Bürgerbewegung Pax Europa
Die Bürgerbewegung Pax Europa e. V. (BPE) ist ein rechtspopulistischer[1][2] Verein mit Sitz in Gemmingen,[3] der sich nach eigenen Angaben der „Bewahrung christlich-jüdischer Kultur in Deutschland und Europa und der Erhaltung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verpflichtet“ fühlt und deshalb über eine von ihm behauptete „schleichende Islamisierung Europas“ aufklären will. Insbesondere engagiert er sich gegen den Neubau von Moscheen in Deutschland.[4][5]
Der Verein ist das Ergebnis der 2008 erfolgten Fusion des 2007 von Udo Ulfkotte gegründeten Vereins Pax Europa mit dem 2003 gegründeten Bundesverband der Bürgerbewegungen e. V.[6] Kurz nach der Fusion verließ Ulfkotte den Verein. Bundesvorsitzender ist René Stadtkewitz.
Eigendarstellung und Aktionen
In der Satzung[7] des Vereins steht folgendes zu ihrem Zweck:
„Zweck des Vereins ist es, das demokratische Staatswesen im Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland dadurch zu fördern, dass er die Öffentlichkeit unabhängig von politischen Parteien oder sonstigen Interessengruppen wertneutral über die Ausbreitung des Islam in Europa und die damit verbundenen Folgen für das Staatswesen unterrichtet.“
Der Verein plante für den 11. September 2007 zusammen mit der dänischen SIAD und der britischen No Sharia Here eine europaweite Demonstration gegen eine „Islamisierung Europas“ in Brüssel. Diese wurde am 9. August 2007 vom Brüsseler Bürgermeister Freddy Thielemans verboten.[8] Daraufhin klagten die Vereine gegen das Verbot und wurden hierbei vom belgischen Anwalt Hugo Coveliers vertreten, den ihm Filip Dewinter, der Fraktionsvorsitzende des rechten Vlaams Belang, vermittelt hatte.[9] Die Klage wurde am 30. August 2007 abgewiesen.[8]
Für Aufsehen sorgte 2009 eine Plakataktion der Bürgerbewegung Pax Europa u. a. in Bonn und Köln, bei welcher zur Gewalt aufrufende Koranzitate auf Plakatwände aufgebracht und dazu aufgefordert wurde, den Koran selbst zu lesen. Der damalige Oberbürgermeister von Köln Fritz Schramma äußerte sich im Kölner Stadtanzeiger negativ über die Aktion. Schramma meinte: „Die Urheber der Plakate, die das Wort Pax im Namen führen, sind darauf aus, Unfrieden zu säen.“ Wer meine, mit aus dem Zusammenhang gerissenen Passagen aus der Bekehrungsgeschichte einer Religion eine generelle Aggressivität belegen zu können, versuche die Menschen für dumm zu verkaufen, so Schramma.[10] Im September 2009 organisierte der Verein eine Kundgebung, um gegen die angebliche schleichende Islamisierung Europas zu demonstrieren.[11] Dafür wurde der amerikanische Religionswissenschaftler und Buchautor Robert Spencer als Redner eingeladen.
Der Verein steht dem islamfeindlichen Blog Politically Incorrect nahe und nutzt dieses als Kommunikationskanal. Auf zahlreichen Veranstaltungen und Kundgebungen treten die Bürgerbewegung Pax Europa und Politically Incorrect im Verbund auf. In Berlin bestanden Verbindungen zur vom Landesvorsitzenden der Bürgerbewegung Pax Europa René Stadtkewitz gegründeten Partei Die Freiheit, die Ende 2016 aufgelöst wurde.[12] Das Spendenkonto von Politically Incorrect gehört der “Bürgerbewegung Pax Europa” und wird bei der baden-württembergischen Volksbank Main-Tauber geführt.[13]
Beobachtung durch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz
Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz bezeichnet den Landesverband Bayern der Bürgerbewegung Pax Europa als eine der Beobachtung unterliegende verfassungsschutzrelevante islamfeindliche Bestrebung. Bereits am 16. Oktober 2014 hatte das Bayerische Verwaltungsgericht München in einem Urteil die Zulässigkeit der Beobachtung bestätigt.[14] Am 30. Juli 2015 lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Antrag von Pax Europa auf Zulassung der Berufung ab, damit wurde das Urteil rechtskräftig.[15]
Der Rechtspopulist Michael Stürzenberger, den das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz als die „zentrale Figur der verfassungsschutzrelevanten islamfeindlichen Szene in Bayern betrachtet“ und der bis zum Januar 2014 Vorsitzender des Landesverbands Bayern von Pax Europa war,[15] trat für Pax Europa bei einer Demonstration am 12. Mai 2018 als Versammlungsleiter auf. Bereits am 17. März 2018 wurden auf einer Demonstration auf dem Münchner Marienplatz, die unter dem Motto Pegida – das Original – in München, Gegen die Islamisierung, offene Grenzen, Asylmissbrauch stand, Plakate von Pax Europa gezeigt. Veranstalter dieser Demonstration war eine Gruppe um Stürzenberger, die eigenen Angaben zufolge offizieller Münchner Ableger der Pegida ist und unter dem Arbeitsnamen PEGIDA-München, Gruppe um Michael Stürzenberger ebenfalls vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet wird.[14] Bereits im Jahr 2017 waren Stürzenberger und Gernot Tegetmeyer von der „Pegida Nürnberg“ als Redner auf vier Versammlungen aufgetreten, die von der Vorsitzenden des Landesverbands Bayern von Pax Europa angemeldet worden waren. Stürzenberger setzte in seinen Redebeiträgen auf diesen Veranstaltungen der Pax Europa wiederholt den Islam mit dem islamistischen Terrorismus und dem Nationalsozialismus gleich.[16]
Hiltrud Schröter Freiheitspreis
Der vom Verein verliehene Preis ist nach der Erziehungswissenschaftlerin Hiltrud Schröter benannt.
- 2011: Stefan Herre (Laudatio von René Stadtkewitz)
- 2013: Geert Wilders (Laudation von Stefan Herre)
- 2015: Karl Albrecht Schachtschneider (Laudatio von Willi Schwend)
Rezeption
Die Zeitungen taz und die Berliner Morgenpost bezeichneten den Verein als islamfeindlich.[17][18]
Anfang Dezember 2008 verließ Ulfkotte den von ihm mitgegründeten Verein Bürgerbewegung Pax Europa wegen dessen (so Ulfkotte) „zunehmend extremistischen Kurses“ und warf ihm die Verbreitung „rassistischer und womöglich volksverhetzender Bilder im Stürmer-Stil“ vor.[19]
Im Zusammenhang mit dem Verbot der Demonstration gegen die sogenannte „Islamisierung Europas“ in Brüssel äußerte sich der Publizist Jörg Lau von der Zeit dahingehend, dass er „die Veranstalter und ihre Unterstützer für eine Horde von ziemlich zwielichtigen Anti-Islam-Hysterikern halte, darunter etwa von deutscher Seite der bekannte Herr Ulfkotte mit seinem ‚Pax Europa‘-Verein.“[20] Zudem kritisierte er eine nur halbherzige Distanzierung Ulfkottes von „Rechtsradikalen“.[21] So führte er beispielsweise an, dass sich Ulfkotte bei dem Berufungsverfahren gegen das Demonstrationsverbot den Anwalt und Politiker Hugo Coveliers an die Seite holte, der mit dem Vlaams Belang zusammengearbeitet hat.
Die Publizistin Claudia Dantschke nannte Pax Europa zwar keine rechtsextreme Gruppierung, aber Mitglieder der Organisation würden die gleichen Argumente nutzen: „Ich halte sie deshalb sogar für gefährlicher. Sie greifen dieselben Ängste auf und schüren sie weiter. Indem sie sich öffentlich von Rechtsextremen distanzieren, gelingt es ihnen, deren Diskurs in die Mitte der Gesellschaft zu tragen.“[22]
Die CDU-Politikerin Barbara John kritisierte, die Haltung von Pax Europa sei nicht nur „islamkritisch“. Die Grundaussage des Vereins sei: „Diese Religion gehört hier nicht hin“, sie sei „mit unserer Demokratie nicht vereinbar“, und alle Missstände seien auf diese Religion zurückzuführen. Damit vertiefe Pax Europa die Gegensätze zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen.[5]
Belege und Verweise
Literatur
- Alexander Häusler: Antiislamischer Rechtspopulismus in der extremen Rechten – die „PRO“-Bewegung als neue Kraft? In: Stephan Braun, Alexander Geisler, Martin Gerster (Hrsg.): Strategien der extremen Rechten. Hintergründe – Analysen – Antworten. VS Verlag, 2009. ISBN 3-531-15911-9, S. 130–147.
- Sebastian Edathy, Bernd Sommer: Die zwei Gesichter des Rechtsextremismus in Deutschland – Themen, Machtressourcen und Mobilisierungspotentiale der extremen Rechten. In: Stephan Braun, Alexander Geisler, Martin Gerster (Hrsg.): Strategien der extremen Rechten. Hintergründe – Analysen – Antworten. VS Verlag, 2009. ISBN 3-531-15911-9, S. 45–57.
Weblinks
Einzelnachweise
- Edathy & Sommer 2009, S. 53.
- bayern.landtag.de (PDF) Antwort des Bayerischen Staatsministeriums des Innern auf Anfrage des FDP-Abgeordneten Georg Barfuß, Landtagsdrucksache 16/6036 vom 17. November 2010
- Impressum der HP des Vereins
- Hetz-Zentrale. In: 3sat, 5. Dezember 2011.
- Werner van Bebber: CDU streitet über Islamkritiker in eigenen Reihen. In: Der Tagesspiegel, 24. Oktober 2009.
- paxeuropa.de
- Buergerbewegung Pax Europa: Satzung (Memento vom 25. Mai 2010 im Internet Archive; PDF; 101 kB) S. 1; abgerufen am 19. April 2010.
- Brussels court upholds ban on anti-Islam protest planned for Sept. 11. In: International Herald Tribune, 30. August 2007 (englisch).
- Ik verdeel de bevolking in twee kampen, ik been en breekijzer. In: De Morgen, 17. August 2007, S. 6 („Anti-Islam-Politiker Udo Ulfkotte trifft sich mit Philip Dewinter und Hugo Coveliers: ‚Ich teile die Bevölkerung in zwei Lager, ich bin ein Brecheisen.‘“ Udo Ulfkotte (l.) zu Gast bei Philip Dewinter. „Natürlich bin ich gern auf Dewinters Vorschlag eingegangen, einen Anwalt für unsere Organisation zu vermitteln. Auch der Vlaams Belang hatte vorgeschlagen, uns zu helfen, beispielsweise mit seinem Sicherheitsdienst, aber das haben wir abgelehnt. Wir arbeiten nicht mit dieser Partei zusammen.“)
- Scharfe Kritik an Anti-Islam-Plakaten. In: Kölner Stadtanzeiger, 9. Oktober 2009.
- bpe-berlin.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Maik Baumgärtner: „Pax Europa“ gegen „anatolische Analphabeten und arabische Kriminelle“. blog.schattenbericht.de. 4. Oktober 2010. Abgerufen am 26. Juni 2011.
- migazin.de
- Bayerisches Staatsministerium des Innern und für Integration (Hrsg.): Verfassungsschutzrelevante Islamfeindlichkeit. München, 1. Halbjahr 2018, verfassungsschutz.bayern.de (PDF, 200 kB) abgerufen am 18. Januar 2019.
- Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht Bayern 2015. München, April 2016, S. 159, verfassungsschutz.bayern.de (PDF, 4,0 MB) abgerufen am 18. Januar 2019.
- Bayerisches Staatsministerium des Innern und für Integration (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht Bayern 2017. München, April 2018, S. 189–193, verfassungsschutz.bayern.de (PDF; 4,8 MB) abgerufen am 18. Januar 2019.
- Karin Schädler: Israel-Flaggen gegen Muslime. In: die tageszeitung, 4. Oktober 2009.
- Stefan Schulz: CDU müht sich um Schadensbegrenzung. In: Berliner Morgenpost, 3. November 2009.
- Till-R. Stoldt: „Stürmer-Stil“: Publizist Ulfkotte verlässt islamkritische Bewegung. In: Die Welt. 2. Dezember 2008, abgerufen am 25. Januar 2011.
- Jörg Lau: Darf man in Brüssel gegen die “Islamisierung Europas” demonstrieren? (Memento des Originals vom 3. Mai 2011 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. blog.zeit.de, 27. August 2007
- Jörg Lau: Wie Rechtspopulisten die Islamkritik diskreditieren. (Memento des Originals vom 5. Dezember 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. blog.zeit.de, 5. September 2007
- Antje Lang-Lendorff, Alke Wirth: Islam-Gegner formieren sich. In: die tageszeitung, 15. Oktober 2008.