Cestius-Pyramide
Die Cestius-Pyramide, genauer „Pyramide des Caius Cestius“ (italienisch: Piramide Cestia oder Piramide di Caio Cestio), in Rom ist das pyramidenförmige Grabmal des römischen Prätors und Volkstribuns Gaius Cestius Epulo († vor 12 v. Chr.).
Lage
Bestattungen innerhalb der Stadt waren bis ins 5. Jahrhundert verboten. Grabmäler wurden deshalb üblicherweise an den Ausfallstraßen errichtet. Die Cestius-Pyramide steht in exponierter Lage an der Via Ostiensis, einer der belebtesten Straßen Roms, die zur Hafenstadt Ostia führte.
Ab 271 wurde die Pyramide in die Stadtmauer Kaiser Aurelians (die Aurelianische Mauer) einbezogen. Neben ihr öffnete sich die Porta Ostiensis, heute Porta San Paolo.
Bauherr
Cestius Epulo war Prätor des Jahres 43 v. Chr.[1] und Mitglied der Septemviri epulonum, eines der vier Priesterkollegien. Über sein Leben ist wenig bekannt, sein Name hingegen ging mit seinem Grabmal in die Bau- und Kunstgeschichte ein.
Bauwerk
Nach der Eroberung Ägyptens durch Kaiser Augustus kamen ägyptische Kultur und Bräuche in Rom in Mode. Diese umfasste auch Bestattungen in Pyramiden, so dass mehrere Römer sich kleine Pyramiden als Grabstätten bauen ließen. Heute ist von dieser kurzen Episode der römischen Kultur nur noch die Cestius-Pyramide übrig. Der Bau entstand zwischen 18 und 12 v. Chr. Er wurde als Ziegelbauwerk ausgeführt und mit Travertin- und Marmorplatten verkleidet.[2]
Die Pyramide ist 36,4 m hoch (ein Viertel der Höhe der Cheops-Pyramide) und hat eine Seitenlänge von 29,5 m. Im Inneren befindet sich eine 4,10 auf 5,95 m große und 4,80 m hohe Grabkammer (nur bei Führungen zugänglich) mit Resten von Fresken. Diese Fresken sind im 3. Stil ausgeführt. Sie sind die frühesten datierbaren römischen Wandmalereien in diesem Stil und bilden daher einen wichtigen chronologischen Fixpunkt für die Entstehung dieses Wandmalereienstiles.[3]
Das Grabmal trägt folgende Inschriften:
An der West- und Ostseite jeweils oben:
- C(aius) CESTIUS L(ucii) F(ilius) POB(lilia) EPULO PR(aetor) TR(ibunus) PL(ebis)
VII VIR EPULONUM
Caius Cestius Epulo, Sohn des Lucius, aus der (Tribus) Poblilia, Prätor, Volkstribun, Mitglied der Septemviri epulonum.
An der Ostseite zusätzlich eine kleinere Inschrift:
- OPUS APSOLUTUM EX TESTAMENTO DIEBUS CCCXXX
ARBITRATU
PONTI P(ublii) F(ilii) CLA(udia) MELAE HEREDIS ET POTHI L(iberti)
Das Werk (wurde) fertiggestellt auf Grund des Testaments in 330 Tagen
unter Leitung
des Pontius Mela, des Sohnes des Publius, aus der (Tribus) Claudia, des Erben, mit dem Freigelassenen Pothus.
An der West- und Ostseite jeweils unten:
- INSTAURATUM AN(no) DOM(ini) MDCLXIII
Erneuert im Jahr des Herrn 1663.[4]
Vor der Pyramide standen vier Säulen, von denen zwei wieder aufgestellt wurden. Sie trugen vermutlich Bronzestatuen des Cestius.
Weitere Pyramiden
Im Mittelalter wurde die Cestius-Pyramide als Meta Remi, Grab des Remus bezeichnet, analog zur Meta Romuli, Grab des Romulus, einer weiteren Pyramide in der Nähe der Engelsburg. Dieses Grabmal wurde 1499 von Papst Alexander VI. abgetragen, um für das Heilige Jahr 1500 die Zugangsstraße zum Vatikan zu verbreitern. Der Marmor dieser Pyramide wurde im Petersdom verbaut.
Zwei weitere Pyramiden standen im Bereich der heutigen Piazza del Popolo.
Nach der Antike
1656 ließ Papst Alexander VII. die Pyramide restaurieren und wieder freilegen, denn im Laufe der Jahrhunderte hatte sich das Bodenniveau um einige Meter angehoben. Dabei wurden auch die zwei Säulen und die Basen der zwei verlorenen Säulen wiedergefunden.[5]
An der westlichen Seite der Pyramide wurden spätestens von 1732 an nicht-katholische Tote bestattet. Das Begräbnisfeld wurde 1821 offiziell zum Cimitero acattolico, dem sogenannten Protestantischen Friedhof. Hier sind zahlreiche Gräber prominenter Zeitgenossen aus aller Welt zu finden, wie die von Percy Bysshe Shelley, John Keats oder Malwida von Meysenbug.[6]
Im 19. Jahrhundert wurde die Mauer zwischen der Pyramide und der Porta San Paolo abgerissen.
Von November 2012 bis April 2015 wurde die Pyramide grundlegend restauriert. Die Kosten von 2 Millionen Euro wurden dafür von dem japanischen Geschäftsmann Yūzō Yagi aufgebracht.[7]
Sonstiges
1770 wurde eine Nachbildung der Cestius-Pyramide, die sogenannte Studnitz-Pyramide, für den Oberhofmarschall Hans Adam von Studnitz in Gotha errichtet.
1775 wurde im Bergpark Wilhelmshöhe in Kassel eine Nachbildung der Cestius-Pyramide errichtet.
Graf Platen schrieb das Gedicht Die Pyramide des Cestius.[8]
Das Bauwerk in Rom gab der nahen U-Bahn-Station „Piramide“ ihren Namen.
Siehe auch
Literatur
- s. v. Sepulcrum C. Cestii. In: E. Nash: Bildlexikon zur Topographie des antiken Rom, Band 2, 1962, S. 321–323
- Karl-Ludwig Elvers: Lemma Cestius. In: Der Neue Pauly – Enzyklopädie der Antike (DNP) – Altertum, hrsg. von Hubert Cancik und Helmuth Schneider, Band 2: Ark–Ci, Verlag J. B. Metzler Stuttgart/Weimar, 1997, Sp. 1077–1078. ISBN 3-476-01470-3 und 476-01472-X
- O. Falconieri: De pramide Cestii Epulonis dissertatio. Romae 1697
- C. Krause, s.v. Sepulcrum: C. Cestius. In: Lexicon topographicum urbis Romae, Band 4, 1999, S. 278–279
- Friedrich Münzer: s. v. Cestius. 7). In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Neue Bearbeitung, hrsg. von Georg Wissowa. 6. Halbband: Campanus ager – Claudius, Stuttgart, J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, 1899, Sp. 2005
- Richard Neudecker: Die Pyramide des Cestius. In: Luca Giuliani (Hrsg.): Meisterwerke der antiken Kunst. S. 94–113. C. H. Beck Verlag, München 2005. 185 S. mit 77 sw-Abb.. ISBN 3-406-53095-X
- R. T. Ridley: The Praetor and the Pyramid – The Tomb of Gaius Cestius in History, Archaeology and Literature. In: Bollettino di Archeologia, Band 13–15, 1992, S. 1–29
- N. Kramer, Augustus, Cestius und die Pyramide. In: Martin Dreher (Hrsg.): Bürgersinn und staatliche Macht in Antike und Gegenwart, Konstanz 2000, S. 181–190
- P. Santi Bartoli: Gli antichi sepolcri, Roma 1697
Weblinks
Einzelnachweise
- Frank Kolb, Rom, die Geschichte der Stadt in der Antike, C. H. Beck, München 1995, ISBN 3-406-39666-6
- Da die Außenverkleidungen der Pyramiden von Gizeh im Mittelalter fast vollständig abgetragen wurden, vermittelt die Cestius-Pyramide dem heutigen Betrachter einen Eindruck vom ursprünglichen Aussehen dieses antiken Weltwunders.
- Harald Mielsch: Römische Wandmalerei, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2001, S. 67 ISBN 3-534-01360-3
- Klaus Bartels, Roms sprechende Steine, Kap. 12.6 und 12.7, Zabern, Mainz 2004, 4. Auflage, ISBN 3-8053-2690-4
- Marisa Uberti: Una visita alla Piramide Cestia a Roma. 5. April 2010, abgerufen am 27. Mai 2018.
- Thomas Migge: Der Friedhof für Nichtkatholiken. In: Deutschlandfunk. 7. September 2016, abgerufen am 26. August 2020.
- Completato il restauro della piramide di Caio Cestio. In: MiBACT, Ministerium für Kulturgüter und Tourismus. 21. April 2015, abgerufen am 8. November 2016.
- Graf Platen: Die Pyramide des Cestius. Volltext bei zeno.org