Aktion Lebendiges Deutsch

Die Aktion Lebendiges Deutsch w​ar eine v​on 2006 b​is 2010 laufende Aktion, d​ie für „Vertrauen i​n die deutsche Muttersprache“[1] u​nd die Vermeidung e​ines „Übermaß[es]“[1] Anglizismen werben sollte. Die Initiatoren – d​er Statistiker Walter Krämer, d​er Deutschlehrer u​nd Präsident d​es Deutschen Lehrerverbands Josef Kraus, d​er Journalist Wolf Schneider u​nd der Diplomat u​nd frühere Germanist Cornelius Sommer – wollten monatlich Vorschläge für deutsche Wörter sammeln u​nd auswählen, d​ie Anglizismen ersetzen sollten. Der Einsendeschluss für d​ie letzten Ersetzungsvorschläge w​ar der 31. Dezember 2009.

Daneben publizierten d​ie Initiatoren a​uch Schriften, u. a. 2010 d​as Werk Deutsch lebt! Ein Appell z​um Aufwachen.[2] Den Vorwurf d​er Deutschtümelei wiesen s​ie mit d​er Begründung zurück, „[g]erade d​ie Nazis“ hätten „das Deutsche internationaler machen“ wollen, i​ndem sie d​ie Fraktur u​nd Sütterlinschrift verboten.[3]

Die Aktion w​urde u. a. v​on Teilen d​er Presse u​nd Sprachpflegevereinen unterstützt. In Nürnberg r​ief das „Sprachbündnis Franken“ z​ur Teilnahme a​n der Aktion auf. Die Nürnberger Nachrichten unterstützten d​ie Initiative, i​ndem sie e​in englisches o​der pseudoenglisches Wort vorstellen u​nd im folgenden Monat d​ie Auflösung liefern.

Prominente Unterstützer

  • Helmut Glück, Professor für deutsche Sprachwissenschaft, Universität Bamberg, und Vorstandsmitglied der Stiftung Deutsche Sprache
  • Hans-Olaf Henkel, ehem. Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie
  • Paul Kirchhof, Direktor des Instituts für Finanz- und Steuerrecht der Universität Heidelberg
  • Ulrich Knoop, Leiter des Deutschen Seminars I der Universität Freiburg
  • Christian Meier, ehem. Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung
  • Horst Haider Munske, ehem. Leiter des Instituts für Germanistik, Universität Erlangen-Nürnberg
  • Norbert Lammert, Bundestagspräsident
  • Reinhard Mey, Liedermacher
  • Helmut Schäfer, Staatsminister im Auswärtigen Amt a. D.
  • Gert Ueding, Direktor des Seminars für Allgemeine Rhetorik, Universität Tübingen
  • Harald Weinrich, Sprachwissenschaftler

Vorschläge (Auswahl)

Anglizismus Ersetzungsvorschlag Bereits etablierter Begriff, sonstige Hinweise
Airbag Prallkissen
All you can eat Essen nach Ermessen Buffet
Bad Bank Giftbank Auffangbank
das Burn-out-Syndrom ausgebrannt Hinweis: Das Substantiv „Burn-out“ bezeichnet einen konkreten medizinischen Inhalt, der mit dem semantisch unbestimmteren „ausgebrannt sein“ nicht vermittelt wird.
Brainstorming Denkrunde
chatten netzplaudern Hinweis: „Chatten“ bezieht sich im Deutschen (anders als im Englischen) primär auf die Form der Kommunikation, nicht auf den Inhalt; man kann auch über komplexe juristische Details „chatten“.
Computer Rechner Rechner
Countdown Startuhr Herunterzählen
Cursor Blinker Einfügemarke
Callcenter Rufdienst Hinweis: Ein „Callcenter“ ist eine Abteilung oder ein Unternehmen, kein Dienst
Dumpinglohn Hohnlohn Hungerlohn, Niedriglohn. Hinweis: Weder „Niedrig-“ noch „Hohn-“ transportieren den Aspekt der Unterbietung.
Fast Food Schnellkost Imbissessen, Imbisskost
Happy Hour Blaue Stunde Hinweis: „Blaue Stunde“ ist bisher völlig anders besetzt, bei Durchsetzung des Vorschlags entstünde ein Polysem.
Homepage Startseite Webseite, Internetseite. Hinweis: Für die engere Bedeutung (Ausgangsseite einer Website) ist „Startseite“ im Deutschen bereits weitgehend etabliert; heute wird „Homepage“ im Deutschen überwiegend als Synonym für eine (technisch aus mehreren Seiten bestehende) „Website“, „Webauftritt“ usw. verwendet, sodass „Startseite“ kein sinnvoller Ersatz wäre.
Hotline Telefonnummer Hinweis: Eine „Hotline“ ist eine Serviceeinrichtung; „Hotline“ verhält sich zu „Telefonnummer“ wie „Beratungsstelle“ zu „Adresse“.
Jackpot Glückstopf (Spiel-)Topf
Jobcenter Stellenbörse Hinweis: Ein „Jobcenter“ ist keine Stellenbörse, sondern eine Behörde.
Laptop Klapprechner
No-go-Area Meidezone Rechtsfreier Raum, Angstraum
online / offline im Netz/vom Netz
Pay-TV Zahlkanal Bezahlfernsehen. Hinweis: „Pay-TV“ und „Bezahlfernsehen“ bezeichnen einen abstrakten Begriff (das Prinzip, für Fernsehprogramme zu zahlen, oder die Gesamtheit aller nach diesem Prinzip funktionierenden Angebote), keine konkreten Kanäle oder Sender.
Public Viewing Fußballkino Hinweis: Obwohl im Deutschen durch die Fußball-WM 2006 etabliert, ist „Public Viewing“ nicht grundsätzlich auf Fußballübertragungen beschränkt, sondern kann sich auch auf andere Sportarten oder Veranstaltungen beziehen.
Slogan Spruch Motto, Wahlspruch, Werbespruch
to go Geh- zum Mitnehmen
Coffee to go Gehkaffee Kaffee zum Mitnehmen
Smalltalk Plauderei Alltagsgespräch, Plauderei, Schwatzen, Quatschen, Tratschen, Plauschen, Plaudern, Plausch u. v. a.
Workshop Arbeitstreff Werkstat

Literatur

  • Johanna Recke: Anti-Denglisch: Eine schöne Initiative! Zum großen Erfolg der Anti-„Denglisch“-Aktion im Raum Nürnberg. Nürnberger Zeitung, 25. September 2003, S. 13
  • Gesucht: Deutsches Wort für den „Blackout“. Nürnberger Zeitung, 6. März 2006, S. 6
  • Petra Nossek-Bock: Portrait: Deutliche Worte im Sprachwirrwarr. SIN-Vorsitzender Erwin Prey kämpft gegen zuviel »D’englisch«. Sechsundsechzig, Magazin für selbstbewußte ältere Menschen, Ausgabe 3, August Februar 2006
  • Hans Peter Reitzner: „Geh-Kaffee“ statt „Coffee-to-go“. Im Juni wird ein deutscher Begriff für „Public Viewing“ gesucht. Nürnberger Nachrichten, 4. Juni 2008, S. 13
  • Umfrage: Deutsche fürchten Sprachverfall. nordbayern-online, 13. Juni 2008
  • Fränkischer Tag Bamberg vom 20. September 2010, Seite 22

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Pero Koehler, pero@pero.de, www.pero.de: Stiftung Deutsche Sprache. Abgerufen am 22. März 2018.
  2. Schneider, Wolf; Sommer, Cornelius; Kraus, Josef; Krämer, Walter: Deutsch lebt! Ein Appell zum Aufwachen. IFB Verlag Deutsche Sprache, Paderborn 2010, ISBN 3-942409-01-1.
  3. Pero Koehler, pero@pero.de, www.pero.de: Stiftung Deutsche Sprache. Abgerufen am 22. März 2018.
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