Wolfgang Vorwerk

Wolfgang Vorwerk (* 21. August 1948 i​n Würzburg) i​st ein deutscher Diplomat, Heimatforscher u​nd Jurist.

Wolfgang Vorwerk (2020)

Leben

Aufgewachsen u​nd zur Schule gegangen i​st Vorwerk i​n Lohr a​m Main, w​o er 1967 a​m dortigen Gymnasium (heute Franz-Ludwig-von-Erthal-Gymnasium) d​as Abitur ablegte. Nach Abschluss d​es Studiums d​er Rechtswissenschaften a​n der Julius-Maximilians-Universität Würzburg i​m Jahre 1972 erhielt e​r ein Stipendium d​es Rates d​er Europäischen Bewegung (seit 1992 Europäische Bewegung Deutschland e.V.) für e​in postgraduales Studium a​m College o​f Europe i​n Brügge, d​as er 1973 m​it einem Diplom i​n Europarecht abschloss. 1978 promovierte e​r an d​er Universität Würzburg.[1]

Von 1975 bis 2008 gehörte Vorwerk dem Auswärtigen Dienst an. Verwendungen erfolgten in der Zentrale in Bonn und Berlin sowie an den deutschen Botschaften in der Sowjetunion, Libyen, Albanien, Kasachstan und Algerien, sowie am Generalkonsulat Boston (USA). In Libyen (1985–1988) war Vorwerk in der Libyenkrise (La Belle Diskothek) nach Rückruf des deutschen Botschafters Rolf Enders von April 1986 bis Herbst 1988 Leiter der Botschaft Tripolis. In den Jahren 1998 bis 2004 war Vorwerk in Bonn und Berlin zuerst Leiter des Nahost-Referates, dann Nahost-Beauftragter im Range eines Botschafters. Von ihm stammt der „Drei-Stufen-Plan“,[2] mit dem Bundesaußenminister Joschka Fischer 2002 den entscheidenden Impuls für die Roadmap (Nahostkonflikt) gab.[3]

Als Generalkonsul i​n Boston (2004–2008) w​ar Vorwerk d​er erste offizielle deutsche Vertreter, d​er von d​er jüdischen Community 2005 u​nd in d​en Folgejahren eingeladen wurde, a​n der jährlichen Gedenkfeier a​m Jom haScho'a, d​em Holocaust-Gedenktag i​n Faneuil Hall z​u sprechen.[4] Außerdem w​ar Vorwerk 1994–1996 a​n der Bremer Senatskanzlei u​nter den Bürgermeistern Klaus Wedemeier u​nd Henning Scherf tätig. 1997 w​ar er i​n der damaligen Albanienkrise (Lotterieaufstand) für mehrere Monate d​em Stab d​es OSZE-Sonderbeauftragten für Albanien, Franz Vranitzky, i​n Tirana zugeteilt.

Vorwerk g​ilt als „Initiator“ (so Landrat Thomas Schiebel) d​er Neubelebung d​er Patenschaft d​es Landkreises Main-Spessart m​it dem Marineversorgungsschiff „Spessart“, welches e​r als Begleitschiff b​eim Besuch e​ines Nato-Fregatten-Verbandes i​m Hafen v​on Boston 2004 entdeckte.[5]

Seit November 2017 führt e​r als Erster Vorsitzender d​en Geschichts- u​nd Museumsverein i​n Lohr a. Main.[6]

Wolfgang Vorwerk i​st verheiratet u​nd hat e​inen Sohn. Er l​ebt seit 2008 i​n Bremen.

Heimatgeschichtliche Arbeit

In Lohr am Main und darüber hinaus ist Vorwerk durch seine regelmäßigen Veröffentlichungen zur Ortsgeschichte bekannt.[7] Vorwerk ist Ururenkel des Fürther Landschaftsmalers Peter Conrad Schreiber (1816–1894), der Schüler bei August Wilhelm Schirmer und Carl Blechen war.[8] In den Jahren 2018 und 2019 hat er wesentlich zur Schaffung von öffentlichen Gedenkorten der Stadt Lohr beigetragen, mit denen die Erinnerung an die bis 1939 existierende kleine jüdische Gemeinde der Stadt wachgehalten werden soll. Erstmals wurde auch das Leben und Schicksal der jüdischen Kranken in der früheren Heil- und Pflegeanstalt, dem heutigen Bezirkskrankenhaus, mit einbezogen.[9][10][11]

Ehrungen

Vorträge

  • 1989 Festvortrag zum 150-jährigen Jubiläum „Lateinschule Lohr“ des Franz-Ludwig-von-Erthal-Gymnasiums,
  • 2009 Commencement-Rede vor Absolventen des nach Benjamin Franklin benannten Franklin Colleges in Lugano

Veröffentlichungen

  • Historische Spurensuche. Beiträge zur Geschichte des Lohrer Schloss- und Amtsviertels, zur Straßengeschichte des Spessarts und zu einigen anderen Themen. (= Schriften des Geschichte- und Museumsvereines Lohr am Main. Folge 33). Lohr 2000, ISBN 3-934128-04-1.
  • Harald Bichlmeier, Wolfgang Vorwerk: Zum Gewässer- und Ortsnamen Lohr: bisherige Forschungen und neue Ideen. (Bayerisch-österreichische Orts- und Gewässernamen aus indogermanischer Sicht. Teil 5). In: Blätter für oberdeutsche Namenforschung. 51. Jahrgang, 2014, S. 15–86
  • Wolfgang Vorwerk: Das 'Lohrer Schneewittchen'- Zur Fabulologie eines Märchens. In: Christian Grandl, Kevin J.McKenna: Bis dat, qui cito dat. Gegengabe in Paremiology, Folklore, Language and Literature. Honoring Wolfgang Mieder on His Seventieth Birthday. Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main u. a. 2015, ISBN 978-3-631-64872-8, S. 491–503.
  • Der Gütertausch zwischen Kaiser Ludwig der Fromme und Kloster Fulda anno 839. Zur Straßengeschichte des fuldischen Nebenklosters Holzkirchen. In: Wertheimer Jahrbuch 2013/2014 (2015), S. 17–46.
  • Zum 80. Jahrestag der Novemberpogrome von 1938: Das Schicksal der ehemaligen jüdischen Mitbürger Lohrs im Nationalsozialismus. In: Beiträge zur Geschichte der Stadt und des Raumes Lohr, Ausgabe 2018 (= Schriften des Geschichts- und Museumsvereines Lohr a. Main e.V. Folge 61. Lohr 2018, ISBN 978-3-944413-14-3, S. 241–346.)
  • Lohr und seine ehemalige jüdische Gemeinde (1864- 1939). In: Beiträge zur Geschichte der Stadt und des Raumes Lohr, Ausgabe 2019 (= Schriften des Geschichts- und Museumsvereines Lohr e. V. Folge 66. Lohr 2019, ISBN 978-3-944413-21-1, S. 211–268.)
  • Jüdisches Leben in Lohr. Der ehemalige "Israelitische Pavillon" auf dem Gelände des heutigen Bezirkskrankenhauses am Sommerberg. In: Beiträge zur Geschichte der Stadt und des Raumes Lohr, Ausgabe 2019 (= Schriften des Geschichts- und Museumsvereines Lohr a. Main e.V. Folge 66. Lohr 2019, ISBN 978-3-944413-21-1, S. 292–305.)

Einzelnachweise

  1. Die Ausführung von Gemeinschaftsakten durch Bund und Länder unter besonderer Berücksichtigung von Art. 57 EWGV. Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades des Fachbereiches Rechtswissenschaft der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Selbstverlag, Würzburg 1977
  2. Monika Büdel: Lohr liegt auf dem Weg zum Nahost-Fahrplan. In: Lohrer Echo. 20. April 2011.
  3. Joschka Fischer: I am not convinced. Der Irak-Krieg und die rot-grünen Jahre. Köln 2011, ISBN 978-3-462-04081-4, S. 114–116.
  4. Abdruck dieser und anderer Reden bei: Susie Davidson: In Gratitude and Hope. Remarks by Dr. Wolfgang Vorwerk, Consul General of the Federal Republic of Germany to Boston, 2004–2008. Ibbetson Street Press, Somerville, MA 2008, ISBN 978-0-9795313-8-5.
  5. Wolfgang Vorwerk, Kapitän Wolfgang Schmid und Holger Steiger. Die Patenschaft mit dem Marinetanker „Spessart“. In: Der Landkreis Main-Spessart. Geschichte und Geschichten. Ein Buch zum 40-jährigen Jubiläum des Landkreises Main-Spessart. Hrsg.: Landratsamt Main-Spessart, Karlstadt. Würzburg, (Juli) 2012. S. 84–101
  6. Mainpost, 30. November 2017, S. 25.
  7. Wolfgang Vorwerk: Historische Spurensuche. Beiträge zur Geschichte des Lohrer Schloss- und Amtsviertels, zur Straßengeschichte des Spessarts und zu einigen anderen Themen. (= Schriften des Geschichte- und Museumsvereines Lohr am Main. Folge 33). Lohr 2000, ISBN 3-934128-04-1.
  8. Wolfgang Vorwerk: Peter Conrad Schreiber, ein Fürther Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts. Ein Beitrag zu seinem 200. Geburtstag in zwei Teilen. In: Fürther Geschichtsblätter. Heft 4 Jg. 2015 und Heft 1 Jg. 2016.
  9. Zum 80. Jahrestag der Novemberpogrome von 1938: Das Schicksal der ehemaligen jüdischen Mitbürger Lohr im Nationalsozialismus. In: Beiträge zur Geschichte der Stadt und des Raumes Lohr, Ausgabe 2018 (= Schriften des Geschichts- und Museumsvereines Lohr a. Main e. V. Folge 61. Lohr 2018. ISBN 978-3-944413-18-1). S. 241–346.
  10. Lohr und seine ehemalige jüdische Gemeinde (1864–1939). In: Beiträge zur Geschichte der Stadt und des Raumes Lohr, Ausgabe 2019 (= Schriften des Geschichts- und Museumsvereines Lohr a. Main e.V. Folge 66. Lohr 2019. ISBN 978-3-944413-21-1). S. 211–268.
  11. Jüdisches Leben in Lohr. Der ehemalige "Israelitische Pavillon" auf dem Gelände des heutigen Bezirkskrankenhauses am Sommerberg. In: Beiträge zur Geschichte der Stadt und des Raumes Lohr, Ausgabe 2019 (= Schriften des Geschichts- und Museumsvereines Lohr a. Main e. V. Folge 66. Lohr 2019. ISBN 978-3-944413-21-1), S. 292–305.
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