Bengalisches Feuer
Bengalisches Feuer (bengalisches Licht, bengalische Flamme oder kurz Bengalo) ist ein Effekt der Pyrotechnik unter Benutzung eines weißen oder farbigen pyrotechnischen Satzes. Bengalische Feuer werden zur effektvollen Beleuchtung eingesetzt, zum Beispiel von Büsten, Statuen, Gebäuden und Gärten. Die Flammenfärbung ist abhängig von dem verwendeten Metall, das dem Brennstoff zugemengt ist. Charakteristisch für bengalisches Feuer ist ein greller Lichtschein und eine intensive Rauchentwicklung, wobei es auch möglich ist, Flammen mit wenig Rauchentwicklung zu erzeugen.
Eine Miniaturversion dieses Effekts ist das Bengalische Streichholz. Es gehört zum Kleinstfeuerwerk und ist besonders in Deutschland beliebt.[1]
Begriffsgeschichte
Der Begriff bengalisch ist abgeleitet von dem Namen der historischen Region Bengalen (heute Bangladesch und der indische Bundesstaat Westbengalen). Die dortigen Fürstenhöfe wurden durch bunte Lichter beleuchtet, die durch chemische Reaktionen erzeugt wurden. Ursprünglich verstand man unter dem Begriff bengalisches Feuer nur das Licht zur glänzenden Beleuchtung eines Gegenstandes. Zur Erzeugung des Lichts wurden Schwefel, das Nitrat Salpeter und das Mineral Realgar verwendet.
Bengalische Feuer werden meist in Form von Fackeln – zum Teil in Kombination mit Rauchsätzen – im Barockfeuerwerk, für Lichterbilder, bei pyrotechnischen Beleuchtungen, bei Freiluftkonzerten oder auch als Warnsignal und (See-)Notsignal verwendet.
Gefährdungspotenzial
Bei der Verwendung von Handfackeln wird unter anderem Magnesium verbrannt; dabei entsteht eine Flamme mit einer Temperatur zwischen 1600 und 2500 °C. Verletzungen durch Verbrennung können auch hervorgerufen werden, wenn ein direkter Kontakt mit dem Feuer gar nicht zustande kommt. Die intensive Lichterscheinung kann bei direktem Blickkontakt zu massiven Blendwirkungen führen.
Ersticken der Flamme mit Sand, Löschen mit Wasser oder Feuerlöschern ist oft nicht möglich.[2] Brandschutzhersteller bezeichnen als sicherste Methode die Verwendung eines Löschmittels auf Gel-Basis, das durch eine starke Abkühlung Weiterentzündung verhindert.[3] Das Kartongehäuse und die Schlacke – bei Fackeln meist tropfend – sind noch lange Zeit so heiß, dass sie auch bei kurzer Berührung erhebliche Verbrennungen verursachen können.[4]
Die Fackeln entwickeln sehr dichten und intensiven Rauch, der zu Sichtbehinderungen und innerhalb großer Menschenmengen zu panikartigem Verhalten führen kann. Das Einatmen des Rauchs sollte aus Gesundheitsgründen vermieden werden. Jedoch gibt es (Stand 2014) keine belastbaren Studien zur Gesundheitsgefährdung durch den Rauch.[5]
Bengalische Feuer beim Fußball
Etwa seit den 1980er-Jahren[6] werden bengalische Feuer von Fußballfans im Stadion entzündet. Wegen der Verletzungsgefahren[7] hat es in einigen Ländern Verschärfungen der Rechtslage gegeben. Viele Fußballverbände, darunter auch der Weltfußballverband FIFA und der europäische Fußballverband UEFA, verhängen für das Entzünden von Pyrotechnik hohe Geldstrafen gegen die beteiligten Vereine, die etwa in Deutschland auch auf die Verursacher umgelegt werden können.[8]
- Deutschland: In allen Sportstadien ist die Verwendung von bengalischen Feuern durch die Stadionordnung bzw. die Versammlungsstättenverordnung (z. B. in Bayern durch § 35 Abs. 2 VStättV) untersagt. Wer bengalisches Feuer ins Stadion schmuggelt oder entzündet, dem droht ein bundesweites Stadionverbot. Die Verwendung von bengalischen Feuern in Sportstätten stellt zudem eine Ordnungswidrigkeit dar und kann abhängig von den Umständen auch als Straftat wie versuchte gefährliche Körperverletzung verfolgt werden.[9] Die Polizei bildet seit dem Jahr 2012 Spürhunde zum Aufspüren pyrotechnischer Gegenstände aus, um das Schmuggeln von bengalischem Feuer in Stadien zu verhindern.[10] Der Deutsche Fußball-Bund und die Deutsche Fußball Liga lehnen eine Änderung der bestehenden Regeln unter Hinweis auf Sicherheitsaspekte ab.[11]
- Österreich: Am 13. Oktober 2009 beschloss die Bundesregierung mit Blick auf Geschehnisse bei Fußballveranstaltungen eine Novelle des Pyrotechnikgesetzes von 1974. Das Pyrotechnikgesetz 2010 trat am 4. Januar 2010 in Kraft.[12] Betroffen sind pyrotechnische Gegenstände mit Knalleffekten sowie alle Erzeugnisse, die chemische Stoffe beinhalten, welche Bewegungs-, Licht-, Rauch-, Nebel-, Druck- oder Reizwirkungen hervorrufen (also auch bengalisches Feuer). Ausnahmegenehmigungen sind jedoch möglich.
- Schweiz: Am 1. Januar 2010 trat das „Hooligan-Konkordat“[13] in Kraft.[14] Es ermöglicht staatliche Maßnahmen gegen Gewalttäter im Umfeld von Sportveranstaltungen und definiert unter anderem das Mitführen und die Verwendung von Pyrotechnik als Gewalt im Sinne des Konkordats.[15]
In Norwegen und den USA gab es mitunter schon 2005 einzelne Bereiche in Stadien, in welchen nach vorheriger Anmeldung bestimmte Arten von Pyrotechnik kontrolliert abgebrannt werden durften.[16][17][18]
Vorschrift
Nach dem UN-Nummernsystem werden pyrotechnische Fackeln als Explosivstoffe der Klasse 1.4 eingestuft.[19]
Literatur
- Bengalisches Feuer. In: Robert Blum (Hrsg.): Allgemeines Theater-Lexikon oder Encyclopädie alles Wissenswerthen für Bühnenkünstler, Dilettanten und Theaterfreunde. DirectMedia Publ., Berlin 2008, ISBN 978-3-89853-622-6 (1 CD-ROM; Nachdr. d. Ausg. Leipzig 1846).
- Bengalisches Feuer. In: Friedrich R. Kreißl, Otto Krätz (Hrsg.): Feuer und Flamme, Schall und Rauch. Schauexperimente und Chemiehistorisches; Ernst Otto Fischer zum 80. Geburtstag gewidmet. Wiley-VCH, Weinheim 2008, ISBN 978-3-527-32276-3, S. 92f.
Weblinks
Einzelnachweise
- Alexander P. Hardt: Pyrotechnics, Pyrotechnica Publications, Post Falls Idaho USA 2001, ISBN 0-929388-06-2, S. 74 ff.
- Pyrotechnik in Fußballstadien – eine heiße Kiste
- Vortrag Fachkonferenz Nürnberg 2013 (Memento vom 17. Mai 2014 im Internet Archive)
- Zeitungsartikel in der (RP) mit Bilderstrecke zu einer Vorführung von bengalischem Feuer und sogenannten „Polenböllern“.
- http://www.t-online.de/sport/fussball/id_77005016/osnabrueck-ultra-vor-gericht-pyro-rauch-nicht-gesundheitsschaedlich.html
- Eine kleine Geschichte der Pyrotechnik in Deutschland. 11freunde.de, 4. November 2012, abgerufen am 3. Januar 2013.
- Verletzte beim Türkei-Derby. rp-online.de, 22. Juli 2010, abgerufen am 12. Februar 2013.
- Wer knallt, muss zahlen. Spiegel Online, 22. September 2016, abgerufen am 20. Mai 2018.
- Versuchte gefährliche Körperverletzung durch Zünden von „Bengalos“. Kujus Strafverteidigung, 16. März 2015, abgerufen am 20. Mai 2018.
- Pyrotechnik – Polizeihunde als Schnüffler im Einsatz. stern.de, 9. Juli 2012, abgerufen am 25. November 2012.
- DFB UND LIGAVERBAND BEENDEN DISKUSSION UM PYROTECHNIK. Deutscher Fußballband, abgerufen am 20. Mai 2018.
- Christian Wachter: Seit 04. Jänner gelten neue Regelungen für das Inverkehrbringen und die Verwendung pyrotechnischer Gegenstände. In: WKO.at. Wirtschaftskammer Österreich, 10. Januar 2012, abgerufen am 1. Juni 2012.
- Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren: Neues Hooligan-Konkordat. (PDF) 14. Oktober 2011, abgerufen am 19. Februar 2018.
- Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren: Das Hooligan-Konkordat tritt in Kraft. 29. Dezember 2009, archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 29. August 2015. Das Hooligan-Konkordat tritt in Kraft (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Das Schweizer Hooligan-Konkordat (hier Fassung Nov 2007 mit Änderungen von 2010) (PDF; 31 kB) definiert in Artikel 2 Abs. 2 das Mitführen von pyrotechnischen Gegenständen im Umfeld von Sportveranstaltungen als „Gewalt“.
- Edgar Lopez: Das kalte Feuer. In: Zeit Online. 20. Juli 2017, abgerufen am 1. April 2019.
- Wollen Fans die sichere Pyro-Fackel überhaupt? Abgerufen am 1. April 2019.
- EFFC 2017: Different approaches to legal pyrotechnics. Abgerufen am 1. April 2019.
- History of Pyrotechnic Marine Flares. Abgerufen am 4. Oktober 2021 (amerikanisches Englisch).