Böddeken
Böddeken ist eine historische Ansiedlung im Nordosten der Stadt Büren im Kreis Paderborn. Das ehemalige Kloster und heutige Gut Böddeken liegt in einem Karsttal der Paderborner Hochfläche an der Kreuzung der Landesstraßen L751 und L 818 etwa 2 km südöstlich der Wewelsburg. Die Talflächen des Guts werden von einem Zufluss der Dahlgosse, einem wenige Kilometer nördlich bei Niederntudorf in die Alme mündenden Temporärgewässer, durchflossen.
In der Geschichte des Fürstbistums Paderborn zählte das 1802 durch Preußen aufgelöste Kloster Böddeken zu den bedeutendsten Ordenshäusern Westfalens. Im 15. Jahrhundert gehörte es sogar zu den einflussreichsten Klöstern Deutschlands mit europäischem Wirkungsgrad.
Geschichte
Gegründet wurde das älteste Kloster des Hochstiftes Paderborn im Jahre 836 durch den Paderborner Archidiakon Meinolf als Frauenstift. Nur die 815 gegründete Abtei Corvey war älter, erlangte aber schon bald ihre Unabhängigkeit vom Paderborner Bischof. Wenig ist über die Frühzeit des Hauses bekannt. Die Gründung steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Translatio der Reliquien des hl. Liborius von Le Mans nach Paderborn. Meinolf gelobte den Bau des Frauenklosters in Bodicon. Die Legende erzählt, dass sich Meinolf an diesem Ort ein Hirsch mit einem Kreuz im Geweih gezeigt habe. Das Kanonissenstift wurde über die Jahre zu einem einflussreichen und wohlhabenden Kloster. Mehr und mehr wurden nur Frauen mit adeligem Hintergrund aufgenommen. Seit dem 11. Jahrhundert kam die Bezeichnung als Kanonissenstift auf. Es scheinen wirtschaftliche Schwierigkeiten gewesen zu sein, die das Kloster im 14. Jahrhundert in den Niedergang trieben. Auch gerieten ursprünglich religiöse Aufgaben durch die Versorgungsfunktion des Hauses für adelige Frauen in den Hintergrund.
Die innere Neugründung folgte Anfang des 15. Jahrhunderts durch die Reformbewegung der Windesheimer Kongregation. Zunächst übertrug 1408/09 der Paderborner Fürstbischof Wilhelm (1382–1428) die Rechte an niederländische Augustiner-Chorherren aus dem Kloster Windesheim bei Zwolle. Diese schlossen sich den Reformbewegungen an und machten aus dem Kloster eines der größten deutschen Klöster, mit mehr als 40 Chorherren und über 170 Laienbrüdern. Im Zuge der Reformtätigkeit entstand durch Ankauf, Schenkungen und vor allem durch die Schreibtätigkeit der Kanoniker eine umfangreiche Klosterbibliothek.[1] Die Chorherren folgten einem sehr bescheidenen und arbeitsreichen Kodex, der nicht nur das Kloster selbst zur Blüte führte, sondern auch viele andere Klöster Europas befruchtete. Chorherren aus Böddeken wanderten auch in die Schweiz und nach Frankreich. Das Reformkloster selbst war Anziehungspunkt für viele Besucher. Mit diesem Wiederaufbau und Ruhm eng verbunden ist der im päpstlichen Italien geschulte Kirchenreformer und Historiker Gobelin Person, der 1421 in Böddeken starb. Bis 1430 unterstand Böddeken dem Neußer Kapitel der Augustiner-Chorherren.[2] 1443 besiedelten Chorherren aus Böddeken das verlassene Kloster Kirschgarten in Worms und machten es zu einem regionalen Zentrum der kirchlichen Erneuerung, 1447 wurde das Kloster Höningen in der Pfalz, dem Böddeker Konvent unterstellt.
Die Reformationszeit hatte, anders als in anderen Teilen des Hochstifts Paderborn, keine nachhaltigen Auswirkungen. Dennoch konnte das Kloster an seiner Blütezeit nicht mehr anknüpfen. Aus der Zeit zwischen 1502 und 1543 berichtete der Laienbruder Göbel aus dem Klosterleben.
Im Vorgriff auf den Reichsdeputationshauptschluss von 1803 besetzten preußische Truppen am 3. August 1802 das Fürstbistum Paderborn. Am 19. Februar 1803 lösten Beamte und Soldaten das Augustinerkloster auf und der Gutshof mit über 670 Morgen Wirtschaftsfläche ging im Rahmen der Säkularisation als Staatsdomäne an den Fiskus[3]. Chorherr Welschof schrieb seine damalige Entrüstung nieder[4]:
„Es sah recht heidnisch aus und man sollte geglaubt haben, es wäre Nabuchodonosor, welcher S.C. den Tempel zu Jerusalem ausplündern ließ, auf der tube gewesen, als man den Herrn Kommissarius mit seinem Referendair und Schreiber, und Administrator Gunst mit seiner Frau, und Verwalter und mit seinem Vater, dem Landvogt zu Neuhaus, mitten zwischen den heiligen Gefäßen, den Kelchen, Patenen, Monstranzen, Ciborien, Weihrauchfässern, Messekenchern, Waschetellern, Reliquienkästen und Leuchtern, welche entehrt und entheiligt auf der Erde herumlagen, sitzen, essen und trinken sah.“
Die Domäne wurde 1822 vom ersten Landrat des Kreises Büren, Josef von Hartmann, erworben und ging später durch Heirat an die Familie von Mallinckrodt.[5] Es ist der Geburtsort von Clemens von Droste zu Hülshoff.
Heutige Nutzung
Die Gutsverwaltung von Mallinckrodt verwaltet die bis heute der Familie von Mallinckrodt gehörende Gesamtanlage.[6] Das Gut mit seinen Flächen wird weiterhin als landwirtschaftlicher Betrieb bewirtschaftet. Seit 1978 befindet sich im Ostflügel des ehemaligen Konventsgebäudes ein Fachinternat mit 51 Plätzen für Kinder.[7] Seit 2008 besteht auf Böddeken ergänzend zum Internat eine private Wohngrundschule.[8]
Die Anlage ist nur teilweise und von außen öffentlich zugänglich.[9]
Literatur
- Renate Kroos: Beiträge zur Geschichte der Klosterbibliothek Böddeken. In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel – Frankfurter Ausgabe. Band 89, (5. November) 1968 (= Archiv für Geschichte des Buchwesens. Band 62), S. 2913–2918.
- Alfred Cohausz: Aus den letzten Tagen des Klosters Böddeken. in: Die Warte, 1976, H. 9, S. 20f.
- Gudrun Gleba: Rezension zu: Rüthing, Heinrich (Hrsg.): Die Chronik Bruder Göbels. Aufzeichnungen eines Laienbruders aus dem Kloster Böddeken 1502 bis 1543. Bielefeld 2005. In: H-Soz-u-Kult, 3. Mai 2006.
- Reinhard Oberschelp: Beiträge zur Geschichte des Kanonissenstiftes Böddeken (837–1408). In: WestfZs Nr. 118 (1968). S. 157–188.
- Heinrich Rüthing: Die Chronik Bruder Göbels. Aufzeichnungen eines Laienbruders aus dem Kloster Böddeken 1502 bis 1543; Bielefeld 2005; ISBN 3-89534-567-9
- Johannes Probus; Heinrich Rüthing (Hrsg. und Übers.): Cronica monasterii beati Meynulphi in Bodeken. Aufzeichnungen aus dem Kloster Böddeken 1409 bis 1457. (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen. Band. 36). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2016, ISBN 978-3-7395-1036-1.
- Eugen Schatten: Kloster Böddeken und seine Reformtätigkeit im 15. Jahrhundert. 1918 (Digitalisat)
Weblinks
Einzelnachweise
- Wolfgang Oeser: Die Handschriftenbestände und die Schreibtätigkeit im Augustiner-Chorherrenstift Böddeken. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens. Band 7, 1967, S. 317 ff.
- Wolfgang Oeser: Die Handschriftenbestände und die Schreibtätigkeit im Augustiner-Chorherrenstift Böddeken. 1967, S. 318, Anm. 2.
- www.wewelsburg-alte-muehle.de: Gut Böddeken.
- LWL: Johannes Henricus Welschof, Chorherr in Kloster Böddeken. (Memento des Originals vom 10. Oktober 2007 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Wolfgang Feige: Das Bürener Land mit einem Stadtrundgang und drei Radwanderungen. Landschaftsführer des Westfälischen Heimatbunds, Bd. 16. Westfälischer Heimatbund und Heimatverein Büren (Hrsg.). Büren, 2008. S. 100.
- Wolfgang Feige: Das Bürener Land mit einem Stadtrundgang und drei Radwanderungen. Landschaftsführer des Westfälischen Heimatbunds, Bd. 16. Westfälischer Heimatbund und Heimatverein Büren (Hrsg.). Büren, 2008. S. 98.
- Wolfgang Feige: Das Bürener Land mit einem Stadtrundgang und drei Radwanderungen. Landschaftsführer des Westfälischen Heimatbunds, Bd. 16. Westfälischer Heimatbund und Heimatverein Büren (Hrsg.). Büren, 2008. S. 102.
- www.gut-boeddeken.de
- Garten am Kloster Böddeken bei LWL-GeodatenKultur des Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Toreingang an der Bushaltestelle).