Wilhelm Deecke (Sprachforscher)
Ernst Georg Wilhelm Deecke (* 1. April 1831 in Lübeck; † 2. Januar 1897 in Straßburg) war ein deutscher Lehrer und Sprachwissenschaftler und zählte zu den bekanntesten Etruskologen seiner Zeit.
Leben
Wilhelm Deecke besuchte das Lübecker Katharineum, an dem sein Vater Ernst Deecke Lehrer war. Nach dem Studium der Philologie in Leipzig und Berlin war er von 1855 bis 1870 Direktor der Ernestinenschule, einer höheren Mädchenschule in Lübeck.[1] Er wurde in Leipzig zum Dr. phil. promoviert und war ab 1870 Oberlehrer in Elberfeld, 1871 Konrektor des Lyzeums in Straßburg, dessen Leitung er 1879 übernahm. Wegen eines Streits mit der vorgesetzten Behörde und dem Statthalter Edwin von Manteuffel über die Schulpolitik (Deecke war gegen Konfessionsschulen) wurde er 1884 als Schulleiter an das Gymnasium in Buchsweiler zwangsversetzt.[2] 1889 wurde er Direktor des Gymnasiums in Mülhausen. Der als „Urwalddoktor von Lambarene“ bekannte Albert Schweitzer war in der Prima sein Schüler.[3]
Deecke war auf dem Gebiet der Germanistik und klassischen Philologie wissenschaftlich tätig, vor allem aber erforschte er die antiken kyprischen Inschriften und die etruskische Sprache.
Seit seinem Eintritt in die von seinem Vater geleitete Lübecker Loge Zum Füllhorn 1850 war Deecke als Freimaurer aktiv. 1873 war er einer der Begründer der Straßburger Loge Zum treuen Herzen und bis 1879 ihr Meister vom Stuhl. Auf nationaler Ebene gehörte er der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland an.
Wilhelm Deecke war verheiratet mit Therese Struve (1844–1916). Sie hatten drei Kinder. Der älteste Sohn war der Geologe Wilhelm Deecke. Therese Deecke hat Lebenserinnerungen hinterlassen, von denen Teile veröffentlicht wurden.[4]
Schriften
- Rede zur 25jährigen Jubelfeier des Deutsche Reiches am 18. Januar 1896. Verlag Wenz & Peters, Mühlhausen 1896, als PDF downloadbar
- Beiträge zur Auffassung der lateinischen Infinitiv-, Gerundial- und Supinum-Konstruktionen. In: Jahresbericht des Gymnasiums zu Mülhausen i. E. Wenz & Peters, Mülhausen 1890 (uni-duesseldorf.de).
- Die griechischen und lateinischen Nebensätze, auf wissenschaftlicher Grundlage neu geordnet. Decker, Colmar 1887, urn:nbn:de:hbz:061:1-119689.
- Aus meinen Erinnerungen an Emanuel Geibel. Herman Böhlau, Weimar 1885 (Digitalisat).
- Die etruskische Bleiplatte von Magliano. Decker, Colmar 1885, urn:nbn:de:hbz:061:1-119716.
- Plaudereien über Schule und Haus. C.F. Schmidt’sche Universitäts Buchhandlung, Strassburg 1884
- Etruskische Forschungen
- Erstes Heft, I Die Conjunction-c, II Die Genetive auf –al, Albert Heitz, Stuttgart 1875, (Digitalisat )
- Zweites Heft, Das Etruskischen Münzwesen, Albert Heitz, Stuttgart 1876, (Digitalisat )
- Drittes Heft, Die Etruskischen Vornamen, Albert Heitz, Stuttgart 1879, (Digitalisat )
- Viertes Heft, Das Templum von Piacenza, Albert Heitz, Stuttgart 1880, (Digitalisat )
- Fünftes Heft, I Der Dativ larθiale und die Stammerweiterung auf -ali, II Nachtrag zum templum von Piacenza, Albert Heitz, Stuttgart 1882
- Sechstes Heft, Die etruskischen Beamten und Priester-Titel, Albert Heitz, Stuttgart 1884, Digitalisat
- Der Ursprung des altsemitischen Alphabets aus der neuassyrischen Keilschrift. In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Band 31. Leipzig 1877, S. 102 ff. (uni-halle.de).
- Ueber das indische Alphabet in seinem Zusammenhange mit den übrigen südsemitischen Alphabeten. In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Band 31. Leipzig 1877, S. 598 ff. (uni-halle.de).
- Corssen und die Sprache der Etrusker. Eine Kritik. Albert Heitz, Stuttgart 1875 (Digitalisat).
- Wilhelm Deecke, Justus Siegismund: Die wichtigsten kyprischen Inschriften. In: Georg Curtius (Hrsg.): Studien zur griechischen und lateinischen Grammatik. Band 7. S. Hirzel, 1875, ZDB-ID 202289-8, S. 217–264 (Digitalisat).
- Die deutschen Verwandtschaftsnamen. Eine sprachwissenschaftliche Untersuchung nebst vergleichender Anmerkungen. Herman Böhlau, Weimar 1870 (hathitrust.org).
- Wilhelm von Bippen. Ein Lebensbild. Herman Böhlau, Weimar 1867 (hathitrust.org).
- Über die Arbeitsgebiete des weiblichen Geschlechtes und Gründung einer Weiblichen Gewerbeschule. H. G. Rathgens, Lübeck 1866.
- Friedrich Boldemann. Eine Lebensskizze. Verlag H. G. Rathgens, Lübeck 1866
- Über Schiller’s Auffassung des Künstlerberufs. Friedr. Aschenfeldt, Lübeck 1862, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10119316-5.
Literatur
- Carl Pauli: Wilhelm Deecke, in: Beiträge zur Kunde der indogermanischen Sprachen 25 (1899), S. 296–311 (mit Schriftenverzeichnis)
- Franz Kössler: Personenlexikon von Lehrern des 19. Jahrhunderts. Berufsbiographien aus Schul-Jahresberichten und Schulprogrammen 1825–1918 mit Veröffentlichungsverzeichnissen, Band: Daase - Dzialas. Universitätsbibliothek Gießen, 2008, (Digitalisat).
- Heinz Kronasser: Deecke, Ernst Georg Wilhelm. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 554 f. (Digitalisat).
- Karl Pauli: Deecke, Wilhelm. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 47, Duncker & Humblot, Leipzig 1903, S. 636–638.
- Literatur von und über Wilhelm Deecke im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Weblinks
Einzelnachweise
- Herbert Näcke (Hrsg.): Festschrift zum hundertfünfzigjährigen Bestehen der Ernestinenschule 1804-1954, Lübeck 1954, S. 42–43.
- Theodor Maurer: Zum Falle Deecke, Offenes Schreiben eines deutschen Gymnasiallehrers an den Gen. Feldmarschall Frhr. von Manteuffel, J. Diemer, Mainz 1884.
- Albert Schweitzer: Aus meinem Leben und Denken, Richard Meiner, Hamburg, 1956, S. 9. und Albert Schweitzer, Aus meiner Kindheit und Jugendzeit, C.H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München (Copyright 1924), 1951, 88. bis 93. Tausend, Seite 46.
- Aus „Lebenserinnerungen für meine Kinder und Enkel“, in: Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit (Hg.): Der Wagen 1961. Ein Lübeckisches Jahrbuch. , Max Schmidt-Römhild, Lübeck, 1961, Seite 149ff