Amun
Amun (auch Amon, Amoun, Ammon, Hammon, Amen oder seltener Imenand) ist der Wind- und Fruchtbarkeitsgott der altägyptischen Religion. Amun ist nicht zu verwechseln mit Ameni, einem Beinamen des Re.
Amun in Hieroglyphen | ||||||
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Ideogramm |
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Altes Reich |
Amun Jmn Der Verborgene | |||||
oder mit Determinativ |
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dito auch |
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Griechisch | Ἀμοῦν Amū̂n (Akk.), Ἄμμων Ámmōn | |||||
Bohairisches Koptisch | ⲁⲙⲟⲩⲛ (Amun) | |||||
In keilschriftlicher Überlieferung | amâna / amûnu | |||||
Herkunft
Amun ist seit dem Alten Reich gemeinsam mit Amaunet belegt: „Amun und Amaunet schützen ihre Götter mit ihrem Schatten“.[1] Er stieg in der 11. Dynastie zur Lokalgottheit Thebens auf. Nachdem die Familie der Hermonthen den Bürgerkrieg der Ersten Zwischenzeit für sich entschieden hatte, versuchte sie Theben eine hinreichende Legitimation zu verschaffen.
Zu Beginn der 12. Dynastie wurde die neue Hauptstadt Theben in den Norden verlegt. Sesostris I. erweiterte nach der Verlegung von Theben den dort errichteten Tempel des Amun.
Darstellung
Amun wurde in der Vor-Amarna-Zeit als Mensch mit Krone und Stab dargestellt. In der Nach-Amarna-Zeit mit blauer Hautfarbe und mit doppelter Federkrone aus zwei aufrechtstehenden Pfauenfedern.
Die blaue Haut soll die Luft und die Schöpfung symbolisieren. Das Volk verehrte ihn eher in seiner Urversion als Widder, Gott der Herden und Weiden und deren Fruchtbarkeit.
Liegende Widdersphingen auf Podesten säumten zum Beispiel in Karnak die Wege zum Tempel. Manchmal wurde er auch in Menschengestalt mit Widderkopf dargestellt.
Tägliches Opferritual
In Karnak wurde für Amun während des Neuen Reiches das nachfolgende tägliche Opferritual vollzogen:
- Verlassen des Sanktuars, danach Aufbrechen des Scheinsiegels und Zurückziehen des Türriegels, Öffnen der Scheintür
- Aufstellen des Feuerbeckens, danach Verbrennen von Weihrauch und Fett
- Herrichten des Grillfleisches und des Bratspießes
- Anheizen der Glut mit einem Fächer, danach Ablöschen mit Bier
- Darbringen von Weißbrot, Gebäck, Bier, Wein und Milch
- Reinigung des Gottesopfers mit erstem Trankopfer und Räucherung
- Zweites Trankopfer und Begrüßung mit dem Nemset-Krug
- Räucherung mit Weihrauch und Myrrhe
- Präsentation des täglichen Normalmenüs
- Ausrufen des Opfers und Anrichten des Opfertisches und Trankopfer
- Verbrennen der Myrrhe und Beschwörung des Gottes
- Schließen der Scheintür
- Beschwörung des Gottes und Ausrufen des Opfers, Besprengen der Wände mit Wasser
- Anruf an die Götter, Verwischen der Fußspur und Verriegeln der Scheintür
- Trankopfer und Räucherung für Re
- Vorbereitung des Opferumlaufes: Herrichten des Altars der Könige
- Rückkehr in das Sanktuar für den Opferumlauf
- Trankopfer und Räucherung nach dem Umleiten der Gaben
- Ausleuchten des Sanktuars mit einer Fackel, danach Auslöschen der Fackel
- Beschwörung der Opfergaben und Abendgesang
Bezüge
In Theben wurde auch als Gattin des Amun die Lokalgöttin Mut und der Sohn des Paares, der vogelköpfige Mondgott Chons, verehrt.
Bedeutung bei anderen Völkern
Die Griechen identifizierten Amun mit Zeus, die Römer später mit Jupiter. So blieb der Amun-Kult auch nach dem Niedergang des ägyptischen Reichs noch einige Zeit erhalten. Alexander der Große wurde nach seiner Reise zum Amunorakel in der Oase Siwa teilweise mit Amun identifiziert und auch mit Widderhörnern dargestellt.
In der griechischen Mythologie
Amun war ein sagenhafter König von Libyen. Er hatte Rhea, die Tochter des Uranus und Schwester des Kronos, zur Gattin.
Später wurde er seiner Frau mit Amaltheia untreu. Daraus entstand deren Sohn Bacchus, den sie der Eifersucht der Hera entziehen mussten und deshalb nach Nysa (ein mythischer Berg) brachten. Hier erhielt das Kind den Namen Dio-Nysus (Dionysos) und wurde von Nymphen aufgezogen. Nach seinem Tod wurde Amun dann unter die Götter aufgenommen.
Amun in Nubien
Amun war einer der bedeutendsten Götter in Nubien. Seine ursprüngliche nubische Gestalt war die eines Widders. Eine widdergestaltige Sonnengottheit lässt sich schon für das Nubien der schriftlosen Kerma-Kultur nachweisen. Die Widdergestalt wurde von den Ägyptern dann nach der Eroberung Nubiens übernommen. In späterer Zeit hieß Amun in der meroitischen Sprache, der Sprache Nubiens, Amani. Der Name Amani fand sich auch in zahlreichen nubischen Personennamen wie Tanwetamani, Senkamanisken Anlamani, Arkamani, Amanitore, Amanishakheto oder Natakamani wieder. Der nubische Amun besaß viele verschiedene Erscheinungsformen, die durch bestimmte identitätsstiftende Kronen identifiziert werden können. Bekannte Formen sind:
- der Amun von Napata, auch als Armun des Gebel Barkal bekannt und Hauptgott der napatanischen Dynastie,
- der Amun von Naga, der in meroitischer Zeit ebenfalls die Krone des Amun von Napata trug,
- der Amun von Kawa, dessen Beiname „Löwe über dem Süden“ lautete, der ein alter Löwengott war und der in meroitischer Zeit sowohl als Widder als auch als Löwe auftreten konnte,
Literatur
- Hans Bonnet: Amun. In: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte. Nikol, Hamburg 2005, ISBN 3-937872-08-6, S. 31–37 (früherer Titel: Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte).
- Adolf Erman: Die Aegyptische Religion. Reimer, Berlin 1909.
- Wolfgang Helck, Eberhard Otto: Kleines Lexikon der Ägyptologie. Harrassowitz, Wiesbaden 1999. ISBN 3-447-04027-0.
- Erik Hornung: Der eine und die Vielen, Ägyptische Gottesvorstellungen. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1971, ISBN 978-3-534-05051-2.
- Emil Nack: Ägypten. Das Reich der Pharaonen. Tosa, Wien 2004, ISBN 3-85492-931-5 (früherer Titel: Ägypten und der Vordere Orient im Altertum).
- Eberhard Otto, Max Hirmer: Osiris und Amun. Kult und heilige Stätten. Hirmer, München 1966.
- Eberhard Otto: Amun. In: Wolfgang Helck (Hrsg.): Lexikon der Ägyptologie (LÄ). Band I, Harrassowitz, Wiesbaden 1975, ISBN 3-447-01670-1, Sp. 237–248.
- Richard Pietschmann: Ammon 1. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,2, Stuttgart 1894, Sp. 1853–1857.
- Kurt Sethe: Amun und die Acht Urgötter von Hermopolis. Verlag der Akademie der Wissenschaften, Berlin 1929.
- Piotr O. Scholz: Nubien – Geheimnisvolles Goldland der Ägypter. Theiss, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-8062-1885-5, S. 68 f.
- Ferdinand Tönnies: De Jove Ammone questionum specimen. (Diss.), Tübingen 1877.
- Dietrich Wildung, Jürgen Liepe: Sudan – Antike Königreiche am Nil. Wasmuth, Tübingen 1996, ISBN 3-8030-3084-6, S. 104, 206, 267.
- Alessia Fassone, Enrico Ferraris: Ägypten – Hochkultur am Nil. Parthas, Berlin 2008, ISBN 978-3-936324-77-8, S. 148, 150.
Weblinks
Einzelnachweise
- Pyramidentextspruch 446c–446d. Auf: lib.uchicago.edu; abgerufen am 13. Juni 2014.