Centre Dürrenmatt
Das Centre Dürrenmatt Neuchâtel (CDN) stellt die Gemälde und Zeichnungen von Friedrich Dürrenmatt aus. Organisatorisch bildet es einen Dienst innerhalb der Schweizerischen Nationalbibliothek, gleich wie das Schweizerische Literaturarchiv, mit dem es eng zusammenarbeitet.
Das Centre Dürrenmatt, das im Herbst 2000 oberhalb von Neuenburg eröffnet wurde, residiert in dem ersten Haus, das Dürrenmatt in Neuenburg im Jahre 1952 bezogen hatte. Der Schweizer Architekt Mario Botta erhielt das Mandat zum Umbau des Hauses.
Als ein Ort der Diskussion und der Forschung fördert das Centre die kritische Auseinandersetzung mit dem bildnerischen und literarischen Werk Dürrenmatts. Neben Wechselausstellungen ist im Centre die Dauerausstellung «Friedrich Dürrenmatt, Schriftsteller und Maler» öffentlich zugänglich. Es finden regelmässig Lesungen, Konzerte, Kolloquien und Debatten statt. Neben den zahlreichen Exponaten zu seinem schriftstellerischen Werk (etwa Manuskript-Skizzen samt handschriftlichen Anmerkungen) und zuvor selten gezeigten Bildern bietet das Centre auch einen weiten Blick über den Neuenburgersee bis zu den Berner Alpen.
Geschichte
Friedrich Dürrenmatt bezog 1952 sein Haus oberhalb der Stadt, wo er bis zu seinem Tod am 14. Dezember 1990 lebte und arbeitete (wenn auch später in einem anderen, darüberliegenden Gebäude). In einigen seiner Werke hat er dieses Leben jenseits des Röstigrabens thematisiert, insbesondere die Tatsache, dass er ab 1952 im französischsprachigen Teil lebte, aber auf Deutsch schrieb. Nach seinem Ableben wurde sein vormaliges Haus baulich adaptiert und erweitert, sodass darin ein Museum eingerichtet und im September 2000 offiziell eröffnet werden konnte.
Architektur
Der Architekt Mario Botta erachtet Friedrich Dürrenmatt als «eine der scharfsinnigsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts» und sagte deshalb sofort zu, als der Bund ihn beauftragte, ein Museum zur Vermittlung von Dürrenmatts Werk zu entwerfen.
In seinem Konzept integrierte Botta die erste Villa, in der Dürrenmatt und seine Familie ab 1952 lebten. Die Architektur nutzt die Besonderheiten des Ortes und steht in einem Dialog mit dem Werk des Schriftstellers und Malers. Die zahlreichen Zugänge zu den Räumen nehmen beispielsweise auf das Thema Labyrinth Bezug und die Turmkonstruktion greift das Motiv des Turmbaus zu Babel auf. Die Terrasse erinnert an eine weltoffene Theaterbühne. Bottas Idee, die Ausstellungsräume unterirdisch zu erweitern, ist ebenfalls von Dürrenmatts Werk inspiriert: «Er war ein Schriftsteller, der die Tiefen der menschlichen Seele ergründet hat. Deshalb gefiel mir die Idee, mit dem Museum ins Innere der Erde zu dringen.»
Bibliothek
Friedrich Dürrenmatt liebte es, in seiner Bibliothek Kaffee zu trinken, zu lesen oder sich dort mit seinen Besucherinnen und Besuchern zu unterhalten. Der Raum enthält die Originalmöbel und über 4.000 Werke der Weltliteratur. Dazu gehören Dürrenmatts Lieblingsklassiker – darunter Werke von E.T.A. Hoffmann und Gotthold Ephraim Lessing –, Schriften seiner Zeitgenossen wie Max Frisch oder Paul Celan sowie zahlreiche Kunstbücher und Karikaturensammlungen. Dürrenmatt ordnete seine Bücher nach den Sprachen der Autorinnen und Autoren, las aber überwiegend deutsche Übersetzungen.
In der Bibliothek seiner zweiten Villa befinden sich weitere 4.000 Bücher. Dabei handelt es sich hauptsächlich um philosophische und wissenschaftliche Werke, die von Dürrenmatts vielfältigen Interessen und seiner kosmologischen Denkweise zeugen. Einige dieser Bücher inspirierten Dürrenmatts literarisches und malerisches Schaffen direkt oder indirekt.
Vergangene Ausstellungen
- Friedrich Dürrenmatt, Schriftsteller und Maler, Dauerausstellung
- Friedrich Dürrenmatt – Endspiele, vom 6. April bis zum 26. Oktober 2003
- Dieter Roth – La Bibliothèque, vom 6. April bis zum 26. Oktober 2003
- Das Theater von Friedrich Dürrenmatt in Bulgarien, vom 7. Mai bis zum 20. August 2004
- Gotthelf – Dürrenmatt oder die Moral im Emmental, vom 30. Oktober 2004 bis zum 30. Januar 2005
- Varlin – Dürrenmatt Horizontal, vom 24. April bis zum 31. Juli 2005
- Hanny Fries: Dürrenmatt im Schauspielhaus Zürich, vom 17. September bis zum 17. Dezember 2006
- Dürrenmatt und die Mythen: Zeichnungen und Manuskripte, vom 11. Februar bis zum 30. April 2007
- Am Rande der Sprache, vom 19. Mai bis zum 2. September 2007
- Pavel Schmidt – f.k. – Kafka-Zeichnungen, vom 19. Oktober 2007 bis zum 10. Februar 2008
- Topor – Enzyklopädie des Körpers, vom 16. März bis zum 11. Mai 2008
- Paul Flora – Königsdramen, vom 18. Mai bis zum 31. August 2008
- Prag 1968 – 40 Jahre Prager Frühling, vom 14. September bis zum 19. Oktober 2008
- Piranesis Carceri, vom 10. Dezember 2008 bis zum 8. Februar 2009
- Karikaturen: Sempé, Bosc, Chaval, Ungerer, vom 15. Februar bis zum 31. Mai 2009
- Pier Paolo Pasolini. Wer ich bin – Qui je suis, vom 14. Juni bis zum 6. September 2009
- Martial Leiter – Guerres, vom 25. September 2009 bis zum 31. Januar 2010
- Dürrenmatt als Karikaturist: Neuerwerbungen, vom 3. Februar bis zum 16. Mai 2010
- La Panne de Friedrich Dürrenmatt, vom 28. Mai bis zum 20. Juni 2010 (extra muros)
- Günter Grass – Bestiarium, vom 5. Juni bis zum 12. September 2010
- L’esprit Dürrenmatt, vom 26. September 2010 bis zum 20. März 2011
- Mario Botta. Architektur und Gedächtnis, vom 2. April bis zum 14. August 2011
- MY-THOLOGY, vom 4. September bis zum 18. Dezember 2011 (Videokünstlerin Elodie Pong[1])
- Gezeichnete Aphorismen – Karikaturen und Zeichnungen von Friedrich Dürrenmatt, vom 25. Januar bis zum 15. April 2012
- Walter Jonas. Maler, Urbanist und Wegbereiter, vom 22. April bis zum 15. Juli 2012
- Friedrich Dürrenmatt – Porträts und Selbstporträts, vom 18. Juli bis zum 16. September 2012
- Tell(e) est la Suisse – das Kreuz mit dem Kreuz, vom 23. September 2012 bis zum 10. Februar 2013 (Karikaturen von Jules Stauber)
- Augustin Rebetez, Noé Cauderay & Giona Bierens de Haan «Hier finden Sie, was wir suchen», vom 24. März bis zum 23. Juni 2013
- Balades avec le Minotaure, vom 6. Dezember 2013 bis zum 9. März 2014
- Le labyrinthe poétique d’Armand Schulthess, vom 30. März bis zum 3. August 2014
- The Hidden World – Jim Shaw Didactic Art Collection with Jean-Frédéric Schnyder & Friedrich Dürrenmatt, vom 24. August bis zum 7. Dezember 2014
- Friedrich Dürrenmatt in Neuenburg, vom 19. April bis zum 6. September 2015
- Kabinettausstellung «Friedrich Dürrenmatt. Dramaturgischer Zeichner» im Musée d’Art et d’Histoire de Neuchâtel, vom 9. Juni bis zum 6. September 2015 (extra muros)
- Sebastien Verdon – Ciels, vom 20. September 2015 bis zum 28. Februar 2016
- Accrochage «Sur les traces de Romulus le Grand» im Théâtre du Passage Neuenburg, vom 1. Dezember 2015 bis zum 15. Januar 2016 (extra muros)
- Accrochage «Friedrich Dürrenmatt – Collagen, Karikaturen, Minotaurus. Eine Ballade», vom 11. März bis zum 29. Mai 2016
- Installation de Ruben Pensa au CDN im Rahmen der Ausstellung «Land Art Neuchâtel 2016» des Botanischen Gartens, vom 22. Mai bis zum 8. Oktober 2016
- Ionesco – Dürrenmatt. Malerei und Theater, vom 12. Juni bis zum 11. September 2016
- Jean-Christophe Norman – Stoffe, vom 2. Oktober 2016 bis zum 26. Februar 2017
- Friedrich Dürrenmatt – Phantasie der Wissenschaften, vom 2. April bis zum 10. September 2017
- Uovo, vom 16. September 2017 bis zum 15. April 2018 (Skulptur von Marc Reist und Eierkarikaturen von Friedrich Dürrenmatt)
- Gottes Narren, vom 1. Oktober 2017 bis zum 14. Januar 2018
- Friedrich und Ruth Dürrenmatt – Wie der Vater, so die Tochter?, vom 4. Februar bis zum 22. April 2018
- «Bildergeschichte» und «In Dürrenmatts Weise», vom 4. Februar bis zum 22. April 2018
- Friedrich Dürrenmatt – 1968. Studentenbewegung, Basler Theater, Prager Frühling, vom 6. Mai bis zum 9. September 2018
- Jean-Pierre Zaugg – Arte Facta, vom 22. September bis zum 2. Dezember 2018
- Kokoschka – Dürrenmatt: Der Mythos als Gleichnis, vom 16. Dezember 2018 bis zum 31. März 2019
- Helvetismen – Sprachspezialitäten, vom 14. April 2019 bis zum 21. Juli 2019 (zudem Wanderausstellung von Ende 2019 bis Ende 2021 in verschiedenen Institutionen der ganzen Schweiz)
- Martin Disler – Vergessene Rituale, vom 1. August 2019 bis zum 20. Oktober 2019
- Friedrich Dürrenmatt – Das grosse Festmahl, vom 2. November 2019 bis zum 2. August 2020
Seit August 2020 ist das CDN wegen der Covid-19-Pandemie geschlossen.[2]
Vergangene Konzerte
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Literatur
- Mario Botta, Friedrich Dürrenmatt, Peter Edwin Erismann, Thomas Flechtner: Centre Dürrenmatt Neuchâtel. Birkhäuser, Basel 2000, ISBN 978-3-76436313-0.
- David de Pury: Vision dans l’urgence. Écrits et entretiens / Denken in der Wende. Schriften und Gespräche / 1990–2000. Labor et Fides, Genf 2002, ISBN 978-2-83091064-3, S. 295–299.
- Roland Bursch: «Wir dichten die Geschichte»: Adaption und Konstruktion von Historie in Friedrich Dürrenmatts Texten (= Epistemata: Reihe Literaturwissenschaft. Bd. 587). Königshausen & Neumann, Würzburg 2006, ISBN 978-3-82603413-8, S. 127.
Weblinks
- Offizielle Website des Centre Dürrenmatt Neuchâtel
- Centre Dürrenmatt Neuchâtel – Eintrag auf der Website der Schweizerischen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- Melissa Rérat: Pong, Elodie. In: Sikart (Stand: 2011)
- Sonderausstellungen. Website des CDN