Another Country (Film)
Another Country ist ein Filmdrama aus dem Jahre 1984 auf der Grundlage des gleichnamigen Theaterstücks von Julian Mitchell. Die Handlung basiert frei auf dem Leben von Guy Burgess, der im Zweiten Weltkrieg mit dem sowjetischen Geheimdienst KGB kollaborierte. Der Film stellt eine Rückblende in eine Zeit dar, in der er die Oberstufe am englischen Eliteinternat Eton besuchte. Der Name Another Country ist insofern mehrdeutig, als er sich sowohl darauf bezieht, dass der Protagonist Bennett sein Leben in einem anderen Land beschließt als auch darauf, dass die elitäre Welt Etons mit ihren Regeln eine Art eigenes Land darstellt.
Film | |
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Titel | Another Country |
Originaltitel | Another Country |
Produktionsland | Großbritannien |
Originalsprache | Englisch |
Erscheinungsjahr | 1984 |
Länge | 90 Minuten |
Altersfreigabe | FSK 12[1] |
Stab | |
Regie | Marek Kanievska |
Drehbuch | Julian Mitchell |
Produktion | Robert Fox, Julian Seymour, Alan Marshall |
Musik | Michael Storey |
Kamera | Peter Biziou |
Schnitt | Gerry Hambling |
Besetzung | |
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Handlung
Die Handlung des Films folgt den Erzählungen des ehemaligen Spions Guy Bennett (Rupert Everett), der im Moskau der 1980er Jahre einer amerikanischen Journalistin ein Interview gibt und dabei zu erklären versucht, warum er vom englischen Eliteschüler zum Kommunisten und sowjetischen Spion wurde.
Die Handlung spielt überwiegend in den 1930er Jahren und zeigt, wie hinter der Fassade von guten Manieren, Gentlemanlikeness und Sportsgeist in Wahrheit Heuchelei, Intrigen, Homoerotik und Opportunismus blühen. In der von Jungs aus der Oberschicht besuchten Schule gibt es eine abgestufte Hierarchie: Ganz unten stehen in den einzelnen Häusern des Internats die jüngsten Schüler, die eine Art Dienstboten für die älteren Schüler darstellen, und ganz oben die sogenannten „Lords“ – ältere Schüler, die in Disziplinarfragen entscheiden und diese Disziplin mit aller Rigorosität durchsetzen dürfen.
Tommy Judd (Colin Firth) ist dort ein Außenseiter, weil er sich offen zum Kommunismus bekennt und lieber Das Kapital liest als sich für das gemeinschaftliche Leben zu interessieren. Ihn verbindet eine lose Freundschaft mit Guy Bennett, der es als einziger wagt, den „Lords“ Paroli zu bieten, weil er ihre Schwächen durchschaut und auch bereit ist, sie gegebenenfalls zu erpressen. Beide eint ihre Verachtung für das elitäre System der Schule wie des Landes und ihren eigenen Alltag. Auf Grund seiner sozialen Herkunft ist es aber Guy Bennetts erklärter Ehrgeiz, einmal britischer Botschafter in Paris zu werden. Vorerst ist sein wichtigstes Ziel daher trotzdem, einer der „Lords“ zu werden, die in der strengen Hierarchie der Schule das höchste Ansehen genießen; die Aufnahme in diesen elitären Kreis von Schülern kann der erste Schritt seiner Karriere sein. Er hat sich auch bereits eine buntgemusterte Weste zugelegt, wie sie die Lords tragen und kann es kaum erwarten, ebenfalls damit in der Schule zu erscheinen. Zugleich hegt er aber kritische Ansichten über die Gesellschaft und trägt sie auch offen zur Schau. Als etwa seine verwitwete Mutter den in Guys Augen höchst unsympathischen Offizier Arthur heiratet, verursacht Bennett auf der Hochzeitsfeier Missstimmung, als er abwertende Bemerkungen über den Dienst beim Militär macht.
Zwischen Guy Bennett und seinem Mitschüler James Harcourt (Cary Elwes), den er förmlich anbetet, entwickelt sich langsam eine Beziehung, die geheimgehalten werden muss, da Homosexualität an der Schule nach außen hin streng verpönt ist, obwohl sie allerorten zu praktiziert werden scheint. Als ein Lehrer zwei Schüler bei gegenseitiger Masturbation in den Umkleideräumen erwischt, begeht einer der beiden Jungen, die der Schule verwiesen wurden, daraufhin Selbstmord. Guy wiederum kann sogar einige der Lords damit erpressen, dass er mit ihnen schon homoerotische Erlebnisse hatte.
Die Lehrerschaft und die älteren Schüler versuchen ihr Bestes, derartiges von den Eltern und dem Rest der Außenwelt fernzuhalten, damit der Ruf der Schule nicht gefährdet wird. Dabei wird die Doppelmoral der Schule deutlich: Man gibt vor, homosexuelle Handlungen streng abzulehnen und zu bekämpfen, obwohl sich wohl die meisten älteren Schüler, auch die „Lords“, schon einmal daran beteiligt haben. Seine Homosexualität liefert jedoch dem konservativ-puritanischen Fowler einen willkommenen Vorwand, Guy Bennett schließlich doch nicht zum Lord zu ernennen: Fowler hat nämlich einen Liebesbrief von Guy Bennett an Harcourt abgefangen. Bennett lässt sich eine schmerzhafte und entwürdigende Prügelstrafe der „Lords“ gefallen, da auch Harcourts schulische Laufbahn gefährdet gewesen wäre, wenn er wieder versucht hätte, die Lords zu erpressen.
Obwohl Judd klar das System der Unterdrückung erkennt, erklärt er sich auf Bitten Bennetts schließlich widerwillig bereit, um Guys willen als Präfekt zu kandidieren, auch, um zu verhindern, dass Fowler in der Hackordnung des Hauses ganz nach oben kommt. Als Gegenleistung sabotiert Bennett eine militärische Parade im Internat, sodass das Haus einen Pokal verliert. Dies trägt ihm endgültig den Hass Fowlers ein. Die Kandidatur Judds als Präfekt wird jedoch torpediert, weil ein Mitschüler, der eigentlich gehen wollte, nun doch an der Schule bleibt, und Guy Bennett daher im kommenden Jahr auch nicht „Lord“ werden wird.
Am Boden zerstört über den Verlust seines Traums erkennt Guy Bennett, dass seine offen gezeigte Homosexualität eine schwere Behinderung seiner beabsichtigten Karriere als Diplomat darstellen wird. Er wendet sich daher unter dem Einfluss Judds dem Kommunismus zu und schlägt so den Weg ein, der ihn zum Spion für die Sowjetunion werden lässt. Der Film erklärt im Epilog, dass Tommy Judd wenige Jahre später im Spanischen Bürgerkrieg fiel und einige der Mitschüler, wie vorauszusehen war, Karrieren gemacht haben. Guy Bennett selbst, der viele Jahre als Spion für die russische Seite arbeitete, floh in den 1950er Jahren in die Sowjetunion.
Das Eliteinternat ist im Film ein Spiegelbild der damaligen englischen Gesellschaft mit ihren engen konservativen Moralvorstellungen, in der jede Abweichung von der Norm fatale Folgen haben kann.
Kritiken
Bei Rotten Tomatoes erreichte der Film eine Quote von 80 % bei den Kritikern.[2]
„Die bewegende Liebesgeschichte ist zugleich Kritik an zweifelhaften Erziehungsmethoden und der britischen Upperclass. Beklemmend inszeniert, bewegend gespielt“ lautet der Kommentar von cinema.de[3]
„Ein frei an die Biografien der Überläufer Burgess und Maclean angelehntes, differenziertes Regiedebüt, das allerdings gelegentlich zu klischeehaften Vorstellungen greift“, lautet das Urteil im Lexikon des Internationalen Films.[4]
Prisma lobt: Hauptdarsteller „Rupert Everett gelang es in einem seiner ersten Filme brilliant, die Zerrissenheit des kritischen Elite-Zöglings und späteren Agenten darzustellen. Auch seine sexuelle Orientierung […] kommt überzeugend. Regisseur Marek Kanievska [zeigt] eine wunderbare Männer-Liebesgeschichte und eine kritische Studie der umstrittenen Erziehungsmethoden in englischen Nobel-Internaten.“[5]
Auszeichnungen
- Der Film war 1984 in drei Kategorien, unter anderem für den Besten Schnitt, für den British Academy Film Award nominiert.
- Marek Kanievska war 1984 für die Goldene Palme nominiert.
Siehe auch
Einzelnachweise
- Freigabebescheinigung für Another Country. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, Mai 2003 (PDF; Prüfnummer: 57 799 DVD).
- Another Country. In: Rotten Tomatoes. Fandango, abgerufen am 14. April 2021 (englisch).
- Another Country. In: cinema. Abgerufen am 14. April 2021.
- Another Country. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 14. April 2021.
- Another Country. In: prisma. Abgerufen am 14. April 2021.
Weblinks
- Another Country in der Internet Movie Database (englisch)
- Nancy Groves: Interview. Kenneth Branagh and Julian Mitchell: how we made Another Country. The Guardian, 25. März 2014