Dalheimer Sommer
Der Dalheimer Sommer ist ein mehrwöchiges Theater- und Musikfestival, das seit 1996 in dem ehemaligen Kloster Dalheim im westfälischen Kreis Paderborn veranstaltet wird. Im Monat August finden im zweijährlichen Turnus rund dreizehn Veranstaltungen statt. Auf dem Programm stehen Theater, Konzerte und Lesungen. Veranstalter des Festivals sind die Stiftung Kloster Dalheim und der Verein der Freunde des Klosters Dalheim e.V.
Geschichte
Das Festival Dalheimer Sommer wurde 1996 als Initiative des Vereins der Freunde des Klosters Dalheim e.V. gegründet. Ziel war es, das ehemalige Augustiner-Chorherrenstift – seit 1979 im Besitz des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) – als überregionales Kulturzentrum zu etablieren. Das hochkarätige Programm im historischen Ambiente der Klosteranlage garantiert einzigartige Festivalmomente mit dem Flair einer Landpartie.
Das Kloster Dalheim ist seit mehr als 500 Jahren ein Ort der Kultur und insbesondere der Musik. Eine großflächige Wandmalerei im Chor der mittelalterlichen Kirche zeugt bis heute von der Musikliebe der Augustiner-Chorherren. Sie zeigt einen himmlischen Chor aus singenden, Harfe und Orgel spielenden Engeln. Zur Ausstattung der barocken Dalheimer Klosterkirche gehörte eine Springladen-Orgel des westfälischen Orgelbauers Johann Patroclus Möller aus dem 17. und 18. Jahrhundert, heute die größte Barockorgel Westfalens. Sie befindet sich seit der Auflösung des Klosters 1803 in der Pfarrkirche St. Johannes Baptist (Borgentreich).
Programm
Die Spielzeiten stehen traditionell unter einem Motto, das sich seit 2006 thematisch an das Jahresprogramm des Museumsbetriebs der Stiftung Kloster Dalheim. LWL-Landesmuseum für Klosterkultur anlehnt. 2020 geht die 23. Festivalspielzeit mit dem Titel „Revolution!“ sowohl strukturell als auch künstlerisch neue Wege.
Schauspiel
2020 verlagert der Intendant Harald Schwaiger den Fokus auf das zeitgenössische Schauspiel. Gemeinsam mit dem Organisten Christian Drengk bringt er Walter Jens‘ Schauspiel „Judas“ auf die Bühne. Das Ensemble AustroPott präsentiert „Der Gott des Gemetzels“ von Yasmina Reza.
Inszeniert wurden in den vergangenen Jahren zum Beispiel Molière/Lullys „Der Bürger als Edelmann“ als barocke Oper (2007), Johann Wolfgang von Goethes „Faust – Der Tragödie erster Teil“ (2008) oder Hugo von Hofmannsthals „Jedermann“ (2011), Gotthold Ephraim Lessings „Nathan der Weise“ (2012) oder Friedrich Schillers „Don Karlos“ (2015). Die Intendanz legte traditionell Wert auf eine klassische, werktreue Inszenierung, die die fortwährende Aktualität der historischen Werke aufzeigt. Seit Beginn des Festivals bestand eine enge Kooperation mit der Studiobühne der Universität Paderborn, die jährlich einen Teil des Ensembles stellte. Seit der Jubiläumsspielzeit 2016 geht das Festival beim Theater mit außergewöhnlichen Interpretationen von Klassikern unkonventionelle Wege. 2016 präsentierte die Batzdorfer Hofkapelle unter dem Titel „Liebeswahn“ eine interaktive Oper mit Werken von Georg Friedrich Händel. Das Holzhausen-Quartett zeigte William Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ (2017) und „Viel Lärm um nichts“ (2018) als Kammer-Musicals.
Konzerte
Die Konzertreihe des Dalheimer Sommers präsentiert Alte Musik ebenso wie Jazz. 2020 gastieren das Kammerorchester Hannover (Leitung: Hans-Christian Euler) und der Pianist Hinrich Alpers mit Klavierkonzerten von Mozart und Beethoven, das teatro del mondo mit der Sopranistin Sunhae Im, das Ensemble Tremoniae um den Organisten Christian Drengk und die Central Park Band im Kloster Dalheim.
Lesungen
Im Laufe der Zeit erweiterte sich der Anteil der Lesungen am Festivalprogramm. 2020 tragen mit Wolfram Koch und Anna Schudt zwei erstklassige Schauspieler Texte zum Festivalmotto „Revolution“ vor. Nico Holonics (Berliner Ensemble) spricht und spielt „Die Blechtrommel“ (Günter Grass) mit einer Einführung und unter szenischer Leitung von Oliver Reese (Intendant des Berliner Ensembles).
Spielstätten
Als Spielstätten werden historische und neue Räume innerhalb der Klosteranlage genutzt.
Neuer Schafstall
Im Zuge der Säkularisation (1803) wurde das Kloster Dalheim aufgelöst und fortan landwirtschaftlich genutzt. Ein Zeugnis dieses Betriebs ist der 1829 errichtete Neue Schafstall, den der Dalheimer Sommer heute als Spielstätte für Schauspiel, Lesungen und Konzerte nutzt. Direkt am Klosterteich im Tal der Anlage gelegen, ergänzt das rund 65 Meter lange Bauwerk den klösterlichen barocken Wirtschaftshof. Massive Bruchsteinmauern und eine Doppelreihe zwölf hölzerner Säulen prägen bis heute sein Aussehen. In den Sommermonaten wird die Musik- und Theaterscheune für das Festival mit moderner Veranstaltungstechnik ausgerüstet. Der Neue Schafstall bietet Platz für circa 300 Zuschauerplätze.
Klosterkirche
Die spätgotische Dalheimer Klosterkirche stammt aus der Gründungszeit des Klosters Dalheim und wurde von 1460 bis 1470 errichtet: „dem Herrn zum Wohlgefallen“, wie es in einer Inschrift am Gebäude heißt. Sie ist seit jeher ein Ort der Musik im (ehemaligen) Kloster Dalheim. Der turmlose, gestreckte Saalbau misst eine Länge von rund 52 Metern und wird durch einen Lettner in Chor und Langhaus geteilt. Im kleineren Chor fanden einst die Augustiner-Chorherren ihren Platz, Laienbrüder und Bedienstete im westlichen Langhaus. Konzerte finden heute überwiegend im Langhaus der Kirche statt. Aufgrund ihrer besonderen Akustik wird die Klosterkirche insbesondere zur Aufführung geistlicher Musik als Ort stimmungsvoller Veranstaltungen genutzt. Die Klosterkirche bietet Raum für circa 240 Plätze.