Wasserstadt Limmer
Wasserstadt Limmer ist der Name eines in Bau befindlichen städtebaulichen Großprojektes im Stadtteil Limmer in Hannover in Niedersachsen. Auf einer 23 Hektar großen Industriebrache, die halbinselartig zwischen zwei Gewässern liegt, entstehen Wohnungen sowie Geschäfts- und Bürogebäude. Im ersten von drei Bauabschnitten, der 2019 begann und bis 2022 abgeschlossen sein soll, entstehen 550 Wohnungen. Insgesamt sind 1800 Wohnungen geplant, deren komplette Fertigstellung für 2029 vorgesehen ist.
Vorgeschichte
Das Areal der geplanten Wasserstadt Limmer liegt zwischen dem Stichkanal Hannover-Linden und dem Verbindungskanal zur Leine. Es ist ein früheres Betriebsgelände der gummiverarbeitenden Industrie. Darauf nahm 1899 die Hannoversche Gummikamm AG die Produktion auf, die sich 1912 in Hannoversche Gummiwerke Excelsior umbenannte. Hergestellt wurden vor allem technische Gummiartikel und Reifen. In der Blütezeit des Unternehmens hatte das Werk bis zu 6000 Beschäftigte (1922); 1939 waren es noch 4.100 Mitarbeiter. 1928 ging der Betrieb an die Continental AG über. Während des Zweiten Weltkriegs bestand auf dem Betriebsgelände ein Barackenlager für Zwangsarbeiter mit zehn Wohnbaracken für 1.220 Personen, außerdem ab Juni 1944 mit dem KZ-Außenlager Hannover-Limmer ein Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme mit bis zu 1000 weiblichen Häftlingen, die aus dem KZ Ravensbrück und gegen Kriegsende aus dem KZ Hannover-Langenhagen kamen. Nach dem Krieg setzte die Continental AG die Produktion auf dem als Werk Limmer bezeichneten Betriebsgelände bis zu seiner Schließung im Jahr 1999 fort.
- Das Firmengelände 1912
- Nicht denkmalgeschützte Werkshalle von 1898, abgerissen 2018
- Früheres Werksgebäude am Stichkanal Hannover-Linden, 2015
- Landseite desselben Werksgebäudes, 2015
Geländeumwandlung
Nach der 1999 erfolgten Stilllegung des Werkes Limmer der Continental AG entstanden Pläne für eine Nachnutzung des Fabrikgeländes zur Wohnbebauung. Im Jahr 2002 erfolgte die Ausweisung der Industriebrache als Baugebiet.
Nach einem städtebaulichen Wettbewerb zur Bebauung des Areals folgte 2003 die Entscheidung, dass auf dem 23 Hektar großen Gelände Wohnhäuser sowie Geschäfts- und Bürogebäude entstehen sollen. Die Erhaltung der denkmalgeschützten Fabrikgebäude blieb zunächst offen. Der seit 1999 leerstehende Werkskomplex wurde in den Folgejahren zum Ziel von Jugendlichen, aber auch von Fotografen und Graffiti-Aktivisten.[1] Zunächst wurden die jüngeren, nicht denkmalgeschützten Gebäudetrakte abgerissen. 2009 wurde ein Teil der Gebäudekomplexe gesprengt. Es kam zum Abtrag von kontaminiertem Erdreich und zum Auftrag einer zwei bis vier Meter mächtigen Sandschicht.[2] 2017 war die Sanierung des Geländes abgeschlossen. Der denkmalgeschützte Wasserturm des Werksgeländes bleibt als zentrales Element und Wahrzeichen der Wasserstadt erhalten. Er ist etwa 100 Jahre alt und 50 Meter hoch. 2016 wurde der Turm für eine Million Euro saniert.[3]
Bauplanungen
2010 ging die Stadtverwaltung Hannover von einem Entwicklungszeitraum von mind. 15 Jahren aus, in dem in mehreren Bauabschnitten 600 Wohneinheiten sowie in geringem Umfang Flächen für Kleingewerbe oder auch Mischnutzungen entstehen sollten. Besonderes Augenmerk werde auf die Gestaltung der Uferzonen gerichtet, die für die Öffentlichkeit zugänglich sein würden.[4] Im Dezember 2011 waren die Planungen als „Konzept für die Bebauung“ mit vier als „dorfähnlich“ bezeichneten Bebauungsbereichen von der Stadtverwaltung Hannover konkretisiert worden.[5] Demnach sollte die Wasserstadt abschnittsweise von Osten nach Westen bebaut werden.
2013 wurde zur Realisierung der Wasserstadt Limmer eine Projektentwicklungs GmbH gegründet, die ein Gemeinschaftsunternehmen der Volksbank und der Günter Papenburg AG ist. Das Bauprojekt auf rund 230.000 m² soll in fünf Bauabschnitten entstehen. Der erste Bebauungsplan sollte 2012 aufgelegt werden, so dass 2013 Baubeginn hätte sein können. Die bestehenden denkmalgeschützten Gebäude im Südwesten der künftigen Wasserstadt sollen erhalten bleiben und von Dienstleistungsbetrieben genutzt werden. Diese Gebäude erfüllen nach Einschätzung der Planer und des Investors Günter Papenburg im Übrigen eine wichtige Funktion: Sie schirmen das Gelände vom Schall der westlich gelegenen Güterumgehungsbahn Hannover ab. 2017 befürwortete der Investor Günter Papenburg den Abriss der denkmalgeschützten Fabrikgebäude wegen Unbewohnbarkeit durch Giftrückstände in der Bausubstanz. Wenn der zweite und dritte Bauabschnitt in Angriff genommen wird, müsste die Stadt wahrscheinlich die Schallschutzwand an der Bahntrasse verlängern und um drei Meter erhöhen.
Die 2013 vorgelegten Planungen des ersten Bauabschnitts umfassten 2000 Wohneinheiten auf rund 80. 000 m². Wegen fehlender Bürgerbeteiligung und zu dichter Bebauung wurde der Bebauungsplan vom Bezirksrat abgelehnt.
2014 stellte die Stadtverwaltung Hannover aufgrund der zunehmenden Wohnungsnot ein neues Konzept mit bis zu 2200 Wohneinheiten für 5000 Bewohner in vier bis achtgeschossiger Bauweise vor.[6] Dagegen gab es aus Teilen der Politik und von Bürgern Einwände.[7] Seit Herbst 2014 läuft ein neues Bürgerbeteiligungsverfahren.[8] Im Mai 2015 wurden Ziele zwischen 1000 und 1800 Wohneinheiten diskutiert.[9] Im August 2016 beschlossen Bau- und Umweltausschuss des Rates den Bau von weniger als 2000 Wohnungen für deutlich mehr als 3000 Menschen. Im ersten Bauabschnitt nahe dem Dorfkern von Limmer, für den die Auslage der Pläne zur Bürgerbeteiligung beschlossen wurde, sind 20 % Sozialwohnungsbau vorgesehen.[10] Nachdem bis Dezember 2017 vorbereitend am Grundstück gearbeitet und eine Betonmischanlage errichtet wurde, sollte der Bau der Häuser des ersten Bauabschnitts von 2018 bis 2019 dauern.[veraltet][11] Dabei sollten im östlichen Bereich des Geländes 500 Wohnungen entstehen[12]. Der Baubeginn ist allerdings erst 2019 erfolgt und der erste Bauabschnitt wird 2020 nicht fertiggestellt sein.
Weblinks
- Website der Investoren zum Bauprojekts Wasserstadt Limmer
- Beschreibung der Wasserstadt Limmer bei hannover.de
- Sonderseite zur Wasserstadt Limmer der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung
- Website der Bürgerinitiative Wasserstadt Limmer
- Beschreibung bei linden.entdecken.de
- Übersichtsplan, auf der Seite des Investors
- Luftaufnahmen des Geländes als Video, aus 2014: Conti Flycam auf YouTube, abgerufen am 29. April 2019. Nach Turmsanierung und Abriss Gebäudeteil, April 2019: Conti Ruine auf YouTube, abgerufen am 29. April 2019.
Einzelnachweise
- Kurt Wolter: Graffiti-Kunst am Conti-Gelände, Hannover
- Neues vom alten Conti-Gelände bei myheimat.de von 2012
- Der Conti-Turm der zukünftigen Wasserstadt Limmer erstrahlt in neuem Glanz – doch vorher hatte er seinen morbiden Charme bei myheimat.de von 2017
- Stadt Hannover: Sachstand Projekt Wasserstadt Limmer Stand März 2010 (Memento vom 18. Januar 2012 im Internet Archive), Internetpräsentation der Stadtverwaltung Hannover, abgerufen am 17. Feb. 2012.
- Konzept für Wasserstadt in Limmer vorgelegt. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung, 19. Dezember 2011. Abgerufen am 21. Juni 2013.
- Limmer – So geht’s weiter mit der Wasserstadt. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung. Abgerufen am 27. Mai 2015.
- Bauprojekt in Limmer – Wasserstadt-Pläne gehen zurück auf null. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung. Abgerufen am 27. Mai 2015.
- Bürgerbeteiligung | Wasserstadt Limmer | Bürgerbeteiligung & Engagement | Politik | Leben in der Region Hannover | Hannover.de | Home - hannover.de. In: www.hannover.de. Abgerufen am 27. Mai 2015.
- Erstmals Zahlen genannt – Wasserstadt soll 3000 Menschen Platz bieten. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung. Abgerufen am 27. Mai 2015.
- Hannoversche Allgemeine Zeitung, Hannover, Niedersachsen, Germany: Beschluss über den Start in der Wasserstadt Limmer – HAZ – Hannoversche Allgemeine. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung. Abgerufen am 6. November 2016.
- Baubeginn der Wasserstadt im Frühjahr | Wasserstadt Hannover. Abgerufen am 6. Dezember 2017 (deutsch).
- Wasserstadt: 1. Bauabschnitt in Arbeit – Baubeginn 2018 – Pressekonferenz bei hallolindenlimmer.de vom 6. Dezember 2017