Doktorhut
Der Doktorhut wird dem ehemaligen Doktoranden nach Abschluss seiner Promotion als äußeres Zeichen der neu erworbenen Doktorwürde vom Dekan der Fakultät (an manchen kleineren Universitäten auch vom Rektor) überreicht.
Die heutzutage am häufigsten anzutreffende Variante des Doktorhuts besteht aus einer schwarzen Kappe, die auf dem Scheitel mit einer viereckigen Platte versehen ist, die eine Quaste ziert. Diese Version entspricht auch dem aus Großbritannien stammenden Mortarboard (wörtlich: „Mörtelbrett“), obwohl dieses dort nicht von Doktoren, sondern traditionell insbesondere von Master-Absolventen getragen wird.
Doktorhüte nach Ländern und Regionen
Deutschland
Die früher übliche Zeremonie der Verleihung des Doktorhutes ist an den meisten Hochschulen unter anderem auch im deutschen Sprachraum weggefallen. An einigen Universitäten ist der feierliche Doktoreid geblieben, mit dem der Doktorand die Erfüllung der mit der Doktorwürde verbundenen Pflichten verspricht. Einige deutsche Universitäten (z. B. die Universität Bonn oder die Hochschule Mittweida) veranstalten hingegen inzwischen aber auch für Master- und Bachelor-Absolventen Abschlussfeiern nach amerikanischem Vorbild mit mortarboard. Vor Verwendung dieser Hutform sah ein Doktorhut anders aus und entsprach eher dem britischen Pendant, wie das Bildnis Martin Luthers mit Doktorhut zeigt (siehe weiter unten).
An einigen mitteleuropäischen Universitäten ist es üblich, Doktorhüte frei zu gestalten; häufig übernehmen dies Kollegen, Kommilitonen oder Mit-Doktoranden. Die selbstgebastelten Doktorhüte reflektieren dann die Arbeit oder persönliche Eigenschaften des Doktoranden. Beispielsweise kann ein Doktorhut aus Schokolade bestehen oder ein Maschinenteil darstellen. Der Doktorhut wird nach Bestehen der abschließenden Prüfung oder im Rahmen einer Promotionsfeier überreicht.[1]
- Historische Talare der Freien Universität Berlin mit deutschen Doktorhüten
- Frei gestalteter Doktorhut eines Dr. rer. nat. an der Leibniz Universität Hannover
- Doktorhut zum Dr. rer. nat. an der Universität Hamburg, Fakultät für Psychologie und Bewegungswissenschaft
Großbritannien
Im Vereinigten Königreich wurden die sogenannten mortarboards (offiziell academic cap) ursprünglich nur von Master-Absolventen getragen, heutzutage jedoch häufig auch von Bachelor-Studenten. Diese sind komplett in schwarz gehalten; lediglich die Universitätsleitung trägt goldene Quasten. Doktoren hingegen tragen traditionell ein rundes Barett (englisch Tudor bonnet) ähnlich einer Schottenmütze. Die genannten Hüte werden gemeinsam mit einem, je nach akademischen Grad unterschiedlich gestalteten, Talar getragen, dessen Farbe zumeist den Farben der Universität, teilweise aber auch denen der Fakultät entspricht.
Vereinigte Staaten
In den USA werden mortarboards von Absolventen aller akademischen Grade (teilweise auch bereits am Ende der High School oder des College) getragen. Für Bachelor- und Master-Studenten zeigt die Farbe der Quaste (und des Talars) die Fakultät an; so steht laut einer offiziellen Richtlinie des American Council on Education etwa lila für Rechtswissenschaften, grün für Medizin und rot für Theologie. An High Schools entspricht sie den Farben der Schule, teilweise aber auch der Abschlussnote. Doktoren tragen samtene Hüte mit einer goldenen Quaste. Inzwischen finden unter ihnen aber auch immer häufiger runde Barette wie in Großbritannien Verbreitung.
Eine Besonderheit an einigen amerikanischen Universitäten ist die besondere Bedeutung der Position der Quaste: Während Bachelor-Absolventen sie auf der rechten Seite tragen, befindet sie sich nach dem Master-Abschluss auf der linken Seite des Hutes. Oft wird diese Position deshalb bei der Graduierungszeremonie von den Master-Absolventen feierlich gewechselt.
Skandinavien
In Skandinavien wird zur Promotionsfeier von altersher ein besonderer Zylinderhut verwendet.
In Schweden ist die Verleihungszeremonie mit dem traditionellen Doktorhut weiterhin üblich, sofern der Absolvent bereit ist, den benötigten Hut zu kaufen. Eine der wenigen Gelegenheiten, den Doktorhut zu tragen, sind die regelmäßig stattfindenden öffentlichen Promotionen (an der Universität Uppsala zweimal jährlich). Den neuen Doktores wird in Uppsala dabei vom Promotor ein Lorbeerkranz auf die Stirn gesetzt, der Promotor selbst trägt auch einen. Außerdem ist es in Schweden üblich, die Doktorwürde durch das Tragen eines Doktorringes zu zeigen, den man, im Gegensatz zum Hut, immer tragen kann. Je nach Fakultät ist der Ring mit einem passenden Symbol geschmückt; so zeigen die Doktorringe der Ärzte den Äskulapstab.
Andere Länder
- Verleihung des Doktorhuts an der Universidad Complutense de Madrid
- Doktoren an der Universidad de Cádiz
- Direktor der Universidad de La Rioja
- Doktoren der Sorbonne
Geschichte
Die akademische Kopfbedeckung hat ihre Ursprünge in den Kopfbedeckungen kirchlicher Würdenträger und des 11. und 12. Jahrhunderts. Sie wurde Teil der Kleiderordnung der in jenen Jahren neu gegründeten Bildungsanstalten: Bologna (gegründet 1088), Paris (1150), Oxford (1167), Modena (1175) und anderen. Die Form wiederum entstammt – immer wieder farblich oder formlich verändert – von den weichen Pillei (Singular: Pileus), auch „Kappen der Freiheit“, wie die von römischen Freigelassenen, also Ex-Sklaven, genannt wurden, die ihre frisch rasierten Köpfe damit bedeckten. Später begann man, auch aus der Zweckmäßigkeit heraus Material und Aufwand für die Kappenherstellung einzusparen, einfache geometrische Formen zuzuschneiden. Die ersten viereckigen Strukturen erschienen zwischen 1500 und 1550. Zuerst nutzten katholische Geistliche diese neue Kopfbedeckung (Birett), sie hielt aber auch ihren Einzug in die Universitäten, wo sie vornehmlich nur von Studenten und Lehrpersonal der theologischen Fächer getragen wurde. Alle anderen Disziplinen (Jura, Physik und musische Fächer) trugen den runden Hut.[2]
Zu Ende des 17. Jahrhunderts begann der quadratische Hut den runden abzulösen. In Oxford war zwar die runde Form für die meisten Studenten obligatorisch, jedoch war der Status der Theologiestudenten hoch angesehen und deren quadratische Kopfbedeckung unter den Studenten der „niedrigen“ Fächer ein Begehrlichkeiten weckendes Symbol. 1675 erhielten dann die ersten Studenten, zumindest wenn sie aristokratischer Herkunft waren, die Erlaubnis ebenfalls den viereckigen Hut zu tragen. Das kann als Beginn der weitgehenden Nutzung des „Mörtelbretts“ im akademischen Betrieb, wie der Hut im Englischen scherzhaft genannt wird, angesehen werden. Nun wurde die Kappe mit einer ca. 10 cm langen, in der Mitte befestigten und über den Rand hängenden Seidenquaste getragen. Diese ist an einem Knopf befestigt, der früher auch die Stoffbahnen des Hutes zusammenhielt.
Waren die ersten Doktorhüte noch aufwendig geschneidert und ausgestattet worden, sind heutige Modelle häufig industriell aus Kunstfaser gefertigt, welche durch ihre Elastizität keine kostspieligen Änderungen durch Schneider mehr erfordert, um die individuelle Kopfgröße zu berücksichtigen. Das Aussehen und Machart des heute üblichen Doktorhutes gehen auf ein US-amerikanisches Patent zurück, das 1950 von dem Erfinder Edward O'Reilly und dem katholischen Priester Joseph Durham eingereicht wurde. Die Idee und das nachfolgende Patent beinhalteten u. a. eine Versteifung aus Fiberglas, die in den Doktorhut eingenäht wurde.[3]
- Martin Luther mit Doktorhut, von Lucas Cranach der Ältere (1521)
- Studenten in einer Vorlesung mit verschiedenen Hüten, von William Hogarth (1736)
- Aleksander Januszkiewicz (1872)
- John Harvey Kellogg (1914)
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- Goff, Philip (1999). University of London Academic Dress. London: University of London Press.
- Laura Hennemann: Physiker-Humor: Espresso aus dem Doktorhut. Spiegel Online vom 13. März 2013.
- Yale Allumni Magazine Juli-August 2008.
- US-Patent Nr. 2880423