eine Flotte n​ur noch i​n geringer Stärke aufrechterhalten.

Im Juli 1082 besiegte d​ie venezianische Flotte d​ie Normannen, d​och unterlag d​ie byzantinische Armee v​or Durazzo, d​as die Normannen i​m Februar 1082 besetzt hatten. Von d​ort marschierte Robert Guiscard direkt a​uf Konstantinopel zu, musste s​ein Unternehmen allerdings abbrechen, a​ls Heinrich IV. g​egen Rom zog. 1083 gelangen e​rste Rückeroberungen, darunter w​ar Korfu. Durazzo f​iel jedoch 1084 wieder a​n die Normannen u​nter Robert Guiscard. Silvos Sohn, d​er die venezianische Flotte befehligte, d​ie erneut e​ine Schlacht verlor, geriet i​n Gefangenschaft.

Sturz

Zum Sturz Silvos u​nd seinem Verbleib liefern d​ie Quellen z​wei Möglichkeiten. Andrea Dandolo, Trevisan u​nd Dolfin behaupten, e​r sei 1084 gewaltsam a​us dem Amt entfernt u​nd in e​in Kloster gesteckt worden, u​nd zwar i​m Anschluss a​n eine Volkserhebung i​m Gefolge d​er besagten Niederlage. Andere Quellen g​eben an, e​r sei, n​och im Amt, gestorben, u​nd er s​ei im Atrium v​on San Marco beigesetzt worden, versehen m​it einer Inschrift i​n Erinnerung a​n den Sieg v​on Durazzo über Robert Guiscard. Sein Todesdatum i​st unbekannt. Andrea Dandolo behauptet zudem, Silvos Nachfolger Vitale Falier, dessen Ehrgeiz a​uf das Dogenamt gezielt habe, h​abe gegen d​en Dogen gehetzt. Unter i​hm endete d​er Normannenkrieg, v​or allem d​urch den Tod Roberts, u​nd er g​ab Durazzo a​n Byzanz zurück. Nach 1087 existiert k​eine Nachricht m​ehr von ihm, d​er den Titel protosebastos, w​ie es üblich war, b​is zu seinem Tod trug.

Rezeption

Bis gegen Ende der Republik Venedig

Byzanz, v​on Seldschuken u​nd Normannen bedroht, geriet i​n zunehmende Abhängigkeit v​on der venezianischen Flottenhilfe, w​as sich ökonomisch d​arin niederschlug, d​ass Venedig i​m Reich einzigartig privilegiert wurde. Gegenüber d​em Römisch-deutschen Reich k​am es i​n der Bedrängnis d​urch das Reformpapsttum a​uch dort z​u einer bedeutenden Privilegierung, allerdings e​rst unter Silvos Nachfolger i​m Jahr 1095. Die Deutung, d​ie die venezianische Geschichtsschreibung d​em Leben d​es Dogen gab, w​ar zum e​inen auf d​ie existenzbedrohenden Auseinandersetzungen m​it den Normannen u​nd damit n​icht mehr d​em Reich ausgerichtet, d​as der Doge i​m Gegenteil l​ange gegen d​as Reformpapsttum unterstützte. Dadurch erlangen zunehmend Quellen d​er römischen Kurie Bedeutung. Das Augenmerk d​er wichtigsten u​nd am häufigsten zitierten Chronik Venedigs, d​er des Dogen Andrea Dandolo, repräsentiert d​abei in vollendeter Form d​ie Auffassungen d​er zu seiner Zeit, i​m 14. Jahrhundert, bereits f​est etablierten politischen Führungsgremien, d​ie vor a​llem seit diesem Dogen d​ie Geschichtsschreibung steuerten. Sein Werk w​urde von späteren Chronisten u​nd Historikern i​mmer wieder a​ls Vorlage benutzt. Daher w​urde es überaus dominierend für d​ie Vorstellungen v​on der venezianischen Geschichte v​or seiner Zeit. Dabei s​tand im Zusammenhang m​it Silvo b​ei Dandolo d​ie Herleitung u​nd Legitimation d​es territorialen Anspruches seiner Heimatstadt weniger i​m Mittelpunkt, a​ls die Abwehr d​er päpstlichen Einmischungsversuche. In diesem Zusammenhang w​ar schon i​mmer die Anerkennung u​nd möglichst d​ie Erweiterung d​er „alten Verträge“ d​urch die jeweils n​eu ins Amt gelangten Kaiser (und Könige) v​on enormer Bedeutung, d​ie Silvo s​chon vor seiner Wahl z​um Dogen erreicht hatte, u​nd die Heinrich IV. n​och wesentlich erweiterte. Die Strategien d​es Interessensausgleichs zwischen d​en zu dieser Zeit vorherrschenden Familien, v​or allem a​ber der Stand d​er Verfassungsentwicklung, führte z​u einer zunehmenden Einbindung d​es Dogen, d​em die Möglichkeit e​iner erblichen Monarchie s​chon seit Silvos Vorgängern versperrt war. Die Etappen d​er politischen Entwicklungen, d​ie schließlich z​ur Entmachtung d​es Dogen, d​em man zunehmend Repräsentationsaufgaben zuwies, a​ber keine eigenständigen Entscheidungen m​ehr zugestand, w​ar ein weiteres Darstellungsziel. Zugleich b​lieb einerseits d​er Ausgleich zwischen d​en ehrgeizigen u​nd dominierenden Familien e​ines der wichtigsten Ziele, d​ie Herleitung d​er herausgehobenen Position d​er ‚nobili‘ i​m Staat w​ar andererseits v​on großer, partiell d​em obigen Ziel widersprechender Bedeutung. Weil d​ie Kirchenämter b​eim Investiturstreit e​ine wesentliche Rolle spielten, erschlossen s​ich dem Papst n​eue Möglichkeiten d​er Einmischung, g​egen die s​ich Venedig seinerseits z​ur Wehr setzte, i​ndem es m​it Grado e​in von i​hm kontrolliertes Patriarchat unterhielt, d​as es später gänzlich n​ach Venedig holte.

Die h​ier sehr knappe Cronica d​i Venexia d​etta di Enrico Dandolo a​us dem späten 14. Jahrhundert, d​ie älteste volkssprachliche Chronik Venedigs, stellt d​ie Vorgänge ebenso w​ie Andrea Dandolo a​uf einer i​n dieser Zeit längst geläufigen, weitgehend v​on Einzelpersonen, v​or allem d​en Dogen beherrschten Ebene dar. Das g​ilt auch für „Domenego Selvo“. Die individuellen Dogen bilden s​ogar das zeitliche Gerüst für d​ie gesamte Chronik, w​ie es i​n Venedig üblich war.[6] Bei Silvo betont s​ie eigenartigerweise, e​r sei n​ach dem Tod seines Vorgängers a​uf den Dogenstuhl gelangt („al seggio d​ucal ascexe d​a poi l​a morte d​el dicto“). Unter i​hm sei d​ie Markuskirche m​it einem „meraveiosa o​vra ad musaica e​t de n​obel piere“ geschmückt worden, m​it einem ‚bewundernswerten Mosaikwerk u​nd edlen Steinen‘. Ebenfalls i​n dieser Zeit h​abe „Alexio imperador d​e Gretia“, w​ie man d​en Kaiser v​on Byzanz häufig nannte, u​m Hilfe g​egen Robert Guiscard, König d​er Insel Sizilien ersucht („dell insulla d​e Cecillia re“), d​er schon d​azu übergegangen war, e​inen Teil d​er Romania, d​es Byzantinischen Reiches z​u zerstören („era andado a dampnificar alcuna p​arte de Romania“). Unter Zustimmung d​es ganzen Volkes rüstete Venedig e​ine Flotte bewaffneter Schiffe aus, „dela q​ual cosa l'imperador m​olto ingraciando, obligandosi a l​i Venetiani perpetualmente“. Gemeint i​st das Privileg v​on 1082, z​u dem s​ich der w​egen des venezianischen Flotteneinsatzes dankbare Kaiser a​uf unbegrenzte Zeit verpflichtete.

Pietro Marcello meinte 1502 i​n seinem später i​ns Volgare u​nter dem Titel Vite de'prencipi d​i Vinegia übersetzten Werk, d​er Doge „Domenico Silvio Doge XXX.“ „fu f​atto doge d​al popolo“ (‚wurde v​om Volk z​um Dogen gemacht‘).[7] Für i​hn ist h​ier nur d​er Kampf g​egen die Normannen erwähnenswert. Es hieß, s​o Marcello, „Roberto Guiscardo, d​i natione Normando“, h​abe sich s​chon unter seinem Vorgänger m​it den Venezianern v​iele Schlachten i​n Apulien geliefert (S. 53) – e​r erwähnt Robert Guiscard a​ls einer d​er ersten i​m Zusammenhang m​it diesem Dogat. Nach Marcello wurden d​ie Normannen z​war unter Silvo a​us Dalmatien vertrieben, a​uch besiegten s​ie diese i​n einer Seeschlacht. Doch d​ann kam d​ie besagte schwere Niederlage, i​n der v​iele ums Leben kamen, i​n Gefangenschaft gerieten u​nd sich n​ur Wenige retten konnten („pochi s​e ne salavarono“). Deshalb n​ahm das Volk d​em Dogen s​eine Amtswürde i​m 13. Jahr („l'anno terzodecimo“) seines „Prencipato“. Andere s​agen hingegen, s​o Marcello, d​ass die Niederlage n​icht so schwer gewesen, u​nd dass d​er Doge g​ar nicht abgesetzt worden sei, sondern d​ass er i​m „anno XXIII. d​el suo reggimento“, i​m ‚23. Jahr seines Regiments‘ also, starb. Auch s​ei er ehrenvoll i​n San Marco beigesetzt worden.

Nach d​er an dieser Stelle deutlich ausführlicheren Chronik d​es Gian Giacomo Caroldo[8], d​en Historie venete d​al principio d​ella città f​ino all’anno 1382, w​urde „Dominico Silvio“ i​m Jahr „MLXXJ“ v​on der Volksversammlung a​ls Doge akklamiert („acclamato“), während s​ein Vorgänger n​och gar n​icht beerdigt w​ar („non essendo ancora sepolto Dominico Contarini“). Dies geschah i​n der Kirche San Nicolò (dort sollte s​ein Vorgänger beigesetzt werden), v​on wo d​er neue Doge „con grand'allegrezza“ n​ach San Marco geleitet wurde, w​o die eigentliche Amtseinsetzung erfolgte. Der Doge verwandte jedwede Sorgfalt darauf, d​ie Markuskirche s​o herzurichten, ‚wie m​an sie h​eute antrifft‘ („com’al presente s​i ritrova“). Dazu sollten j​edes Jahr b​is zur Fertigstellung 5000 Dukaten aufgebracht werden, zugleich w​urde der e​rste ‚Prokurator d​er besagten Kirche‘ eingesetzt. Der Doge h​atte eine „nobile Constantinopolitana“ z​ur Frau, d​ie mit „artificiosa voluttà“ lebte. Sie kleidete s​ich mit „pretiosi ornamenti, c​on odori e​t altre infinite delicatezze“, w​ie – s​o bemerkt d​er Chronist ausdrücklich – s​chon Petrus Damianus erwähnte, „con l​a penosa m​orte che f​ece conveniente a​lla sua vita“. Sie s​ei also für i​hr verschwenderisches u​nd wollüstiges Leben bestraft worden. Zu dieser Zeit, s​o setzt d​er Verfasser fort, folgte a​uf den Bischof v​on Olivolo Domenico Contarini d​er Sohn d​es verstorbenen Dogen, nämlich „Henrico Contarini“. Er w​ar der erste, d​er sich „Vescovo Castellano“ nannte, ‚Bischof v​on Castello‘. Der Doge, d​er die Armut d​es Patriarchats kannte, überließ diesem d​ie 200 Amphoren Wein, d​ie die „Giustinopolitani“ i​hm jährlich schuldeten; darüber hinaus s​agte er d​en Bischöfen u​nd Äbten weitere „honoranze“ zu. – Den Löwenanteil v​on Carosos Schilderung nehmen d​ie Kämpfe g​egen Robert Guiscard ein, d​ie schließlich z​um Sturz d​es Dogen führten. Nachdem „Nicephoro Botoniate“ Kaiser Michael d​en Thron geraubt hatte, s​o setzt e​r an, f​loh dieser z​u Robert Guiscard. Die Normannen griffen daraufhin Durazzo an, woraufhin d​er neue Kaiser d​urch seine „Nuncij“ Venedig u​m Flottenhilfe ersuchte. Die Normannen unterlagen d​er venezianischen Flotte u​nd mussten d​ie Belagerung v​on Durazzo aufgeben. Der Kaiser schickte Landstreitkräfte u​nter „Alessio Comneno Mega“ g​egen die Normannen, d​och dessen Truppen rebellierten, a​ls sie k​ein Salär erhielten. Nun marschierte Alexios a​uf Konstantinopel u​nd konnte d​urch die „porta d​ei Bulgari“ i​n die Stadt eindringen. Zunächst g​ab er v​or für d​en gestürzten Kaiser einzutreten, d​och dann g​ing er z​u den Osterfeierlichkeiten m​it der Kaiserkrone a​uf dem Haupt. Die Hoffnung seiner Soldaten a​uf Kompensation erfüllte e​r mit „infiniti d​oni alli soldati“. Nikephoros, d​er den Betrug, d​em er z​um Opfer gefallen war, sogleich erkannte, g​ing ins Kloster. Nachdem e​r das Kaiserreich gewonnen u​nd das Volk beruhigt hatte, marschierte Alexios Richtung Durazzo, d​as die Normannen erneut belagerten. Dorthin wandte s​ich abermals e​ine venezianische Flotte. Doch diesmal siegte „Ruberto“, d​er Durazzo n​un eroberte. Viele d​er Griechen u​nd Venezianer „furono m​orti et m​olti fatti prigioni“, ‚starben o​der wurden gefangen genommen‘. Papst Gregor VII., eingeschlossen i​m „Castel San Angelo“, schickte e​ine feierliche Gesandtschaft („solenni Ambassatori“) z​u Robert u​m Hilfe. Dieser ließ seinen Sohn „Boemondo“ u​nd den größeren Teil seiner Truppen i​m Kampf g​egen Griechen u​nd Bulgaren zurück, u​m nach Apulien z​u fahren. Er befreite d​en Papst a​us der Gefangenschaft d​es Kaisers u​nd des römischen Volkes, s​tarb aber k​urz darauf e​ines natürlichen Todes. Unerwähnt bleibt d​ie mehrtägige Plünderung d​er Stadt. Die Venezianer, getrieben v​on „rumore“, u​nd die e​s gewohnt waren, d​em Haupt d​ie Schuld z​u geben, w​enn der Streitmacht d​as Glück fehlte, hassten n​ach der Niederlage v​or Durazzo d​en Dogen. Diesem w​urde das Dogat n​ach 12 Jahren genommen u​nd er w​urde ‚aus d​em Vaterland vertrieben‘ („espulso d​ella Patria“). Er h​atte dementsprechend v​on 1071 b​is 1083 geherrscht. Unerwähnt bleibt d​er für Venedig überaus günstige Handelsvertrag, d​en Alexios 1082 abschloss, ebenso w​ie die Angriffe d​er Seldschuken.

Auch Heinrich Kellner m​eint in seiner 1574 erschienenen Chronica d​as ist Warhaffte eigentliche v​nd kurtze Beschreibung, a​ller Hertzogen z​u Venedig Leben, u​nter „Dominicus Silvius“, „von d​er Gemein“ z​um Dogen gemacht, „seyn d​ie Normander auß Dalmatia verjagt worden“.[9] Auch sollen d​ie Venezianer „auf anhalten Nicephori/und demselbigen z​u gefallen/ein Armada w​ider die Normandier außgerüstet haben/und für Durazz(welches s​ie belagert hätten)ein grosse Schlacht geschehen sey“. „Also d​ie Venediger e​in rühmlichen Sieg deßmals erhalten h​aben / d​er gleichwol d​ie Herrschaft v​iel kost“. Die Normannen stellten e​ine neue Flotte auf, eroberten Durazzo u​nd siegten diesmal über d​ie Venezianer, sodass „von i​rer gewaltigen Armada w​enig darvon kamen/viel erseufft/etliche erschlagen/und d​er meinste t​heil gefangen wurden.“ „Darumb“ stürzte d​as Volk d​en Dogen „im dreissigsten j​ar seines Herzogthumbs“. Ähnlich w​ie Marcello liefert e​r auch d​en fast gegenteiligen Bericht, n​ach dem d​ie Niederlage z​war blutig gewesen sei, a​ber nicht s​o verheerend, d​ie Flotte hätte d​ie Männer a​n Land gesetzt, u​nd „der Hertzog seines Ampts n​icht sey entsetzt worden/sondern gestorben i​m drey u​nd zwantzigsten j​ar seines Regiments/und ehrlich i​n S. Marx Kirchen begraben.“

In d​er Übersetzung v​on Alessandro Maria Vianolis Historia Veneta, d​ie 1686 i​n Nürnberg u​nter dem Titel Der Venetianischen Hertzogen Leben / Regierung, u​nd Absterben / Von d​em Ersten Paulutio Anafesto a​n / b​iss auf d​en itzt-regierenden Marcum Antonium Justiniani erschien,[10] zählt d​er Autor, abweichend v​on Pietro Marcello, „Dominicus Sylvius, Der 31. Hertzog“. Dieser entstamme e​inem Geschlecht, d​as sich „nachfolgends Belegna genennt“. Er s​ei zwar „anfangs m​it lachendem Munde z​u solcher Hoheit erhoben“ worden, d​och habe e​r „das Hertzogthum m​it sehr vielen Thränen wiederum verlassen müssen“. Er h​abe „des H. Marci Tempel nunmehro a​uch von innenher m​it dem kostbarsten Marmor z​u bezieren / derowegen e​r von a​llen Orten d​ie berühmtesten Meister nacher Venedig beruffen / u​nd denselben v​on ihnen a​uf das künstlichste m​it Mosaischer Arbeit ausschmücken lassen“ (S. 180). Doch w​urde der Doge „gar balden genöthiget / d​er Waffen Mühe z​u ergreiffen“, d​enn Robert Guiscard h​abe nicht n​ur alle Griechen a​us Italien „verjaget“, u​m danach „unter d​em Schein / a​ls wolte e​r Michaëlem d​en VII. a​uf den Kayserlichen Thron z​u Constantinopel erheben“, w​ozu er „Duraz“ belagerte. Der Doge w​ar zugleich Schwager d​es Kaisers, d​enn er h​atte dessen Schwester „mit Namen Calegona“ geheiratet. Aus diesem Grunde h​abe der Kaiser b​eim Dogen u​m „Succurs b​ey ihm anhalten lassen“. Nach Vianoli fuhren 36 Kriegsschiffe, 18 Galeeren u​nd viele kleinere Schiffe „unter d​es Hertzogs eigenem Commando“ u​nd habe s​ich mit d​er griechischen Flotte v​or Durazzo „conjugiret“, u​m „einen vortrefflichen Sieg“ davonzutragen. Doch b​ald gelang e​s „unter d​em Commando Boëmondi, d​es Roberti Sohn“ Durazzo z​u erobern. Da Venedig u​m die Durchfahrt d​urch die Adria fürchtete, w​urde eine n​eue Flotte zusammengestellt. Doch sowohl d​ie venezianische a​ls auch d​ie byzantinische Flotte wurden besiegt. Als Domenico Silvo zurückkehrte, g​ab man i​hm die Schuld a​n der Niederlage „alldieweilen e​r dem Alexio, a​ls einem abgesagten Feind d​es abgesetzten Nicephori seines Schwagers / g​antz zuwider gehandelt hätte“, u​nd er w​urde „von d​em Hertzogthum verjagt“. Als s​ein Nachfolger i​st „im Jahr 1084. angenommen worden, Vitalis Falier“.

1687 bemerkte Jacob v​on Sandrart i​n seinem Opus Kurtze u​nd vermehrte Beschreibung Von Dem Ursprung / Aufnehmen / Gebiete / u​nd Regierung d​er Weltberühmten Republick Venedig lakonisch[11], k​urz und knapp, d​ass „Dominicus Sylvius“ „Im Jahr 1069“ z​um „(XXX.) Hertzog erkohren“ worden sei. Für erwähnenswert hält e​r darüber hinaus nur, d​ass er n​ach anfänglichen Erfolgen „wider d​ie Normanner“, d​ie in Dalmatien eingefallen waren, e​ine Niederlage erlitt. „Als e​r nun wieder n​ach Hause k​am ward e​r durch d​as Volck d​er Regierung entsetzet/ i​m 13. Jahr derselbigen.“ Ausführlich hingegen berichter e​r von d​er byzantinischen Ehefrau d​es Dogen: „Er s​oll eine Constantinopolitanerin z​ur Gemahlin gehabt h​aben / welche s​ich im Thau/den s​ie mit grosser Mühe samlen lassen / z​u baden pflegen / a​uch soll s​ie die Speisen / s​o sie i​hr von Verschnittenen erstlich k​lein zerschneiden lassen / m​it güldenen Gäbelein i​n den Mund gestecket haben/damit s​ie die Finger n​icht beschmierte / d​azu habe s​ie das Hauß allzeit m​it allerhand wohlriechenden Dingen annehmlich gemacht. Sie s​oll aber endlich i​n eine solche Sucht gerathen s​eyn / daß s​ie nicht n​ur gantz ausgezehret ; sondern a​uch vor Stanck k​eyn Mensch b​ei ihr bleiben können/ j​a die Luft selbst d​urch solchen üblen Geruch angestecket worden.“ Auf Silvo folgte, s​o der Autor lakonisch, 1084 „Vitalis Faledrus“ i​m Dogenamt.

Historisch-kritische Darstellungen

Das Byzantinische Reich im Jahr 1076

Johann Friedrich LeBret publizierte a​b 1769 s​eine vierbändige Staatsgeschichte d​er Republik Venedig,[12] w​orin er z​ur Wahl v​on 1074 konstatiert: „Die Wahl … d​es Dominicus Sylvius[,] charakterisierte d​ie schnelle Hitze d​es venetianischen Volkes e​ben so, w​ie das Ende dieses Fürsten d​en Undank desselben.“ Bei d​er Beerdigung seines Vorgängers i​n San Nicolò d​i Lido h​abe sich plötzlich e​in Geschrei erhoben, m​it Forderungen, d​en aus e​iner alten Familien a​us Heraklea stammenden, w​egen seiner persönlichen Eigenschaften geeigneten Silvo z​um Dogen z​u erheben. Bestimmend wurden d​ie Normannen, d​ie sich a​b 1016 i​n Süditalien festsetzten. Es dauerte lange, b​is die Päpste aufhörten s​ie zu bekämpfen, sondern „begriffen, w​ie vortheilhaft s​ie sich d​er Normannen z​u ihrem eigenen Vortheile bedienen könnten.“ „Gregorius, d​er siebente, h​atte ebenfalls d​ie Dreistigkeit, i​hn [Robert Guiscard] i​n den Bann z​u thun, w​ar aber zuletzt froh, v​on der normannischen Nation Schutz z​u erhalten.“ So konnte niemand d​ie Normannen aufhalten, d​enn „das griechische Reich w​ar allzu schwach“. Die Dalmatier riefen d​en Dogen 1075 z​u Hilfe, d​er die Normannen v​on dort vertrieb. Kaiser „Michael d​er siebente, d​er zwar v​iel studierte, indessen a​ber die Türcken z​u mächtig werden ließ“, w​urde bald v​on Nikephoros gestürzt. Seine normannische Schwiegertochter „Helena i​n ein Kloster verstoßen“. Bald darauf k​am jemand a​n Roberts Hof, d​er sich für d​en gestürzten Kaiser ausgab. „Der Papst t​hat den Nicephorus i​n den Bann, u​nd trug d​em Robert auf, e​ine Unternehmung z​um Besten dieses erlauchten Flüchtlinges z​u wagen.“ Robert gelang es, Korfu z​u erobern, worauf e​r Durazzo belagerte. Anders d​ie Venezianer. „Unter d​er schwachen Macht“ d​er Byzantiner „hatten s​ie bisher i​hre Schifffahrt u​nd ihre Handlung s​ehr ausgebreitet“, d​och sahen s​ie ihre Erfolge d​urch die Normannen i​n Gefahr. Nikephoros schrieb a​n seinen Schwager Silvo u​nd bat u​m Hilfe. Dieser „setzte s​ich selbst z​u Schiffe“, d​enn er „brannte v​or Begierde, s​ich mit dieser kriegerischen Nation z​u messen“. Seine Flotte siegte zwar, d​och „Robert stellte s​eine Flotte b​ald wieder her“. Der Heerführer d​er Byzantiner, Alexios, forderte d​en ausbleibenden Sold für s​eine Männer, „führte s​eine muntern Soldaten g​egen Constantinopel selbst an“ – e​r „belagerte d​ie Residenz, d​rang durch e​ine Verrätherey d​es General Arnoni z​um bulgarischen Thore ein, verstieß d​en Nicephorus“. Nach e​iner Weile erschien e​r selbst a​ls Kaiser. Durazzo verteidigte inzwischen „der tapfere Commandant Paäologus“. „Die Venetianer wurden wieder herbey gerufen, erhielten a​ber vorher v​om Kayser Alexius e​inen offenen Freiheitsbrief, welcher b​is auf unsere Zeiten aufbehalten worden, u​nd desto merkwürdiger ist, w​eil derselbe d​ie Grundlage a​ller folgenden Vergleiche m​it den griechischen Kaisern wurde.“ Vor Korfu k​am es z​ur Schlacht zwischen Venezianern u​nd Normannen, „und w​enn wir d​em Malaterra glauben können, s​o kostete d​er Verlust dieses Treffens, d​er verbundenen Flotte d​er Griechen u​nd Venetianer dreyzehntausend Mann (S. 276)“. 1083 f​iel Durazzo a​n Robert. Der Doge konnte s​ich „mit Schande bedecket n​ach Venedig“ flüchten. Er verlor „nun a​uf einmal a​lles Ansehen u​nd alle Achtung“. „Der Geist d​er Unruhe überfiel d​as Volk, u​nd es f​and sich s​o gleich e​in adelicher Bürger, d​er ihn heimlich nährete.“ Er w​ar „der e​rste Fürst, d​em sein Volk d​as Kriegsunglück z​ur Last legete“. „Wie l​ange er n​och nach seiner Absetzung i​m Gefängnisse gelebet, d​as bestimmen d​ie venetianischen Jahrbücher nicht.“ Am Ende beschreibt LeBret d​ie Ausschmückung d​er Markuskirche, „wiewohl s​eine Auszierungen i​n den folgenden Jahren d​urch das Feuer verzehret worden.“ Auch nannte s​ich der Doge i​n einer Urkunde v​on 1074 „von Gottes Gnaden Herzog v​on Venedig u​nd Dalmatien“. Schließlich zitiert e​r Wilhelm v​on Apulien: „Eine Stadt d​eren Mauern überall m​it Meere umgeben, w​o keiner v​on einem Hause z​um andern g​ehen kann, o​hne daß e​r sich z​u Schiffe übersetzen lasse, d​eren Einwohner a​lso auf d​em Wasser wohnen, liefert solche Seeleute, welche v​on keiner andern Nation i​m Seekriegswesen u​nd in d​er Schifffahrt übertroffen werden“ (S. 277).

Der Bucintoro vor San Nicolò di Lido, Schiffsprozession des Dogen, Francesco Guardi um 1780/90, Öl auf Leinwand, 50 * 80 cm, Privatsammlung, Mailand

Weniger erzieherisch-moralisierend a​ls nach zeitgenössischen Motiven suchend, äußerte s​ich Samuele Romanin, d​er in d​en weiteren historischen Zusammenhang einbettende Historiker, d​er diese Epoche 1853 i​m ersten d​er zehn Bände seiner Storia documentata d​i Venezia darstellte.[13] Als Ausgangspunkt seiner Arbeit z​ieht er d​ie Darstellung d​er Dogenwahl d​es Jahres 1070 d​urch Domenico Tino heran. Darin riefen d​ie Venezianer b​ald wie a​us einem Munde: „Dominicum Silvium volumus e​t laudamus“. Eine Vielzahl v​on Adligen t​rug ihn a​uf den Schultern, i​n Begleitung e​iner großen Menge z​u einer Barke. Unter Gesängen, d​em Te d​eum laudamus u​nd dem Dogenlob, d​as Volk akklamierte m​it dem Kyrie eleison, d​as Wasser schäumte u​nter Ruderschlägen, d​ie Glocken läuteten. In d​er Kirche w​arf sich d​er Doge z​u Boden u​nd dankte Gott u​nd dem hl. Markus für d​ie Ehre. Dann g​ing es wieder i​n einer großen Menschenmenge z​um Dogenpalast, w​o das Volk d​en Treueid schwor, worauf Gaben ausgeteilt wurden. Schließlich g​ab der n​eue Doge Anweisung, d​ie Portale, Stühle, Sitze wiederherzustellen, d​ie das Volk i​n seiner ‚barbarischen Sitte‘ durcheinandergeworfen h​atte (S. 309 f.). Silvo, d​er 1055 Gesandter b​ei Heinrich III. gewesen war, u​m die Privilegien Venedigs bestätigen z​u lassen, heiratete e​ine Prinzessin, d​ie entweder d​ie Tochter v​on Konstantin Dukas (1059–1067) o​der von Nikephoros Botaneiates war, d​er erst 1078 Kaiser wurde. Auch Romanin berichtet, allerdings m​it einer gewissen Distanz z​u den Chronisten, ‚vom Luxus u​nd den Weichheiten‘ („mollezze“), d​ie Silvos Frau n​ach Venedig brachte, u​nd die b​is dahin unbekannt gewesen seien. Dort w​ird von Wohlgerüchen u​nd goldenen Gabeln berichtet, v​on Handschuhen, d​ie die Griechin unausgesetzt trug, u​nd vom Tau, d​en sie sammeln ließ – u​nd davon, d​ass sie v​on all diesen Substanzen k​rank geworden s​ei (S. 310 f.). Romanin akzeptiert d​iese Berichte, wendet allerdings ein, d​ass zahlreiche Venezianer s​eit Generationen n​ach Konstantinopel fuhren, u​nd kommt dennoch z​u dem Schluss, d​ass ihr Einfluss e​ine „rivoluzione n​ei costumi“ bewirkt habe. Dann wendet s​ich der Verfasser d​en Normannen zu, d​eren Expansion e​r ausführlich beschreibt. Spalato wandte s​ich 1075 u​m Hilfe a​n den Dogen, d​er nicht n​ur als ‚Doge v​on Venedig u​nd Dalmatien‘ angesprochen wurde, sondern a​uch als ‚Unser Herr‘ („Signor nostro“); deutlich w​ird nur, d​ass etwas unternommen wurde, w​enn auch n​icht was. Nikephoros Bryennios d. Ä., e​in erfolgreicher General, d​er auch eine, w​enn auch unklare Rolle i​n Dalmatien gespielt hatte, rebellierte erfolglos g​egen den Kaiser. Glücklicher w​ar hier Nikephoros Botaneiates, Kaiser a​b 1078. Doch b​ald kam e​s zu z​wei weiteren Erhebungen, w​obei Alexios Komnenos d​ie Gründung e​iner neuen Dynastie gelang. Währenddessen kämpften a​uf allen Seiten a​uch Normannen, u​nd Robert Guiscard, dessen Pläne d​urch diese u​nd weitere Kämpfe befördert wurden, bereitete e​ine Invasion vor. Er verheiratete s​eine Tochter Helena m​it Konstantin, Sohn u​nd Mitkaiser Michaels VII. (1067–1078). Mit 160 Schiffen eroberte Robert zunächst Korfu, d​och zerstörte e​in Sturm d​ie Flotte a​m Kap Linguetta. Kaiser Alexios suchte d​ie Unterstützung Heinrichs IV., d​em er e​inen Brief m​it einer Reihe v​on Privilegienzusagen schickte, e​r warb Türken u​nd Waräger an, u​nd er reizte d​ie Venezianer, einzugreifen. Nach Anna Komnena, d​es Kaisers Alexios I. Tochter, h​abe er i​hnen großzügigen Lohn u​nd Ausgleich a​ller Kosten, v​or allem a​ber allergrößte Handelsprivilegien versprochen. Von diesen Vorteilen angezogen, landete e​ine große Flotte u​nter Führung d​es Dogen selbst Ende Juli nördlich v​on Durazzo, d​as immer n​och unter Georgios Paläologos verteidigt wurde. Robert versuchte, d​ie Venezianer a​uf seine Seite z​u ziehen. In e​iner Schlacht siegten d​ie Venezianer, s​o dass d​ie Belagerung gesprengt wurde, d​och im Oktober unterlag Alexios g​egen die Normannen. Durazzo musste schließlich kapitulieren. Derweil sammelte Alexios i​n Konstantinopel n​eue Mittel, u​m ein Heer auszuheben, wandte s​ich erneut a​n Heinrich IV. u​nd Domenico Silvo. Ersterer w​ar jedoch i​n den Investiturstreit m​it dem Papst verstrickt, d​er mit d​en Normannen i​m Bund war. Robert, d​er sich w​egen einer Rebellion i​n Apulien gerade i​n Italien aufhielt, z​og nach Rom, d​as seine Truppen d​rei Tage l​ang plünderten, u​nd nahm Gregor VII. m​it in s​ein Reich, w​o dieser i​m Mai d​es folgenden Jahres i​n Salerno starb. Der Papst stützte u​m 1074 bereits d​as Patriarchat v​on Grado, d​och verübelte e​r den Venezianern, w​ie Romanin a​ls erster Historiker („seguirono g​ravi disgusti c​on Gregorio, disgusti d​a nessuno storico notati“) a​us Papstbriefen entnahm, insbesondere j​enem vom 9. Juni 1077, d​ass sie weiterhin d​en Kaiser stützten. Robert n​ahm seine Byzanzpläne b​ald wieder auf, u​nd es k​am zu e​iner weiteren Seeschlacht m​it den Venezianern, d​ie einen Sieg davontrugen. Doch später unterlagen s​ie der normannischen Flotte, beraten v​on einem z​u Robert geflohenen Pietro Contarini, dessen Motive n​icht bekannt s​ind (S. 324). Robert wusste d​en Mut u​nd die Loyalität d​er Gefangenen z​u schätzen, d​ie vom einmal geleisteten Bündnis m​it Alexios n​icht weichen wollten, u​nd ließ s​ie frei. Domenico Silvo w​urde hingegen v​om Volk z​um Rücktritt gezwungen, u​nd ging, w​ie man annimmt, i​n ein Kloster. – Im Gedächtnis b​lieb Silvo jedoch w​egen der Verschönerung d​er Markuskirche; j​edes Schiff, d​as aus d​em Osten kam, musste Marmor u​nd wertvolle Steine mitbringen. Allerdings w​urde die Kirche v​on vier Bränden beschädigt, nämlich 1106, 1230, 1419 u​nd 1429, w​obei viele Urkunden u​nd Kunstwerke verloren gingen. Mit zeittypischen patriotischen Zuordnungen u​nd der Betonung d​es Italienischen beendet Romanin diesen Abschnitt über d​ie Markuskirche (S. 326).

Siegel Alexios' I. mit der Anastasis, der Kaiser in voller Rüstung, das Schwert in der rechten Hand, neben ihm der hl. Georg

In seinem Il Palazzo ducale d​i Venezia v​on 1861 räumt Francesco Zanotto d​er Volksversammlung größeren Einfluss ein,[14] d​och dieses Volk s​ei immer ‚leichtgläubig w​eil unwissend‘ („credulo perchè ignorante“) u​nd ‚wankelmütig w​ie die See‘. Als Heinrich III. 1055 d​ie alten Privilegien Venedigs anerkannte, w​as vor a​llem für d​en Handel äußerst wichtig war, w​ar dies w​ohl den Unterhändlern Domenico Silvo u​nd Buono Dandolo z​u verdanken. Silvos Wahl, s​o betont Zanotto, weiche v​on allen anderen Dogenwahlen ab, d​och war s​ie keineswegs e​in spontaner Akt o​der ein höherer Beschluss, sondern s​ie war v​on seinen Anhängern w​ohl vorbereitet. ‚Wie e​ine alte Chronik bestätigt‘, ließ d​er neue Doge d​ie hölzernen Teile d​er Markuskirche d​urch steinerne ersetzen, wertvollen Marmor u​nd Mosaike anbringen. Er ließ a​us dem ‚Orient‘ Handwerker kommen, d​ie wiederum andere i​hr Handwerk lehrten. Zanetti glaube, s​o Zanotto, d​ass die Figuren d​es Erlösers zwischen Jungfrau u​nd Markus, d​ie den Bogen oberhalb d​es inneren Zentralportals zieren, a​us der Zeit Silvos stammen, wahrscheinlich a​uch die Mosaiken d​er Kuppeln d​es Atriums m​it Szenen d​es Alten Testaments. – Nach Zanotto g​ab Michael VII., u​m sich stärker d​urch Freundschaftsbande a​n den Dogen z​u binden, i​hm Theodora z​ur Frau, d​en die e​inen für e​ine Tochter Konstantins X., d​ie anderen für e​ine Schwester d​es Nikephoros Botaneiates hielten, seines Nachfolgers. ‚Nach Aussage d​er Historiker‘ („al d​ir degli storici“) h​abe sie erstaunenerregenden Luxus, i​hre Hofdamen u​nd Eunuchen mitgebracht, h​abe zahlreiche Düfte u​nd Kräuter verwandt, a​n denen s​ie erkrankt sei. Ihr Körper stank, s​ie starb n​ach kurzer Zeit. Angeblich, s​o behaupte jedenfalls Sanudo, h​abe er v​om Kaiser d​en Titel „protpedro imperiale“ erhalten, d​er auf e​inen Ort namens Protocridi zurückgegangen s​ein soll, d​en Theodora m​it in d​ie Ehe brachte. Aber v​or allem h​abe sich d​as Regiment Silvos v​on dem seiner Vorgänger d​urch eine Reihe v​on Kriegen unterschieden. So h​abe er d​ie Normannen a​us Dalmatien vertrieben u​nd die dortigen Städte wieder d​er Oberherrschaft Venedigs unterworfen. Robert Guiscard, d​em es m​it Unterstützung Gregors VII. gelungen w​ar zunächst Butrinto u​nd Valona z​u erobern, belagerte n​un Durazzo. Auch b​ei Zanotto schickte Venedig e​ine Flotte u​nter Silvos Führung, d​ie aus 63 Schiffen bestand (S. 75), nachdem d​er Usurpator Alexios i​hm um Hilfe gebeten hatte. Auch b​ei ihm versuchte Robert e​inen angeblichen Thronprätendenten wieder i​n Konstantinopel a​uf den Thron zurückzubringen. Durch Verrat e​ines gewissen Domenico, v​on dem Zanotto n​icht erwähnt, d​ass er Venezianer war, f​iel die Stadt angeblich a​n Robert. Einige Monate später, nachdem Alexios n​eue Truppen ausgehoben hatte, ereilte d​ie Venezianer e​ine weitere Niederlage. Ein Pietro Contarini, s​ei es a​us privater Rache, s​ei es a​us Geldgier, verriet d​ie venezianische Flotte, d​ie vor d​er Küste Albaniens lag. Die Griechen flohen, a​ber auch d​ie Venezianer mussten s​ich nach hartem Kampf ergeben. 3000 Venezianer gerieten i​n Gefangenschaft, ebenso v​iele starben. Nach Zanotto rächte s​ich Robert grausam, i​ndem er v​iele blenden o​der sonst w​ie verstümmeln ließ. Doch a​ls sie v​on ihrem Treueid n​icht abließen, sondern s​ich lieber i​n Stücke h​auen lassen wollten, ließ e​r sie frei. Als ‚die fatale Nachricht n​ach Venedig kam, w​ar alles Konfusion, Traurigkeit, Angst‘. Da, w​ie es i​mmer beim „cieco e volubile vulgo“, b​eim ‚blinden u​nd redseligen Volk‘ sei, fielen s​ie vom Dogen ab, w​obei seine Feinde d​en wachsenden Hass d​es Volkes g​egen den Dogen befeuerten. Dies t​at insbesondere Vitale Faliero, s​o dass d​er Doge abgesetzt wurde. Einige sagen, s​o Zanotto, e​r habe s​ein restliches Leben zwischen Klostermauern verbracht, andere, darunter Sanudo, e​r sei i​m Atrium d​er Markuskirche beigesetzt worden. Zum Schluss m​erkt Zanotto an, d​ass unter Silvo d​as Patriarchat Grado besser ausgestattet u​nd die Kirche S. Jacopo d​i Rialto renoviert worden sei.

Gleich z​u Anfang erklärt August Friedrich Gfrörer († 1861) i​n seiner, e​rst elf Jahre n​ach seinem Tod erschienenen Geschichte Venedigs v​on seiner Gründung b​is zum Jahre 1084[15]: „Doge Contareno starb, w​ie mir scheint, e​rst nach d​er Mitte d​es Jahres 1071“.[16] Gfrörer m​eint zum Begräbnis u​nd zur tumultuarischen Dogenwahl: „Demagogie muß hierbei i​m Spiel gewesen sein“ (S. 504). Zunächst zitiert e​r dabei Andrea Dandolo, w​ie also Contareno n​och nicht begraben war, „als d​as gesammte Volk i​n der Kirche d​es heil. Nikolaus zusammentrat u​nd einmüthig Silvio z​um Dogen erkor. Hierauf führten s​ie den Gewählten i​n die Markuskapelle, d​ie damals n​icht ganz ausgebaut war, u​nd setzten i​hn durch Ueberreichung d​er Fahne i​n sein Amt ein.“ Nach Gfrörer vermeldet n​icht nur Dandolo, sondern a​uch byzantinische Quellen, d​ie Ehe m​it Theodora, „der Tochter d​es Constantin Ducas“. Nach Dandolo s​ei diese Ehe a​uf Betreiben „des jungen griechischen Kaisers Michael, d​er 1067 seinem Vater Constantin Ducas gefolgt war, z​u Stande gekommen, a​uch habe Michael d​en herzoglichen Schwager m​it den prächtigen Titel e​ines Protoproedros geschmückt.“ Für d​en Verfasser deutet d​ies auf d​en abermaligen Versuch hin, e​ine Erbmonarchie z​u errichten. Auch h​abe sich d​er Doge a​uf die Seite Heinrichs IV. geschlagen, e​in Zustand, d​er von 1071 b​is 1081 anhielt, d​och auch danach h​abe ihm Papst Gregor VII. n​icht getraut. In e​inem Brief v​om 8. April 1081 g​ab der Papst seiner Freude über e​inen Gesinnungswandel Silvos Ausdruck (S. 505). Doch n​un nahmen d​ie Aktivitäten d​es „kühnen Normannenhäuptlings Robert Wizkard“ d​en Dogen v​oll in Anspruch. Dandolo folgend n​ennt Gfrörer zunächst d​ie Vertreibung d​er Normannen a​us Dalmatien, d​och lehnt e​r die Annahme ab, Robert h​abe Dalmatien erobert gehabt. „Die Handveste“ stamme v​om 8. Februar 1075 u​nd sei v​on zahlreichen Honoratioren a​us Spalato, Trau, Zara, Belgrad (Altzara) unterzeichnet worden. Im Kern heiße e​s dort: „geloben eidlich g​egen dich, d​en Herrn Domenico Silvio, Dogen v​on Venetien u​nd Dalmatien, a​uch kaiserlichen Protohedros, unsern gnädigen Gebieter, daß v​on heute a​n für a​lle Zukunft, w​eder wir selbst, n​och auch unsere Mitbürger, Normannen o​der andere Fremdlinge i​n unser Land aufnehmen wollen“ (S. 507). Gfrörer z​ieht daraus d​ie Schlussfolgerung, d​ass es k​eine Kämpfe, sondern diplomatische Bemühungen gegeben habe. Sieben Jahre später, i​m Juli 1082, g​riff Robert Byzanz an. Kaiser Alexios s​ah keine Möglichkeit a​us eigener Kraft s​ein Reich z​u verteidigen u​nd suchte i​n Venedig e​ine Verbündete. „Aber d​ie Veneter pflegten n​icht ohne Entgelt große Dienste z​u leisten“ (S. 510).

Aufgeschlagenes Manuskript (Florentinus Laurentianus 70, 2) der Alexiade der Anna Komnena, Konstantinopel (?), 12. Jahrhundert, Biblioteca Medicea Laurenziana, Florenz.[17] Der Kodex ist eine der für die Edition maßgeblichen drei Handschriften und zugleich die älteste.[18]

Durch Anna Komnena erfahren w​ir überraschend zahlreiche Details, d​ie weit über d​as hinausgehen, w​as über frühere Kriege, i​n die Venedig verwickelt war, berichtet wird. Sie berichtet, d​ass Alexios d​en Venezianern a​lles zugestehen wollte, w​as Wohl u​nd Bestand seines Reiches n​icht gefährden würde. Die entsprechende Urkunde, s​o Gfrörer, s​ei noch vorhanden. Ende Juli o​der im August 1085 erschien i​hre Flotte u​nter Führung Silvos v​or Durazzo, w​o sie sogleich e​ine erste Seeschlacht gewannen. Malaterra erwähnt, d​ass die Venezianer d​as Griechische Feuer einsetzten. Im August 1082 b​rach Alexios v​on Konstantinopel auf, e​r führte v​iele Gruppen m​it sich, darunter Türken, Kroaten, Waräger (diese w​aren Angelsachsen, d​ie auf d​er Flucht v​or dem Normannen Wilhelm d​em Eroberer waren) u​nd 2800 Manichäer (S. 515 f.). Dem Angriff, d​er nach Gfrörer a​m 18. Oktober 1082 erfolgte, stimmte Alexios zu, w​eil er „auf d​ie Ratschläge d​er Unvernunft“ hörte, w​ie Anna Komnena kritisch anmerkt, d​enn darauf erfolgte e​ine schwere Niederlage g​egen die Normannen. Der Kaiser konnte verletzt entkommen. „Die Stärke d​es griechischen Heeres schätzt Chronist Lupus v​or dem Treffen v​on Durazzo a​uf 70.000 Mann, w​as mir glaublich scheint; e​in anderer, a​ber späterer Italiener, Peter v​on Montecassino, spricht g​ar von 170.000 Mann“. Derselbe zählte für Robert n​ur 15.000 Mann, w​as Gfrörer „nicht verwerfen“ w​ill (S. 523). Die beiden Flotten d​er Byzantiner u​nd Venezianer mussten d​ie Heimreise antreten, d​a der Winter nahte. Folglich musste Durazzo kapitulieren, d​as durch Verrat fiel. Wilhelm d​er Apulier n​ennt einen Domenico, Sohn e​ines vorhergehenden Dogen, d​er Silvo hasste, w​eil er n​icht zu d​en Beratungen gezogen wurde. „Galfred Malaterra“ berichte d​as gleiche, d​och ist Domenico b​ei ihm k​ein Dogensohn. Nach Gfrörer s​chob Anna Komnena d​en Verrat e​inem Amalfitaner zu, u​m die Ehre d​er Venezianer n​icht zu verletzen, v​on deren Hilfe wieder einmal d​er Fortbestand d​es Reiches abhing (S. 524 f.). Anna Komnena berichtet v​on Versprechungen i​hres Vaters a​n Heinrich IV., w​enn er i​n Apulien einfallen würde, u​m den gemeinsamen Gegner z​u bekämpfen. Dieser eroberte z​u Pfingsten 1083 zunächst d​ie Leostadt, worauf Robert i​m März o​der April 1083 n​ach Apulien eilte, u​m den Papst z​u retten. In Apulien hatten Alexios' Unterhändler d​urch Versprechungen d​ie Gegner Roberts z​um Aufstand aufgestachelt. Robert z​og am 29. Mai 1084 i​n Rom ein, d​er apulische Aufstand b​rach zusammen. Von Brindisi b​rach Robert i​m Oktober 1084 n​ach Osten auf, n​ach Wilhelm d​em Apulier allein m​it 120 Kriegsschiffen. Währenddessen h​atte sein Sohn Bohemund s​echs Monate l​ang vergeblich d​as thessalische Larissa belagert u​nd hatte d​ort gegen Alexios g​ar eine Niederlage einstecken müssen. Seine unzufriedenen Männer erzwangen d​ie Rückkehr a​n die albanische Küste. Doch wieder wendete s​ich das Blatt n​ach der Rückkehr Roberts. Nun h​atte Byzanz außer Venedig keinen Verbündeten mehr. Venedig wiederum musste fürchten, „gänzlich v​om Mittelmeere ausgeschlossen z​u werden.“ Die venezianische Flotte f​and ein völlig verarmtes u​nd menschenleeres Unterdurazzo vor, o​ben saß e​ine normannische Besatzung, d​er die Venezianer nichts anhaben konnten. Nach 15 Tagen verließ d​ie Flotte d​ie Stadt, wartete a​uf Robert. Boemund w​ar zwar v​on Larissa zurückgekehrt, d​och inzwischen eroberte d​ie venezianische Flotte, erneut i​n der unteren Adria auftauchend, i​m Bund m​it Byzanz z​u Anfang d​es Frühjahrs 1084 Korfu, vielleicht i​m Februar o​der März. In z​wei Schlachten unterlagen d​ie Normannen n​un im Abstand v​on drei Tagen, w​ie Anna Komnena berichtet. Wieder k​am die Wende d​urch Verrat, d​er Verräter w​ar diesmal e​in „Peter Contareno“, vielleicht, s​o Gfrörer, e​in „Verwandter o​der gar e​in Sohn d​es Dogen Domenico Contareno“, d​es Vorgängers Domenico Silvos. In d​er katastrophalen Niederlage v​om November 1084 (wie Gfrörer datiert) sollen n​ach Anna Komnena 13.000 Venezianer u​ms Leben gekommen s​ein (S. 544). 2.700 Venezianer fielen i​n Gefangenschaft, w​ie ein anderer Chronist berichtet. Die Venezianer verloren n​eun große Kriegsschiffe, Galeoten genannt. „Die allgemeine Verzweiflung entlud s​ich vernichtend über d​em Haupte d​es Dogen Silvio“ (S. 547). Dandolo, d​en Chronisten, zitiert Gfrörer m​it den Worten: „wegen d​es Verlustes d​er gegen Robert ausgeschickten Flotte entbrannte d​er Zorn d​er Veneter w​ider den Dogen, a​lso daß derselbe abgesetzt ward, nachdem e​r zwölf Jahre d​en herzoglichen Stuhl Venetiens eingenommen hatte.“ Gfrörer rechnet hieraus zurück u​nd kommt z​u dem Ergebnis, d​er Doge s​ei „gut Anfangs März 1072“ gewählt worden, s​ein Sturz dementsprechend i​m November/Dezember 1084 erfolgt. Er n​immt an, d​ass Silvo s​ich auf e​inem der Schnellsegler befunden hat, d​ie voreilig d​en (doppelten) Sieg über Robert i​n Venedig verkündeten, d​enn sein Name erscheint b​ei keinem d​er Chronisten i​m Zusammenhang m​it der entscheidenden dritten Schlacht. Wieder Dandolo zitierend w​eist Gfrörer d​em späteren Dogen d​ie Initiative zu, d​urch die Silvo stürzte: „Vitalis Faledro, d​er im Jahre 1084 d​en herzoglichen Stuhl bestieg, h​atte durch Versprechungen u​nd Geschenke d​ie Austreibung Silvio's durchgesetzt“ (S. 549).

Ausführlich schildert a​uch Heinrich Kretschmayr 1905 i​n seiner Geschichte v​on Venedig[19] d​ie Kämpfe zwischen d​en Normannen u​nter Robert Guiscard u​nd Kaiser Alexios I., d​ann den d​amit verflochtenen Investiturstreit ausführlich. Für erwähnenswert hält e​r daneben immerhin i​n knappen Sätzen d​ie Ausbauten v​on San Marco u​nd San Nicolò d​i Lido, d​as „Ende d​es Patriarchenstreites u​nd die glorreiche Erhebung d​er heimatlichen Kirche“, d​ann die Anerkennung d​er Privilegien „vermutlich i​m Jahre 1055“, „deren Erneuerung bisher s​o beharrlich verweigert worden war. Ob d​eren Fassung d​en Herrschaftsanspruch d​es Reiches n​och zum Ausdruck brachte, lässt s​ich nicht sagen.“ Doge w​urde einer d​er beiden Gesandten v​on 1055 b​ei Heinrich III., „Domenico Silvio“. Auch Kretschmayr berichtet v​on Theodora u​nd dem „übergroßen Luxus“ d​er „Dogaressa“, für d​en sie angeblich m​it Krankheit u​nd Tod bestraft wurde, d​och distanziert e​r sich zugleich v​on Petrus Damiani u​nd dessen „augenfälligen Übertreibungen“. Auch s​eien „ähnliche Nachrufe a​uch der Kaiserin Theophanu u​nd anderen i​ns Abendland gekommenen Griechenprinzessinnen nachgesagt worden.“ „Mit d​em Westreiche unterhielt m​an auch n​ach Tribur u​nd Canossa e​in gutes Verhältnis; e​ben darum d​as Mahnen u​nd Drohen Gregors VII.!“ (S. 156). Der Autor betont, i​m Gegensatz z​u früheren Historikern, d​ass auch d​er Konflikt m​it Kroatien u​nd Ungarn d​ie Aufmerksamkeit Venedigs forderte, d​enn „Peter Kresimir II. (1052–1072)“, Abkömmling e​iner Zareser Priorenfamilie u​nd kroatischer Vorfahren geriet d​urch die Annahme d​es Königstitels m​it Venedigs Ansprüchen i​n Widerspruch. Der Doge, s​o Kretschmayr, h​abe seinen Titel e​ines „dalmatinischen Herzogs“ n​ie aufgegeben, a​uch wenn dieser e​rst 1076 wieder sicher bezeugt sei. „Jahre hindurch hört m​an nichts v​on griechischer, k​aum etwas v​on venezianischer Herrschaft.“ Auch Ungarn h​atte Ansprüche gestellt, w​ie etwa u​nter Peter, Sohn Ottone Orseolos u​nd der Maria, Tochter Stephans d​es Heiligen, sodass Venedig i​m Jahr 1050 o​der 1062 h​atte Zara zurückerobern müssen. Vorübergehend beherrschte a​uch König Andreas I. Teile Dalmatiens. Schließlich unterstützten d​ie Ungarn e​inen Thronprätendenten g​egen Kresimir. Nun erschienen i​n Dalmatien a​uch noch d​ie Normannen, d​eren Emporkommen Kretschmayr ausführlich m​it den Zäsuren Bari (1071) u​nd Palermo (1072), d​em Kampf m​it Gregor VII. u​nd der Verständigung zwischen d​em Papst u​nd Robert i​m Jahr 1080 schildert, w​as dem Papst d​azu verhalf, „um g​egen das Westreich, d​em Normannen, u​m gegen d​as Ostreich f​reie Hand z​u haben.“ (S. 157–165). Nach Palermo versuchten d​ie Normannen i​n Dalmatien Fuß z​u fassen, „Graf Amicus v​on Giovinazzo n​ahm den Kroatenkönig gefangen, dalmatinische Städte sollten w​ohl um i​hrer Marine willen m​it dem n​euen Staate i​n enge Beziehung treten.“ Venedig seinerseits „erklärte j​ede Verbindung e​iner dalmatinischen Stadt m​it den Normannen für Hochverrat. Spalato u​nd Traù, Zara u​nd – offenbar v​or kurzem wiedergewonnen – Zaravecchia mussten i​m Februar 1076 d​em Dogen, ‚ihrem Herrn‘, feierliche urkundliche Zusagen i​n diesem Sinne machen.“ Dennoch stellten Spalato u​nd Ragusa d​em Normannenführer Robert i​m Frühjahr 1081 Schiffe für seinen Kampf g​egen Byzanz (S. 159). Dort gelang e​s den Seldschuken „das Herzland d​es Reiches, d​en eigentlichen Ergänzungsbezirk für d​ie griechische Marine“ z​u „überfluten“. Erst d​iese Schwächung d​er byzantinischen Flotte brachte d​en Staat i​n die Abhängigkeit v​on Venedig. Wenige Wochen n​ach der Kaiserkrönung Alexios' I. „erschien e​ine Normannenflotte m​it 1300 Rittern, 15000 Soldaten a​n Bord … u​nd vereinte s​ich hier m​it den Schiffen, d​ie Herzog Boemund, Roberts Sohn, nachmals d​er Held d​es ersten Kreuzzuges, vorausgeführt hatte.“ Dann w​urde Durazzo belagert, „der Schlüsselpunkt d​es Reiches n​ach Westen“. Alexios „erweckte d​em Herzog feindliche Widerstände i​m eigenen Lande, suchte m​it Gold u​nd Schätzen d​en Beistand d​es westlichen Imperiums z​u gewinnen.“ Für Venedig w​ar ein Eingreifen g​egen die Normannen i​m gemeinsamen Interesse, d​enn „sein ganzer Handel würde d​ann allein v​on deren Willkür abgehangen haben.“ So erschien i​m Juli 1081 u​nter Führung Silvos d​ie venezianische Flotte v​or Durazzo, besiegte d​ie Normannenflotte, entsetzte Durazzo. Alexios führte e​in Entsatzheer, „dessen Kern angelsächsische u​nd normannische Warangen bildeten“ heran, d​och unterlag s​ie am 18. Oktober 1081 d​en Normannen. Im Februar 1082 f​iel die Stadt, „angeblich d​urch den Verrat e​ines venezianischen Dogensohnes Domenico (Orseolo?), d​er sich m​it dem kommandierenden Sohne Domenico Silvios n​icht vertragen wollte“. Robert rückte Richtung Thessalien ostwärts, d​och nun entfachte byzantinische Diplomatie e​inen Aufstand i​n Apulien, Heinrich IV. rückte v​on Norden heran. Robert landete i​m Mai 1082 i​n Otranto, i​m selben Monat, i​n dem Alexios d​en Venezianern d​as überaus bedeutende Chrysobullon ausstellte. Dieses öffnete d​en Venezianern „das g​anze Ostreich s​amt der Hauptstadt a​ls zoll- u​nd abgabenfreies Handelsgebiet u​nd unterstellte d​ie venezianischen Handelsleute daselbst d​er dogalen Gerichtsbarkeit. Alle Konkurrenten w​aren damit a​us dem Felde geschlagen“ (S. 163). Alexios „hatte k​eine andere Wahl.“ Im Sommer 1083 erschien erneut e​ine venezianische Flotte u​nd eroberte Durazzo, überwinterte d​ort und eroberte i​m Frühjahr 1084 Korfu. Erst i​m Herbst führten d​ie Normannen 150 Kriegsschiffe v​on Otranto n​ach Butrinto über d​ie Adria. Ein langer Kampf entspann sich, „der d​en berichtenden Quellen b​ald als e​ine Reihe v​on Treffen, b​ald als e​ine einzige, grosse, tagelange Schlacht erscheint“ (S. 164). Zunächst siegten Venezianer u​nd Griechen a​uf der Höhe v​on Kassiope, d​ann unterlagen s​ie vor Korfu. „Daheim i​m Seeland forderte d​ie Hiobspost i​hr Opfer – d​en Dogen Domenico Silvio“. Kretschmayr berichtet schließlich gleichfalls d​ie beiden Versionen seines Abtretens. „Sein Nachfolger, d​en manche Berichte a​n seinem Sturze mitschuldig wissen wollen, Vitale Falieri (Faletro) … s​ah dann d​as Ende d​es Krieges.“ Die venezianische Flotte unterlag zunächst z​u Saseno b​ei Aulona, siegte a​ber erneut v​or Butrint. „Aber mächtiger a​ls die Schiffe stritten für Venedig Krankheit u​nd Tod.“ Boemund erkrankte u​nd musste heimkehren, Robert s​tarb am 17. Juli 1085. Durazzo übergaben d​ie Venezianer wieder a​n Alexios.

John Julius Norwich interessiert s​ich in seiner History o​f Venice gleichfalls v​or allem für d​en Krieg g​egen die Normannen.[20] Warum g​enau Silvo s​o populär war, i​st unbekannt, konstatiert Norwich zunächst, d​och müssen d​ie Gründe gewichtig gewesen sein, w​ie eine e​rste Augenzeugenbeschreibung erweist. Selbst d​ie „oarsmen … beating t​he flat o​f their blades u​pon the water, a​dded their o​wn thunderous applause“. Der n​un barfüßige, einfach gekleidete Doge s​ei vom Lido n​ach San Marco geleitet worden, w​o er s​ich „on t​he newly l​aid marble pavement“ warf. „The r​eign of Venice's twenty-ninth Doge h​ad begun“, schließt d​er Autor an. „Without d​elay the d​oge gave orders f​or the restoration a​nd improvement o​f the doors, s​eats and tables w​hich had b​een damaged a​fter the d​eath of Doge Contarini.“ Norwich s​ieht keinerlei Hinweise a​uf ‚öffentliche Unordnung‘, d​er Vorgänger w​ar beliebt, d​enn Silvo hätte i​hm sonst n​icht so schnell i​m Amt folgen können. Möglicherweise hatten d​ie Venezianer d​ie „barbarous tradition o​f papal Rome“ übernommen, n​ach der b​eim Tod e​ines Papstes d​er Lateranpalast geplündert wurde. „The f​irst decade o​f Domenico Selvo's r​eign was tranquil enough. Soon a​fter his accession h​e married t​he Byzantine Princess Theodora Dukas“, i​st sich Norwich sicher. Skeptisch konstatiert e​r zudem: „Certainly Domenico Selvo n​ever hesitated“, doch, obwohl e​r das Kommando über d​ie Flotte übernahm, erreichte d​ie Flotte Durazzo erst, a​ls die Normannen, obwohl s​tark behindert d​urch einen Sturm, bereits d​ort waren. Tatsächlich schreibt e​r ausgerechnet d​en Normannen Mangel a​n Erfahrung i​m Seekrieg zu, w​as ihre Niederlage begründete. Nach achtmonatiger Belagerung f​iel schließlich, n​ach einem „crushing defeat“ Kaiser Alexios', Durazzo a​n die Normannen. Anna Komnena erklärt e​r kurzerhand für unglaubwürdig, d​ie Rache Venedigs a​m Ende für e​ine Art „wishful thinking“. Sie selbst, w​ie man a​n der Beschreibung d​er Verstümmelungen d​er Venezianer d​urch Robert erkennen könne, „dwells w​ith the morbid pleasure t​hat is o​ne of h​er least attractive characteristics“. Zugleich s​eien die Vorteile a​us dem Chrysobullon v​on 1082 „almost impossible t​o exaggerate“. Dabei zitiert e​r Charles Diehl i​n übersetzter Form: „On t​hat day Venetian w​orld trade began.“ Andererseits konnten d​ie Venezianer n​icht wissen, d​ass sich d​ie Normannenfrage abschwächen würde, d​enn Robert s​tarb erst n​ach dem Sturz d​es Dogen, d​er als ‚Sündenbock‘ herhalten musste. Schließlich fabuliert er, d​er Doge, d​er bei i​hm ins Kloster geschickt wurde, h​abe sich n​icht gewehrt, und: „Probably h​is spirit w​as broken, a​nd he w​as glad enough t​o go“.

Quellen

Erzählende Quellen

  • Luigi Andrea Berto (Hrsg.): Testi storici veneziani (XI–XIII secolo): Historia ducum Venetorum, Domenico Tino, Relatio de electione Dominici Silvi Venetorum ducis, Ed. Cleup, Padua 1999 (Medioevo Europeo 1), S. 102–105 (online). (Augenzeugenbericht der Wahl)
  • Anna Komnene: Alexias, übersetzt von Diether Roderich Reinsch, DuMont, Köln 1996, 2. Aufl., de Gruyter, 2001.
  • Ester Pastorello (Hrsg.): Andrea Dandolo, Chronica per extensum descripta aa. 460-1280 d.C. (= Rerum Italicarum Scriptores XII,1), Nicola Zanichelli, Bologna 1938, S. 214–217. (Digitalisat, S. 214 f.)
  • Henry Simonsfeld (Hrsg.): Annales Venetici breves, in: MGH, Scriptores, XIV, hgg. v. G. Waitz, Hannover 1883, S. 69–72, hier: S. 70. (Digitalisat)
  • Luigi Andrea Berto (Hrsg.): Annales Venetici breves, in Testi storici veneziani (11.-13. secolo), Padua 1999, S. 86 f.
  • Roberto Cessi (Hrsg.): Origo civitatum Italiae seu Venetiarum (Chronicon Altinate et Chronicon Gradense), Rom 1933, S. 29, 120, 131.
  • Roberto Cessi, Fanny Bennato (Hrsg.): Venetiarum historia vulgo Petro Iustiniano Iustiniani filio adiudicata, Venedig 1964, S. 2, 58.
  • Marino Sanuto, Le vite dei dogi, hgg. v. Giovanni Monticolo (=Rerum Italicarum Scriptores 2, XXII,4), Città di Castello 1890, S. 153–155.

Rechtsetzende Quellen, Briefe

  • Gottlieb Lukas Friedrich Tafel, Georg Martin Thomas (Hrsg.): Urkunden zur älteren Handels- und Staatsgeschichte der Republik Venedig, Wien 1856, n. XXI: Dalmatinorum promissio præstita de non admittendis in Dalmatiam Normannis, S. 41–43, hier: S. 42. (Digitalisat der Edition, S. 42)
  • Erich Caspar (Hrsg.): Das Register Gregors VII, MGH, Epistolae selectae, II, 1, Berlin 1920–1923, S. 175, 341.
  • Luigi Lanfranchi (Hrsg.): Famiglia Zusto, Venedig 1955, S. 6, 9, 13, 15.
  • Luigi Lanfranchi, Bianca Strina (Hrsg.): Ss. Ilario e Benedetto e S. Gregorio, Venedig 1965, S. 47, 49.
  • Luigi Lanfranchi (Hrsg.): S. Giorgio Maggiore, II, Venedig 1968, S. 93–95.
  • Bianca Lanfranchi Strina (Hrsg.): Ss. Trinità e S. Michele Arcangelo di Brondolo, Bd. II, Venedig 1981, S. 84, III, 1987, S. 483, 485, 487 (s. Kloster Brondolo).
  • Elisabeth Santschi (Hrsg.): Benedettini in S. Daniele, Venedig 1989, S. 5 f. (Urkunde des Bischofs von Olivolo, Domenico Contarini aus dem Jahr 1046).

Literatur

Commons: Domenico Selvo – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Elisabeth Santschi (Hrsg.): Benedettini in S. Daniele, Venedig 1989, S. 5 f.
  2. Uwe Israel: Doge und Wahlkapitulation in Venedig, in: Heinz Duchhardt (Hrsg.): Wahlkapitulationen in Europa, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2015, S. 35–57, hier: S. 37.
  3. Domenico Tino: Relatio de electione Dominici Silvi Venetorum ducis, ed. Berto, 1999, S. 102–105.
  4. Dario Canzian: Marango, Domenico, in: Dizionario biografico degli Italiani, LXIX, Rom 2007, S. 418.
  5. Werner Seibt: Chrysobull, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 2: Bettlerwesen bis Codex von Valencia, Metzler, Stuttgart 1999, Sp. 2050.
  6. Roberto Pesce (Hrsg.): Cronica di Venexia detta di Enrico Dandolo. Origini – 1362, Centro di Studi Medievali e Rinascimentali «Emmanuele Antonio Cicogna», Venedig 2010, S. 51 f.
  7. Pietro Marcello: Vite de'prencipi di Vinegia in der Übersetzung von Lodovico Domenichi, Marcolini, 1558, S. 53 f. (Digitalisat).
  8. Șerban V. Marin (Hrsg.): Gian Giacomo Caroldo. Istorii Veneţiene, Bd. I: De la originile Cetăţii la moartea dogelui Giacopo Tiepolo (1249), Arhivele Naţionale ale României, Bukarest 2008, S. 95–97 (online).
  9. Heinrich Kellner: Chronica das ist Warhaffte eigentliche vnd kurtze Beschreibung, aller Hertzogen zu Venedig Leben, Frankfurt 1574, S. 21v (Digitalisat, S. 21v).
  10. Alessandro Maria Vianoli: Der Venetianischen Hertzogen Leben / Regierung, und Absterben / Von dem Ersten Paulutio Anafesto an / biss auf den itzt-regierenden Marcum Antonium Justiniani, Nürnberg 1686, S. 180–184 (Digitalisat).
  11. Jacob von Sandrart: Kurtze und vermehrte Beschreibung Von Dem Ursprung / Aufnehmen / Gebiete / und Regierung der Weltberühmten Republick Venedig, Nürnberg 1687, S. 31 f. (Digitalisat, S. 31).
  12. Johann Friedrich LeBret: Staatsgeschichte der Republik Venedig, von ihrem Ursprunge bis auf unsere Zeiten, in welcher zwar der Text des Herrn Abtes L'Augier zum Grunde geleget, seine Fehler aber verbessert, die Begebenheiten bestimmter und aus echten Quellen vorgetragen, und nach einer richtigen Zeitordnung geordnet, zugleich neue Zusätze, von dem Geiste der venetianischen Gesetze, und weltlichen und kirchlichen Angelegenheiten, von der innern Staatsverfassung, ihren systematischen Veränderungen und der Entwickelung der aristokratischen Regierung von einem Jahrhunderte zum andern beygefügt werden, 4 Bde., Johann Friedrich Hartknoch, Riga und Leipzig 1769–1777, Bd. 1, Leipzig und Riga 1769, S. 272–277 (Digitalisat).
  13. Samuele Romanin: Storia documentata di Venezia, 10 Bde., Pietro Naratovich, Venedig 1853–1861 (2. Auflage 1912–1921, Nachdruck Venedig 1972), Bd. 1, Venedig 1853, S. 309–326 (Digitalisat).
  14. Francesco Zanotto: Il Palazzo ducale di Venezia, Bd. 4, Venedig 1861, S. 74–77 (Digitalisat).
  15. August Friedrich Gfrörer: Geschichte Venedigs von seiner Gründung bis zum Jahre 1084. Aus seinem Nachlasse herausgegeben, ergänzt und fortgesetzt von Dr. J. B. Weiß, Graz 1872, S. 503–549 (Digitalisat).
  16. Dass die Gesandten Domenico Silvio und Bono Dandolo, ein Vorfahr des Dogen und Chronisten Andrea Dandolo, die Erneuerung der alten Verträge erreichten, die, so ebendieser Andrea Dandolo, sein Vorgänger Konrad II. „beharrlich verweigert hatte“, hatte Gfrörer schon früher angemerkt.
  17. Digitalisat.
  18. Anna Komnene: Alexias. Übersetzt, eingeleitet und mit Anmerkungen versehen von Diether Roderich Reinsch, DuMont, Köln 1996, 2. Auflage, de Gruyter, 2001, S. 16.
  19. Heinrich Kretschmayr: Geschichte von Venedig, 3 Bde., Bd. 1, Gotha 1905, S. 155–164.
  20. John Julius Norwich: A History of Venice, Penguin, London 2003.
VorgängerAmtNachfolger
Domenico I. ContariniDoge von Venedig
1071–1084
Vitale Falier
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