Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden
Der Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden e. V. (wvib, auch wvib Schwarzwald AG) ist ein unabhängiger Wirtschaftsverband für den familiengeprägten industriellen Mittelstand aller Wirtschaftszweige. Er ist Sprachrohr und Dienstleister der familiengeprägten, mittelständischen Industrieunternehmen in Baden-Württemberg.
Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden e. V. (wvib Schwarzwald AG) | |
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Sitz | Freiburg im Breisgau |
Gründung | 1946 |
Präsident | Thomas Burger[1] |
Geschäftsführer | Christoph Münzer |
Mitglieder | 1.040 Unternehmen (Stand: Januar 2022)[2] |
Website | www.wvib.de |
Im wvib – gegründet 1946 von Unternehmern für Unternehmer – erwirtschaften 1.040 produzierende Unternehmen mit 384.000 Beschäftigten weltweit 75 Milliarden Euro Umsatz. Der Verband hat über 60 hauptamtliche Mitarbeiter.
Der Sitz ist seit 1999 das wvib-Haus in der Merzhauser Straße in Freiburg im Breisgau.
Geschichte und Mitglieder
Die Ursprünge des Verbandes liegen in den 1946 in der französischen Besatzungszone geschaffenen industriellen Fachvereinigungen.[3] 44 Mitglieder aus vier dieser Fachvereinigungen (Maschinenbau und Gießereien, Drahtzieherei und Kaltwalzwerke, Metallverarbeitung, Metallgießereien) gründeten 1946 die übergreifende „Fachvereinigung der Metallindustrie“ mit Sitz im Freiburger Stadtteil St. Georgen. Damit reagierten die Gründungsmitglieder auf die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, insbesondere auf die Demontagen, die wirtschaftliche Dezentralisierung sowie den Mangel an Rohstoffen und anderen Produktionsressourcen. So fungierte der Verband anfangs vornehmlich als Metalltauschbörse. Diese Entstehungsbedingungen bedingten langfristig den besonderen Charakter des wvib als Industrieverband von Unternehmern für Unternehmer mit einem Schwerpunkt auf dem Erfahrungsaustausch und der Selbsthilfe seiner Mitglieder.
1948 benannten die Mitglieder den Zusammenschluss um in „Wirtschaftsverband Eisen- und Metallindustrie Baden e. V.“, ab 1966 bürgerte sich die Abkürzung wvib ein, 1969 erhielt der Verband seinen bis heute gültigen Namen. Konzeptionell prägend für den wvib war die lange Amtszeit der Freiburger Volkswirtin Magda Scheffelt, die von 1957 bis 1985 als Hauptgeschäftsführerin eine der wenigen Frauen in der bundesdeutschen Verbandslandschaft der Nachkriegszeit war. Sie richtete den Verband organisatorisch neu aus, führte Kriterien der Messbarkeit ein und orientierte sich dabei an den konkreten Bedürfnissen der mittelständischen Unternehmer. 1980 erhielt sie für ihre Verdienste das Bundesverdienstkreuz.[4]
Der Kern der Mitgliedsunternehmen hat seinen Ursprung im Strukturwandel im Schwarzwald – insbesondere im Uhrenhandwerk – der sich bis auf das frühe 19. Jahrhundert zurückführen lässt. Im Zuge der industriellen Revolution entstanden aus familiären Handwerksbetrieben erste feinmechanische Industrien.[5] Ein Beispiel hierfür sind die Unternehmen des so genannten „Gear Valley“, die sich als Hersteller von Antriebstechnik zu Zulieferern der Automobilindustrie entwickelten.[6] Auch die stark vertretene Kunststoffindustrie beliefert vielfach die KFZ-Hersteller. Die Stadt Todtnau beheimatete früher viele traditionelle Bürstenmacher, aus der sich u. a. das Unternehmen Zahoransky AG entwickelte, welches Spezialmaschinen zur Bürstenherstellung produziert.[7] Die optische Industrie veränderte sich in den Nachkriegsjahrzehnten sukzessive in Richtung der modernen Sensorik – ein Trend, der bis heute anhält. Feinmechanische Betriebe und Messerschmieden entwickelten sich u. a. in Richtung der Medizintechnik, mit einem besonderen Schwerpunkt im Raum Tuttlingen.
Der Verband bezeichnet die Gesamtheit der mittelständischen Unternehmen in der Verbandsregion als die „Schwarzwald AG“. 2014 wurde die Abrechnungsgesellschaft (GmbH) des eingetragenen Vereins wvib umgewandelt in eine sogenannte kleine Aktiengesellschaft, die „wvib Schwarzwald AG“.[8]
Dienstleistungen
Kernstück des Dienstleistungsangebots des wvib ist seit 1965 der organisierte Erfahrungsaustausch auf der Ebene der Firmenchefs, Inhaber und Geschäftsführer. Dieses Format des Erfahrungsaustauschs wurde sukzessive erweitert auf rund fünfzig unterschiedliche betriebliche Fach- und Führungsgruppen.[9]
Der Verband führt Seminare und Lehrgänge im Rahmen der wvib-Akademie durch und bietet darüber hinaus beispielsweise die Vermittlung von Führungspersonal, jährliche, regional- und branchenmäßig differenzierte Konjunkturumfragen sowie einen regional bzw. nach Berufsgruppen angepassten Lohn- und Gehaltsvergleich.
Im Zweijahresturnus organisiert der Verband in Freiburg seit 1983 die dreitägige Industriemesse i+e mit zuletzt 364 Ausstellern und knapp 10.000 Besuchern.[10] 2018 wurde die Messe umbenannt in Industriemesse ie.
Positionen
Die Verbandsspitze äußert sich regelmäßig zu Themen, die den familiengeführten industriellen Mittelstand in der Region betreffen. Dazu zählten unter anderem die positive Einschätzung des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP[11] und die Verabschiedung einer Resolution zur Flüchtlingsfrage durch die Mitgliedsunternehmen auf der Jahreshauptversammlung 2015.[12] Zur Reform der Erbschaftsteuer in Deutschland vertrat Verbandspräsident Klaus Endress die Position betroffener Familienunternehmen.[13] Im Februar 2016 wurde zusammen mit der IG Metall Freiburg, der IHK Südlicher Oberrhein und der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg ein Thesenpapier für bessere Bildung vorgestellt.[14] Klaus Endress formulierte im Rahmen der Jahreshauptversammlung des wvib im November 2016 einen Appell für die Europäische Idee und den freien Handel, den er mit scharfer Kritik an Populisten wie Donald Trump, der AfD und dem französischen Front National verband.[15]
Im März 2017 initiierten Gremien und Mitglieder des Verbands eine Initiative unter dem Namen Einigkeit.Recht.Freiheit., mit der sie "„in diesem Jahr entscheidender politischer Weichenstellungen“ (Klaus Endress) zahlreiche Unterstützer für Demokratie, Rechtsstaat, soziale Marktwirtschaft und Europa gewinnen konnten.[16]
Organisation
Präsident im Ehrenamt ist Thomas Burger, Geschäftsführender Gesellschafter der Burger Group, Schonach. Ein Präsidium aus vier Unternehmern und dem Hauptgeschäftsführer Christoph Münzer leitet den wvib.[17]
Der Vorstand, bestehend aus derzeit fünfzehn Unternehmerinnen und Unternehmern, bestimmt die langfristige Ausrichtung des Verbandes. Er berät den Präsidenten und bestellt den Hauptgeschäftsführer. Die Mitglieder des Vorstands werden durch die Mitgliederversammlung auf drei Jahre gewählt.
Ein knapp fünfzigköpfiger, ebenfalls durch die Mitgliederversammlung auf drei Jahre gewählter Beirat, berät den Vorstand.
Weblinks
Einzelnachweise
- Neue Marke, neuer Präsident. Thomas Burger folgt auf WVIB-Präsident Klaus Endress. In: Der Sonntag vom 12. November 2017, S. 16.
- wvib-Strukturdaten 2022 , abgerufen am 30. Januar 2022
- Diese existierten spätestens ab dem 9. Mai 1946, siehe Vermerk in: Einschreiben Geldschrankfabrik Johann Geercken K.G. (Achern), Hr. Witz an Fachvereinigung Gießereien, Maschinen und sonstige Metallverarbeitung, Freiburg, Herrn Reimann, 24. Mai 1946. Landesarchiv Baden-Württemberg / Staatsarchiv Freiburg, Bestand C 38 / 1 (Badisches Ministerium der Wirtschaft und Arbeit), Signatur 491.
- Freiburg im Breisgau: Dr. Magda Scheffelt vom WVIB erhält das Bundesverdienstkreuz in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Ott, Hugo: Der Schwarzwald. Die wirtschaftliche Entwicklung seit dem ausgehenden 18. Jh., in: E. Liehl und W. D. Sick (Hg.), Der Schwarzwald, Beiträge zur Landeskunde (= Veröffentlichungen des Alemannischen Instituts Freiburg i. Br.; Bd. 47), Bühl 1981, S. 390–406.
- http://www.gearvalley.com/ (Memento vom 25. April 2015 im Internet Archive)
- Badische Zeitung: Industriezweig im Schwarzwald. Die Bürstenmacher von Todtnau
- Pforzheimer Zeitung: Die Schwarzwald AG ist jetzt amtlich (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Südbaden TV – Interview mit Dr. Christoph Münzer zum Erfahrungsaustausch
- Industriemesse i+e: Entwicklung der Besucher- und Ausstellerzahlen (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Lachen oder weinen? Das Freihandelsabkommen TTIP ist in aller Munde. Kommentar Hauptgeschäftsführer Christoph Münzer, in: Econo, 30. April 2015, S. 51.
- Resolution „Flüchtlinge: Verpflichtung und Chance“ (PDF-Dokument)
- wvib-Präsident Endress zum Entwurf der Erbschaftsteuer: „Geschlachtete Kühe kann man nicht mehr melken“ (Memento vom 25. März 2016 im Internet Archive), in: Pforzheimer Zeitung vom 10. Juni 2015.
- Schulterschluss für bessere Bildung. Wirtschaftsvertreter in der Region kritisieren Überakademisierung und intransparente Schullandschaft, in: Der Sonntag, 21. Februar 2016, S. 7.
- Endress mag die AfD nicht. wvib-Chef positioniert sich klar, in: Badische Zeitung vom 18. November 2016.
- Einigkeit.Recht.Freiheit. – Worum es geht. Website "Einigkeit.Recht.Freiheit.", Artikel vom 28. März 2017
- Das wvib-Präsidium