Albin von Vetsera
Albin Johannes Freiherr von Vetsera (* 28. Februar 1825 in Preßburg, Königreich Ungarn; † 14. November 1887 in Kairo, Osmanisches Reich) war ein Diplomat in Diensten des österreichischen Kaiserhauses und Österreich-Ungarns.
Leben
Albin von Vetsera war der älteste Sohn[1] des Hilfsamtsdirektors des Königlich-Kaiserlichen Landesgerichts und Preßburger Stadthauptmanns Bernhard von Vetsera (* 1796, † 1870) und der Preßburger Bürgertochter Caroline Ullmann (* 1792 in Preßburg). Er besuchte die 'Orientalische Akademie' in Wien und trat im Frühjahr 1850 in den diplomatischen Dienst. Seinen Dienst begann er als Dolmetschergehilfe an der Österreichischen Internuntiatur in Bukarest. Im Herbst 1850 kam er in gleicher Funktion nach Konstantinopel. Dort lernte er den Bankier und Finanzmogul Theodor Baltazzi (* 1788, † 1860) und dessen Familie kennen. Theodor war Finanzberater des Sultans Abdülmecid I. wodurch er zu beträchtlichen Reichtum gelangte. Im Jahre 1860 starb Theodor Baltazzi[2] plötzlich und gänzlich unerwartet.
Vier Jahre später, im Jahre 1864 wurde Theodor Baltazzis Tochter Helene – die als „das reichste Mädchen von Konstantinopel“ bezeichnet wurde, mit Albin Vetsera vermählt. Die Trauung fand am 2. April 1864 in Konstantinopel statt. Der Diplomat hätte Helenes Vater sein können. Er war neununddreißig, die Braut erst siebzehn Jahre alt. Von Liebe konnte nicht die Rede sein, es ging hauptsächlich um Geld und Prestige. Albin übernahm für die Geschwister seiner jungen Gemahlin auch die Vormundschaft[3].
Aus der Ehe mit Helene geb. Baltazzi gingen vier Kinder hervor:
- Ladislaus (genannt „Lazi“) Freiherr von Vetsera (* 1865, † 1881; starb beim Wiener Ringtheaterbrand)
- Johanna Carolina Elisabeth (genannt „Hanna“) Freiin von Vetsera (* 1868, † 1901) ∞ Hendrik Graf von Byland-Rheyd (* 1863, † 1932)
- Maria Alexandrine (genannt „Mary“) Freiin von Vetsera (* 1871, † 1889)
- Franz Albin (genannt „Feri“) Freiherr von Vetsera (* 1872, † 1915[4]) ∞ Maria Margit Gräfin von Bissingen und Nippenburg (* 1883, † 1944)
Ende der 1860er Jahre siedelte die Familie nach Wien über und suchte einen entsprechenden Wohnsitz. Ihre Wahl fiel auf ein Gebäude am Donaukanal in der Nähe des Wiener Praters im damaligen Schüttel.[5] Bei dem Gebäude, das Albin Vetsera im Jahre 1870 erwarb, handelte es sich um ein repräsentatives zweistöckiges Haus[6] mit einer breiten Einfahrt und Balkon in der Beletage. In diesem Hause wurden auch Mary Vetsera und ihre Geschwister geboren.
Albin von Vetsera kletterte die diplomatische Karriereleiter steil nach oben: 1868–1869 fungierte er als interimistischer Geschäftsträger in St. Petersburg. 1869 wurde er mit der Leitung der Gesandtschaft in Lissabon betraut. Zwischen 1869 und 1872 war er Kaiserlich-Österreichischer Gesandter in Darmstadt. Anschließend trat er in 'vorläufigen' Ruhestand. Im Jahre 1880 wurde er reaktiviert und wurde 'Österreich-Ungarischer Delegierter bei der internationalen Kommission für die Verwaltung der ägyptischen Staatsschulden'. Am 17. November 1887 starb Albin von Vetsera plötzlich und unerwartet an den Folgen eines Herzinfarktes in Kairo und wurde auf dem katholischen Friedhof von Kairo bestattet.
Seine Familie folgte Albin von Vetsera nicht nach Ägypten, sondern blieb in Wien. Im Jahre 1880 bezog Helene von Vetsera mit ihren vier Kindern ein herrschaftliches Palais in der Salesianergasse 11 im 3. Wiener Gemeindebezirk (Landstraße). Helene von Vetsera führte hier ein großes Haus und war um Kontakte in die höchsten adeligen Kreise bemüht. Trotz ihres Reichtums wurde die Familie jedoch von der aristokratischen Gesellschaft nie voll als gleichwertig anerkannt und akzeptiert.
Ehrungen und Auszeichnungen
Albin von Vetsera war Träger höchster Auszeichnungen:
- Ritterkreuzträger des Leopold-Ordens, 1866
- Erhebung in den Österreichischen Adels- und Ritterstand Wien 24. März 1867
- Ritterkreuz des Königlich ungarischen Sankt-Stephans-Ordens, 1869
- Erhebung in den Österreichischen Freiherrnstand Wien 30. Jänner 1870
- Träger des Hessischen Philipp-Ordens mit Stern, 1872
Literatur
- H. Bergmann: Vetsera, Albin Frh. von. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 15, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2018, ISBN 978-3-7001-8383-9, S. 256 f. (Direktlinks auf S. 256, S. 257).
- Heinrich Baltazzi-Scharschmid, Hermann Swistun: Die Familien Baltazzi-Vetsera im kaiserlichen Wien, Böhlau, Wien (u.a) 1980, ISBN 3-205-07160-3.
Anmerkungen
- Die jüngeren Geschwister waren: Bernhard Theodor (* 17. Februar 1826 in Preßburg), Seraphina Anna (* 17. Dezember 1826 in Preßburg), Karl, Caroline und Ladislaus.
- Theodor Baltazzi galt als der reichste Mann am Bosporus. Er hinterließ ein Vermögen von 10 Millionen Gulden, was heute etwa 126 Millionen Euro entspricht. (Wiener-Zeitung vom 29. Februar 2020)
- Helene Baltazzi hatte eine eigene Schwester Elisabeth (* 1849, † 1899) und sieben Halbgeschwister.
- Franz Albin fiel 1915 im Ersten Weltkrieg.
- Der Schüttel befand sich in der Wiener Leopoldstadt und wurde 1876 in 'Schüttelstraße' umbenannt.
- Das Haus erhielt ab 1876 die Adressenanschrift Schüttelstraße 11, wurde jedoch später abgerissen.