Wasserschloss Quilow
Das Wasserschloss Quilow ist ein Herrenhaus im Ortsteil Quilow der Gemeinde Groß Polzin im Landkreis Vorpommern-Greifswald. Es gehört zu den wenigen erhaltenen Renaissanceanlagen in Mecklenburg-Vorpommern. Die Sanierung ist ein umfangreiches Modellprojekt der „Stiftung Kulturerbe im ländlichen Raum Mecklenburg-Vorpommern“.
Geschichte
Quilow war bis zum Ende des 15. Jahrhunderts im Besitz des Klosters Stolpe und wurde dann von der pommerschen Adelsfamilie von Owstin erworben. 1485 wurde Quilow in einem Lehnsbrief des Herzogs Bogislaw X. für Hans und Claus von Owstin genannt. 1550 erbte Roleff von Owstin das Gut und erbaute, wohl zwischen 1560 und 1570, das Wasserschloss. Seine Grabplatte befindet sich in der Quilower Kirche.
Nach dem Aussterben der männlichen Linie der Owstinen auf Quilow mit August Philipp von Owstin († 1855) kam das Gut 1858 durch Los an dessen dritte Tochter Sophia Carolina Friederike, die Frau des Landschaftsrates Carl Heinrich von Ploetz auf Stuchow, Kreis Cammin, und diente später als deren Witwensitz. Von 1885 bis 1920 stand das Gebäude leer. Dann erfolgte ab 1920 eine Renovierung mit behutsamer Neugestaltung baufälliger Teile der Anlage durch den letzten Besitzer Major a. D. Claus von Ploetz. Dieser wurde 1945 enteignet.
Zu DDR-Zeiten waren im Gebäude Wohnungen, eine Poststelle, eine Turnhalle für die örtliche Schule u. a. untergebracht. Von 1958 bis 1967 erfolgt eine erneute Restaurierung der Anlage. Im Zuge dieser Maßnahme wurde der Wassergraben größtenteils zugeschüttet, was zu statischen Problemen führte.
Nach der Wende wurde das Wasserschloss 1992 „leergezogen“.[1] Trotz mehrerer Kaufinteressenten gelang es nicht, das Gebäude zu privatisieren. Es blieb im Besitz der Gemeinde Groß Polzin. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz erfolgten seit 1992/93 grundlegende Bemühungen um die Sanierung des Gebäudes.[2] Neben einer Neueindeckung des Daches und einer Fundamentsicherung versuchte man sich an der statischen Sicherung mit Hilfe massiver Stahleinbauten. Diese Arbeiten endeten nach heftigen Setzungserscheinungen am Mauerwerk mit einer Notsicherung des Erdgeschosses, die für viele Jahre den Gesamteindruck des Schlosses in einer denkmalpflegerisch und ästhetisch völlig unbefriedigenden Weise prägte.
Im Oktober 2007 wurde das Wasserschloss mit dem seit langer Zeit trockenen Wassergraben und dem ehemaligen Gutsverwalterhaus von der Stiftung Kulturerbe im ländlichen Raum Mecklenburg-Vorpommern übernommen. Diese initiierte eine umfassende Sanierung der Anlage. Der Bund stellte für die Sanierung des Schlosses 213.400 Euro aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm IV bereit. Das Wirtschaftsministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern unterstützte die Investition mit Fördermitteln aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ und mit Mitteln aus dem „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ (EFRE). Die Gesamtinvestitionssumme zur Nutzbarmachung des Gebäudes als „touristische Basisstation“ mit Veranstaltungsräumen und Ausstellungen betrug rund 4,9 Millionen Euro.
Im Sommer 2020 wurde das Schloss nach rund 10 Jahren Vorbereitungs- und etwa 3 Jahren Bauzeit feierlich eröffnet und ist seitdem zu besichtigen.
Anlage
Der Bau des Wasserschlosses Quilow wurde wohl in den 1560er Jahren begonnen und dürfte spätestens um 1575 vollendet gewesen sein. Es handelt sich um ein zweigeschossiges Festes Haus mit rechteckigem Grundriss. Im Keller und Erdgeschoss sind die ursprünglichen Kreuzgratgewölbe erhalten. Die Fundamente bestehen überwiegend aus Feldsteinen, die Außenwände aus geputztem Mischmauerwerk. Teilweise sichtbare Backsteinbereiche wurden bei Reparaturen nach dem Dreißigjährigen Krieg und bei späteren Sanierungsarbeiten eingefügt. An den Gebäudekanten sind stellenweise noch die Reste einer Putzquaderung erkennbar.
Das Dach hat einen liegenden Dachstuhl nach obersächsischem Vorbild. Ein besonderes Merkmal des Wasserschlosses sind die Zwerchhäuser über der Südfassade, die zur Bauzeit auf adligen und herrschaftlichen Gebäuden weit verbreitet waren (vgl. z. B. Schloss Schönfeld (Dresden)) und heute die letzten erhaltenen in Vorpommern sind. Von den ursprünglich vier Zwerchhäusern wurden die zwei auf der nördlichen Dachseite gelegenen bereits zum Ende des 17. Jahrhunderts wieder entfernt. Die erhaltenen Zwerchhäuser sind zweigeschossig gegliedert und als Fachwerkbau errichtet. Ihre Fassaden sind mit geputztem Mauerwerk verblendet. Während der untere Wandbereich in der Art eines zweiten Obergeschosses ausgeführt ist, sind die oberen Giebelfelder gehaltvoll mit Halbsäulchen und Gesimsbändern gegliedert.
Die Giebel der Ost- und Westseite wurden bei Sanierungsarbeiten in den 1960er Jahren weitgehend neu errichtet. Dabei wurde der eigentlich schlichter gestaltete Westgiebel aufwändiger neu gebaut, da das Aufmaß des Ostgiebels als Vorlage für beide Seiten verwendet wurde.
Vor der Südfassade, von den Zwerchhäusern eingerahmt, befindet sich ein Treppenturm mit unten quadratischem, über dem Obergeschoss achteckigem Grundriss. An der Nordseite des Schlosses sind noch die Reste eines Wirtschaftsanbaus aus dem 19. Jahrhundert erkennbar.
Das Schloss gehört zu den ältesten erhaltenen Putzbauten Vorpommerns. Der Putz besaß ursprünglich einen weißen Anstrich. Während der Schwedenzeit wurde der Anstrich in dem zu dieser Zeit in Mode gekommenen Falunrot erneuert, wie im Putz erkennbare Reste von Farbpigmenten zeigen. Im 19. Jahrhundert tendierte die Farbgebung nach helleren Rottönen wieder zu Weiß.
Literatur
- Hubertus Neuschäffer: Vorpommerns Schlösser und Herrenhäuser. Husum Druck- und Verlagsgesellschaft 1993, ISBN 3-88042-636-8, S. 160–161.
- Katharina Baark: Schloßgeschichten aus Mecklenburg-Vorpommern. Christians, Hamburg 1994, S. 63–66.
- Sabine Horn: Quilow. In: Kazimiera Kalita-Skwirzyńska (Hrsg.): Schlösser und Herrenhäuser in Pommern. Zamek Książąt Pomorskich, Stettin 2006, ISBN 83-916790-9-8, S. 194–196.
Weblinks
- Wasserschloss Quilow
- Sabine Horn: Quilow - Herrenhaus
- Stiftung Kulturerbe: Modellprojekt Wasserschloss Quilow
- Millionenhilfe: Wasserschloss in Quilow wird saniert In: Die Welt vom 3. September 2017.
Einzelnachweise
- Transformation – Klangkunstausstellung 2009, abgerufen am 5. Februar 2021.
- Paul Schumacher: Denkmalpflegerische Zielstellung für die bauliche Sicherung des Wasserschlosses Quilow. Neubrandenburg 1993.