Werth Messtechnik
Werth Messtechnik GmbH mit Hauptsitz in Gießen ist ein Unternehmen im Bereich der Multisensor-Koordinatenmesstechnik.
Werth Messtechnik GmbH | |
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | 26. April 1951 |
Sitz | Gießen, Deutschland |
Leitung | Ralf Christoph |
Mitarbeiterzahl | etwa 400 |
Branche | Koordinatenmesstechnik |
Website | www.werth.de |
Geschichte
1951–1957
Siegfried Werth gründete im Jahre 1951 eine Apparate- und Maschinenbaufirma in Düsseldorf, die damals Sonder-Messgeräte und Profilprojektoren herstellte. Im Jahre 1955 entwickelte Werth einen kompakten Profilprojektor in Pultbauweise und mit vollständig integriertem optischem Strahlengang. Beim Profilprojektor projiziert die Optik ein maßstäbliches Bild des Messobjekts auf eine Mattscheibe. Mittels einer ebenfalls maßstäblichen transparenten Prüfzeichnung kann ein direkter Vergleich des abgebildeten Werkstückbereichs mit den Zeichnungsmaßen erfolgen. Der Vorteil liegt im schnellen Prüfen mehrerer Merkmale bei einfachster Bedienung. Im Wesentlichen ist jedoch nur eine Gut-Schlecht-Aussage möglich. Um den Profilprojektor neben dem visuellen Zeichnungsvergleich auch zum berührungslosen manuellen Messen einsetzen zu können, wurden diese mit einem Kreuztisch ausgestattet. Dies war die Geburtsstunde des Messprojektors. Profil- und Messprojektoren wurden insbesondere zum berührungslosen manuellen Messen zum Beispiel von Stanzteilen eingesetzt.
1958–1980
1958 siedelte das Unternehmen nach Gießen in Hessen um, in eine Region mit langer Tradition im Bereich der Feinmechanik und Optikfertigung. In den 1970er Jahren entwickelte Siegfried Werth das so genannte »Tastauge«, den ersten optoelektronischen Sensor für Messprojektoren, der ein automatisches Antasten von Objektpunkten gestattet. Er übernimmt die Aufgabe des menschlichen Auges für kontrastreiche Objekte. In Verbindung mit einer CNC-Steuerung ermöglichte es diese Sensorik 1980 erstmals, optische Koordinatenmessgeräte zu automatisieren. Die Messunsicherheit damaliger Geräte lag im unteren Mikrometerbereich.
Nach 1980
Dem Mitte der 1980er Jahre beginnenden Technologiewandel zur digitalen Bildverarbeitung folgte Werth bereits 1987 mit der Vorstellung des Werth Inspector. Dieses Multisensor-Koordinatenmessgerät hatte bereits eine auf Grauwertbildverarbeitung basierte Kantenerkennung, eine integrierte Laser-Abstandssensorik und einen elektronischen 2-Stufen-Zoom. Diese Geräte ermöglichten es nun, auch im Auflicht vollautomatisch Objektkanten in Graustufen zu erkennen und vollautomatisch im CNC-Betrieb zu messen.[1]
Der Durchbruch dieser Technologie begann mit dem VideoCheck im Jahre 1992. Er bot aufgrund der PC-basierten Bildanalyse und seiner Windows-Bedienoberfläche nun preiswerte und leistungsstarke Alternativen zum Projektor. In den Folgejahren wurden weitere Sensoren wie schaltende und messende Tastsysteme, Abstands- und Flächensensoren (Laser, Interferometer, Konfokalmikroskope, Fokusvarianzverfahren) und Mikrotaster in die Messgeräte integriert. Werth hält zum Beispiel ein Patent für den weltweit kleinsten Taster, den Werth Fasertaster WFP,[2][3] mit bis zu 10 µm Tastkugelradius. Dieser Mikrotaster wurde für das Messen kleiner geometrischer Merkmale mit geringsten Antastkräften entwickelt. Aufgrund seines Wirkungsprinzips gehört der Fasertaster neben dem Bildverarbeitungssensor zu den derzeit genauesten Sensoren für Multisensor-Koordinatenmessgeräte.
Ein weiterer Entwicklungsschritt war die Einführung der Röntgentomografie in die Koordinatenmesstechnik.[4][5][6] Auch hier leistete die Werth Messtechnik GmbH Pionierarbeit und präsentierte im Jahre 2005 eine Weltneuheit: Das Werth TomoScope[7] war das erste speziell für die Koordinatenmesstechnik entwickelte Messgerät mit Röntgentomografie.
Durch Auswahl der entsprechenden Röntgenkomponenten (Spannungsbereich der Röntgenröhre, Detektortyp) kann das Gerät für verschiedene Materialien optimal konfiguriert werden. Niedrige Spannungen sind zum Beispiel für das Messen von leicht durchstrahlbaren Kunststoffteilen erforderlich, hohe Spannungen für das Messen von schwerer durchstrahlbaren Metallteilen.
2008 wurde ein neu erbauter Gebäudetrakt mit einer Gesamtfläche von 2500 m2 mit Büros und Räumen für Schulungen und Vorführungen eröffnet. Im gleichen Jahr wurde die Fertigungsfläche um ca. 2500 m2 erweitert.
Produkte/Anwendungsfelder
Die Gerätepalette reicht von Messgeräten für den industriellen Einsatz in der Fertigungskontrolle bis zu hochgenauen Multisensor-Koordinatenmessgeräten mit Messabweichungen von nur einigen zehn Nanometern und umfasst folgende Produktgruppen: Multisensor-Koordinatenmessgeräte, Optische Koordinatenmessgeräte, Koordinatenmessgeräte mit Computertomografie und Mess- und Profilprojektoren.
Beispiele für Anwendungsfelder[8][9][10][11] sind: Luft- und Raumfahrt, Automobilbau, Elektronikindustrie, Schmuckherstellung, Werkzeugbau, Kunststoffspritzen, Medizintechnik, Turbinenbau sowie Aluminium- und Kunststoffextrusion.
Literatur
- A. Weckenmann, B. Gawande: Koordinatenmesstechnik. Carl Hanser, München 1999.
- H. J. Neumann: Koordinatenmesstechnik im industriellen Einsatz. (= Die Bibliothek der Technik. Band 203). moderne industrie, Landsberg 2000.
- Ralf Christoph, Hans Joachim Neumann: Multisensor-Koordinatenmesstechnik. (= Die Bibliothek der Technik. Band 352). sv onpact, München 2013.
- Ralf Christoph, Hans Joachim Neumann: Röntgentomografie in der industriellen Messtechnik. (= Die Bibliothek der Technik. Band 331). sv onpact, München 2011.
Weblinks
Einzelnachweise
- Armin Schilling, Egon Wiegel: Optische Koordinatenmessung – schnell, präzise und sicher. Carl Hanser Verlag, München 1989. (Sonderdruck aus der Zeitschrift Feinwerktechnik & Messtechnik)
- Mikroproduktion 1/2005 / Rauh, Wolfgang: Präzision mit gläserner Faser
- Pressemitteilung Physikalische-Technische Bundesanstalt: "Schnurrende Motoren dank exzellenter Messtechnik (2008)."
- Seite 2 der Dissertation von Dr. Philipp Martin Krämer, Universität Erlangen-Nürnberg (PDF; 3,8 MB)
- Pressebericht des Industrie Portals MM: „Multisensor-Koordinatenmessgerät mit Innovationspreis ausgezeichnet.“
- Golden EuroMold AWARD 2005: Werth TomoScope als herausragende Innovation ausgezeichnet.
- Inpect 1/2005 / Pressemitteilung Werth TomoScope
- Pressebericht MdB Helge Braun anlässlich Förderbescheidübergabe des BMBF (2012) (Memento vom 8. April 2016 im Internet Archive)
- Pressebericht des BMBF zum Verbundprojekt FLEXOMESS
- Beschreibung des BMBF-geförderten Verbundprojektes FunkProMikro (Memento vom 26. November 2013 im Internet Archive) (PDF; 135 kB)
- Pressebericht des Industrie Portals MM zum Forschungsprojekt FunkProMikro