Dieter Wittich

Dieter Wittich (* 7. Februar 1930 i​n Mansbach; † 22. Juni 2011 i​n Strausberg[1]) w​ar ein deutscher Philosoph, d​er sich v​on einer marxistisch-leninistischen Position a​us mit Erkenntnistheorie u​nd Wissenschaftstheorie befasste.

Dieter Wittich
Grab Dieter Wittich 2021

Leben

Dieter Wittich, aufgewachsen i​n Schmalkalden i​m Thüringer Wald, studierte b​ei Georg Klaus zunächst a​n der Friedrich-Schiller-Universität Jena u​nd ab 1953 d​er Humboldt-Universität Philosophie. 1960 w​urde er m​it einer Arbeit z​um Materialismusstreit promoviert u​nd begann i​m gleichen Jahr, Vorlesungen z​ur marxistisch-leninistischen Erkenntnistheorie z​u halten. Ab 1966 lehrte Wittich a​n der Leipziger Karl-Marx Universität u​nd hatte d​en einzigen Lehrstuhl für Erkenntnistheorie inne, d​en es i​n der DDR gab. Von 1974 b​is 1990 w​ar er d​ort Dekan d​er Fakultät für Philosophie u​nd Geisteswissenschaft, u​nd trat 1995 i​n den Ruhestand.

Wittich veröffentlichte ungefähr 150 wissenschaftliche Publikationen i​n der DDR, a​ber auch d​en USA, England, Österreich u​nd Kolumbien. Er w​ar Experte für d​ie neuere, n​icht am Marxismus orientierte Wissenschaftstheorie i​n der angelsächsischen Welt. 1979 w​urde er i​n die Sächsische Akademie d​er Wissenschaften[2] u​nd 1995 i​n die Leibniz-Sozietät z​u Berlin gewählt.

Nach Auffassung v​on Heinrich Opitz begründete Wittich i​n den 1960er Jahren d​ie "Leipziger erkenntnistheoretische Schule", d​ie es s​ich zur Aufgabe machte, d​ie verstreuten Äußerungen v​on Karl Marx u​nd Friedrich Engels z​ur Erkenntnistheorie systematisch zusammenzutragen, wodurch, s​o Opitz, d​ie marxistische Erkenntnistheorie "wieder d​en ihr genuin entsprechenden Platz i​m System d​er marxistischen Philosophie erhielt".[3]

Werke (Auswahl)

  • Übersetzung a. d. Russischen, autorisiert von Georg Klaus: Arnost Kol'man: Was ist Kybernetik. Verlag Junge Welt, Berlin 1955 (wissenschaftliche Beilage zu Forum, 1955, 23)
  • Der deutsche kleinbürgerliche Materialismus der Reaktionsjahre nach 1848/49. Unter besonderer Berücksichtigung des naturhistorischen Materialismus Ludwig Büchners. Dissertation, unveröffentlicht, Berlin 1960
  • Die materialistische Erkenntnistheorie. Humboldt-Universität, Berlin 1962, 2. Auflage, Heft 4 von: Dialektischer Materialismus. Fernstudium Philosophie
  • Praxis, Erkenntnis, Wissenschaft. Deutscher Verlag der Wissenschaft, Berlin 1965
  • Erkenntnistheorie. Studienanleitung. Institut für Philosophie der Humboldt-Universität, Berlin 1965
  • Zu Fragen der marxistischen Praxisbestimmung und des Verhältnisses von Praxis und Erkenntnis, Habilitationsschrift, Humboldt-Universität, Berlin 1966
  • mit Reinhold Miller Leitung des Autorenkollektives von Die Sozialistische Weltanschauung, Volk und Wissen, Berlin 1966 (3. Auflage, Band 3 von Staatsbürgerkunde)
  • Herausgabe und Einleitung: Carl Vogt, Jakob Moleschott und Ludwig Büchner, Schriften zum kleinbürgerlichen Materialismus in Deutschland, 2 Bände, Akademie, Berlin 1971 (Philosophische Studientexte 38)
  • Über Gegenstand und Methoden der marxistisch-leninistischen Erkenntnistheorie, Deutscher Verlag der Wissenschaft, Berlin 1973
  • mit Klaus Gössler und Kurt Wagner: Marxistisch-leninistische Erkenntnistheorie. 2. Auflage; 1. Auflage 1978. Deutscher Verlag der Wissenschaft, Berlin 1980
  • Gedanken zum Werk von Karl Marx in seiner Bedeutung für die sozialistische Hochschulpolitik. Referat auf der Plenartagung des Wissenschaftlichen Rates am 19. Januar 1983. Karl Marx Universität, Leipzig 1983, (Leipziger Universitätsreden, Neue Folge, Heft 64)
  • Warum und wie Lenins philosophisches Hauptwerk entstand. Entstehung, Methodik und Rezeption von "Materialismus und Empiriokritizismus", Dietz, Berlin 1985 (Grundfragen der marxistisch-leninistischen Philosophie)
  • Zur Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte von W. I. Lenins Werk „Materialismus und Empiriokritizismus“. Akademie, Berlin 1986, ISBN 3-05-000069-4 (Sitzungsberichte der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Philologisch-Historische Klasse, Band 127, Heft 2)
  • mit Horst Poldrack: Der Londoner Kongress zur Wissenschaftsgeschichte 1931 und das Problem der Determination von Erkenntnisentwicklung. Akademie, Berlin 1990, ISBN 3-05-001062-2 (Sitzungsberichte der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Philologisch-Historische Klasse, Band 130, Heft 5)
  • mit Helmut Seidel und Volker Caysa: Zum philosophischen Praxis-Begriff. Die zweite Praxis-Diskussion in der DDR. Texte zur Philosophie Heft 12, Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen, 2002.

Literatur

  • Monika Runge: Erkenntnistheorie in Leipzig: ein Beitrag zur Universitäts- und Philosophiegeschichte. Dieter Wittich zum 75. Geburtstag. Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen, Leipzig 2006, ISBN 3-89819-249-0
  • Hans-Christoph Rauh: Wittich, Dieter. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Martin Küpper: Die Mühen der Erkenntnis.Zum zehnten Todestag des Philosophen Dieter Wittich.jw 22. Nuni 2021

Einzelnachweise

  1. Nekrologe 2011: Dieter Wittich.@1@2Vorlage:Toter Link/www2.hu-berlin.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin
  2. Mitglieder der SAW; Dieter Wittich. Sächsische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 23. Dezember 2016.
  3. Heinrich Opitz: Philosophische Schulen in der DDR? Die Leipziger erkenntnistheoretische Schule. In: Gestörte Vernunft? Gedanken zu einer Standortbestimmung der DDR-Philosophie. Hg. v. Hans-Jürgen Mende und Reinhard Mocek, Berlin 1996, S. 129–137; Zitat auf S. 133
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