Alte lutherische Kirche am Kolk
Die Alte lutherische Kirche am Kolk (meist nur Kirche am Kolk) ist nach der Alten reformierten Kirche die zweitälteste Kirche im Wuppertaler Stadtteil Elberfeld und eine von fünf Gottesdienststätten der Evangelischen Kirchengemeinde Elberfeld-Nord.
Geschichte
Im ursprünglich stark vom Calvinismus geprägten Elberfeld des 17. Jahrhunderts gab es nach der Reformation nur wenige Lutheraner, welche ihre Religion zumeist im Privaten ausüben mussten und von den umliegenden lutherischen Kirchspielen Schwelm und Lüttringhausen betreut wurden. 1694 wählten sie mit Heinrich Trippler einen eigenen Pfarrer, das Recht zur privaten Religionsausübung wurde kurze Zeit später vom Kurfürsten bestätigt.
Bereits 1687 (im Jahr des Elberfelder Stadtbrandes) konnten die Lutheraner ein Grundstück an der heutigen Schönen Gasse erwerben, welches damals am Rande des Elberfelder Zentrums lag, unweit der Reformierten Kirche. 1699 wurde auf diesem Grundstück ein Gemeindehaus mit vier Wohnungen und einem kleinen Gottesdienstsaal errichtet. Schon damals existierte in einem kleinen Dachreiter ein einstimmiges Geläut. 1724 wurde der Kirchsaal erweitert und mit umlaufenden Emporen versehen. 1726 erhielt die Gemeinde das Recht zur öffentlichen Religionsausübung und 1747 wurde vom Landesherrn Kurfürst Karl Theodor der Bau einer Kirche mit Turm und Glocken gestattet, wofür das Grundstück 1748 erweitert wurde. Ursprünglich war der Bau der Kirche am alten lutherischen Friedhof am Hofkamp vorgesehen, wodurch das Gemeindehaus weiterhin zur Verfügung hätte stehen können, doch mit einer Stimme Mehrheit im Gemeinderat entschied man sich für den Bau an der Schönen Gasse und den Abriss des alten Gemeindehauses. Am 20. Mai 1748 wurde der Grundstein gelegt und am 5. Juli 1752 konnte die barocke Kirche mit 1294 Sitzplätzen eingeweiht werden. Zeitgleich mit der Kirche wurde das neue Pfarrhaus am Westende des Kirchbaus eingeweiht, welches sich baulich an die Kirche anschloss. Zeitgleich wurde durch Jacob Engelbert Teschemacher eine erste Orgel eingebaut, sie besaß 37 Register auf zwei Manualen mit Pedal.
In ihrer Gestaltung folgte die Kirche insbesondere im Innenraum dem Typ der bergischen Predigtkirche mit dem Vorbild der Alten Reformierten Kirche. Die Prinzipalstücke befanden sich an der Westseite, mit umlaufenden Emporen an allen drei weiteren Seiten. Der quadratische Turm war zunächst noch mit einem einfachen Pyramidendach bekrönt, welches erst 1774 durch eine als „bergisch“ geltende Zwiebelturmhaube ersetzt wurde. Die erste Haube war deutlich schmaler als die heutige und orientierte sich stark an der Haube der Alten Reformierten Kirche, wenngleich die Haube der Kirche am Kolk bewusst zwei Meter höher ausgeführt wurde als die Haube der Nachbarkirche. 1805 wurde die Kirche das erste Mal renoviert; ein weiterer einschneidender Umbau 1912 verringerte die Sitzplatzanzahl auf knapp 1000, die Turmhaube wurde mit Kupfer verkleidet.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche am 25. Juni 1943 von Brandbomben schwer getroffen und brannte aufgrund der hölzernen Innenausstattung bis auf die Grundmauern vollständig aus. Bereits am 14. Oktober 1951 konnte die provisorisch wiederhergestellte Kirche neu eingeweiht werden, das Notdach des Turmes wurde 1956 durch eine nunmehr wieder schiefergedeckte Zwiebelturmhaube ersetzt. 1954 folgte eine neue Orgel von Emil Hammer. Die Sitzplatzanzahl wurde auf 430 verringert.
1972 wurde die alte Orgel durch ein neues Instrument aus der Werkstatt Johannes Klais ersetzt, die alte Orgel wurde an die katholische Gemeinde Herz Jesu verkauft. In Folge einer Explosion bei einem benachbarten Juwelier in der Elberfelder Innenstadt am 22. August 1973 wurde die Kirche schwer beschädigt. Das Mauerwerk wurde in seiner Substanz stark beeinträchtigt und die Kirchenfenster gingen allesamt verloren, auch das Gemeindehaus am Westende der Kirche musste völlig neu errichtet werden.
Kurz vor Beendigung der Wiederherstellungsmaßnahmen an der Substanz der Kirche wurde die Kirche in der Nacht zum 14. März 1974 Opfer einer schweren Brandstiftung. Die neue Orgel präsentierte sich aufgrund der starken Hitzeentwicklung als Ansammlung verschmolzener Zinnpfeifen und musste verschrottet werden, die Täter wurden nie gefasst. Bis Weihnachten 1975 wurde die Kirche erneut instand gesetzt. Der Innenraum mit nur noch 250 Sitzplätzen präsentiert sich seitdem vollkommen schlicht, mit dunklem Holzgestühl und einer einfachen Orgelempore über dem Eingang.
Seit dem 15. Juni 1984 steht die Kirche unter Denkmalschutz. Bis 2005 war die Kirche Zentrum der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde am Kolk, welche das Zentrum Elberfelds umfasste. Nach Vereinigung mit der Evangelischen Kirchengemeinde Elberfeld-Nord ist die Kirche zusammen mit der Auferstehungskirche am Katernberg, dem Gemeindezentrum Eckbusch, dem Katernberger Vereinshaus und der Friedhofskirche Predigtstätte der größten Kirchengemeinde der Stadt, befindet sich aber im mitgliederärmsten Gemeindebezirk.
Im Rahmen von Vorbereitungsmaßnahmen zur Sanierung der Turmhaube wurden Mitte 2016 massive Schäden am Mauerwerk des Kirchturmes festgestellt. Zwar ginge keine Gefahr für Passanten aus, dennoch zeigt sich der Turm der Kirche seitdem vollständig eingerüstet. Das Mauerwerk des Turmes wurde nach dem Krieg nur geringfügig wieder instand gesetzt und nach den Zerstörungen 1973 und 1974 nicht auf größere Schäden untersucht. Mittlerweile müssten 20 Prozent der Mauer- und 90 Prozent der Ecksteine ersetzt werden, um den Kirchturm erhalten zu können. Die dafür veranschlagte Summe von rund 1,5 Millionen Euro kann weder von der Gemeinde, noch vom Kirchenkreis Wuppertal aufgebracht werden, auch von der Landeskirche sei wenig finanzielle Zuwendung zu erwarten. Sollten Denkmalschutzstiftungen und Spenden aus der Bevölkerung die Summe nicht aufbringen können, könnte der Abriss des denkmalgeschützten Turmes seitens der Gemeinde Elberfeld-Nord nicht auszuschließen sein.[1][2] Die Gemeinde nannte in der Vorbereitung eines Finanzierungsplans im Februar 2018 einen möglichen Abschluss der Reparaturarbeiten bis zum Frühjahr 2019.[3] 2018 sagte der Bund einen Betrag von 500.000 Euro für die Sanierung zu, das Land Nordrhein-Westfalen 100.000 Euro. Zudem besteht ein Spendenaufkommen von etwa 30.000 Euro. Jedoch zog sich die Bereitstellung der Gelder hin, da die Bezirksregierung erneut einen Antrag mit aktualisierter Kostenschätzung verlangte. Etwa 870.000 Euro muss die Kirchengemeinde alleine aufbringen. Derzeit (Stand September 2019) soll mit den Reparaturarbeiten im Frühjahr 2020 begonnen werden.[4]
Bauwerk
Die schlichte barocke Saalkirche aus Sandsteinmauerwerk folgt dem Vorbild der nur wenige hundert Meter entfernten Alten reformierten Kirche: Das Innere war ursprünglich mit umlaufenden hölzernen Emporen bebaut, die Kanzel befand sich, dem Typus der Predigtkirche folgend, mittig über dem Altar.
Der Kirchraum ist nach Westen ausgerichtet, der Ostfassade ist mittig ein quadratischer Turm vorgesetzt, der von einer barocken Zwiebelhaube (1774) mit Laterne bekrönt wird. Je fünf Rundbogenfenster erleuchten an den Längsseiten den Raum, deren zwei an der Ostfassade; das Gebäude ist auf der Altarseite mit einem angrenzenden Wohn- und Geschäftshaus verbunden und daher hier fensterlos. Die Kirche wurde mehrfach zerstört und wieder aufgebaut, so nach dem Zweiten Weltkrieg (Zerstörung durch einen Bombenangriff am 25. Juni 1943), zuletzt nach einem verheerenden Brand im Jahr 1974. Nach dem Krieg wurde der ursprüngliche Innenraum nicht wiederhergestellt, man entschied sich für einen hohen offenen Raum mit einer schlichten Apsis ohne Emporen (bis auf eine kleine Orgelempore über dem Eingangsportal).
Glocken
Die heutigen Bronzeglocken der Kirche wurden von der Glocken- und Kunstgießerei Rincker gegossen und überstanden Explosion und Großbrand ohne größere Schäden. Bedingt durch den dringend sanierungsbedürftigen Kirchturm dürfen die Glocken allerdings seit Feststellung der fatalen Schäden am Mauerwerk nicht mehr geläutet werden; nur die Stundenglocke erklingt weiterhin.
Name | Schlagton | Gewicht (kg) | Gussjahr | Inschrift |
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Domina- oder Vaterglocke | h° | 2650 | 1963 | Gott, dein Weg ist heilig |
Christusglocke | d¹ | 1659 | 1955 | Jesus Christus gestern und heute und derselbe und auch in Ewigkeit |
Trauglocke | e¹ | 1250 | 1968 | Singet dem Herrn ein neues Lied |
Betglocke | fis¹ | 750 | 1955 | O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort |
Taufglocke | a¹ | 500 | 1968 | Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden |
Benjamin | h¹ | 350 | 1984 | Ich will den Herrn loben allezeit |
Orgeln
Im Laufe ihrer Geschichte befanden sich in der Kirche am Kolk mehrere, teils bedeutende und erwähnenswerte Orgeln:[5]
Teschemacher-Orgel um 1752
Die erste Orgel wurde vom Elberfelder Orgelbauer Jakob Engelbert Teschemacher 1760 für die Kirche angefertigt und war neben der Orgel der Alten Kirche Wupperfeld eine der größten Teschemacher-Orgeln und eine der größten Orgeln im rheinischen Raum. Bemerkenswert war das hinter eine Statue gesetzte Vox angelica 2'-Register, wodurch die Töne der Pfeifen durch den geöffneten Mund der Statue abgegeben wurden. Einer Überlieferung nach konnte der Mund dabei sogar bewegt werden.
In einem Gutachten von Christian Roetzel von 1823 wird neben der Disposition der Zustand der Orgel überliefert. So empfahl er, neben einer Sanierung des Spieltisches auch das Hinzufügen einiger Pedalregister, bewertete aber das Allgemeinbild der Orgel äußerst positiv. Um 1840 wurde der Neubau der Orgel durch Ibach erwogen. Welcher der beiden erhaltenen Entwürfe dabei ausgeführt wurde, ist nicht bekannt.
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- Koppeln: II/I, I/P, II/P
Walcker-Orgel von 1894
1894 wurde die Orgel der Kirche durch Eberhard Friedrich Walcker dem Zeitgeschmack entsprechend umdisponiert, wobei der alte Prospekt erhalten blieb. Die Traktur wurde pneumatisch umgebaut, die neue Orgel zu Pfingsten eingeweiht.
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- Koppeln: II/I, III/II, III/I, I/P, II/P, III/P
- Spielhilfen: Drei feste Kombinationen (Piano, Forte, Tutti)
Hammer-Orgel von 1962
Da die Walcker-Orgel in der Bombennacht vollständig zerstört wurde, gab die Gemeinde 1950 den Auftrag zur Errichtung einer neuen, dem Kirchenraum angemessenen Orgel, welche durch Emil Hammer aus Hannover errichtet wurde. Im ersten Bauabschnitt 1954 waren erst zehn Register spielbereit, fertiggestellt wurde das elektropneumatische Instrument acht Jahre später mit folgender Disposition:
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- Koppeln: II/I, III/II, III/I, I/P, II/P, III/P
- Spielhilfen: Zwei freie Kombinationen, Tutti, Einzelabsteller
Erste Klais-Orgel von 1972
Da der klangliche Zustand der Hammer-Orgel im Laufe der Zeit nicht mehr befriedigte und die Orgel aufgrund der elektropneumatischen Trakturen dringend sanierungsbedürftig war, wurde sie an die katholische Nachbargemeinde Herz Jesu günstig verkauft, welche die Orgel sanieren ließ und bis heute verwendet. Mit der Konzeption einer neuen Orgel wurde Johannes Klais (Bonn) betraut.
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- Koppeln: I/II, III/II, I/P, II/P, III/P
- Spielhilfen: Vier Setzerkombinationen
Bei der Explosion 1973 wurde die Orgel nur geringfügig beschädigt und schnell wieder instand gesetzt. Beim Brand 1974 allerdings blieben von der Orgel nur Asche und einige zerschmolzene Zinnpfeifen übrig. Man wich auf ein Leihinstrument aus dem Hause Klais aus, welches übergangsweise im Gemeindesaal aufgestellt wurde und sich heute ebenfalls in der Kirche befindet:
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- Koppeln: Angehängtes Pedal
Zweite Klais-Orgel von 1977
Die heutige Orgel wurde 1977 von Johannes Klais neu erbaut. Die Disposition der Orgel entspricht vollständig der Disposition der ersten Klais-Orgel von 1972. Einzig die Form des Prospektes wurde verändert und durch zwei freistehende Pedaltürme mit zwischengesetztem Haupt- und Brustwerk ersetzt. Eingeweiht wurde das Instrument am 4. August 1977.
An der Orgel wirkt seit 1997 Thorsten Pech als Organist, seit 2016 als hauptamtlicher Kantor.
Literatur
- Alte lutherische Kirche am Kolk Wuppertal-Elberfeld, Lindenberg: Kunstverlag Josef Fink 2002, ISBN 3-89870-048-8.
- Hermann-Peter Eberlein: Tausend Jahre Kirche in Elberfeld. In: Geschichte im Wuppertal 19 (2010), S. 16–30.
- Erhard Evers: Entstehung und Schicksal der Alten lutherischen Kirche am Kolk, Wuppertal 1993.
- Erhard Evers: Ein Gang durch die Kirche am Kolk. 3 Hefte: Stil und Ausstattung der Kirche; Beschreibung der Kirchenfenster Eugen Kellers; Die Holzbildwerke Karl Hemmeters, Wuppertal o. J.
- Klaus Goebel, Andreas Knorr (Hrsg.): Kirchen und Gottesdienststätten in Elberfeld, Düsseldorf 1999, ISBN 3-930250-35-7.
- Hermann Klugkist Hesse / Ernst Hense: Die reformierte und die lutherische Gemeinde Elberfeld, hg. von Daniela-Nadine Reiher und Hermann-Peter Eberlein, Kamen 2014. ISBN 978-3-89991-155-8.
- Klaus Pfeffer: Die Kirchenbauten in Wuppertal-Elberfeld, Neuss 1980 (Rheinische Kunststätten 229), S. 19–21.
- Carl Pöls: Die Lutherische Gemeinde in Elberfeld. Ein Beitrag zur Elberfelder Stadtgeschichte, Elberfeld 1868.
- Lothar Przybylski: Die Kirche am Kolk. Die Geschichte der evangelisch-lutherischen Gemeinde Elberfeld, Wuppertal 1977, ISBN 3-417-00626-0.
Einzelnachweise
- Große Sorgen um Kolk-Turm. In: Wuppertaler Rundschau vom 4. November 2017.
- Kirchensanierung kostet 1,5 Millionen. In: Westdeutsche Zeitung vom 9. Oktober 2017.
- Katharina Rüth: Turm der Kirche am Kolk erhält ockerfarbenes Kleid. In: Westdeutsche Zeitung vom 13. Februar 2018.
- Tanja Heil: „Das ist eine enorme Belastung für unsere Gemeinde.“ In: Westdeutsche Zeitung vom 6. September 2019.
- Joachim Dorfmüller. 300 Jahre Orgelbau in Wuppertal. S. 105ff.
Weblinks
- Eintrag In: Wuppertaler Denkmalliste
- Evangelische Kirchengemeinde Elberfeld-Nord
- Eintrag zur Gemeinde im GenWiki
- Bericht über den Brand 1974 auf wolfgang-mondorf.de (Memento vom 5. Dezember 2012 im Webarchiv archive.today)