Białowąs
Białowąs (deutsch Balfanz) ist eine Ortschaft in Polen in der Woiwodschaft Westpommern. Der Ort mit 377 Einwohnern ist Teil der Stadt- und Landgemeinde Barwice.
Białowąs | |||
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Basisdaten | |||
Staat: | Polen | ||
Woiwodschaft: | Westpommern | ||
Powiat: | Szczecinek | ||
Gmina: | Barwice | ||
Geographische Lage: | 53° 49′ N, 16° 17′ O | ||
Höhe: | 78 m n.p.m. | ||
Einwohner: | 377 | ||
Telefonvorwahl: | (+48) 94 | ||
Kfz-Kennzeichen: | ZSZ | ||
Wirtschaft und Verkehr | |||
Nächster int. Flughafen: | Stettin-Goleniów | ||
Geographische Lage
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Im Ort Białowąs sind ein Gut und eine Kirche verzeichnet. Der Ort (Höhenangabe 78 m) liegt an einem Kreuzungspunkt von vier aufeinander zulaufenden Straßen und grenzt an das Landschaftsgebiet Jungfernheide, mit dem zentral gelegenen Jungfernhof und einer höchsten Erhebung von 159 m. In einem Umkreis von 3 bis 5 km liegen die Nachbarorte:
- Borzecino (Borntin) – mit Wassermühle am Mühl-Bach
- Krosino (Groß Krössin) – mit Kirche, Wassermühle, Schleuse
- Kłodzino (Klotzen) / Gutsbezirk – mit Kirche, Gut
- Sulikowo (Zülkenhagen) – mit Kirche, Gut, Fabrik, Windmühle.
Durch den Schleusenwald – zwischen den Orten Białowąs und Krosino – verläuft der Fluss Persante (poln. Parsęta). Vor dem Ort Krosino überquert eine Brücke den Fluss, flussabwärts ist die Schleuse gelegen. Die die Orte verbindenden Straßen werden gemäß Landkarte mit „IA Straßen“ klassifiziert, d. h. Straßen mit 5,5 m Breite, gutem Unterbau und für Lastkraftwagen zu jeder Jahreszeit befahrbar.
Geschichte
Der Ort Balfanz ging aus einer der Hauptburgen aus früherer Zeit hervor. Die ehemaligen Verteidigungssituationen sind noch zu erkennen.[1]
Das Dorf wird erstmals im 12. Jahrhundert urkundlich im Zusammenhang mit den Exkursionen von Boleslaw Schiefmund nach Pommern zur Unterwerfung von Belgard und Kolberg erwähnt.[2]
Balfanz war über zwei Jahrhunderte im Besitz der Familie von Glasenapp. Nach dessen wirtschaftlichem Niedergang um 1830 kam es in wechselnden Besitz, zuletzt der Grafen von Rittberg.
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Von Glasenapp auf Balfanz
Balfanz war neben den Orten Altenwalde (Liszkowo), Koprieben (Koprzywno), Bärwalde (Barwice), Gramenz (Grzmiąca), Wurchow (Wierzchowo), Bublitz (Bobolice), Pollnow (Polanów) und Manow einer der Hauptsitze der Glasenapps.
„Die alten Glasenapp sind wie Nomaden auf ihren vielen Gütern herumgezogen und haben hier und dort gewohnt, meist in primitiven, strohgedeckten Häusern, in denen es wenig Mobiliar gab, aber trotzdem führten sie ein im Hinblick auf Essen, Trinken, Kleidung und Dienerschaft mehr oder weniger opulentes Leben“, schrieb Udo von Alvensleben (Kunsthistoriker), Sohn einer geborenen Glasenapp.[1] Sie besaßen eigene Münzen und hatten allerlei landesherrliche Prärogativen (Vorrechte des Monarchen).
Caspar Otto von Glasenapp (* 1613; † 1665) war Herzoglicher Landrat auf Balfanz.[3] Sein Otto Casimir von Glasenapp (* 3. Juni 1642 in Balfanz; † 11. Mai 1710 in Balfanz)[4] veränderte Ende des 17. Jahrhunderts den alten Ort Balfanz in eine kleine Barock-Residenz. Dazu gehörten die von ihm erbaute Kirche und das Herrenhaus in einem 6,5 Hektar großen Park mit altem Baumbestand[5]. Im frühen 19. Jahrhundert wurde das Herrenhaus im neugotischen Stil mit einem rechteckigen Grundriss mit zwei rechteckigen Flügeln errichtet. Später wurde die Terrasse des Herrenhauses auf der Seeseite mit einer Veranda überbaut.[6] Das Herrenhaus hat den Zweiten Weltkrieg unzerstört überstanden. Vor dem Herrenhaus liegt ein großer, von Alleen gesäumter, quadratisch angelegter Teich, der noch heute erhalten ist. Von hier hat man einen weiten Blick über das Tal der Pesante.
Die 1689 erbaute Barockkirche ist ein Fachwerkbau und steht auf einer künstlichen Anhöhe. Sie ist innen mit einer üppigen Barockausstattung und einem prächtig geschnitzten Altar sowie einer Orgel versehen. Sie zählt zu den schönsten und besterhaltenen Kirchen der Familie Glasenapp.[1] In der Gruft der Kirche befinden sich etwa 20 holzgeschnitzte Särge mit den einbalsamierten Toten der Glasenapps. Hier liegt auch Otto Casimir von Glasenapp, der 1710 verstarb.[5] Die Särge der Familiengruft der Grafen von Glasenapp waren im Zweiten Weltkrieg von sowjetischen Soldaten geplündert worden. Schädel und Knochen wurden dabei auf dem Boden der Gruft verteilt. Alle an der Plünderung Beteiligten starben damals innerhalb weniger Monate. Experten vermuten einen Schimmelpilz als Ursache.[7]
In der Erbfolge von Otto Casimir von Glasenapp lebten auf dem Gut Balfanz sein Sohn, Paul Wedig von Glasenapp (* 11. Juni 1701; † 14. Dezember 1776 in Balfanz), dessen Sohn Joachim Casimir von Glasenapp (* 6. Juli 1731 in Balfanz; † 27. Dezember 1780 in Balfanz) und dessen Söhne Georg Wedig (* 28. April 1769 in Balfanz; † 18. Dezember 1810 zu Balfanz) und Heinrich Friedrich von Glasenapp (* 20. Juni 1770 in Balfanz; † 11. August 1810 in Gramenz).[4]
In einer Erbteilung im Jahr 1794 erhielt Georg das Gut Balfanz, während Heinrich das Gut Gramenz bekam. Als Georg 1810 ohne Leibeserben stirbt, erben die minderjährigen Kinder von Heinrich den verschuldeten, gewaltigen Güterkomplex:
Balfanz mit Kasimirshof, Grünwald mit Altmühl, Alt- und Neuhütten, Steinburg, Zechendorf und Zülkenhagen.
Gramenz mit a, b, c, Schofhütten, Bernsdorf, Flackenheide und Zuch.
Balfanz hat zu der Zeit eine Größe von „849 Morgen Acker, 120 Morgen meistens zweischnittige Wiesen, 11 Morgen Gärten, 20 Morgen Leinstellen und 2579 Morgen Hütung nebst einem bedeutenden Hengstlauf“.[8]
Durch romantisch getragene Verbesserungen auf den Gütern verschuldete sich der Besitz der Glasenapps so sehr, dass die Güter schließlich verkauft werden mussten.[1][2][9]
Wechselnde Eigentümer von Balfanz
1836 wird Herr v. Düringshofen (Diringshofen), Erbherr auf Pinnow und Landschaftsdirektor der Uckermark als Besitzer von Balfanz genannt.[10]
1845 ist Balfanz im Besitz von Wilhelm Steffenhagen (1815–1865) verheiratet mit Auguste v. Zitzewitz.[11]
1850 ist Louis von Lüttwitz, Kaiserlich-Österreichischer Unterleutnant Besitzer von Balfanz.[12]
1858 kaufte Albert Haase, Kaufmann zu Stettin, das Gut Balfanz. Anfang der 1870er Jahre ist sein Sohn Richard Waldemar Haase (* 27. Juni 1836 in Stettin; † 27. Juni 1884 in Balfanz) Eigentümer von Balfanz. 1874 wird er als Stellvertreter des Amtsvorstehers in Zülkenhagen genannt. Er erbaute das Herrenhaus im neugotischen Stil, wie es heute noch besteht. Nach dessen Tod ging das Gut in den Besitz der Familie Rittberg über.[13][14]
Von Rittberg auf Balfanz
1884 ging das Gut Balfanz in den Besitz der Familie Graf von Rittberg, dem Landrat und Reichstagsabgeordnete Oswald Graf von Rittberg (* 1832 in Stangenberg; † 1908 in Balfanz), dessen Sohn Friedrich-Wilhelm Graf von Rittberg (* 1875 in Ueckermünde; † 10. April 1944 in Balfanz), verheiratet mit Monika von Moltke (* 16. Juli 1886 in Gut Bankau, Kreuzburg, Oberschlesien; † 22. Dez. 1975)[15] und dessen Sohn Karl Heinrich Graf von Rittberg (* 22. Jan. 1914 in Balfanz; † 12. April 1945, hingerichtet von der Gestapo).[16][17]
In den 1930er Jahren betrieb Friedrich Wilhelm Graf von Rittberg auf dem 1147 Hektar umfassenden Rittergut Balfanz eine moderne Landwirtschaft, indem die Äcker durch künstliche Beregnung bewässert wurden. Bekannt war das Gut auch durch seine Merinoschafzucht.[18][6]
1945 ging das Gut in den Besitz des polnischen Staates über und wurde unter anderem als Schulungszentrum genutzt. Heute ist es in Privatbesitz.[5]
Gemeindedaten
Bevölkerungsentwicklung (bis 1905 Unterscheidung der Einwohnerzahlen in Gutsbezirk / Landgemeinde Balfanz):
Jahr | Einwohner | Männlich | Weiblich | Haushalte |
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1867[19] | 296 / 132 | |||
1871 | 286 / 114 | 135 / 45 | 151 / 69 | 22 |
1900[20] | 172 / 45 | |||
1905[21] | 181 / 49 | |||
1925[22] | 471 | 226 | 245 | 93 |
2006 | 400 |
Nach dem Pommerschen Güterverzeichnis von 1905 werden für das Rittergut Balfanz die folgenden Angaben gemacht:[18]
- Besitzer des Ritterguts Balfanz ist Oswald Graf von Rittberg, Landrat a. D. und Geheimer Regierungsrat.
- Industrielle Anlagen: Dampfbrennerei, Wassermahlmühle, Mahlmühle, Schneidemühle, Fernsprechanschluss.
Güterverzeichnis von 1903[18] | |
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Grundsteuer / Reinertrag | 4201 M |
Größen in Hektar | |
Gesamt | 1147 |
Acker & Gärten | 533 |
Wiesen | 87 |
Weiden | 5 |
Holzungen | 520 |
Unland, Hofräume & Wege | – |
Viehbestand | |
Pferde | 42 |
Rindvieh überhaupt | 140 |
davon Kühe | 65 |
Schafe | 150 |
Schweine | 90 |
Einzelnachweise
- Udo von Alvensleben, Harald von Koenigswald: Besuche vor dem Untergang – Adelssitze zwischen Altmark und Masuren. Ullstein, 1968.
- Związek Miast i Gmin Dorzecza Parsęty (Polnisch, PDF, 9,3 MB). Reiseführer Route der Pommerschen Familienorskich. Online auf parseta.org.pl.
- Caspar Otto von Glasenapp, GeneaNet, Online Stammbaum..
- Otto Casimir 118 von Glasenapp GeneaNet, Online Stammbaum.
- Białowąs, 2011, Register polnischer Denkmäler.
- Hubertus Neuschäffer: Schlösser und Herrenhäuser in Hinterpommern, Kommissionsverlag G. Rautenberg, 1994, ISBN 3-7921-0534-9.
- Ein Spukschloß in Pommern, Geister vertreiben neuen Besitzer. Die Welt Online vom 11. Januar 2005.
- Gutsgröße Balfanz, Amtsblatt der Königlichen Regierung von Pommern: 1813.
- Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogthums Vor- und Hinter-Pommern, II. Theil, Band 2. 1784. (Auf Google Books (Volltext)).
- Herr v. Düringshofen Leopold v. Zedlitz-Neukirch: Neues Preussisches Adels-Lexikon … Erster Band A-D. Leipzig 1836, S. 448.
- Wilhelm Steffenhagen Amts-Blatt der preußischen Regierung zu Köslin, 1845. Nr. 25 (18. Juni 1845), S. 134; Deutsches Geschlechterbuch Band 145 (7. Pommersches Geschlechterbuch), S. 415.
- Louis von Lüttwitz, Leopold von Ledebur, Adelslexikon der preussischen Monarchie, Band 3: T-Z. Berlin 1855. S. 305 (Nachträge).
- Karl Robert Klempin Gustav Kratz: Matrikeln und Verzeichnisse der Pommerschen Ritterschaft vom XIV bis in das XIX Jahrhundert. Berlin 1863, S. 616.
- Rittergutsbesitzer Haase zu Balfanz, Amts-Blatt der preußischen Regierung zu Köslin, 1874: S. 6 und 259.
- Friedrich-Wilhelm von Rittberg, Online auf Geneall.net.
- E. Hochher: Gedenkstein – Karl-Heinrich Graf von Rittberg. Foto auf sagen.at vom 7. Oktober 2010.
- Hermann Zolling, Heinz Höhne: Pullach intern – Die Geschichte des Bundesnachrichtendienstes. In: Der Spiegel vom 22. März 1971. Online auf spiegel.de.
- Pommersches Güter-Adressbuch: Verzeichnis sämtlicher Güter mit Angabe der Guts-Eigenschaft […, sowie einem alphabetischen Orts- und Personenregister und einem Handbuch der Königlichen Behörden der Provinz], Niekammer’s Güter-Adressbücher Band I., Pommern. Verzeichnis sämtlicher Güter mit Angabe der Guts-Eigenschaft, 2. Auflage, Niekammer, Stettin 1905.
- Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung, Volkszählung Pommern, 01.12.1871, abgerufen am 5. August 2018.
- Gemeindeverzeichnis Deutschland 1900, Königreich Preußen - Provinz Pommern - Regierungsbezirk Köslin - Landkreis Neustettin.
- Gemeinden in den ostpommerschen Kreisen 1905, Ostpommern e.V.
- Gemeinde Balfanz von 1925