Welthungerhilfe
Die Deutsche Welthungerhilfe e. V. ist eine deutsche Hilfsorganisation der Entwicklungszusammenarbeit und der Nothilfe mit Sitz in Bonn.[1] Seit ihrer Gründung im Jahr 1962 hat sie mit rund 4,2 Milliarden Euro über 10.369 Hilfsprojekte in 70 Ländern Afrikas, Lateinamerikas und Asiens durchgeführt.[2]
Welthungerhilfe (Welthungerhilfe) | |
---|---|
Rechtsform | eingetragener Verein |
Gründung | 14. Dezember 1962 |
Sitz | Bonn (⊙ ) |
Zweck | Entwicklungszusammenarbeit, development cooperation, humanitäre Hilfe |
Vorsitz | Marlehn Thieme |
Geschäftsführung | Mathias Mogge |
Umsatz | 283.455.079 Euro (2020) |
Beschäftigte | 476 (2020) |
Freiwillige | 26 (2018) |
Mitglieder | 28 (2018) |
Website | www.welthungerhilfe.de |
2020 gab es 539 Auslandsprojekte in 35 Ländern, 45 überregionale Projekte und 9 Inlandsprojekte.[3] Der Verein bezeichnet sich als konfessionell und politisch unabhängig und hatte 2020 weltweit 3.082 Mitarbeiter aus 67 Nationen. Der Steuerstatus ist gemeinnützig und mildtätig. Er trägt das Spenden-Siegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen.[4] Im Dezember 2014 wurde die Welthungerhilfe mit World Vision als transparenteste Organisation in Deutschland ausgezeichnet.[5] Die Welthungerhilfe ist seit 2005 Mitglied im Bündnis Entwicklung Hilft.[6]
Ziele und Prinzipien
Die Organisation hat sich zum Ziel gesetzt, Hunger aus der Welt zu schaffen. Nach dem Grundprinzip Hilfe zur Selbsthilfe[7] unterstützt sie mit lokalen Organisationen Menschen in Entwicklungsländern dabei, sich aus Hunger und Armut zu befreien und nachhaltig zu versorgen. Außerdem möchte die Welthungerhilfe durch Projekte in Deutschland das Bewusstsein für globale Probleme in der deutschen und europäischen Öffentlichkeit und Politik stärken.[8]
Geschichte
Der Verein wurde 1962 auf Initiative des damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke als Deutscher Ausschuss für den Kampf gegen den Hunger gegründet. Sie bildete die deutsche Sektion der Freedom From Hunger Campaign, die 1961 vom Generaldirektor der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen, Binay Ranjan Sen, ins Leben gerufen worden war. 1967 erfolgte die Umbenennung in die heutige Bezeichnung. Ehrenamtliche Vorstandsvorsitzende (Änderung der Amtsbezeichnung im Jahr 2008 zu Präsident) der Organisation waren:
- 1962–1965: Fritz Dietz
- 1965–1968: Hans-Joachim von Merkatz
- 1968–1973: Heinrich Kraut Präsident der Organisation.[9]
- 1973–1984: Claus W. Broicher
- 1984–1995: Helga Henselder-Barzel
- 1996–2008: Ingeborg Schäuble
- 2008–2018: Bärbel Dieckmann (Amtsbezeichnung nach Änderung der Führungsstruktur: Präsidentin)
- seit 2018: Marlehn Thieme
Struktur
Seit ihrer Gründung ist der jeweilige Bundespräsident Schirmherr der Organisation. Im Jahr 2008 gab sich der Verein eine neue Führungsstruktur. Präsidentin wurde im November 2018 die Juristin und u. a. Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung Marlehn Thieme; ihr Stellvertreter ist der Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung der Universität Bonn Joachim von Braun. Organisatorisch wird der Verein von einem siebenköpfigen ehrenamtlichen Präsidium geleitet, das einen hauptamtlichen Vorstand einsetzt.[10][11] Generalsekretär und Vorstandsvorsitzender ist seit September 2018 Mathias Mogge, der Till Wahnbaeck nachfolgte.[12]
Finanzierung
Trotz eines schnell anwachsenden privaten Spendenaufkommens seitens der Bevölkerung (2019: 56,6 Millionen Euro) wird die Vereinsarbeit weiterhin mehrheitlich aus öffentlichen Zuwendungen finanziert (2019: 189,5 Millionen Euro).[13] Die größten öffentlichen Geldgeber sind das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP), das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die EU-Kommission und das Auswärtige Amt. Abgesehen von diesen Haupteinnahmequellen werden zudem Erträge aus den Posten „Stiftung Welthungerhilfe“ (2019: 0,5 Millionen Euro) und „Zinsen und übrige Erträge“ (2019: 3,1 Millionen Euro) erzielt. Der Verwaltungsanteil der Organisation betrug 2019 2,4 % (2018: 3,2 %). Weitere 4,6 % flossen 2019 in Werbung und Öffentlichkeitsarbeit (2018: 5,1 %).[13]
Aktivitäten
Neben der unmittelbaren Katastrophenhilfe unterstützt die Welthungerhilfe Menschen in Entwicklungsländern hauptsächlich in den Bereichen ländliche Entwicklung, Ernährungssicherung und zu Zeiten der Covid-19-Pandemie auch verstärkt in der Hygiene. Darüber hinaus werden Projekte für die Wiederherstellung der Basisinfrastruktur (Schulen, Straßen etc.), die soziale Integration und Bildung, den Aufbau der Zivilgesellschaft und der Gesundheitsvorsorge durchgeführt.
In Deutschland und Europa setzt sich die Welthungerhilfe gemeinsam mit anderen Organisationen kritisch mit der gegenwärtigen Entwicklungspolitik auseinander und wirkt entsprechend auf die staatlichen Stellen ein. Im Jahr 2019 wurde in Deutschland durch 9 verschiedene Projekte das Bewusstsein für globale Probleme in der deutschen und europäischen Öffentlichkeit und Politik gestärkt. Die Inlandsprojekte informieren über die Themen Hunger und Armut und fördern aktives Engagement für eine Welt ohne Hunger. Außerdem veröffentlicht sie z. B. regelmäßig gemeinsam mit dem Kinderhilfswerk terre des hommes einen Bericht zur Wirklichkeit der Entwicklungshilfe.[14] Die Welthungerhilfe ist Mitglied im deutschen Dachverband der entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen VENRO. Gemeinsam mit dem Netzwerk Alliance2015, einem Verbund von acht europäischen Hilfsorganisationen, betreibt sie politische Lobbyarbeit auch auf europäischer Ebene. Sie fördert zudem eine zeitgemäße Auseinandersetzung mit entwicklungspolitischen Themen im Schulunterricht durch eine Reihe eigener Materialien und bietet eine Reihe von Mitmachaktionen an.[15]
Ehrenamtliche Helfer unterstützen den Verein mit Veranstaltungen, in denen Spenden für die Hilfsprojekte eingeworben werden.[16]
Der Welthunger-Index wurde von 2006 bis 2018 jeweils im Oktober von der Welthungerhilfe, dem Internationalen Forschungsinstitut für Ernährungspolitik und seit 2007 der Organisation Concern Worldwide herausgegeben.[17]
Transparenz
Das Analysehaus Phineo führte im Jahr 2014 eine Transparenz-Studie durch und testete 50 Spendenorganisationen in verschiedenen Kategorien. Es wurde ermittelt, wie transparent die Organisationen über ihre Strategie, Aktivitäten und Wirkung informierten. Die Welthungerhilfe legt ihre Arbeit auf ihrer Website transparent dar[18] und wurde daraufhin im Dezember 2014 gemeinsam mit der Hilfsorganisation World Vision als transparenteste Organisation in Deutschland ausgezeichnet.[19]
Weblinks
Einzelnachweise
- Satzung
- Jahresbericht 2020, S. 10
- https://www.welthungerhilfe.de/ueber-uns/transparenz-qualitaet/jahresbericht/
- http://www.dzi.de/spenderberatung/datenbanksuchmaske/suchergebnisse/?11280
- Spiegel-Online Artikel „Ranking der Top 50 Spendenorganisationen“
- Über uns. In: Bündnis Entwicklung Hilft. Abgerufen am 28. Oktober 2021 (deutsch).
- https://www.welthungerhilfe.de/ueber-uns/unsere-arbeit/vision/
- Aufgaben und Ziele der Welthungerhilfe
- Ernst Klee: Deutsche Medizin im Dritten Reich – Karrieren vor und nach 1945. Fischer, Frankfurt/M. 2001, ISBN 3-10-039310-4, S. 14.
- Dieckmann ist neue Welthungerhilfe-Chefin (Memento vom 4. Dezember 2008 im Internet Archive) Express vom 27. November 2008
- Mitgliederversammlung wählt heute neues Präsidium der Welthungerhilfe in Berlin (Memento vom 21. Dezember 2011 im Internet Archive)
- Welthungerhilfe: Pressemitteilung „Wechsel an der Spitze der Welthungerhilfe“. Abgerufen am 26. September 2018.
- Welthungerhilfe Jahresbericht. Welthungerhilfe, abgerufen am 14. September 2019.
- Bericht zur Wirklichkeit der Entwicklungshilfe
- Mitmachaktionen der Welthungerhilfe
- Freunde und Unterstützer der Welthungerhilfe (Memento vom 7. August 2015 im Internet Archive)
- Der Welthunger-Index 2014
- Transparenzseite der Welthungerhilfe
- Spiegel-Online Artikel „Ranking der Top 50 Spendenorganisationen“