Chris Christie
Christopher James „Chris“ Christie (* 6. September 1962 in Newark, New Jersey) ist ein US-amerikanischer Politiker der Republikanischen Partei. Er war von 2010 bis 2018 Gouverneur von New Jersey.
Im Juni 2015 kündigte Christie seine Kandidatur für die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2016 an, zog seine Bewerbung im Februar 2016 nach enttäuschenden Wahlergebnissen in Iowa und New Hampshire jedoch wieder zurück. Wenig später bekundete er seine Unterstützung für Donald Trump. Christie gilt innerhalb seiner Partei als gemäßigter Konservativer, der einen pragmatischen Kurs verfolgt.
Werdegang
Als Sohn von Sondra A. (geborene Grasso; 1932–2003) und Wilbur James „Bill“ Christie (* 1933) hat Chris Christie sowohl britische als auch italienische Vorfahren. Er wuchs in der Kleinstadt Livingston (New Jersey) auf, wo er auch die High School absolvierte. Als junger Mann zog Christie nach Delaware, wo er an der University of Delaware Politikwissenschaft studierte und 1984 den Bachelor of Arts erhielt. 1987 erwarb er ein Berufsdoktorat (Juris Doctor) an der Seton Hall University in seiner Geburtsstadt Newark. Christie arbeitete ab 1987 in einer Anwaltskanzlei in Cranford (New Jersey), ehe er 1994 ins Grundbuchamt von Morris County wechselte. 1997 wurde er zum Chef des Amtes gewählt.
Staatsanwalt
2001 erfolgte Christies Ernennung zum Bundesstaatsanwalt für den Bezirk New Jersey als Nachfolger von Robert J. Cleary – ein Amt, das er im Januar 2002 antrat. Er galt in New Jersey als sehr erfolgreicher Staatsanwalt, da er hart gegen Bandenkriminalität und Kinderpornografie im Internet auftrat. 2007 verhinderten Ermittlungen seiner Behörde einen geplanten islamistischen Terroranschlag auf die Militärbasis Fort Dix. Im Dezember 2008 schied Christie aus seinem Amt aus.
Gouverneur von New Jersey
2009 bewarb sich Christie als Kandidat der Republikaner um das Amt des Gouverneurs von New Jersey. Am 3. November 2009 wurde er mit 48,5 zu 44,9 Prozent der Wählerstimmen gegen den demokratischen Amtsinhaber Jon Corzine gewählt. Die Vereidigung zum Gouverneur fand am 19. Januar 2010 statt. Gleichzeitig wurde erstmals in der Geschichte des Bundesstaates New Jersey das Amt des Vizegouverneurs eingeführt, das es dort zuvor nur in der Kolonialzeit gegeben hatte. Erste Vizegouverneurin wurde Kim Guadagno.
2010 versäumte New Jersey, Bundesmittel für Bildungshilfe rechtzeitig zu beantragen. Christie versuchte zunächst, der Obama-Regierung die Schuld dafür anzulasten.[1]
Angesichts eines nahenden Blizzards flog Christie im Dezember 2010 mit seiner Familie nach Disneyworld und kritisierte nach seiner Rückkehr die örtlichen Bürgermeister für deren Umgang mit der Wetterkatastrophe.[2]
Im Mai 2011 ließ sich Christie im staatseigenen Helikopter zum Baseballspiel seines Sohnes fliegen und weigerte sich zunächst, die Kosten für die Flüge zu erstatten.[3]
Die Arbeitslosigkeit in New Jersey erreichte 2012 einen Höchststand.[4]
Für die Gouverneurswahl 2013 stellte sich Christie zur Wiederwahl. Die Primary der Republikaner gewann er ohne Probleme mit 91 Prozent der Stimmen. Am Wahltag, dem 5. November 2013, konnte er mit 60,5 Prozent der Stimmen seine demokratische Herausforderin Barbara Buono schlagen, die 38 Prozent auf sich vereinte. Sein Vorsprung betrug rund 460.000 Stimmen bei knapp über zwei Millionen abgegebenen Stimmen. Christie sicherte sich in 19 der 21 Countys eine Mehrheit.[5] Seine Amtszeit lief bis zum 23. Januar 2018. Für die im November 2017 stattgefundene Gouverneurswahl war Christie ausgeschlossen, da die Verfassung des Bundesstaates nicht mehr als zwei Amtszeiten am Stück zulässt.
„Bridgegate“
Christies Ruf eines pragmatischen Machers, der sich über parteipolitische Grenzen hinwegsetzt, erlitt schweren Schaden, als im Januar 2014 bekannt wurde, dass sein Stab offenbar als politischen Racheakt gegen den Bürgermeister von Fort Lee die dortigen Zufahrten zur George-Washington-Brücke, über die täglich mehr als 300.000 Autos fahren, unter dem Vorwand einer Verkehrsstudie im September 2013 für fünf Tage so drosseln ließ, dass ein riesiger Verkehrsstau entstand.[6] Der Skandal wurde weithin als Bridgegate bekannt.
Der zurückgetretene ehemalige Mitarbeiter der Hafenbehörde David Wildstein, der für die absichtliche Teilsperrung der Brücke mitverantwortlich gemacht wurde und dies eingestanden hat,[7] behauptete im Januar 2014, dass Christie entgegen seiner Aussage vom Verkehrskollaps noch vor dessen Ende informiert gewesen sei.[8][9] Das Büro des Gouverneurs wies diese Darstellung zurück und beharrte darauf, dass Christie erst nach den Presseberichten davon erfahren habe.[10] Nichtsdestotrotz sah ein Gericht im Bergen County Christie hinreichend verdächtig, sich im Zusammenhang mit der willkürlichen Fahrbahnsperrung eines Dienstvergehens schuldig gemacht zu haben und ordnete im Herbst 2016 eine Untersuchung darüber an.[11] Wenige Wochen zuvor hatte vor dem Bundesgericht in Newark (New Jersey) bereits ein Prozess gegen die drei mutmaßlichen Hauptverantwortlichen der Intrige, unter ihnen auch die ehemalige Stabschefin Christies, begonnen,[12] was als mitursächlich für die kurz darauf gescheiterte Vizepräsidentschaft Christies unter Donald Trump angesehen wird.[13][14]
Präsidentschaftskandidatur 2016
Am 30. Juni 2015 gab Christie bekannt, dass er sich für die Republikaner bei den Wahlen 2016 um die amerikanische Präsidentschaft bewerben will. Damit war er der 14. Kandidat, der sich offiziell um die Nominierung bei den republikanischen Vorwahlen bewarb. Sein Wahlkampfslogan lautete „Telling it like it is“ („Es sagen, wie es ist“).[15]
In New Hampshire, wo die republikanische Parteibasis traditionell eher als moderat gilt, gelang es Christie nicht, sich von den anderen Bewerbern des pragmatischen Parteiflügels abzusetzen, obwohl er seine Wahlkampfaktivitäten auf diesen Bundesstaat konzentrierte. So lag er deutlich hinter Jeb Bush (11 %) und seinem Gouverneurskollegen aus Ohio John Kasich (16 %), nachdem der politische Quereinsteiger Donald Trump diese Vorwahl klar gewonnen hatte. Christies schlechtes Abschneiden wurde in US-Medien als überraschend angesehen, nachdem ihm bei einer Fernsehdebatte wenige Tage zuvor öffentlich ein starkes Auftreten bescheinigt worden war. Dabei kritisierte er vor allem den Senator aus Florida Marco Rubio als zu unerfahren, der infolge von Christies scharfen Angriffen in Umfragen an Zustimmung verlor und in New Hampshire ebenfalls schwach abschnitt.[16] Nach schwachen Ergebnissen bei den beiden ersten Vorwahlen zog Christie am 10. Februar 2016 seine Kandidatur zurück.[17]
Am 26. Februar 2016 sprach Christie als erster prominenter Politiker des sogenannten Partei-Establishments eine offizielle Wahlempfehlung (Endorsement) für Trump aus. Trump hatte zuvor die Vorwahlen in South Carolina und in Nevada gewonnen.[18] In amerikanischen Medien wurde seitdem spekuliert, dass Christie, dessen Amtszeit als Gouverneur Anfang 2018 aufgrund einer Amtszeitbeschränkung endete, im Falle eines Wahlsieges von Trump dessen Regierung angehören könnte. So wurde z. B. der Posten des Justizministers genannt,[19] zeitweise (bis zur Nominierung von Mike Pence)[20] auch der des Vizepräsidenten.[21]
Nach seinem Wahlsieg ernannte Trump Christie zum Vorsitzenden des Transition Teams;[22] wenige Tage später revidierte er diese Entscheidung und ernannte stattdessen Pence.[23][24]
Politische Positionen
Christie hat innerhalb der Republikanischen Partei moderate Positionen vertreten. So ist er etwa für ein strengeres Waffenrecht und einen toleranten Umgang mit Homosexuellen und illegalen Einwanderern. Von prominenten Mitgliedern seiner Partei, u. a. Henry Kissinger und Nancy Reagan, wurde Christie aufgrund seiner Beliebtheit in der Bevölkerung als Kandidat für die Wahl des US-amerikanischen Vizepräsidenten 2012 ins Gespräch gebracht.[25] Angesichts des Umstandes, dass die Republikaner damals überwiegend kompromisslos rechtskonservative Positionen bezogen und eng mit der rechten Tea-Party-Bewegung verbunden waren, erschien eine Kandidatur aber aussichtslos.
Christie hielt bei der Republican National Convention 2012 in Tampa (Florida) dennoch die Hauptrede. Politische Beobachter bemerkten, Christie habe eher sich selbst und seine Politik als den nominierten Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney ins Zentrum seiner Rede gerückt.[26]
Während Christie in den Monaten vor der Präsidentschaftswahl 2012 den demokratischen Amtsinhaber Barack Obama noch kritisiert hatte, änderte er seine Meinung nach den verheerenden Schäden durch den Hurrikan Sandy in New Jersey radikal. Er lobte Präsident Obama nur fünf Tage vor der Wahl wiederholt für sein gutes Krisenmanagement: „Ich danke dem Präsidenten persönlich für seinen Einsatz. Die Kooperation mit ihm war herausragend, dafür gebührt ihm große Anerkennung.“[27] An Romney, der seinen Wahlkampf ungeachtet der Katastrophe faktisch fortgeführt hatte, ließ Christie in diesem Zusammenhang hingegen kaum ein gutes Haar, obwohl die Wahl unmittelbar bevorstand.
Obama gewann die Wahl im November 2012. Vor Silvester kam es zu einem langen Tauziehen zwischen Demokraten und Republikanern um Steuererhöhungen („Fiskalklippe“), was zu einer zunehmenden Kompromisslosigkeit innerhalb des Kongresses führte. Nachdem der Republikaner John Boehner (als Sprecher des US-Repräsentantenhauses) aus taktischen Gründen eine Abstimmung über die Bewilligung von 60 Milliarden US-Dollar Hilfsgelder für Opfer des Hurrikan Sandy (und damit die Auszahlung der Mittel) verhindert hatte, kritisierte Christie die republikanischen Abgeordneten, seine Parteifreunde, äußerst scharf und nannte die Situation „enttäuschend und ekelhaft“: „Nur eine Seite trägt die Schuld am Leid dieser Menschen: Die (republikanische) Mehrheit im Repräsentantenhaus und ihr Sprecher, John Boehner... Wir helfen unschuldigen Opfern von Naturkatastrophen nicht als Republikaner oder Demokraten, sondern als Amerikaner. Oder vielmehr: Wir taten es — bis gestern Abend. Denn gestern Abend hat man die Parteipolitik dem Eid, den Bürgern zu dienen, vorgezogen. Für mich war das enttäuschend und ekelhaft anzusehen... Gestern Abend hat die Mehrheit im Repräsentantenhaus die einfachste Prüfung in Sachen Staatsführung nicht bestanden, und sie tat es in abgestumpfter Gleichgültigkeit gegenüber dem Leid der Menschen in meinem Bundesstaat.“[28][29]
Nach sieben Tagen auf einer COVID-19-Intensivstation erklärte Christie im Oktober 2020 öffentlich, es sei ein Fehler gewesen, im Weißen Haus ohne Alltagsmaske zu arbeiten.[30][31]
Privates
Christie ist seit 1986 mit Mary Pat Christie verheiratet und Vater von vier Kindern, zwei Söhnen und zwei Töchtern. Er ist Katholik.
Aufgrund seines starken Übergewichtes ließ sich Christie Anfang 2013 ein Magenband einsetzen. Für seinen Mut, öffentlich darüber zu reden, wurde er unter anderen von John McCain gelobt.[32] Viele Beobachter deuteten die Operation als Zeichen dafür, dass sich Christie auf eine Präsidentschaftskandidatur vorbereite.
Am 3. Oktober 2020 wurde er positiv auf SARS-CoV-2 getestet und wurde bis zum 10. Oktober auf einer Intensivstation stationär im Morristown Medical Center behandelt.[33] Als zusätzlicher Risikofaktor liegt bei Christie Asthma vor.[34][35]
Literatur
- Chris Christie, in: Internationales Biographisches Archiv 15/2014 vom 8. April 2014, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
Weblinks
- Chris Christie in der Notable Names Database (englisch)
- Chris Christie in National Governors Association (englisch)
- Porträt des US-Gouverneurs Chris Christie (deutsch)
Einzelnachweise
- U.S. officials refute Christie on attempt to fix Race to the Top application during presentation
- Christie praises state's efforts battling blizzard (Memento vom 12. Januar 2014 im Webarchiv archive.today)
- N.J. Gov. Christie reimburses state for chopper rides
- http://www.northjersey.com/news/163061946_Nj_jobless_rate_rises_to_9_6_percent.html
- The New York Times: Chris Christie Re-elected Governor of New Jersey vom 6. November 2013
- „Bridgegate“ ramponiert Polit-Star Berliner Zeitung 9. Januar 2014
- Jessica Glenza, Tom McCarthy: Bridgegate scandal: Christie aides indicted as David Wildstein pleads guilty. theguardian.com, 1. Mai 2015, abgerufen am 15. November 2016 (englisch).
- Christie Linked to Knowledge of Shut Lanes - New York Times vom 31. Januar 2014
- US-Republikaner könnte über Bridgegate stolpern - Zeit online, 9. Januar 2014
- https://www.nj.com/politics/2014/01/chris_christie_responds_to_new_bridge_scandal_allegations.html - nj.com, 31. Januar 2014
- Myles Ma: Bridgegate misconduct complaint against Christie can move forward. nj.com, 13. Oktober 2016, abgerufen am 15. November 2016 (englisch).
- Ted Sherman: Game day for Bridgegate trial: How did we get here? nj.com, 17. September 2016, abgerufen am 15. November 2016 (englisch).
- David Smith: Bridgegate trial and Chris Christie's role could mean more trouble for Trump. theguardian.com, 8. September 2016, abgerufen am 15. November 2016 (englisch).
- Nick Gass: Christie: 'I'm sure' Bridgegate was 'a factor' in Trump's VP decision. politico.com, 15. September 2016, abgerufen am 15. November 2016 (englisch).
- Republikaner Chris Christie gibt Kandidatur bekannt. FAZ.net, 30. Juni 2015.
- Chris Christie Plans to Drop Out After New Hampshire Flop, The New York Times, 10. Februar 2016 (englisch)
- US-Republikaner: Christie und Fiorina geben auf.. Spiegel Online, 10. Februar 2016, abgerufen am gleichen Tage
- Chris Christie endorses Donald Trump, CNN, 26. Februar 2016 (englisch)
- Nancy Cook, Andrew Restuccia: Meet Trump's Cabinet-in-waiting. politico.com, 9. November 2016, abgerufen am 15. November 2016 (englisch).
- Alexander Burns, Maggie Haberman: How Donald Trump Finally Settled on Mike Pence. nytimes.com, 15. Juli 2016, abgerufen am 15. November 2016 (englisch).
- Chris Cillizza: 4 reasons Chris Christie endorsed Donald Trump, Washington Post, 26. Februar 2016 (englisch)
- Andrew Restuccia, Nancy Cook: Trump advisers steamroll Christie’s transition. politico.com, 15. November 2016, abgerufen am 15. November 2016 (englisch).
- David Smith: Chris Christie dropped as head of Trump's White House transition team. theguardian.com, 11. November 2016, abgerufen am 15. November 2016 (englisch).
- forbes.com 22. November 2016: Exclusive Interview: How Jared Kushner Won Trump The White House
- Süddeutsche Zeitung: Sticheleien gegen Romney, vom 31. Oktober 2012
- Wall Street Journal: Reactions to Chris Christie's Speech
- Republikanisches Schwergewicht auf Kuschelkurs. In: derStandard.at. 1. November 2012, abgerufen am 4. Dezember 2017.
- spiegel.de 3. Januar 2013: Top-Republikaner zieht über eigene Leute her
- "Ekelhaft": Republikaner Christie attackiert Parteifreunde
- Bei CNN am 15.10.20: I was wrong ... you should follow the guidelines ...
- spiegel.de
- Magenband-OP: Schwergewicht Christie speckt ab. In: Spiegel Online. 8. Mai 2013, abgerufen am 9. Juni 2018.
- Chris Christie tests positive for Covid-19. In: cnn.com. 3. Oktober 2020, abgerufen am 7. Oktober 2020.
- Chris Christie checks into hospital as a precaution after positive Covid-19 test. In: cnn.com. 3. Oktober 2020, abgerufen am 7. Oktober 2020.
- 10. Oktober: Christie was released from the hospital (CNN-Meldung)