Werner Pirchner
Werner Pirchner (* 13. Februar 1940 in Hall in Tirol; † 10. August 2001 in Innsbruck) war ein österreichischer Jazzmusiker, Komponist, Dichter und Zeichner.
Leben und Wirken
Pirchner begann seine Musikerlaufbahn im Jazz, beschäftigte sich aber schon früh mit der damaligen zeitgenössischen Musik und ihren Theoretikern (Theodor W. Adorno, Arnold Schönberg, Olivier Messiaen u. a.). Ab 1963 war er Vibraphonist des Oscar-Klein-Quartetts. Auf der ersten Platte des Vienna Art Orchestra spielt er Marimbaphon. Gemeinsam mit dem Gitarristen Harry Pepl trat er in den frühen 1980er-Jahren als Pirchner-Pepl-JazzZwio auf, das teilweise mit Adelhard Roidinger als Bassisten zum Trio erweitert wurde. Zwischen 1970 und 1975 traten Pirchner und Pepl regelmäßig in Martin Mumelters Ensemble Concertodrom[1] auf, dem auch Spezialisten für Klassik sowie Alte und Neue Musik angehörten, und das in seinen Programmen Improvisationen der unterschiedlichsten Stilrichtungen mit Kompositionen diverser Epochen verband.
In den letzten 15 Jahren seines Lebens arbeitete er überwiegend als Komponist. 1973 veröffentlichte er seine erste Langspielplatte mit selbstgezeichnetem Cover, ein halbes doppelalbum, die im deutschen Sprachraum ein positives bis begeistertes Medienecho auslöste. Er spielt darauf eine größere Anzahl verschiedener Instrumente im Playback, singt selbstgetextete Lieder, verfremdet bekannte Vorlagen und mischt, fast immer provozierend, Stile und Sounds. Das hat ihm seinen Ruf als Vertreter der Neuen Volksmusik und als Autor „kritischer Heimatmusik“ eingetragen.
Einige der Lieder des halben doppelalbums verwendete er in der Folge in einem Film, den er 1974 zusammen mit Christian Berger produzierte: Der Untergang des Alpenlandes. Er schrieb nicht nur die Musik, sondern auch die Texte und trat im Film als Sänger und Schauspieler auf. Dabei verwendet er ironisch Tiroler Folklore-Stereotype, was ihm heftige Kritik vonseiten konservativer Kreise eintrug. 1975 lud ihn Bert Breit ein, zu einem Film über Tirol, den Breit mit Otto Grünmandl plante, Musik zu komponieren. Daraus entstand das Streichquartett für Bläserquintett, PWV 15.
Österreichweit bekannt wurde Pirchner durch sein Sounddesign für den ORF-Kultursender Ö1 1994, das bis September 2017 in Verwendung war. 1995 komponierte er die Bühnenmusik zu Hofmannsthals Jedermann bei den Salzburger Festspielen. Ein weiterer von einer großen Öffentlichkeit wahrgenommener Auftrag war die Musik zum Fernseh-Pausenfilm des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker am 1. Januar 2000.
Pirchners vielschichtige Musik verbindet auf ungewohnte Weise Elemente aus Jazz, Unterhaltungs- und sogenannter Ernster Musik. Vom elektronisch verarbeiteten Jodler zum schräg harmonisierten Schubert, von einer Hommage für John Cage zur Persiflage der jugendlichen Indienwallfahrer und Drogenkonsumenten, von der parodierten Werbesprache zu noch heute gültigen sozialkritischen Texten spannt sich ein weiter Bogen. Oft changieren seine Arbeiten zwischen unmittelbarer Vitalität und einer Art Metamusik, die sich analytisch mit vielbenutzten Musikmodellen auseinandersetzt. Als Autodidakt hatte Pirchner angefangen; eigenwillig und in kein Stilklischee einzuordnen blieb er bis zu seinem Tod. Eine Webseite mit Aufführungsarchiv und Werkverzeichnis wird von der Witwe Elfriede Pirchner gepflegt.
Auszeichnungen
Werke (Auswahl)
- PWV 1: "ein halbes doppelalbum", 1973
- PWV 2: "Der Untergang des Alpenlandes – Part One", 1974
- PWV 5: "Brechreiz für große Orchester"
- PWV 9: "Präludium und Fiasko für Blasorchester, Vibraphon und Gitarre"
- PWV 11: "Adrette Duette", 1975
- PWV 12: "Good News from the Ziller Valley"
- PWV 13: "Do You Know Emperor Joe?", 1982
- PWV 14: "Kleine Messe um C - für den lieben Gott"
- PWV 15: "Streichquartett für Bläserquintett"
- PWV 18: "Anstatt eines Denkmals für den Bruder meines Lehrers, der im Krieg, weil er sich weigerte, Geiseln zu erschießen, ermordet wurde"
- PWV 20: "Two War- and Peace-Choirs"
- PWV 22: "Firewater-Music aus Die drei Jahreszeiten"
- PWV 23: "Emigranten Symphonie"
- PWV 26: "Geschichten aus dem Wienerwald" – Bühnenmusik
- PWV 29: "Heimat?"[2]
- PWV 30: "Shalom?"
- PWV 31: "Wem gehört der Mensch ... ?"[3]
- PWV 32: "Zwentendorf – Wackersdorf... Ein Spaziergang!… nach Tschernobyl!"
- PWV 36: Born for Horn
- PWV 39: "Die Bewässerung von Mitteleuropa"
- PWV 40: "Mit FaGottes Hilfe"
- PWV 44: "Birthdays"
- PWV 47: "Ein Jedermann" – Bühnenmusik
- PWV 53: "Feld-, Wald- und Wiesen-Soli" für Horn solo
- PWV 56: "Viertes, fast fertiges Blech-Quintett"
- PWV 60: "Noten für die Pfoten"
- PWV 63: "Heute... war Gestern Morgen. Heute... ist Morgen Gestern"
- PWV 66: "Sound Design für das Kultur-Radio Österreich 1"
- PWV 70: "Bühnenmusik zu Jedermann bei den Salzburger Festspielen am Domplatz beziehungsweise im Festspielhaus"
- PWV 74: "Knoblauch meets Garlic"
- PWV 75: "Glück und Glas" Auftragswerk zur Eröffnung der Swarovski Kristallwelten
- PWV 79: "Posaunen-Konzert für Blech-Quintett oder Der Strich des Radierers"
- PWV 82: "Der anwesende Komponist (mit offenem Hemd und Turnschuhen) biß dem begeistert applaudierenden Publikum genüßlich etwas auf seinem Kaugummi vor"
- PWV 83: "Versuch über das Fliegen… mit oder ohne Hilfsmittel"
- PWV 87: "Festliche Trio-Fanfare... &:...Wo ist die Kohle?"
- PWV 100: "100 praktische Kompositionen für gute Orchester"
- PWV 124: "Neue Fanfare zur Eröffnung der Wiener Festwochen"
- PWV 127: "3 Klare für Klarinette"
- PWV 129: "Die Geschichte vom Zuckerl, von der Prinzessin und von der absahnenden Creme" – Bühnenmusik
Auswahldiskographie
- Ein halbes Doppelalbum (Selbstverlag, 1973)
- EU (ECM, 1986)
- A-naa-nas Ba-naa-nas (mit Vienna Brass) (MSI, 1990)
- Dur (Selbstverlag, 1995)
- Ö1 Signations (ORF, 2017)
Mit anderen
- "Gegenwind" – Pirchner-Pepl-Jazzzwio (Mood Records, 1980)
- "Schattseite" – Adelhard Roidinger, Heinz Sauer, W. Pirchner, H. Pepl und Michael Di Pasqua, (ECM 1982)
- "Live, Montreux '81" – Pirchner-Pepl-Jazzzwio (Wea Music, 1981)
- "Werner Pirchner, Harry Pepl, Jack DeJohnette" (ECM, 1983)
- "Live in Concert Montreux 1981, Innsbruck 1984" – Jazzzwio (Universal Music, 2009) CD + DVD
Siehe auch
Weblinks
Belege
- Concertodrom
- Pirchner – PWV 29b | Claus-Christian Schuster. Abgerufen am 22. Oktober 2018 (deutsch).
- Pirchner – PWV 29b | Claus-Christian Schuster. Abgerufen am 22. Oktober 2018 (deutsch).