Der lächerliche Prinz Jodelet

Der lächerliche Prinz Jodelet ist ein Barock-Opern-Pasticcio in fünf Akten von Reinhard Keiser. Die Original-Bezeichnung lautet scherzthafftes Sing-Spiel. Das Libretto verfasste Johann Philipp Praetorius nach den französischen Komödien Jodelet ou le Maître valet (1643) von Paul Scarron und Le geôlier de soi-même ou Jodelet prince (1655) von Thomas Corneille, die ihrerseits auf den spanischen Komödien Donde hay agravios no hay celos, y amo criado (1640) von Francisco de Rojas Zorrilla bzw. El alcalde de sí mismo von Pedro Calderón de la Barca (1651) basieren.[1] Die Uraufführung fand 1726 in der Hamburger Gänsemarktoper statt. Dem Zeitgeschmack entsprechend enthielt die Inszenierung Anspielungen auf das aktuelle Tagesgeschehen.

Werkdaten
Originaltitel: Der lächerliche Prinz Jodelet

Titelblatt d​es Librettos v​on 1726

Form: Singspiel
Originalsprache: Deutsch, Italienisch
Musik: Reinhard Keiser
Libretto: Johann Philipp Praetorius
Literarische Vorlage: Paul Scarron, Thomas Corneille
Uraufführung: 1726
Ort der Uraufführung: Hamburg
Ort und Zeit der Handlung: Süditalien im Mittelalter
Personen
  • Fernando, König von Neapel (Bass)
  • Laura, Prinzessin von Neapel, Tochter Fernandos, Angebetete Federics (Sopran)
  • Federic, Kronprinz von Sizilien (Bariton)
  • Eduard, Federics Bruder (Bariton)
  • Isabella, Geliebte Eduards (Sopran)
  • Erminde, Hofdame Isabellas (Sopran)
  • Julia, Vertraute Lauras (Mezzosopran)
  • Octavius, Diener Federics (Bass)
  • Jodelet, ein armer Müßiggänger (Bariton)
  • Nicolo, Freund Jodelets (Tenor)
  • Henriquez, Hauptmann, Haushofmeister Fernandos (Tenor)
  • Sanchez (Bass)
  • Hofgesellschaften, Soldaten, Wachen, Dienerschaft, Bauern, Volk

Handlung

Die Oper spielt im mittelalterlichen Süditalien. Federic, der Kronprinz von Sizilien, hatte in einem Turnier den Verlobten Lauras, der Prinzessin von Neapel, erschlagen und befindet sich zusammen mit seinem Vertrauten Octavius auf der Flucht vor den Soldaten König Fernandos. Zur Tarnung vertauschen sie ihre vornehmen Ritterrüstungen mit einfachen Kleidern und suchen unerkannt Schutz bei Isabella, der Schwester des Getöteten. Unterdessen finden Jodelet, ein armer Müßiggänger, und sein Kompane Nicolo die Rüstungen und legen sie an. Jodelet wird von Federics Verfolgern für den flüchtigen Prinzen gehalten, verhaftet und zu Isabella gebracht. Diese bestimmt Federic zum Wächter Jodelets. Dadurch wird der vermeintliche Federic zum Gefangenen des echten. Da Jodelets Haft als vermeintlicher Prinz unter angenehmen Bedingungen mit guter Verpflegung verläuft, nimmt er diese Rolle bereitwillig an. Federic verliebt sich in die Königstochter Laura und nähert sich dieser unter dem Namen Leonard. Da erscheint Federics Bruder Eduard als Friedensunterhändler zwischen Neapel und Sizilien. Die Verwechselung klärt sich auf. Der Frieden wird durch die Hochzeiten von Kronprinz Federic von Sizilien und Prinzessin Laura von Neapel sowie von Eduard und Isabella besiegelt. Jodelet und Nicolo werden wieder auf die Straße gesetzt.

Gestaltung

Einige d​er Rezitative entstammen d​er bereits 1680 i​n Hamburg aufgeführten Jodelet-Oper Sein selbst Gefangener v​on Johann Wolfgang Franck (Musik) u​nd Matsen (Libretto). Die Rezitative u​nd die meisten Arien s​ind in deutscher Sprache, teilweise dialektal gefärbt, gehalten. Andere Arien s​ind italienisch. Da e​s sich u​m ein Pasticcio handelt, stammen einige Arien ursprünglich v​on anderen Komponisten w​ie Antonio Caldara, Francesco Gasparini u​nd Antonio Vivaldi o​der aus früheren Werken Keisers. Die v​on vier gedämpften Violinen begleitete Arie d​er Isabella Ein zärtlich liebendes Hertze entstammt seiner Oper Bretislaus.[2] Die Instrumentalsätze, Rezitative, Chöre u​nd der überwiegende Teil d​er deutschsprachigen Arien s​ind Original-Kompositionen.

Aufführungsgeschichte

Das Werk w​urde erstmals 1726 a​n der Hamburger Gänsemarktoper aufgeführt. Die Rolle d​er Erminda w​urde von Margaretha Susanna Kayser gesungen.[3]

In neuerer Zeit w​urde die Oper 2004 a​n der Hamburgischen Staatsoper wieder aufgeführt. Der Barockspezialist Alessandro d​e Marchi h​atte die musikalische Leitung. Regie führte Uwe Eric Laufenberg. Die Sänger w​aren Jörn Schümann (Fernando), Inga Kalna (Laura), Moritz Gogg (Federic), Christoph Pohl (Eduard), Julia Sukmanova (Isabella), Anke Herrmann u​nd Gabriele Rossmanith[3] (Erminde), Tamara Gura (Julia), Andreas Hörl (Octavius), Jan Buchwald (Jodelet), Christoph Genz (Nicolo), Michael Smallwood (Henriquez) u​nd Wilhelm Schwinghammer (Sanchez). Die Aufführung v​om 22. Februar 2004 w​urde live v​om Radio-Sender NDR Kultur übertragen.

Literatur

Hansjörg Drauschke: Das Opern-Pasticcio „Jodelet“ v​on 1726. In: Der lächerliche Prinz Jodelet. Scherzhaftes Sing-Spiel i​n fünf Akten v​on Reinhard Keiser. Hrsg. v​on der Hamburgischen Staatsoper, Hamburg 2004, S. 10.

Commons: Der lächerliche Prinz Jodelet – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Catherine Marchal-Weyl: Le Tailleur et Le Fripier – Transformations des personnages de la comedia sur la scène française (1630-1669), Genf 2007, S. 333 f.
  2. John H. Roberts: Jodelet. In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich).
  3. Werk- und Aufführungsdaten auf operabaroque.fr (französisch), abgerufen am 3. August 2014.
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