Waffenstillstand von Kötzschenbroda
Nach den militärischen Erfolgen der Schweden im Dreißigjährigen Krieg schloss der sächsische Kurfürst Johann Georg I. den Waffenstillstand von Kötzschenbroda mit dem schwedischen General Lennart Torstensson. Verhandlungsführer und Unterzeichner der sächsischen Seite waren der Geheime Rat Johann Georg Oppeln (von Oppel), der Generalwachtmeister und Obrist zu Fuß Wolff Christoph von Arnimb sowie der Obrist Hans von der Pford,[1][2] für die Schweden unterzeichneten der Oberst Ludwig Sarrazin, der Oberstleutnant Johann Nerr und der Assistenz-Rat Paul Haffner. Letzterer unterzeichnete für den ursprünglich bei den ersten Verhandlungen anwesenden Generalmajor Axel Lillie,[3] zu jener Zeit Gouverneur in Leipzig.[4]
Der Waffenstillstandsvertrag wurde am 27. Augustjul. / 6. September 1645greg. im Pfarrhaus von Kötzschenbroda von deren Bevollmächtigten unterzeichnet, jeweils die eine Seite auf dem für die andere Seite vorgesehenen Exemplar. Gastgeber der gesamten Verhandlungen war der langjährige Pfarrer von Kötzschenbroda, Augustin Prescher, Teilnehmer an den Verhandlungen war der Geheime Sekretär Anton Weck, der in Kötzschenbroda Ländereien besaß.
Bedingungen
- Das Kurfürstentum Sachsen verzichtet für sechs Monate auf jegliche Teilnahme an den Kampfhandlungen.
- Die drei sächsischen Regimenter in der kaiserlichen Armee bleiben im kaiserlichen Dienst, dürfen jedoch nicht gegen das schwedische Heer eingesetzt werden.
- Die Städte Leipzig und Torgau bleiben schwedisch besetzt.
- Das Kurfürstentum Sachsen zahlt monatliche Kontributionen von 11.000 Talern an das schwedische Heer, zuzüglich Naturalien.
- Das schwedische Heer darf ungehindert durch das Kurfürstentum Sachsen marschieren, mit Ausnahme einer drei Meilen umfassenden Neutralen Zone um Dresden.
Auswirkungen
Kurz vor Ablauf der Waffenstillstandsdauer von sechs Monaten trafen sich die Verhandlungsparteien erneut zu Friedensverhandlungen in Eilenburg. Der nach längeren Verhandlungen am 31. März 1646 geschlossene Friede von Eilenburg war gültig bis zu einem allgemeinen Waffenstillstands- oder Friedensvertrag, der mit dem Westfälischen Frieden 1648 erzielt wurde. Kursachsen schied damit endgültig aus dem Krieg aus. Die Kontributionen wurden auf 8.000 Taler reduziert, dennoch hatte das Land unter der schwedischen Besatzung noch bis 1650 zu leiden.
Gedenken
Zum 350. Friedenstag 1995 wurde vom verein für denkmalpflege und neues bauen radebeul eine Gedenktafel gestiftet, um an das Ereignis zu erinnern. Vor dem Pfarrhaus auf dem Anger in den Fußboden eingelassen, ist sie heute Bestandteil des neugestalteten Friedenskirchvorplatzes.
Am Jahrestag des Waffenstillstands, dem 27. August, wird aus Anlass dieses Friedenszeichens seit 2004 der internationale Radebeuler Couragepreis verliehen.
Die Legende zum Schwedentisch
„In einer Legende wird berichtet, dass es am Tag der Unterzeichnung des Vertrages (27. August) im ganzen Pfarrhaus keinen dem Anlass entsprechenden Tisch gab. Prescher soll beim Böttchermeister Knoth, der an diesem Tag die Hochzeit seiner Tochter ausrichten wollte, einen Tisch erbeten haben. Es heißt weiter: ‚Der Brautvater übergibt unter Gebet und Danken den Tisch mit allen darauf befindlichen Festspeisen. Die Verhandelnden haben das Geschenk gerne angenommen. Der Waffenstillstandsvertrag konnte dann unterzeichnet werden.‘“[5]
Der grobe Holztisch, auf dem der Vertrag unterschiedlichen Quellen nach „unterschrieben worden sein soll“ oder „unterschrieben worden sein könnte“, wird dem Stadtlexikon Radebeul[6] zufolge erst 1829 erstmals erwähnt. Nach anderen Quellen soll er verloren gegangen und ersetzt worden sein.
Literatur
- Frank Andert (Red.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. Herausgegeben vom Stadtarchiv Radebeul. 2., leicht geänderte Auflage. Stadtarchiv, Radebeul 2006, ISBN 3-938460-05-9.
- Cornelius Gurlitt: Die Kunstdenkmäler von Dresdens Umgebung, Theil 2: Amtshauptmannschaft Dresden-Neustadt. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, Band 26, C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1904, S. 54 f. (Digitalisat Kötzschenbroda. Erinnerungen an den Kötzschenbrodaer Waffenstillstand. Blatt 57, Blatt 58)
- Karl Gustav Helbig: Die sächsisch-schwedischen Verhandlungen zu Kötzschenbroda und Eilenburg 1645 und 1646, in: Karl von Weber (Hrsg.): Archiv für die sächsische Geschichte, Band 5, Heft 4, Leipzig 1867, S. 264–288 Digitalisat der gesamten Ausgabe (PDF, 14.6MB)
- Wilhelm Schäfer: Der Waffenstillstand zu Kötzschenbroda am 27. August 1645. Dresden 1845. (Online-Version).
Weblinks
Einzelnachweise
- Wilhelm Schäfer: Der Waffenstillstand zu Kötzschenbroda am 27. August 1645. Dresden 1845, S. 44. (Online-Version).
- Johann Jacob Vogeln: Leipzigisches Geschicht-Buch, Oder Annales, Das ist: Jahr- und Tage-Bücher der weltberühmten Königl. und Churfürstl. Sächsischen Kauff- und Handels-Stadt Leipzig, In welchen die meisten merckwürdigsten Geschichte und geschehene Veränderungen, die in und bey belobter Stadt und Gegend, beydes in Geistl. als Weltlichen Sachen, sowohl in Friedens- als Krieges-Zeiten, von Anno 661 nach Christi Geburth an, bis auf die neuesten Zeiten, von Tage zu Tage sich begeben haben, enthalten sind. Linkischens Buchhandlung, Leipzig 1756, S. 622. (Online-Version).
- Der Waffenstillstandsvertrag zu Kötzschenbroda zwischen Schweden und Sachsen abgeschlossen am 27. August 1645 (PDF; 114 kB)
- Erik Gustav Geijer, Ludvig Stavenow, Friedrich August Ukert, Wilhelm von Giesebrecht, Karl Lambrecht: Geschichte Schwedens. Band 3, Friedrich Perthes, Hamburg 1836. S. 365. (Online-Version).
- Magister Augustin Prescher; 52 Jahre Pfarrer in unserer Gemeinde. Abgerufen am 25. Mai 2019.
- Frank Andert (Red.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. Herausgegeben vom Stadtarchiv Radebeul. 2., leicht geänderte Auflage. Stadtarchiv, Radebeul 2006, ISBN 3-938460-05-9, S. 210.