Deutsches Schreibmaschinenmuseum
Das Deutsche Schreibmaschinenmuseum befindet sich im Bayreuther Stadtteil Sankt Georgen im ehemaligen Leers’schen Waisenhaus von 1901.[1] Das Museum dokumentiert die Entwicklungsgeschichte der Schreibmaschine seit ihrer Erfindung 1864 bis zur Gegenwart.[2] Das Arsenal basiert auf einer Sammlung aus dem Jahr 1934.[3] Betreiber des Museums ist heute die Forschungs- und Ausbildungsstätte für Kurzschrift und Textverarbeitung in Bayreuth e. V., von der das Museum ehrenamtlich betreut wird.[3]
Museumssitz im ehemaligen Leers’schen Waisenhaus | |
Daten | |
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Ort | Bayreuth |
Art |
Technikgeschichte
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Eröffnung | 1936 |
Betreiber |
Forschungs- und Ausbildungsstätte für Kurzschrift und Textverarbeitung in Bayreuth e. V.
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Leitung |
Holger Woppmann
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Website | |
ISIL | DE-MUS-013016 |
Geschichte
Grundlage für das heutige Museum war die Deutsche Stenografenschaft in Kulmbach. Für die Prüfungen von Lehrern des Maschinenschreibens 1934 und 1935 begann die Institution, historische Schreibmaschinen zusammenzutragen. Auf wessen Initiative die Sammlung konkret ins Leben gerufen wurde, ist unbekannt. Die Geräte wurden damals ausschließlich für Lehrveranstaltungen genutzt.[4]
An der Einmündung der Kanalstraße in den Luitpoldplatz in Bayreuth hatte der Bayerische Kultusminister und Gauleiter Hans Schemm als Reichswalter des Nationalsozialistischen Lehrerbunds ab September 1933 das Haus der Deutschen Erziehung errichten lassen. Pfingsten 1936 wurde direkt gegenüber das Haus der deutschen Kurzschrift eingeweiht,[5] das von der Bevölkerung schlicht „Stenohaus“ genannt wurde. Damit zog die Deutsche Stenografenschaft nach Bayreuth und brachte die Maschinensammlung mit mutmaßlich 120 Schreib- und Rechenmaschinen mit. Auch weiterhin waren die Geräte ausschließlich Unterrichtszwecken vorbehalten. Verantwortlich war der Verlagslektor Carl Müller, der von 1956 bis 1958 Vorsitzender der Forschungs- und Ausbildungsstätte für Kurzschrift und Textverarbeitung in Bayreuth war, der heutigen Betreiberin des Museums.[4] Der Bayreuther Journalist und Historiker Bernd Mayer schrieb 2010, die Stadt sei im „Dritten Reich“ zu einer „Hochburg der Stenografen geworden“.[6]
Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die historisch wertvollsten Stücke auf der Luisenburg in Sicherheit gebracht. Amerikanische Soldaten holten die nur noch 86 Maschinen umfassende Sammlung zurück und lagerten diese in einem Abstellraum des Richard-Wagner-Festspielhauses ein. 1946 wurde die Sammlung in die neu eröffnete Handelsschule in der Friedrichstraße verlagert, ehe sie im Jahr darauf ins Stenografenhaus zurückkehrte.[5]
Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gingen viele Schreibmaschinen verloren, und das Haus einschließlich der Schreibmaschinen fiel 1945 per Gesetz an den Freistaat Bayern. Im Jahr 1947 gründete sich die Forschungs- und Ausbildungsstätte für Kurzschrift und Maschinenschreiben in Bayreuth aufs Neue. Der Freistaat übergab ihr treuhänderisch die 86 noch verbliebenen Schreibgeräte zur Pflege und Nutzung. Schenkungen und einige Ankäufe vergrößerten die Sammlung stückweise. 1965 erfolgten Verhandlungen mit dem Bayerischen Finanzministerium, und nach der Zahlung einer Ablösesumme ging die Sammlung in das Eigentum der Forschungsstätte über. Im Jahr 1968 war die Sammlung auf circa 130 Stücke angewachsen. 1974 zog das Museum aus dem inzwischen für baufällig erklärten Gebäude in die Private Wirtschaftsschule Reger um.[4]
Der Umzug an den heutigen Standort erfolgte 1982. Bis dahin firmierte die Sammlung als „Museum historischer Schreibmaschinen“. 1984 wurde sie als „Deutsches Schreibmaschinenmuseum“ in einem eigenen Ausstellungsraum der Forschungsstätte für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.[4] Die Exponate sind in einem eingeschossigen Holzbau im Garten des Leers’schen Waisenhauses untergebracht; im Hauptgebäude befindet sich die Deutsche Bibliothek für Kurzschrift und Schreibmaschinen.[7]
Da im Leers’schen Waisenhaus künftig das Stadtarchiv untergebracht werden soll, muss das Museum mit seinen mittlerweile 1400 Schreibmaschinen erneut umziehen. Als künftiger Standort ist ein Nebengebäude des Jagdschlosses Thiergarten im Süden Bayreuths vorgesehen.[5][6] Der entsprechende Vertrag wurde im Februar 2022 unterzeichnet; für rund 360.000 Euro soll das Gebäude saniert werden, frühestens im August 2022 könne der Umzug erfolgen.[8]
Exponate
Die Exponate sind Zeugen der Entwicklung der Schreibtechnik in den letzten eineinhalb Jahrhunderten,[3] mit technischen Varianten und unterschiedlichen Entwicklungsstufen.[9] Auf die anfänglich noch gesammelten Rechenmaschinen wurde mittlerweile verzichtet.[4] Im Jahr 2006 betrug die Zahl der Exponate 428 Stück,[4] für 2019 werden Zahlen von etwa 600 Stück[10][2] genannt. Im Museum ausgestellt sind davon ungefähr 150 Exponate,[10][2] nach anderen Quellen sind es 250[11] oder auch 450.[9]
Die Präsentation zur Entwicklung der mechanischen Schreibgeräte beginnt mit einer Replikat der ersten noch erhaltenen Schreibmaschine der Welt,[9] dem ersten Schreibapparat von Peter Mitterhofer von 1864.[4][9] Ein Modell aus dem Jahr 1874 von Sholes & Glidden, das schon in Serie produziert werden konnte, ist gut erhalten zu besichtigen.[9] Weitere historische Maschinen sind beispielsweise die Modelle Bar-Lock, Mignon oder eine 1914 in Deutschland hergestellte Ultima.[3] Elektromechanische und elektronisch gesteuerte Maschinen[4] werden im Museum unter anderem durch die Geschichte der IBM-Schreibmaschinen repräsentiert.[3]
Im Jahr 2006 gab es Gedanken zur Erweiterung des Museums in Richtung von Computern. Auch wenn Räume und Finanzen fehlten, wurden PCs der Anfangszeit eingelagert, um sie eines Tages eventuell auszustellen,[4] darunter ein Commodore 8032. Doch das Museum konzentriert sich auf seine Kernkompetenz. Die Sammlung wird laufend ausgebaut, soweit es die räumlichen Verhältnisse zulassen.[10] Platzmangel begleitet die neuere Geschichte des Museums. „Wir wissen gar nicht mehr wohin mit all den Schreibmaschinen, die uns zugetragen werden.“ (Jörg Heimler: Nordbayerischer Kurier)[12] Die Räume des ehemaligen Waisenhauses sind nur bedingt für die Lagerung der Bestände geeignet.[12] 2015 wünschte sich der Museumsleiter Holger Woppmann Ausstellungsräume im Stadtzentrum.[11]
Weblinks
Einzelnachweise
- Deutsches Schreibmaschinen-Museum. In: architektur-bildarchiv.de. Architektur-Bildarchiv, Herten, abgerufen am 15. September 2019.
- Schreibmaschinen Museum. Deutsches Schreibmaschinen Museum. In: Bayreuth.Bayern-online.de. Netz Aktiv AG, abgerufen am 13. September 2019.
- Das Deutsche Schreibmaschinenmuseum. In: Forschungsstätte online. Forschungs- und Ausbildungsstätte für Kurzschrift und Textverarbeitung in Bayreuth E. V. (FAKT), abgerufen am 13. September 2019.
- Hans Gebhardt: 70 Jahre Deutsches Schreibmaschinenmuseum. In: Forschungs- und Ausbildungsstätte für Kurzschrift und Textverarbeitung in Bayreuth E. V. (Hrsg.): Archiv für Kurzschrift – Textverarbeitung – Informationstechnologie. Nr. 3, 2006, S. 83 f. (forschungsstaette.de [PDF; abgerufen am 12. September 2019]).
- Die größte IBM-Sammlung weltweit in: Nordbayerischer Kurier vom 11. Februar 2021, S. 8.
- Relikte aus längst vergangenen Zeiten in: Nordbayerischer Kurier vom 17. August 2021, S. 11.
- Nebengebäude Schloss Thiergarten: Sanierung schreitet schnell voran in: Nordbayerischer Kurier vom 13. August 2021, S. 10.
- Museum zieht nach Thiergarten in: Nordbayerischer Kurier vom 15. Februar 2022, S. 8.
- Zwischen Spessart und Karwendel. Details - Takt und Tasten: Das "Deutsche Schreibmaschinenmuseum". In: rbb - ARD Play-Out-Center. Rundfunk Berlin-Brandenburg RBB, abgerufen am 19. September 2019.
- Deutsches Schreibmaschinenmuseum. In: www.bayreuth.de. Stadt Bayreuth, abgerufen am 13. September 2019.
- Michael Weiser: Zu wenig Raum, zu viel zum Zeigen, zu sehr am Rand: Schreibmaschinenmuseum hat Probleme. Platz gesucht: Ein Museum und seine Schätze. In: Nordbayerischer Kurier. Nordbayerischer Kurier Zeitungsverlag GmbH, 20. September 2015, abgerufen am 15. September 2019.
- Gordian Beck: Auszug Nordbayerischer Kurier vom 16. Juni 2014. Ein Kleinod im Dornröschenschlaf. In: Nordbayerischer Kurier. StudyLib, 16. Juni 2014, abgerufen am 15. September 2019.