Aryan Brotherhood
Aryan Brotherhood (englisch für „Arische Bruderschaft“), auch genannt The Brand, Alice Baker oder One-Two, abgekürzt AB, ist eine rassistische und neonazistische US-amerikanische Gang, die im Jahr 1967 im kalifornischen San Quentin State Prison gegründet wurde. Mittlerweile existiert die Aryan Brotherhood in vielen Gefängnissen der USA und hat 15.000 Mitglieder inner- und außerhalb der Strafvollzugsanstalten.[1] Nach Erkenntnissen des FBI ist die Bande für 18 % der Morde in Gefängnissen verantwortlich, obwohl weniger als 0,1 % der Insassen Mitglieder sind.[2][3]
Die Aryan Brotherhood besitzt ein externes Netzwerk aus ehemaligen Häftlingen, das die kriminellen Geschäfte der Gefängnisinsassen unterstützt. Primär sind dies das Schmuggeln von Drogen – vorwiegend Methamphetamin und Marihuana – und Geld in die Strafanstalten. Daneben wurden Mitglieder der Aryan Brotherhood schon wegen Raubüberfällen und Morden verurteilt, wobei manche Morde im Auftrag der Gang ausgeführt wurden.
Erscheinung
Die Mitglieder verwenden als Tätowierungen gerne Symbole aus der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland, aus der Neonaziszene sowie Nationalsymbole ihrer – oft nur mutmaßlichen – europäischen Herkunftsländer. Dazu gehören ein Kleeblatt, das Hakenkreuz, die Siegrunen der SS, der deutsche Reichsadler von 1933 bis 1945, das als White-Power-Zeichen verwendete Keltenkreuz, die Zahl 88 als Abkürzung für Heil Hitler und weitere Symbole. Das eigentliche Zeichen der Aryan Brotherhood ist aber der Shamrock, dazu die Buchstaben AB und die Zahl 666. Da die Gefängnisleitung Gangzugehörigkeit zumeist an Tattoos festmacht, werden seitens der AB die Symbole manchmal verschlüsselt oder gar entfernt.
Das Aussehen der Bandenmitglieder wandelte sich im Laufe der Jahre vom typischen Rockeräußeren zu kahlrasierten Köpfen mit Walrossschnauzern. Eine bestimmte Frisur ist aber nicht vorgeschrieben, um Mitglied zu werden.
Geschichte
Die Aryan Brotherhood entstand im Jahr 1967 im kalifornischen Staatsgefängnis San Quentin, als Mitglieder der Blue Bird Gang, einer Vereinigung von vorwiegend irischstämmigen kleinkriminellen Rockern, die schon seit den 1950ern existierte, einen Zusammenschluss aller weißen Gefängnisinsassen anstrebten, um sich gegen die Überzahl der schwarzen und lateinamerikanischen Gangs wehren zu können. Anfangs nannten sie sich Diamond Tooth Gang („Diamantenzahnbande“) oder Nazi Gang und waren bald ein Auffangbecken für weiße Häftlinge, die von Banden anderer races bedroht wurden. Kandidaten für die Mitgliedschaft mussten den Blutschwur der Aryan Brotherhood schwören:
|
|
Während der 1970er Jahre, als die ersten Mitglieder der Aryan Brotherhood aus dem Gefängnis freikamen, stieg durch die Unterstützung von außen die Macht der Aryan Brotherhood sprunghaft an. Sie wurden von ihren externen Mitgliedern mit Drogen und Geld versorgt und beteiligten sich an den Konflikten der schwarzen und lateinamerikanischen Gangs. Bei diesen manchmal zahlreiche Tote fordernden Kämpfen ging es meistens um die Vorherrschaft im Drogenhandel innerhalb des Gefängnisses. Dabei wurden auch Aufseher umgebracht.
Obgleich die einzelnen Gangs miteinander verfeindet waren, trieben sie Geschäfte miteinander und ließen die Konflikte ruhen, wenn sie ernsthaft die Abwicklung von Geschäften bedrohten. Die Aryan Brotherhood unterhält dabei bis heute gute bis teilweise sogar freundschaftliche Beziehungen zur mexikanischen Gang La Eme. Dies ging so weit, dass Mexikaner auch schon Häftlinge umbrachten, die abfällig über die AB sprachen. Auch sind entgegen den Symbolen und der nach außen getragenen Grundeinstellung nicht alle Mitglieder der Aryan Brotherhood tatsächlich „Arier“ im nationalsozialistischen Sinne.
In den 1980ern hatte die Aryan Brotherhood ein Netz quer durch die Staaten gespannt, einzelne Abteilungen, sogenannte Chapter, existierten von Kalifornien über Colorado und Missouri bis New York. Die nichtinhaftierten Mitglieder der AB überfielen gepanzerte Geldtransporte, fälschten Geld und waren für zahlreiche Morde verantwortlich, oft auch im Auftrag der inhaftierten Gangmitglieder, die die externen Quellen ihrer internen Konkurrenz bekämpfen wollten. Die AB strukturierte sich neu: Sie teilten sich in zwei Gruppen, die eine für Insassen in Bundesgefängnissen, die andere für Staatsgefängnisse. Geleitet wurde die Aryan Brotherhood fortan von einem Dreiergremium.
In den 1980ern begannen auch die Versuche der Aryan Nations, Mitglieder aus den Reihen der Aryan Brotherhood zu rekrutieren. Dies stieß allerdings auf den Widerstand vieler anderer Gruppen, die „weiße Vorherrschaft“ propagierten. Ehemalige Aryan-Brotherhood-Mitglieder, die sich solchen Gruppierungen anschlossen, wurden später wegen Morden aus rassistischen Motiven verurteilt. Der aufsehenerregendste Fall geschah 1998 in Jasper, Texas, als drei ehemalige Häftlinge den Afroamerikaner James Byrd Jr. mit einem Haken am Heck ihres Pick-ups befestigten und über fünf Kilometer zu Tode schleiften. Bei dem Prozess stellte sich heraus, dass die Mörder während ihrer Gefängniszeit Mitglieder der Aryan Brotherhood gewesen waren.
Im Jahr 2000 stellte das FBI fest, dass sich die Aryan Brotherhood vermehrt im illegalen Sprengstoffhandel beteiligte. Sie deckten Pläne zum Sprengen von Einrichtungen der Bundesbehörden, dem Platzieren von Autobomben und dem Versenden von Briefbomben auf.
Verschiedenes
Im Jahr 1973 wollte sich der als Mitverschwörer wegen Mordes verurteilte Charles Manson der Aryan Brotherhood anschließen, wurde aber laut Angaben einer seiner Vertrauten abgelehnt, weil er sich geweigert hatte, zum Einstand einen Schwarzen zu töten.[4]
In den Filmen American History X (1998), The Butterfly Effect (2004), Felon (2008), Shot Caller (2017) sowie in den Serien Sons of Anarchy und Oz – Hölle hinter Gittern spielt die Aryan Brotherhood eine wichtige Rolle.
Mehrfach unternahmen bekannte Angehörige der rechtsextremen Szene Versuche, unter dem Namen Aryan Brotherhood deutschsprachige Gruppierungen als Anlaufpunkt für regionale Neonazis aufzubauen.[5]
Literatur
- Dennis Bauers: Crime Land. Das Lexikon der Gangwelt. Books On Demand 2010, ISBN 978-3-8423-2745-0
- Dennis Bauers und Carl Johnson: Alice Baker. Mein Leben in der Aryan Brotherhood. Books On Demand 2011, ISBN 978-3-8423-6954-2
- Dennis Bauers und Carl „Cowboy“ Johnson: Denn ihr könnt mich nur einmal töten. Bericht aus einer fremden Welt. Drogendeal und Auftragsmord, der alltägliche Wahnsinn im Knast und mein Überleben. Books On Demand 2013, ISBN 978-3-8482-8538-9
Weblinks
- Matthew Duersten, Februar 2005, laweekly.com: Who’ll Stop the Reign?
- welt.de, 18. März 2006, Uwe Schmitt: Amerikas rechte Mörder
Einzelnachweise
- Laura Coverson: Aryan Brotherhood Tried for 40 Years of Prison Mayhem; ABC News. 15. März 2006. abgerufen 17. April 2008
- Matthew Duersten: Who’ll Stop the Reign? LA Weekly. 3. Februar 2005. abgerufen 17. April 2008.
- David Holthouse: Smashing the Shamrock; in: Southern Poverty Law Center: Intelligence Report; Herbst 2005, Issue 119; abgerufen 13. November 2010.
- David Holthouse: Smashing the Shamrock (Memento vom 7. Dezember 2008 im Internet Archive); Southern Poverty Law Center Herbst 2005, S. 2: „In 1973, no less a reputed mad-dog killer than Charles Manson was rejected by the Aryan Brotherhood when he asked to join but then refused to murder for skin color alone. ‘The AB want Manson to kill a black because black is black’, Manson’s lieutenant Lynette ‘Squeaky’ Fromme wrote in a letter. ‘He will not do this and they are against him.’“ abgerufen 2. Juli 2008
- Stephan Braun, Alexander Geisler, Martin Gerster (Hg.) (2009): Strategien der extremen Rechten: Hintergründe – Analysen – Antworten. S. 554