Dolní Lutyně
Dolní Lutyně, bis 1946 Německá Lutyně (deutsch Deutsch Leuten, polnisch Lutynia Niemiecka) ist eine Gemeinde in Tschechien. Die Gemeinde liegt fünf Kilometer östlich von Bohumín an der Lutyňka und gehört zum Okres Karviná in Schlesien.
Dolní Lutyně | |||||
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Basisdaten | |||||
Staat: | Tschechien | ||||
Region: | Moravskoslezský kraj | ||||
Bezirk: | Karviná | ||||
Fläche: | 2487 ha | ||||
Geographische Lage: | 49° 54′ N, 18° 25′ O | ||||
Höhe: | 202 m n.m. | ||||
Einwohner: | 5.298 (1. Jan. 2021)[1] | ||||
Postleitzahl: | 735 53 | ||||
Struktur | |||||
Status: | Gemeinde | ||||
Ortsteile: | 2 | ||||
Verwaltung | |||||
Bürgermeister: | Pavel Buzek (Stand: 2009) | ||||
Adresse: | Třanovského 10 735 53 Dolní Lutyně | ||||
Gemeindenummer: | 598968 | ||||
Website: | www.dolnilutyne.org |
Gemeindegliederung
Die Gemeinde Dolní Lutyně besteht aus den Ortsteilen Dolní Lutyně (Deutsch Leuten) und Věřňovice (Willmersdorf). Im Süden liegt die ehemalige Schwestersiedlung Horní Lutyně (Polnisch Leuten), jetzt der größte Stadtteil Orlovás namens Lutyně.
Geschichte
Das Dorf Lutynia wurde am wahrscheinlichsten von Benediktinern gegründet, die sich 1268 in Orlau ansiedelten. Im Liber fundationis episcopatus Vratislaviensis (Zehntregister des Bistums Breslau) (zirka 1305) wurde item in Luthina LXXI mansi erwähnt.[2][3][4] Das Dorf war also überdurchschnittlich groß (71 Hufen) und später etablierte sich die Unterteilung auf zwei Dörfer, z. B. im Jahr 1450: Lutynie utrumque Theutonicum et Polonicum. Der Ortsname ist topographischer Herkunft (*ljut- sumpfig) mit dem Suffix -ynia, die eingedeutschte Form bzw. die sprachliche Adaptation Leuten (Diphthong -eu- und Suffix -en) tauchte im 17. Jahrhundert auf (Teuto Lutina seu Teutschlauten seu Nemeczka Lutona, 1679).[5] Das größere Deutsch-Leuten mit der Pfarrkirche lag entlang der Lutyňka im Norden, das kleinere Polnisch-Leuten im hügeligen Süden entlang eines Wegs.
Nach Walter Kuhn, einem eifrigen Forscher des Deutschtums im Teschener Schlesien, soll es ein Teil der Freistädter deutschen Sprachinsel im Mittelalter gewesen sein, die acht Dörfer umfasste,[6] weil noch im Jahr 1571 zirka 35 % der Bewohner deutschnamig waren,[7] und mit dem Adjektiv Deutsch verbunden war, was allgemein von deutschen Volkskundlern mit deutschen Siedlern oft verknüpft wurde. Anderer Meinung ist Idzi Panic, nach dem beide Dörfer – implizit auf den polnischstämmigen Ortsnamen basierend – immer mehrheitlich polnischsprachig waren.[8] Die Adjektive Polnisch und Deutsch in den Ortsnamen wären aus dem Recht, nach dem wurden sie begründet, abgeleitet.[9]
Die Pfarrei Lutina im Teschener Dekanat wurde im Peterspfennigregister des Jahres 1447 erstmals erwähnt.[10]
Seit 1327 bestand das Herzogtum Teschen als Lehensherrschaft des Königreichs Böhmen, seit 1526 gehörte es zur Habsburgermonarchie. Im Jahre 1573 entstand die Freie Standesherrschaft von Freistadt, der das Dorf unterstand, aber wurde später mit der freien Minderstandesherrschaft von Deutsch-Leuten ausgegliedert. Ab 1792 im Besitz der Familie Larisch von Karwin.
In der Beschreibung Teschener Schlesiens von Reginald Kneifl im Jahr 1804 (meistens Stand aus dem Jahr 1799) war Deutschleuten, pohlnisch: Niemezka Lutynia, ein Dorf und eine freie Minder-Standesherrschaft im Teschner Kreis mit 134 Häusern und 798 schlesisch-polnischen Einwohnern.[11]
Nach der Aufhebung der Patrimonialherrschaften bildete Deutschleuten ab 1850 eine Gemeinde in Österreichisch-Schlesien, Bezirk Teschen und ab 1868 im Bezirk Freistadt. Derweil nahm die ethnographische Gruppe der schlesischen Lachen (Untergruppe der Schlesier) deutliche Gestalt an, wohnhaft in Deutschleuten, traditionell Teschener Mundarten sprechend.
1913 wurde die Lokalbahn (Straßenbahn) zwischen Oderberg und Karwin durch Deutsch- und Polnischleuten eröffnet, was den einfachen Zutritt der Dorfbewohner zur Arbeit in der Industrie ermöglichte.
1918, nach dem Zusammenbruch der k.u.k. Monarchie, wurde das Gebiet von Teschen strittig. Am 5. November laut dem Vergleich zwischen polnischen und tschechischen Nationalräten wurde Wierzniowice ein Teil Polens. Die tschechoslowakische Regierung erkannte den Vergleich nicht an. Nach dem Polnisch-Tschechoslowakischen Grenzkrieg, einer nicht verwirklichten Volksabstimmung, sowie der Entscheidung des Botschafterrats der Siegermächte am 28. Juli 1920 wurde der Ort unter dem Namen Německá Lutyně ein Teil der Tschechoslowakei und des Bezirks Karviná.
1938 wurde als Lutynia Niemiecka an Polen angeschlossen und kam im Jahre darauf nach der Besetzung Polens zum Deutschen Reich (Landkreis Teschen). 1946 wurde das Adjektiv Německá (Deutsch) auf Dolní (Nieder) im Ortsnamen geändert.
Einwohnerentwicklung
Jahr | 1869[12] | 1880[13] | 1890[13] | 1900[13] | 1910[13][14] | 1921[12] | 1930[12] | 1950[12] | 1961[12] | 1970[12] | 1980[12] | 1991[12] | 2001[12] |
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Einwohner | 1965 | 2350[p 1] | 2694[p 2] | 3391[p 3] | 4096[p 4] | 4195 | 4616 | 3845 | 4083 | 4059 | 3946 | 3744 | 4062 |
- Darunter: 1858 (68,3 %) polnischsprachig, 243 (11,3 %) tschechischsprachig, 51 (2,4 %) deutschsprachig;
- Darunter: 2412 (97,9 %) polnischsprachig, 36 (1,5 %) deutschsprachig, 16 (0,6 %) tschechischsprachig;
- Darunter: 2920 (91,8 %) polnischsprachig, 149 (4,7 %) deutschsprachig, 111 (3,5 %) tschechischsprachig;
- Darunter: 3483 (89,6 %) polnischsprachig, 359 (9,2 %) deutschsprachig, 46 (1,2 %) tschechischsprachig; 3994 (97,5 %) römisch-katholisch, 52 (1,3 %) evangelisch, 23 (0,5 %) israelitisch;
Sehenswürdigkeiten
- Kirche
- Schloss
- Kapelle
- Polygonscheune
Weblinks
Einzelnachweise
- Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2021 (PDF; 349 kB)
- Idzi Panic: Śląsk Cieszyński w średniowieczu (do 1528). Starostwo Powiatowe w Cieszynie, Cieszyn 2010, ISBN 978-83-926929-3-5, S. 297–299 (polnisch).
- Wilhelm Schulte: Codex Diplomaticus Silesiae T.14 Liber Fundationis Episcopatus Vratislaviensis. Breslau 1889, ISBN 83-926929-3-4, S. 110–112 (poznan.pl).
- Liber fundationis episcopatus Vratislaviensis. Abgerufen am 24. August 2014 (Latein).
- Robert Mrózek: Nazwy miejscowe dawnego Śląska Cieszyńskiego. Uniwersytet Śląski w Katowicach, 1984, ISSN 0208-6336, S. 108 (polnisch).
- Grzegorz Chromik: Mittelalterliche deutsche Sprachinseln in Oberschlesien, Kleinpolen und Rotreußen. Kraków 2019, S. 64. (ruj.uj.edu.pl)
- Grzegorz Chromik: Geschichte des deutsch-slawischen Sprachkontaktes im Teschener Schlesien. Universitätsbibliothek Regensburg, Regensburg 2018, ISBN 978-3-88246-398-9, S. 60, 301 (uni-regensburg.de).
- Idzi Panic: Język mieszkańców Śląska Cieszyńskiego od średniowiecza do połowy XIX wieku/Die Sprache der Einwohner vom Teschener Schlesien vom Mittelalter bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts/Jazyk obyvatel Těšínského Slezska od středověku do poloviny XIX. století. Cieszyn 2016, ISBN 978-83-8820431-9, S. 94.
- I. Panic, 2016, S. 84
- Registrum denarii sancti Petri in archidiaconatu Opoliensi sub anno domini MCCCCXLVII per dominum Nicolaum Wolff decretorum doctorem, archidiaconum Opoliensem, ex commissione reverendi in Christo patris ac domini Conradi episcopi Wratislaviensis, sedis apostolice collectoris, collecti. In: H. Markgraf (Hrsg.): Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens. 27, Breslau, S. 361–372. Abgerufen am 21. Juli 2014.
- Reginald Kneifl: Topographie des kaiserl. königl. Antheils von Schlesien. 2. Teil, 1. Band: Beschaffenheit und Verfassung, insbesondere des Herzogtums Teschen, Fürstentums Bielitz und der freien Minder-Standesherrschaften Friedeck, Freystadt, Deutschleuten, Roy, Reichenwaldau und Oderberg. Joseph Georg Traßler, Brünn 1804, S. 172 (books.google.de)
- Historický lexikon obcí České republiky - 1869-2015. (PDF) Český statistický úřad, 18. Dezember 2015, abgerufen am 5. Februar 2016 (tschechisch).
- Kazimierz Piątkowski: Stosunki narodowościowe w Księstwie Cieszyńskiem. Macierz Szkolna Księstwa Cieszyńskiego, Cieszyn 1918, S. 265, 283 (polnisch, opole.pl).
- Ludwig Patryn (Hrsg.): Die Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1910 in Schlesien. Troppau 1912. (sbc.org.pl)