Zwanzig-Projektionsoperator

Der Zwanzig-Projektionsoperator ist ein mathematisches Werkzeug aus der Statistischen Mechanik.[1] Der Projektionsoperator wirkt im linearen Raum der Phasenraum-Funktionen, und projiziert auf den linearen Unterraum der „langsamen“ Phasenraum-Funktionen. Der Operator wurde von Robert Zwanzig eingeführt, um eine generische Mastergleichung herzuleiten. Er wird meistens in diesem oder ähnlichem Kontext verwendet, um auf formale Weise Bewegungsgleichungen für gewisse „langsame“ kollektive Variablen herzuleiten.[2]

Langsame Variable und Skalarprodukt

Der Zwanzig-Projektionsoperator wirkt auf Funktionen im -dimensionalen Phasenraum von Punktteilchen mit Koordinaten und Impulsen . Eine spezielle Teilmenge dieser Funktionen ist eine aufzählbare Menge von „langsamen Variablen“ . Kandidaten für einige dieser Variablen könnten sein die langwelligen Fourierkomponenten der Massendichte und die langwelligen Fourierkomponenten der Impulsdichte, mit Wellenvektor identifiziert mit . Der Zwanzig-Projektionsoperator verwendet diese Funktionen, liefert aber keine Information darüber, wie man die langsamen Variablen einer Hamiltonfunktion finden kann.

Ein Skalarprodukt[3] zwischen zwei beliebigen Phasenraumfunktionen und ist definiert durch die Gleichgewichtskorrelation

wobei

die mikrokanonische Gleichgewichtsverteilung bezeichnet. „Schnelle“ Variablen sind per Definition unter diesem Skalarprodukt orthogonal zu allen Funktionen der „langsamen“ . Diese Definition besagt dass Fluktuationen schneller und langsamer Variablen unkorreliert sind, und gemäß Ergodenhypothese gilt dies auch für das Zeitmittel. Wenn eine generische Funktion mit langsamen Variablen korreliert ist, dann kann man davon Funktionen langsamer Variablen subtrahieren, bis nur mehr der unkorrelierte schnelle Anteil von verbleibt. Das Produkt einer langsamen und einer schnellen Variable ist eine schnelle Variable.

Der Projektionsoperator

Betrachte das Kontinuum von Funktionen mit konstantem . Jede Phasenraumfunktion , die von nur über abhängt, ist eine Funktion der , nämlich

Eine generische Phasenraumfunktion lässt sich daher schreiben

wo der schnelle Teil von ist. Einen einen Ausdruck für den langsamen Teil von erhält man, wenn man das Skalarprodukt mit der langsamen Funktion bildet,

Dies liefert einen Ausdruck für , und somit für den Operator , welcher eine beliebige Funktion auf ihren langsamen Teil projiziert, abhängig von nur über ,

Dieser Ausdruck stimmt mit dem Ausdruck von Zwanzig,[1] überein, außer dass Zwanzig die Hamiltonfunktion mit zu den langsamen Variablen zählt. Der Zwanzig-Projektionsoperator erfüllt und . Der schnelle Teil von ist . Funktionen langsamer Variablen und insbesondere Produkte von langsamen Variablen sind langsame Variablen. Der Raum der langsamen Variablen ist somit eine Algebra. Die Algebra ist i. A. nicht abgeschlossen unter der Poissonklammer, inklusive der Poissonklammer mit der Hamiltonfunktion.

Bezug zu Liouvillegleichung und Mastergleichungen

Die Motivation für die Definition des Skalarprodukts und des Projektionsoperators ist letztendlich, dass es damit möglich ist, eine Mastergleichung für die zeitabhängige Wahrscheinlichkeitsverteilung der langsamen Variablen (oder eine Langevingleichungen für die langsamen Variablen selber) herzuleiten.

Es sei die zeitabhängige Wahrscheinlichkeitsverteilung im Phasenraum. Die Phasenraumfunktion ist (ebenso wie ) eine Lösung der Liouvillegleichung

Der wesentliche Schritt ist dann zu schreiben , , und die Liouvillegleichung auf den schnellen und langsamen Unterraum zu projizieren,[1]

Wenn man dann die zweite Gleichung nach auflöst und in die erste Gleichung einsetzt, ergibt sich eine Gleichung für (siehe Nakajima-Zwanzig-Gleichung). Die letzte Gleichung schließlich ergibt eine Gleichung für wo die Gleichgewichtsverteilung der langsamen Variablen bezeichnet.

Nichtlineare Langevingleichungen

Der Ausgangspunkt für die Standard-Herleitung einer Langevingleichung ist die Identität , wo in den schnellen Unterraum projiziert. Betrachte diskrete kleine Zeitschritte mit Evolutionsoperator , wo der Liouville-Operator ist. Das Ziel ist es, durch und auszudrücken. Die Motivation dafür ist, dass ein Funktional von langsamen Variablen ist, während Ausdrücke erzeugt, welche zu jedem Zeitpunkt schnelle Variablen sind. Die Erwartung ist, diese schnellen Variablen durch irgendwelche Modelldaten repräsentierbar sind, z. B. durch ein Gaußsches weißes Rauschen. Die Zerlegung erreicht man, indem man von links mit multipliziert, außer für den letzten Term, welcher mit multipliziert wird. Iteration ergibt

Die letzte Zeile lässt sich auch per Induktion beweisen. Mit führt der Limes direkt auf die Operator-Identität von Kawasaki[2]

Eine generische Langevingleichungen ergibt sich durch Anwendung dieser Gleichung auf die Zeitableitung einer langsamen Variable , ,

Hier ist die (nur von schnellen Variablen abhängende) fluktuierende Kraft. Der Modenkopplungsterme und Dämpfungsterme sind Funktionale von and und lassen sich vereinfachen.[1][2][4]

Diskrete Funktionsmenge, Bezug zum Mori-Projektionsoperator

Anstatt den langsamen Teil von nach dem Kontinuum von Funktionen zu entwickeln, könnte man auch eine aufzählbare Menge von Funktionen verwenden. Wenn diese Funktionen ein vollständiges Orthonormalsystem bilden, dann hat der Projektionsoperator die einfache Form

Eine spezielle Wahl für sind orthonormalisierte Linearkombinationen der langsamen Variablen . Dies ergibt den Mori-Projektionsoperator.[3] Der Satz der linearen Funktionen ist jedoch nicht vollständig, und die orthogonalen Variablen sind nicht schnell oder zufällig, wenn Nichtlinearität in ins Spiel kommt.

Einzelnachweise

  1. Robert Zwanzig: Memory Effects in Irreversible Thermodynamics. In: Phys. Rev.. 124, Nr. 4, 1961, S. 983–992. bibcode:1961PhRv..124..983Z. doi:10.1103/physrev.124.983.
  2. K. Kawasaki: Simple derivations of generalized linear and nonlinear Langevin equations. In: J. Phys. A: Math. Nucl. Gen.. 6, Nr. 9, 1973, S. 1289–1295. bibcode:1973JPhA....6.1289K. doi:10.1088/0305-4470/6/9/004.
  3. H. Mori: Transport, Collective Motion, and Brownian Motion. In: Prog. Theor. Phys.. 33, Nr. 3, 1965, S. 423–455. bibcode:1965PThPh..33..423M. doi:10.1143/ptp.33.423.
  4. J.D. Gunton: Mode coupling theory in relation to the dynamical renormalization group method. In: Lecture Notes in Physics. 104, 1979, S. 1–24. doi:10.1007/3-540-09523-3_1.
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