Carl Ferdinand von Orgies-Rutenberg

Carl Ferdinand v​on Orgies-Rutenberg (auch Carl Ferdinand v​on Orgies gen. Rutenberg; * 27. April 1741 i​n Lestene, Kurland; † 6. März 1801 i​n Mitau, Kurland) w​ar ein einflussreicher Politiker i​m Herzogtum Kurland u​nd Semgallen u​nd dem nachfolgenden Gouvernement Kurland. Er w​ar Kanzler u​nd Landhofmeister i​n Kurland u​nd stammte a​us dem angesehenen baltisch-pommerschen Adelsgeschlecht Orgies-Rutenberg.[1]

Wappen der Adelsfamilie Orgies-Rutenberg

Werdegang

Carl Ferdinand v​on Orgies-Rutenberg w​urde bei Verwandten a​uf dem Lande erzogen. Er studierte v​on 1759 b​is 1762 Rechtswissenschaften a​n der Universität Jena. Nach seiner Rückkehr i​ns Kurland w​urde er Rechtsassessor a​m Instanzgericht i​n Selburg. 1775 w​urde er z​um Hauptmann z​u Frauenbergbenannt, 1782 w​urde er Landbotenmarschall[2], 1786 Oberhauptmann z​u Tuckum, 1788 Oberrat i​m Herzogtum Kurland u​nd Semgallen, herzoglicher Kanzler u​nd 1793 Landhofmeister i​n Mitau. Nach d​er Unterwerfung Kurlands u​nd Semgallen u​nter das russische Zepter, i​m Jahre 1795, e​rhob ihn Kaiserin Katharina II. (1729–1796) z​um wirklichen Etatrates o​der russischen Wirklichen Geheimrat u​nd 1797 erhielt e​r den Sankt Annen-Orden.[3] Er w​ar ein bekennender Anhänger v​on Herzog Peter v​on Biron (1724–1800) u​nd Gegenspieler v​on Otto Christopher v​on der Howen. Vom 28. März 1795 b​is zum 26. April 1795 w​ar er während e​ines kurzzeitigen Interregnums i​m Namen d​er Oberräte d​es Herzogtums Kurland u​nd Semgallen a​ls Regent eingesetzt.[4] Er w​urde 1797 z​um Landhofmeister d​es Kurländischen Oberhofgerichts i​n Mitau ernannt u​nd setzte s​omit seine politische Laufbahn b​is 1801 i​m neu geschaffenen u​nd unter russischer Herrschaft stehenden Gouvernement Kurland fort.

Herkunft und Familie

Die Adelsfamilie g​eht auf d​as aus Pommern stammende Uradelsgeschlecht „de Reno“ a​us dem 13. Jahrhundert zurück, d​ie sich i​n Livland niedergelassen hatten. Sie benannten s​ich dann n​ach dem Namen i​hres Wohnortes „de Orghys“ u​nd nahmen Ende d​es 16. Jahrhunderts d​en Namenszusatz „Rutenberg“ an, später „Ories genannt Rutenberg“. Daraus w​urde im 18. Jahrhundert „Orgies-Rutenberg“. 1841 erhielten s​ie das kurländische Indigenat. 1862 wurden s​ie in d​en russischen Freiherrenstand (Baron) erhoben.[5]

Carl Ferdinand v​on Orgies-Rutenbergs Vater w​ar der Landespolitiker Ferdinand v​on Orgies-Rutenberg (* 26. August 1685 † 14. April 1744), d​er seit 1732 m​it Anna Catharina, e​iner geborenen v​on Fircks, verheiratet war. Er studierte 1702 a​n der Universität Königsberg u​nd 1703 a​n der Universität Frankfurt a​m Main, danach w​ar er Gutsverwalter a​uf Mangen u​nd Pfandbesitzer v​on Wallgahlen. Es schloss s​ich eine Verwendung a​ls Kammerjunker b​ei der Herzogin-Witwe Anna an. Seine landespolitische Tätigkeit begann 1715 a​ls kurländischer Landesdelegierter i​n Warschau, s​ie setzte s​ich 1715 u​nd 1726 a​n gleicher Stelle fort. Gemeinsam m​it Christian v​on Brackel u​nd Graf Moritz v​on Sachsen (1696–1750) w​ar er maßgeblich a​n der Förderung d​es Herzogtums beteiligt. Sein letztes politisches Amt w​ar das d​es Hauptmann v​on Windaus.[6] Carl Ferdinand heiratete Helene Sybilla Elisabeth v​on Grotthus, s​eine Kinder u​nd bekannten Nachkommen waren:

  • Carl Ernst von Orgies-Rutenberg (1768–1807), verheiratet mit Eudoxia von Mirbach (1775–1834)
  • Caroline Louise von Orgies-Rutenberg (1779–1805), verh. mit Oberhauptmann Georg Johann von Bolschwing (1767–1808)[8]
  • Johann Ferdinand von Orgies-Rutenberg (* 3. August 1767 – 27. August 1830) erhielt seine Erziehung im väterlichen Hause, machte mit seinem Bruder Carl Ernst und ihren Lehrer Propst B.G. Becker, eine Studienreise durch Deutschland. Er studierte von 1788 bis 1791 an der Universität Leipzig, kehrte danach im Gefolge der Herzogin Dorothea von Kurland über Berlin, Dresden und Warschau in das Herzogtum Kurland und Semgallen zurück. 1794 wurde er Hauptmannsgerichts-Assessor in Frauenberg. Im Gouvernement Kurland wurde er 1796 Assessor im Gerichtshofe für bürgerliche Rechtssachen. 1797 wieder Hauptmannsgerichts-Assessor zu Frauenburg und im gleichen Jahr Hauptmann zu Windau. 1801–1803 war er Bevollmächtigter der Oberhauptmannschaft, dann von 1803 bis 1815 Ritterschaftssekretär. 1815 wurde er in den Rat am kurländischen Oberhofgericht berufen und 1817 zum Landbotenmarschall ernannt. 1817 wurde er mit dem Sankt Annen-Orden dekoriert.[9] Er war mit Johanna von Meerfeld (1784–1844) verheiratet.
  • Johanna Dorothea von Orgies-Rutenberg (1786–1832), war in erster Ehe mit Ewald von Korff und in zweiter Ehe mit dem Oberhauptmann Georg Johann von Bolschwing (1767–1808), dem Witwer ihrer Schwester Caroline Louise verheiratet
  • Agatha Dorothea Elisabeth von Orgies-Rutenberg, war mit Friedrich Georg von Kleist (1751–1800) verheiratet.

Literatur

  • Emil von Orgies-Rutenberg: Geschichte der von Rutenberg und von Orgies gen. Rutenberg, als Manuskript gedruckt, Dobern 1899 (356 Seiten)

Einzelnachweise

  1. Mathias Mesenhöller: Ständische Modernisierung. Der kurländische Ritterschaftsadel 1760–1830. Akademie-Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-05-004478-1, S. 43.
  2. Von dem Landbotenmarschall. In: Provinzialrecht der Ostseegouvernements, zusammengestellt auf Befehl des Herrn und Kaisers Nikolai Pawlowitsch: Nach dem Russischen Originale übersetzt in der 2. Abteilung Seiner Kaiserlichen Majestät Eigenem Kanzlei, Band 2, Verlag In der Buchdruckerei der 2. Ableitung Seiner Kaiserlichen Majestät Eigenen Kanzlei, 1845, Original von Bayerische Staatsbibliothek, Digitalisiert 23. Juli 2010
  3. Johann Friedrich von Recke, Theodor Beise, Karl Eduard Napiersky, Allgemeines schriftsteller- und gelehrten-lexikon der provinzen Livland, Band 3, Verlag J. F. Steffenhagen und sohn., 1831 S. 590 ff.
  4. Zeiten der Regentschaft im Kurland
  5. Baltische Historische Kommission (Hrsg.): Eintrag zu Rutenberg, Orgies gen. v.. In: BBLD – Baltisches biografisches Lexikon digital
  6. Baltische Historische Kommission (Hrsg.): Eintrag zu Rutenberg, Ferdinand v. Orgies gen.. In: BBLD – Baltisches biografisches Lexikon digital
  7. Art. Rutenberg gen. Von Orgies, Otto Johann Joseph Gotthard von, seit 1862 Baron. In: Carola L. Gottzmann, Petra Hörner: Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums und St. Petersburgs: Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Walter de Gruyter, Berlin 2007, Bd. 3: N – Z, ISBN 978-3-11-019338-1, S. 1099 ().
  8. Art. Bolschwing, Georg Johann von. In: Carola L. Gottzmann, Petra Hörner: Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums und St. Petersburgs: Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Walter de Gruyter, Berlin 2007, Bd. 1: A – G, S. 262 ().
  9. Johann Friedrich von Recke, Theodor Beise, Karl Eduard Napiersky, Allgemeines schriftsteller- und gelehrten-lexikon der provinzen Livland, Band 3, Verlag J. F. Steffenhagen und sohn., 1831 , S. 687.
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