Borghese
Borghese ist der Name eines römischen Adelsgeschlechts fürstlichen Standes, das zum päpstlichen Adel wie auch zum europäischen Hochadel zählt und bis heute besteht.
Geschichte
Die Familie entstammte ursprünglich dem Patriziat von Siena, wo sie seit 1238 urkundlich belegt ist. Die sichere Stammreihe beginnt mit dem sienesischen Patrizier Marcantonio Borghese, der sich 1541 in Rom niederließ und der Vater des späteren Papstes Paul V. war.
Zum Hochadel zählt das Geschlecht, seitdem Papst Paul V. (geboren 1552 als Camillo Borghese, Papst von 1605 bis 1621) seinen Neffen Marcantonio Borghese (* 1598; † 1658) im Jahr 1605 zum erblichen Fürsten von Montecompatri ernannte. In das Patriziat von Venedig wurde das Geschlecht ebenfalls in jenem Jahr ehrenhalber aufgenommen. Weitere Fürsten-, Markgrafen, Grafen- sowie Herzogstitel folgten seit 1607. Der Titel Fürst von Sulmona wurde 1607 vom spanischen König Philipp III. an den Papstneffen Marcantonio Borghese verliehen.[1] Durch die Besteigung des Heiligen Stuhls schloss die aus Siena zugewanderte Familie Borghese bald zu den alten römischen Adelsfamilien Colonna und Orsini auf und überholte sie in Bezug auf das Familienvermögen.
Den Palazzo Borghese in Rom, 1560 im Kern errichtet, erwarb im Jahr 1604 Kardinal Camillo Borghese. Nachdem er 1605 zum Papst Paul V. gewählt worden war, überließ er das Bauwerk seinen Brüdern Francesco und Giovanni Battista. Diese übertrugen Flaminio Ponzio die Aufgabe, es zu einer der Papstfamilie angemessenen Residenz zu erweitern. Bis 1613 schuf dieser den Flügel an der Piazza Borghese und auch den an drei Seiten von zweistöckigen Arkaden umschlossenen Innenhof. Es ist bis heute eines der prachtvollsten Bauwerke Roms und befindet sich noch im Familienbesitz.
Die Villa Borghese befindet sich unmittelbar vor der Porta del Popolo in Rom; sie war der Sommerpalast des Borghesischen Fürstengeschlechts, errichtet ab 1613 für den Papst-Neffen Kardinal Scipione Borghese. Im dazugehörigen Casino befindet sich die private Kunstsammlung der Galleria Borghese, mit Kunstwerken von Weltrang.
Die Familie stellte im Folgenden noch mehrere weitere Kardinäle und erlangte mit Fürst Camillo Borghese, Fürst von Sulmona und Rossano (1775–1832), dem Schwager Napoleons I., noch einmal politische Bedeutung. Dieser ließ den Palazzo Borghese in Florenz im klassizistischen Stil restaurieren, den er von seiner Mutter Anna Maria Salviati geerbt hatte, der letzten des bedeutenden Florentiner Adelsgeschlechts Salviati. Ihn beerbte sein Bruder Francesco (1776–1839), dessen ältester Sohn Marcantonio als Fürst Borghese nachfolgte, dessen zweiter Sohn Camillo den Titel Fürst Aldobrandini erhielt und dessen dritter Sohn Scipione Borghese (1823–1892) 1834 zum Duca Salviati erhoben wurde.[2] Nach dem Erlöschen der Familie Pamphilj war das Erbe der Olimpia Aldobrandini 1760 an die Borghese gefallen, die in erster Ehe einen Borghese, in zweiter einen Pamphilj geheiratet hatte und letzte Erbin des römischen Zweigs der Aldobrandini gewesen war. Fürst Francesco Aldobrandini Borghese (1776–1839) schuf daraus eine Sekundogenitur für seinen zweiten Sohn Camillo (1816–1902). Seither führt diese Linie den Titel Fürst Aldobrandini, die jüngste Linie den Titel Herzog Salviati. Ein weiterer Zweig anderen Namens entstand 1872 durch die Heirat des Giulio Borghese, Sohn des Marcantonio V. Principe Borghese, 8. Principe di Sulmona (1814–1886), mit Anna Maria Torlonia (1855–1901), wobei er 1873 den Namen Torlonia annahm, den Titel Principe di Fucino erbte und somit die jüngere Linie dieser Familie begründete.
Das Oberhaupt der Familie Borghese, Fürst Livio (1874–1939), führte in den 1930er-Jahren folgende Titelkette: „11. Fürst von Montecompatri, 11. Fürst von Sulmona und Vivaro, 10. Fürst von Rossano, 5. Herzog von Canemorte, 11. Herzog von Palombara, 5. Herzog von Castelchiodato, 11. Herzog von Poggionativo, 11. Markgraf von Mentana, Norma, Civitella, Pratica, Moricone und Percille, 11. Graf von Valinfreda, 11. Baron von Cropalati, 11. Herr von Scarpa, Edelmann von Rom, Patrizier von Venedig, Neapel und Genua, Herr von … (und noch elf weitere Titel)“.
Heutiges Familienoberhaupt und Träger der genannten Titel ist Don Scipione Borghese (* 1970), verheiratet mit Donna Barbara Massimo (* 1965).
Die Borghese gehören, neben ihrer Seitenlinie Aldobrandini sowie den Familien Barberini, Caetani, Chigi, Colonna, Doria-Pamphilj, Lante della Rovere, Massimo, Odescalchi, Orsini, Pallavicini, Riario Sforza, Rospigliosi, Ruspoli und Torlonia zu den bekanntesten Fürstenhäusern des stadtrömischen Hochadels.
Wappen
Unter goldenem Schildhaupt, darin ein goldengekrönter, bewehrter und bezungter schwarzer Adler, in Blau ein goldener Drache; Fürstenkrone und -mantel.[3]
Bekannte Familienmitglieder
- Papst Paul V. (geboren 1552 als Camillo Borghese, Papst von 1605 bis 1621)
- Giovanni Battista Borghese (1554/1555–1609; auch Giambattista Borghese), Gouverneur von Borgo und Kastellan der Engelsburg und der Festung Ancona
- Francesco Borghese (1556–1620), Graf von Rignano und General der Päpstlichen Armee von Paul V.
- Scipione Borghese (1577–1633), Kardinalnepot von Paul V. und Begründer der Kunstsammlung in der Villa Borghese
- Pietro Maria Borghese (1599–1642), Kardinal ab 1624
- Francesco Scipione Maria Borghese (1697–1759), Kardinal ab 1729
- Scipione Borghese (1734–1782), Camerlengo des Kardinalskollegiums im Jahre 1778
- Camillo Filippo Ludovico Borghese (1775–1832), Fürst von Sulmona und Rossano, Gemahl der Pauline Bonaparte, Schwager Napoleons I.
- Caterina Guendalina Borghese († 27. Oktober 1840) Tochter des Grafen Talbot (Shrewsbury) Frau von Marc Antonio Borghese (LThK3)
- Junio Valerio Borghese (1906–1974), italienischer Marine-Offizier und faschistischer Politiker
- Alessandra Borghese (* 1963), Autorin, Managerin und Dame des Malteserordens
Paläste
Die Familie besaß zahlreiche bedeutende Paläste, einige davon gehören ihr bis heute, darunter der Palazzo Borghese in Rom sowie Paläste in Pratica di Mare, Montevettolini und Catania.
- Palazzo Borghese, Rom
- Villa Borghese (Rom), errichtet ab 1613 für Kardinal Scipione Borghese
- Palazzo Borghese (ehemals Salviati), Florenz
- Castello Borghese in Pratica di Mare
- Villa Borghese Montevettolini, Toskana
- Palazzo Manganelli in Catania
Literatur
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band II, Band 58 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag Limburg (Lahn) 1974, S. 9–10.
Einzelnachweise
- GHdA, Adelslexikon Bd. II, Limburg (Lahn) 1974, S. 9 f.
- Stammtafel der Borghese, Aldobrandini und Salviati
- GHdA, Adelslexikon Bd. II, Limburg (Lahn) 1974, S. 10