Challenger 2
Der Challenger 2 ist der Kampfpanzer der Armeen von Großbritannien und Oman, der ab 1986 entwickelt und 1994 erstmals ausgeliefert wurde.
Challenger 2 | |
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Challenger 2 der britischen Royal Armoured Corps | |
Allgemeine Eigenschaften | |
Besatzung | 4 (Kommandant, Richtschütze, Ladeschütze, Fahrer) |
Länge | 8,3 m (11,50 m mit Kanone) |
Breite | 3,5 m (4,2 m mit Zusatzpanzerung) |
Höhe | 3,04 m |
Masse | 62,5 t |
Stückpreis | ~ 4 Mio. £[1] |
Panzerung und Bewaffnung | |
Panzerung | Dorchester-Verbundpanzerung |
Hauptbewaffnung | 1 × 120-mm-L30A1 50 Geschosse |
Sekundärbewaffnung | 1 × 7,62-mm-L94A1 EX-34 1 × 7,62-mm-L37A2-Maschinengewehr 4000 Schuss |
Beweglichkeit | |
Antrieb | Perkins CV-12-Diesel 895 kW (1200 hp, 1217 PS) |
Federung | hydropneumatisch verstellbar |
Geschwindigkeit | 59 km/h (37 mph) |
Leistung/Gewicht | 14 kW/t, 19,2 hp/t |
Reichweite | 450 km (279 miles) |
Entwicklung
Er wurde von der britischen Rüstungsfirma Alvis Vickers Ltd. (früher Vickers Defence Systems, heute BAE Systems Land Systems) als Nachfolgemodell des Challenger 1 entwickelt und gebaut. Insbesondere die neue, leistungsfähige Sensorausstattung, eine verbesserte Fahrwerksaufhängung und ein automatisches Getriebe unterscheiden den Challenger 2 von seinem Vorgänger. Zusätzlich wurde der Turm völlig neu gestaltet und vor allem an der Oberseite stärker gepanzert (Dorchester-Panzerung).
Auslieferung
Großbritannien bestellte im Jahre 1991 127 Stück des Challenger 2 und 1994 nochmals weitere 259 Stück. Die königliche Armee von Oman bestellte im Jahr 1993 18 Challenger 2 und weitere 20 Stück im November 1997. Diese Panzer wurden dem Einsatz in Wüstengebieten angepasst (Luftfilteranlagen) und erhielten einen stärkeren 1100-kW-Dieselmotor (siehe Weiterentwicklung).
Im Juni 1998 nahm die britische Armee den ersten Challenger 2 in Dienst. Die erste Einheit, die mit dem neuen Panzer ausgestattet wurde, waren die in Deutschland stationierten Royal Scots Dragoon Guards. Der letzte Panzer wurde im April 2002 geliefert. Die britische Armee beabsichtigt allerdings eine umfangreiche Reduzierung der Bestände, die übrigen Fahrzeuge sollen eingelagert werden. Im Jahr 2006 war eine Endstärke von etwa 200 Challenger 2 vorgesehen. Oman hatte seinen Challenger-2-Fuhrpark bereits 2001 komplettiert.
Technik
Bewaffnung
Im Gegensatz zu den meisten anderen modernen Kampfpanzern ist der Challenger 2 mit einer 120-mm-Kanone mit gezogenem Lauf ausgerüstet, der Royal Ordnance L30. Der Vorteil gegenüber den sonst verwendeten Glattrohrwaffen liegt in einer erheblich höheren Einsatzschussweite (etwa 9.000 Meter gegenüber etwa 4.000 Metern beim Leopard 2 A6). Allerdings erreicht dieses Geschütz eine deutlich niedrigere Mündungsgeschwindigkeit und hat daher Schwierigkeiten, die modernen Schicht- und Reaktivpanzerungen anderer Kampfpanzer zu durchschlagen. Im Januar 2004 wurde daher die Rüstungsfirma BAE Systems beauftragt, eine neue Glattrohrkanone für den Challenger 2 zu entwickeln. Nach verschiedenen Tests fiel die Entscheidung für eine Lizenzversion der 120-mm-Glattrohrkanone L/55 der Rheinmetall AG, die auch im Leopard 2 A6 eingebaut wird. Im Januar 2006 wurde erstmals eine solche Waffe in einen Challenger 2 eingebaut.[2] Bei Schießversuchen war die Rheinmetall-Kanone mit entsprechender Munition wesentlich durchschlagskräftiger als die gezogene Kanone mit ihrer Urankernmunition. Die Ausrüstung aller Challenger 2 mit der neuen Kanone hat sich immer wieder verzögert und ist nicht mehr Teil der geplanten Modernisierungen.
Besonderheiten
Um die Reichweite des Challenger 2 zu erhöhen, wird der Panzer serienmäßig mit zwei 200-Liter-Treibstofffässern am Heck ausgestattet; für westliche Panzer eine sehr ungewöhnliche Maßnahme, da diese Fässer ein bevorzugtes Angriffsziel darstellen können. Außerdem verfügt der Panzer über einen sogenannten „Meteo-Sensor“, der die Besatzung über Windstärke, Luftdruck und Temperatur informiert und somit wichtige Daten für die Richtwerte der Kanone im Feuerkampf liefert. Ferner ist wie in vielen britischen Gefechtsfahrzeugen ein integrierter Wasserkocher für die Besatzung eingebaut, mit dem Tee und Verpflegung zubereitet werden können. Als weitere Besonderheit sind die Staubschürzen anzuführen, die beim Fahrbetrieb ein Aufwirbeln von Staub und damit eine deutliche Signatur vermindern. Diese Form der Tarnung wurde nachträglich teilweise auch von anderen Panzertruppen übernommen.
Weiterentwicklung
Eine verbesserte Konstruktion, der Challenger 2E, wurde in Griechenland, Katar und Saudi-Arabien getestet. Diese Weiterentwicklung verfügt vor allem über einen stärkeren V-12-Dieselmotor (Euro-Powerpack) MT-883 Ka-500 von MTU, mit Abgasturboaufladung, mit 1100 kW (1500 PS) Leistung und mit 27,4 Litern Gesamthubraum, kombiniert mit dem Automatikschaltgetriebe HSWL 295 TM von Renk. Griechenland und Katar haben sich für die Beschaffung des Leopard 2 A6 entschieden, der in Tests besser als der Challenger 2 abgeschnitten hatte. Gründe für die Ablehnung des Challenger 2 mögen in seinem hohen Gewicht, der vergleichsweise geringen Reichweite im Gelände und der Bestückung mit der nicht mehr zeitgemäßen gezogenen Kanone liegen. Bei der Entscheidung der Vereinigten Arabischen Emirate für den französischen Panzer Leclerc mag auch eine Rolle gespielt haben, dass dieser nur drei Mann Besatzung benötigt.
Einsätze
Den ersten Einsatz absolvierte der Challenger 2 mit der British Army in Bosnien als Teil der UNPROFOR-Truppen, später wurde er auch im Kosovo-Konflikt und 2003 im Irakkrieg eingesetzt.
Ein Challenger 2 der Queen’s Royal Lancers wurde am 23. April 2003 bei Basra irrtümlich durch Eigenbeschuss zerstört. Ein zu der Black Watch Battlegroup gehörender Challenger 2 hatte ihn in der Annahme, es handle sich um ein gegnerisches Flankierungsmanöver, auf dem Infrarot-Sichtgerät als gegnerisches Fahrzeug identifiziert und unter Beschuss genommen. Der zweite Schuss traf den offenstehenden Kommandantenlukendeckel, wodurch heiße Splitter ins Turminnere gelangten. Diese brachten die dort gelagerte Munition zur Explosion. Dabei wurden zwei Besatzungsmitglieder getötet und der Panzer zerstört. Dies ist der bisher einzige Fall, bei dem es zu einer totalen Zerstörung eines Challenger 2 kam.[3]
Aufständischen im Irak gelang es im April 2007 mit einer IED, die nach dem Hohlladungsprinzip arbeitete, die Panzerung der Wannenunterseite zu durchbrechen, wobei der Fahrer beide Beine verlor und ein weiterer Soldat leichte Verletzungen erlitt. Von offizieller Seite galt der Panzer anschließend als zerstört.[4][5]
Bereits im August 2006 war die untere Frontpanzerung der Wanne eines Challenger 2, die deutlich schwächer als die Turmpanzerung ist, von einer RPG-29-Panzerfaust durchschlagen worden, wobei der Fahrer schwer verwundet wurde und seinen halben linken Fuß verlor. Zusätzlich erlitten mehrere Besatzungsmitglieder leichte Verletzungen.[6] Diese Information wurde vom britischen Verteidigungsministerium erst im Mai 2007 veröffentlicht.
Siehe auch
Einzelnachweise
- armedforces.co.uk: Challenger 2
- dabei blieben die Rohrummantelung und andere äußerliche Details der alten Kanone erhalten
- Untersuchungsbericht des Britischen Verteidigungsministeriums: Board of Inquiry Report.(online-PDF 4,7 MB) (Memento vom 30. September 2012 im Internet Archive)
- Martin Beckford: Iraq bomb damages Britain's best tank. 23. April 2007, ISSN 0307-1235 (telegraph.co.uk [abgerufen am 13. Oktober 2018]).
- Richard Norton-Taylor: Roadside bomb pierces Challenger tank in Iraq. 23. April 2007, abgerufen am 13. Oktober 2018 (englisch).
- Sean Rayment, Defence Correspondent: MoD kept failure of best tank quiet. 12. Mai 2007, ISSN 0307-1235 (telegraph.co.uk [abgerufen am 22. November 2018]).
Weblinks
- Ausführliche Informationen (englisch)
- Umfangreiche Bilderserie & Infos (deutsch)
- Sehr detaillierte Seite über den Challenger 2, u. a. mit Informationen zur neuen Kanone (englisch)
- Bericht über im April 2007 im Irak außer Gefecht gesetzten Challenger 2 (1)
- Bericht über im April 2007 im Irak außer Gefecht gesetzten Challenger 2 (2)