C/1882 F1 (Wells)
C/1882 F1 (Wells) war ein Komet, der im Jahr 1882 mit dem bloßen Auge gesehen werden konnte. Er wird weniger aufgrund seiner Helligkeit am Nachthimmel als wegen seiner teleskopischen Sichtbarkeit am Taghimmel von einigen zu den „Großen Kometen“ gezählt.
C/1882 F1 (Wells)[ i ] | |
---|---|
Eigenschaften des Orbits (Animation) | |
Orbittyp | langperiodisch |
Numerische Exzentrizität | 0,9999936 |
Perihel | 0,061 AE |
Aphel | 19135 AE |
Große Halbachse | 9567 AE |
Siderische Umlaufzeit | ~936.000 a |
Neigung der Bahnebene | 73,8° |
Periheldurchgang | 11. Juni 1882 |
Bahngeschwindigkeit im Perihel | 170,9 km/s |
Geschichte | |
Entdecker | Charles S. Wells |
Datum der Entdeckung | 18. März 1882 |
Ältere Bezeichnung | 1882 I, 1882a |
Quelle: Wenn nicht einzeln anders angegeben, stammen die Daten von JPL Small-Body Database Browser. Bitte auch den Hinweis zu Kometenartikeln beachten. |
Entdeckung und Beobachtung
Der Komet wurde am Morgen des 18. März 1882 von Charles S. Wells am Dudley Observatory in Albany (New York) entdeckt[1] und von ihm als „klein und hell“ beschrieben. Zunächst änderte sich daran nichts und Lewis Boss, der Direktor des Dudley Observatory, notierte noch zwei Tage nach der Entdeckung, dass der Komet aussähe „wie ein großer Komet im Kleinen“. Seine Helligkeit lag zu diesem Zeitpunkt bei etwa 8 mag.
Der Komet wurde im Laufe des Aprils intensiv teleskopisch beobachtet, während sich seine Entfernung von Erde und Sonne verringerte. In der zweiten Maihälfte erreichte der Komet seine nächste Entfernung zur Erde und bewegte sich zunächst noch weiter auf die Sonne zu. Gegen Ende des Monats ermöglichte die zunehmende Helligkeit erstmals eine Beobachtung mit bloßem Auge, der Schweif hatte eine Länge von fast 1° erreicht.
Der Komet bewegte sich ab Anfang Juni in südlicher Richtung über den Himmel und näherte sich rasch der Sonne, wobei seine Helligkeit bis auf etwa 0 mag zunahm, allerdings wurde er nie ein so auffälliges Objekt am Himmel, dass er eine allgemeine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hätte. Dies lag daran, dass er für Beobachter auf der Nordhalbkugel immer nur kurz während der Dämmerung sichtbar wurde.[2] Zu dieser Zeit gelang es jedoch mehreren Astronomen, den Kometen am Taghimmel neben der Sonne zu beobachten. In Albany konnte der Komet kurz vor Mittag des 6. Juni unter Schwierigkeiten mit dem Passageninstrument gesehen werden. Auch Edward Walter Maunder konnte ihn am 8. Juni mit einem Teleskop am Royal Greenwich Observatory beobachten, als er eine ähnliche Erscheinung wie der Planet Mars bot, während Johann Friedrich Julius Schmidt ihn in Athen am Nachmittag des 10. Juni sah, als er noch 2,8° vom Sonnenrand entfernt war.
Am Abend des 10. Juni gegen 23:40 Uhr UT ging der Komet für Beobachter auf der Erde in 2,6° Abstand an der Sonne vorbei und durchlief etwa eine Stunde später den sonnennächsten Punkt seiner Bahn. Anschließend bewegte er sich am Himmel östlich und wurde schließlich auch für Beobachter auf der Südhalbkugel sichtbar, wo er ab dem 14. Juni von William Henry Finlay am Royal Observatory am Kap der Guten Hoffnung und ab dem 15. Juni von John Tebbutt in Windsor (New South Wales) in Australien beobachtet wurde. Die Helligkeit war zu dieser Zeit auf 2 mag zurückgegangen und sein Schweif hatte noch eine Länge von etwa 2°.[3]
Am 17. Juni wurde von einem langen Schweif in der Abenddämmerung berichtet, der sich bis zu einer Entfernung von 40–45° von der Position des Kometenkopfes erstreckte. Dies scheint aber ein kurzlebiges Phänomen gewesen zu sein. Bis Anfang Juli hatte die Helligkeit auf 6 mag abgenommen und der Komet konnte nicht mehr mit bloßem Auge beobachtet werden. Die letzte Sichtung erfolgte am 16. August 1882.
Der Komet erreichte eine maximale Helligkeit von etwa 0 mag[4] und, während seiner Erscheinung am Taghimmel, von vielleicht −6 mag.[5]
Wissenschaftliche Auswertung
C/1882 F1 war der erste Komet, bei dem durch spektroskopische Untersuchungen das Vorhandensein von Natrium nachgewiesen werden konnte.[6]
Bei allen bis dahin untersuchten Kometen konnten im Spektrum neben reflektiertem oder gestreutem Sonnenlicht nur charakteristische Linien von Kohlenwasserstoffverbindungen nachgewiesen werden. Diese Kometen waren jedoch der Sonne nicht sehr nahegekommen. Der Komet Wells kam der Sonne auf unter 10 Mio. km nahe, was offenbar einen neuen Effekt in seinem ausgesandten Licht bewirkte. In der ersten Aprilhälfte war das Spektrum des Kometen noch „normal“, aber bei weiterer Annäherung an die Sonne verblassten die Kohlenwasserstoffbänder völlig und das Spektrum des Kometenlichts ähnelte dem Kontinuum eines Sterns. Dieses ungewöhnliche Verhalten wurde intensiv beobachtet. Ende Mai wurde dann erstmals die gelbe Natrium-D-Linie im Spektrum festgestellt, die bis Anfang Juni so stark wurde, dass sie alle anderen Emissionen überstrahlte und das Licht des Kometen praktisch monochromatisch wurde. Sir William Huggins gelang es, das ungewöhnliche Spektrum des Kometen in einer 1 ¼-stündigen Photographie zu dokumentieren.[2]
Umlaufbahn
Für den Kometen konnte aus 28 Beobachtungen über einen Zeitraum von 112 Tagen eine sehr präzise elliptische Umlaufbahn bestimmt werden, die um rund 74° gegen die Ekliptik geneigt ist.[7] Im sonnennächsten Punkt der Bahn (Perihel), den der Komet am 11. Juni 1882 durchlaufen hat, befand er sich mit etwa 9,1 Mio. km Sonnenabstand nur etwa 12 Sonnenradien über deren Oberfläche. Bereits am 21. Mai hatte er mit etwa 0,89 AE/133,2 Mio. km Abstand seine größte Annäherung an die Erde erreicht, während am 18. Juni noch einmal eine zweite Annäherung bis auf etwa 0,95 AE/141,7 Mio. km erfolgte. Am 5. Juli ging der Komet in nur 40,5 Mio. km Abstand an der Venus vorbei und am 14. August passierte er noch den Mars in einer ebenfalls geringen Distanz von 45,6 Mio. km.[8]
Der Komet bewegte sich vor seiner Annäherung an das innere Sonnensystem im Jahr 1882 noch auf einer extrem langgestreckten elliptischen Bahn mit einer Bahnexzentrizität nahe 1 und einer Großen Halbachse von etwa 7000 AE, so dass seine Umlaufzeit bei etwa 600.000 Jahren lag.[9] Er war möglicherweise ein „dynamisch neuer“ Komet aus der Oortschen Wolke oder überhaupt erst wenige Male zuvor in die Sonnennähe gelangt. Durch die Anziehungskraft der Planeten wurde die Exzentrizität geringfügig auf etwa 0,99995 und die Große Halbachse der Bahn auf etwa 1280 AE verringert, so dass sich die Umlaufzeit des Kometen auf nunmehr etwa 45.000 Jahre reduzierte.[10]
Siehe auch
Einzelnachweise
- G. Wise: Civic Astronomy: Albany’s Dudley Observatory, 1852–2002. Springer, Dordrecht 2004, ISBN 978-90-481-6702-9, S. 69–70, doi: 10.1007/978-1-4020-2678-2.
- A. M. Clerke: A Popular History of Astronomy During the Nineteenth Century. Cambridge University Press, Cambridge 2010, ISBN 978-1-108-01432-8, S. 398–400.
- G. W. Kronk: Cometography - A Catalog of Comets, Volume 2. 1800–1899. Cambridge University Press, Cambridge 2003, ISBN 0-521-58505-8, S. 496–501.
- P. Moore, R. Rees: Patrick Moore’s Data Book of Astronomy. Cambridge University Press, Cambridge 2011, ISBN 978-0-521-89935-2, S. 270.
- John E. Bortle: International Comet Quarterly – The Bright-Comet Chronicles. Abgerufen am 24. Juli 2015 (englisch).
- D. A. J. Seargent: The Greatest Comets in History: Broom Stars and Celestial Scimitars. Springer, New York 2009, ISBN 978-0-387-09512-7, S. 234.
- C/1882 F1 (Wells) in der Small-Body Database des Jet Propulsion Laboratory (englisch).
- SOLEX 11.0 von A. Vitagliano. Archiviert vom Original am 18. September 2015; abgerufen am 2. Mai 2014 (englisch).
- E. H. Bilo, I. van Houten-Groeneveld: The original values of 1/a for 17 cometary orbits. In: Bulletin of the Astronomical Institutes of the Netherlands. Vol. 15, 1960, S. 155–162, bibcode:1960BAN....15..155B.
- Z. Sekanina: Future orbits for ten comets of the General Catalogue of Original and Future Comet Orbits. In: Bulletin of the Astronomical Institute of Czechoslovakia. Vol. 18, No. 1, 1967, S. 1–14, bibcode:1967BAICz..18....1S.