ASG Vorwärts Leipzig
Die ASG Vorwärts Leipzig war eine Armeesportgemeinschaft, die zwischen 1962 und 1974 existierte und vor allem durch ihre Fußballsektion bekannt wurde.
Die nachfolgend beschriebene Entwicklungsgeschichte der ASG Vorwärts Leipzig ist eng verbunden mit der Entstehungsgeschichte der Nationalen Volksarmee der DDR, in der die Hauptverwaltung Ausbildung (HVA) des Ministeriums des Inneren der DDR und die Kasernierte Volkspolizei eine entscheidende Rolle spielten. Da die ASG und ihre Vorläufer hauptsächlich durch ihre Fußballmannschaften bekannt wurden, beschränkt sich der Artikel im Wesentlichen auch auf das Fußballgeschehen.
Vorläufer
1950 bis 1953
Die HVA rief 1950 die Sportvereinigung Vorwärts Leipzig ins Leben. Bis 1952 erlebte die Sportvereinigung mehrfache Umbenennungen (siehe Abschnitt Entwicklung im Überblick). Der erste Schritt zu einer spielstarken Fußballmannschaft wurde 1951 vollzogen, nachdem die SV Vorwärts Leipzig im Juni 1951 bei der HVA-Meisterschaft den Titel erkämpft hatte. Leipzig wurde zum HVA-Fußballstützpunkt erklärt, und unter dem Trainer Heinz Krügel wurden die besten HVA-Spieler aus der DDR in Leipzig zusammengezogen. Mit ihnen wurde anstelle der bisherigen SV Vorwärts die SV Volkspolizei (VP) Vorwärts Leipzig gegründet und im August 1951 ohne sportliche Qualifikation in die höchste DDR-Fußballklasse (Oberliga) eingestuft. Bereits während der Saison 1951/52 erfolgte eine Umbenennungen in SV Vorwärts der Hauptverwaltung Ausbildung (HVA) Leipzig. Nachdem die Mannschaft nur den 15. Platz erreichte, wurden im Laufe der nächsten Saison acht Spieler vom sportlich stärker eingeschätzten Lokalrivalen BSG Chemie Leipzig abgeworben, was jedoch den Unmut der Leipziger Fußballanhänger nach sich zog.
Saisondaten 1951–1953 | |||||
Liga | Saison | Platz (von) | Punkte | Tore | Zuschauer |
OL | 1951/52 | 15 (19) | 30:42 | 57:60 | 11.056 |
OL | 1952/53 | 14 (17) | 30:34 | 49:56 | 11.938 |
Trotz der Verstärkungen trat bei mittlerweile als SV Vorwärts der Kasernierten Volkspolizei (KVP) Leipzig antretenden Mannschaft keine Leistungsverbesserung ein. Daraufhin beschloss die Leitung der Kasernierten Volkspolizei noch während der Saison, die gesamte Leipziger Oberliga-Mannschaft nach Ost-Berlin zu verlegen, wo sich in der höchsten Spielklasse eine auf Dauer konkurrenzfähige Fußballmannschaft etablieren sollte. Bereits die letzten Heimspiele der Saison 1952/53 wurden als SV Vorwärts der KVP Berlin im Berliner Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark ausgetragen, doch am Saisonende musste die Mannschaft als Viertletzter in die DDR-Liga absteigen.
Name (Alter) | Position | vorher | nachher | Spiele bis 3/1953 |
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Walter Vogelsang (27) | Tor | Einheit Ost Leipzig | 24 | |
Walter Grosser (?) | Tor | Chemie Karl-Marx-Stadt | 16 | |
Helmut Hartmann (27) | Tor | 4 | ||
Wilhelm Brodthagen (27) | Abwehr | Einheit Bergen | ZSK Vorwärts Berlin | |
Gerhard Ebert (26) | Abwehr | Stahl Riesa | ZSK Berlin | |
Werner Keller (28) | Abwehr | Empor Wurzen | Empor Wurzen | 62 |
Erich Rössner (22) | Abwehr | 11 | ||
Horst Bartholomäus (23) | Mittelfeld | VP Potsdam | Rotation Babelsberg | 43 |
Gerhard Reichelt (20) | Mittelfeld | ZSK Vorwärts Berlin | ||
Franz Richter (22) | Mittelfeld | Rotation Dresden | ZSK Vorwärts Berlin | |
Horst Beyer (27) | Sturm | Motor West Karl-Marx-St. | 51 | |
Helmut Budick (27) | Sturm | Chemie Leipzig | 6 | |
Helmut Lorenz (28) | Sturm | Einheit Ost Leipzig | ZSK Vorwärts Berlin | |
Siegfried Meier (26) | Sturm | Motor Zwickau | Motor Zwickau | 11 |
Kurt Roil (21) | Sturm | Aktivist Brieske-Ost | 19 | |
Helmut Teidke (?) | Sturm | Einheit Ost Leipzig | 12 | |
Roland Weigel (?) | Sturm | Industrie Leipzig | ZSK Vorwärts Berlin | |
Werner Wolf (26) | Sturm | SG Dresden-Zschachwitz | ZSK Vorwärts Berlin |
SV Vorwärts KVP / SC Vorwärts Leipzig
Die Reservemannschaft der SV Vorwärts verblieb in Leipzig und trat in der Saison 1953/54 als SV Vorwärts KVP Leipzig in der fünftklassigen Bezirksklasse Leipzig an und beendete die Saison abgeschlagen als Absteiger. Im Rahmen der 1955 DDR-weit durchgeführten Sportclub-Bildung wurde die SV Vorwärts in den SC Vorwärts Leipzig umgebildet. Dessen Fußballmannschaft übernahm im Februar 1955 den Platz der aufgelösten Fußballsektion des SC DHfK Leipzig in der zweitklassigen DDR-Liga. Mit Platz neun konnten sich die Leipziger jedoch nicht für die neue eingleisige I. DDR-Liga qualifizieren. Im August 1955 wurde der SC Vorwärts Leipzig nach Cottbus umgesiedelt und bestand dort zunächst als SC Vorwärts der Luftstreitkräfte Cottbus.
Nachfolgend sind einige der 16 ehemaligen Leipziger Spieler aufgeführt, welche im August 1955 vom ZSK Vorwärts Berlin wieder zurück nach Leipzig wechselten, um dort ein halbes Jahr für den SC Vorwärts zu spielen, ehe die Leipziger Mannschaft nach Cottbus versetzt wurde:
- Gerhard Ebert (69 Oberligaspiele in Leipzig und Berlin)
- Heinz Klinkhammer (15)
- Günter Knott (1)
- Rolf Mücklich (9)
- Horst Scherbaum* (41)
- Hans-Jürgen Stenzel (2)
- Gerhard Vogt
- Roland Weigel (61)
- Werner Welzel* (9)
* gingen nicht nach Cottbus
ASK Vorwärts Leipzig 1956 bis 1962
Im Zusammenhang mit der 1956 erfolgten Gründung der Nationalen Volksarmee entstand im gleichen Jahr der Armeesportklub (ASK) Vorwärts Leipzig. Dessen Fußballsektion übernahm den Platz des SC Vorwärts in der Bezirksklasse Leipzig. 1958 wurde der ASK Staffelsieger und stieg in den folgenden drei Jahren bis in die zweithöchste Spielklasse, die I. DDR-Liga, auf. 1959 erreichte der ASK im DDR-Fußballpokal-Wettbewerb das Viertelfinale, unterlag dort aber dem Oberligisten Turbine Erfurt mit 0:3. Im Aufstiegsjahr 1962 wurde die Fußballsektion des ASK ausgegliedert und als Armeesportgemeinschaft (ASG) Vorwärts Leipzig weitergeführt.
ASG /ASV Vorwärts Leipzig 1962–1974
Die ASG Vorwärts erreichte in ihrer ersten DDR-Liga-Saison 1962/63 als Neuling einen beachtlichen fünften Platz unter den 14 Teams der Südstaffel der zweigeteilten Liga. Bis 1969 behauptete sich die Mannschaft, die seit März 1967 als ASV Vorwärts Leipzig antrat, sicher in der zweithöchsten Spielklasse, erlebte aber in der Saison 1969/70 einen herben Tiefschlag, als sie abgeschlagen Tabellenletzter wurde und wieder in die Bezirksliga absteigen musste. Ein Jahr später erkämpfte sich die ASG bereits die Bezirksmeisterschaft und kehrte umgehend in die nun fünfgleisige DDR-Liga zurück. 1972 Dritter, beendete die ASG 1973 die Saison als Staffelsieger 1972/73, verpasste aber als Fünfter der Aufstiegsrunde den Aufstieg in die Oberliga. Garanten für diesen Aufschwung waren unter anderen die beiden Oberliga-erfahrenen Manfred Lienemann und Otto Skrowny, die bei Vorwärts Leipzig ihren Wehrdienst ableisteten. Nachdem die Leipziger die Saison 1973/74 auf Rang fünf abgeschlossen hatten, wurde die Ligaelf nach ASV nach Dessaus delegiert, um dort als ASG Vorwärts Dessau weiter am Wettbewerb teilzunehmen. Der in Leipzig verbliebene Part benennt sich zurück in ASG Vorwärts und spielt nur noch auf lokalem Niveau. 1988/89 wird das Team Leipziger Kreismeister.
Im DDR-Fußballpokal war die ASG Vorwärts Leipzig in den zwölf Jahren ihres Bestehens mit Ausnahme von 1971/72 an allen Wettbewerben beteiligt. 1962/63, 1966/67 und 1972/73 erreichte die Mannschaft jeweils das Achtelfinale, sonst schied sie entweder in der ersten oder zweiten Runde aus.
Entwicklung im Überblick
1950 | Gründung der SV Vorwärts Leipzig |
August 1951 | Umbenennung in SV Volkspolizei Vorwärts Leipzig |
April 1952 | Umbenennung in SV Vorwärts der HVA Leipzig |
November 1952 | Umbenennung in SV Vorwärts KVP Leipzig |
April 1953 | Delegierung nach Berlin und Umbenennung in SV Vorwärts der KVP Berlin |
Februar 1955 | Gründung des SC Vorwärts Leipzig |
Dezember 1955 | Delegierung nach Cottbus und Umbenennung in SC Vorwärts der Luftstreitkräfte Cottbus |
1956 | Gründung des ASK Vorwärts Leipzig |
Juli 1962 | Umbenennung in ASG Vorwärts Leipzig |
März 1967 | Umbenennung in ASV Vorwärts Leipzig |
September 1974 | Delegierung des Ligakollektivs nach Dessau und Umbenennung in ASG Vorwärts Dessau |
September 1974 | Der in Leipzig verbliebene Part benennt sich zurück in ASG Vorwärts, spielt noch auf lokalem Niveau (1988/89 Kreismeister) |
Literatur
- Hanns Leske: Enzyklopädie des DDR-Fußballs. Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2007, ISBN 978-3-89533-556-3, S. 61.