Wasserversorgung Münchens
Die Wasserversorgung Münchens wird seit 1883 hauptsächlich durch Quellwasser aus dem Mangfalltal gewährleistet. Etwa 80 % des Leitungswasser in München stammt von dort. Weitere Fördergebiete sind die Münchner Schotterebene und das Loisachtal bei Oberau. Über Leitungen wird das Wasser drei großen Speicherbehältern zugeführt, bevor es in das Leitungsnetz Münchens eingespeist wird. Das Münchner Leitungswasser hat dadurch eine hervorragende Qualität.
Die Wasserversorgung wird von den Stadtwerken München betrieben. Um die Abwasserwirtschaft kümmert sich die Münchner Stadtentwässerung mit der Münchner Kanalisation.
Geschichte
In München liegt unter dem eiszeitlichen Schotter eine Letten-Schicht, die als weitgehende Wassersperre dient. Oberflächenwasser und Grundwasser sind durch sie getrennt. Als die Qualität des Oberflächenwassers durch Abfälle und Einleitungen nicht mehr genügte, wurde das Trinkwasser über Zieh- und Pumpbrunnen aus dem Grundwasser gewonnen. Im 15. Jahrhundert begann man, Quellen am Isarhang zu fassen und das Wasser über Rohrleitungen aus durchbohrten Holzstangen (Deichel) in die Altstadt zu leiten, wo es Laufbrunnen speiste. Ab dem 16. Jahrhundert wurden in München Brunnhäuser errichtet, bei denen Trinkwasser aus dem Grundwasser in Wassertürme hochgepumpt wurde, wo es zunächst in kupfernen Behältern gesammelt wurde, um dann über Röhren verteilt zu werden. Die Energie zum Antrieb der Wasserpumpen wurde über Wasserräder gewonnen, die in die Münchner Stadtbäche eingehängt waren. Durch die Aufbewahrung oben in dem Turm bekam das Wasser den für die Verteilung notwendigen Druck. Auch wenn die Fördermenge immer weiter gesteigert wurde, waren 1885 noch weniger als die Hälfte der Einwohner Münchens an das Leitungsnetz angeschlossen, die anderen bezogen ihr Wasser weiter aus Brunnen.
1872 starben 400 Münchner bei einer Typhusepidemie, die durch verseuchtes Wasser ausgelöst wurde.[1] Deshalb wurde ab 1879 überlegt, München mit reinem Wasser aus dem Voralpenland zu versorgen, das Mangfalltal schien besonders geeignet.[2] Seit 1883 bekommen die Münchner Trinkwasser von dort.[3] Seit 1984 ist auch das Loisachtal als Quellgebiet erschlossen.
Bis 2008 wurde das Wasser zunächst in drei Hochbehälter in Deisenhofen (erbaut 1881–1883), Kreuzpullach (erbaut 1933–1936) und im Forstenrieder Park (erbaut 1964–1965) geleitet, die zusammen 300 Millionen Liter Wasser fassten.[4][5] Im Juni 2008 wurde eine neue unterirdische Druckwasserleitung in Betrieb genommen.[2] Das gesamte Versorgungsnetz der Stadtwerke München ist heute etwa 3.200 Kilometer lang.[1]
Gewinnungsgebiet
Im Gegensatz zu vielen anderen Städten wird München fast ausschließlich mit Quellwasser versorgt. Das Wasser stammt aus zwei Quellgebieten im Mangfalltal und im Loisachtal. Nur ausnahmsweise wird zusätzlich Grundwasser aus der Münchner Schotterebene verwendet. Die Entnahmemenge beträgt in allen Gebieten nur einen Bruchteil der Neubildungsrate.[5] Die Herkunft des Wassers unterscheidet sich je nach Standort in München.[2]
Mangfalltal
Der Großteil des Münchner Leitungswassers – 3.400 Liter pro Sekunde und damit 80 Prozent des Bedarfs[5][1] – stammt aus dem rund 40 Kilometer entfernten Mangfalltal in der Gegend um Thalham. Drei Quellfassungen (die Reisacher Fassung, die Gotzinger Hangquellfassung und die Mühlthaler Quellfassung) sammeln das Wasser.[1] Dann wird es durch eine unterirdische Druckleitung nach München transportiert. Der Höhenunterschied erzeugt genug Druck, um auch höhere Stockwerke mit Wasser zu versorgen. Auf dem ganzen Weg ist kein zusätzlicher Energieaufwand durch Pumpen notwendig.[2]
Um die Trinkwasserqualität zu erhalten, kaufen die Stadtwerke München Grundstücke im Quellgebiet an und verpachten diese unter Wasserschutzauflagen an Landwirte.[6] Trotz dieser Maßnahmen stiegen über Jahrzehnte die Nitrat- und Pestizidwerte an. Langfristig war ein Erreichen der Grenzwerte der Trinkwasserverordnung abzusehen.[3] Um auch die benachbarten Landwirte vom ökologischen Landbau zu überzeugen, gründeten die Stadtwerke München 1992 gemeinsam mit den Vereinen Bioland und Naturland die Initiative Öko-Bauern. Landwirtschaftsbetriebe im Einzugsgebiet der Wassergewinnung können sich zur Schonung von Boden und Gewässer sowie artgerechter Tierhaltung verpflichten und erhalten dann im Gegenzug finanzielle Förderung durch die Stadtwerke München. Dadurch ist nach eigener Aussage das „größte zusammenhängende ökologisch bewirtschaftete Gebiet“ Deutschlands entstanden.[6]
Bei Spitzenbedarf wird Grundwasser aus Brunnen bei Thalham beigemischt.[2]
Loisachtal
Ein weiteres Quellgebiet ist das Loisachtal rund um Garmisch-Partenkirchen. Von dort werden bis zu 2.500 Liter Wasser pro Sekunde gefördert.[5]
Schotterebene
Bei hohem Bedarf und während Wartungsarbeiten wird zusätzlich Grundwasser aus Brunnen in der Münchner Schotterebene gefördert. Die Leistungsgrenze liegt bei 5.600 Liter Wasser pro Sekunde.[5]
Wasserqualität
Der Schadstoffgehalt bewegt sich „weit unterhalb der zulässigen Grenzwerte“.[5] Die Wasserhärte ist dagegen mit 16,6 °dH hoch.[7] Die Wasserqualität ist so hoch, dass die Stadtwerke mit der Marke M-Wasser dafür werben, Leitungswasser statt Mineralwasser zu trinken.[1]
Bei der Verbesserung der Wasserqualität verfolgen die Stadtwerke München das Motto: „Vorausschauender Wasserschutz ist sinnvoller als aufwändige Reinigung und Aufbereitung.“ Normalerweise kann das Münchner Trinkwasser unbehandelt genutzt werden.[3] Nur an wenigen Tagen im Jahr wird das Wasser mit Chlor versetzt.[5]
Täglich werden Wasserproben im Labor untersucht. Um eine mögliche Trinkwasservergiftung früh zu erkennen, werden zudem Aquarien mit dem Wasser aus den Quellgebieten versorgt. Die darin lebenden Fische werden regelmäßig überprüft. Außerdem sind alle Zugänge zu Brunnen und Wasserbehältern elektronisch gesichert. Mit diesen beiden Maßnahmen reagierten die Stadtwerke 1972 auf Attentatsdrohungen anlässlich der Olympischen Spiele in München.[1]
Verbrauch
2003 wurden in München durchschnittlich 315 Millionen Liter Wasser pro Tag verbraucht. Das waren rechnerisch etwa 230 Liter pro Kopf. Davon wurden 128 Liter tatsächlich im Haushalt verbraucht, der Rest durch Gewerbe und Industrie.[5]
Betrieb
Die Wasserversorgung Münchens ist in kommunaler Hand – wie der Großteil der Wasserversorgung in Deutschland[8]. Die Dienstleistung erfolgt durch die Stadtwerke München GmbH.
Sonstiges
- 125 öffentliche Brunnen in München werden mit Trinkwasser versorgt.[9]
- Der M-Wasserweg ist ein Radwanderweg, der von Gmund am Tegernsee bis München über 20 Stationen mit Informationen zur Trinkwassergewinnung führt.[10]
- Wegweiser des M-Wasserwegs
- Infotafel des M-Wasserwegs
Literatur
- Christian Ude (Hrsg.): Quellen für München. Carl Hanser Verlag, München 2008, ISBN 3-446-41457-6.
- Stadtwerke München (Hrsg.): Hundert Jahre Münchner Wasserversorgung. 1883–1983. Selbstverlag, München 1983.
- Stadtwerke München (Hrsg.): M/Wasser – Erstklassiges Naturprodukt direkt von der Quelle Selbstverlag, München 2016.
- Johannes Bähr, Paul Erker: NetzWerke. Die Geschichte der Stadtwerke München. Piper Verlag, München 2017, ISBN 978-3-492-97731-9.
Weblinks
- Trinkwassergewinnung für München. In: swm.de. Stadtwerke München GmbH
- Innenansicht des Wasserschlosses Reisach auf erde-in-bildern.com
Einzelnachweise
- Leo Frühschütz: Kontrolle ist alles. In: Schrot & Korn Naturkostmagazin. bio verlag, abgerufen am 3. Februar 2013.
- Trinkwassergewinnung. In: Stadtwerke München. Abgerufen am 31. Mai 2019.
- Wasserversorgung München im Mangfalltal. (PDF) Steckbriefe zur wirksamen WRRL-Umsetzung. In: wrrl-info.de. GRÜNE LIGA e.V., Dezember 2007, abgerufen am 3. Februar 2013.
- Gerhard Merkl: Trinkwasserbehälter. Planung, Bau, Betrieb, Schutz und Instandsetzung. Oldenbourg Industrieverlag, München 2005, ISBN 3-486-63064-4, S. 34.
- Martin Thurau, Philipp Wolff: Ein Prosit auf Mangfall und Loisach. In: Süddeutsche.de. Süddeutscher Verlag, 11. Mai 2010, abgerufen am 3. Februar 2013.
- Trinkwasserschutz. In: Stadtwerke München. Abgerufen am 3. Februar 2013.
- Münchner Trinkwasser-Analysewerte. (PDF) Stand: Januar 2017. Stadtwerke München, Januar 2017, abgerufen am 24. Juli 2017.
- Marc Steinhäuser: Alles im Fluss. Wassergeschäft bringt kaum Profit. In: Süddeutsche.de. Süddeutscher Verlag, 17. Mai 2010, abgerufen am 3. Februar 2013.
- Liste der Münchner Städtischen Frischwasserbrunnen. (PDF) (Nicht mehr online verfügbar.) In: muenchen.de. Landeshauptstadt München, Baureferat, September 2011, ehemals im Original; abgerufen am 3. Februar 2013. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
- M-Wasserweg. In: swm.de. Stadtwerke München, abgerufen am 13. Februar 2018.