Volker Bertelmann
Volker Bertelmann (* 1966 in Kreuztal[1]) ist ein deutscher Komponist und Pianist, der auch unter seinem Künstlernamen Hauschka veröffentlicht. Bekannt wurde er durch seine mit Hilfe präparierter Klaviere eingespielten Musikstücke. Für seine Werke wurde er für die Oscars und den Golden Globe Award nominiert.
Leben und Werdegang
Bertelmann wuchs als zweitjüngstes von sechs Kindern in Ferndorf im Siegerland auf.[2] Mit acht Jahren entdeckte er zu Weihnachten in der Kirche das Klavierspiel für sich.[2] Er begann eine klassische Klavierausbildung, die er für zehn Jahre fortsetzte.[3]
Im Alter von 14 Jahren gründete er seine erste Rockband.[2] Später folgten Auftragsarbeiten für Fernsehmusik und Tätigkeiten als Sänger diverser Bands.[2] Nach dem Abitur zog Bertelmann nach Köln, wo er ein Studium der Medizin und später der BWL begann, die er beide abbrach, um sich wieder der Musik zu widmen.[2] Mit seinem Cousin Oliver Lodge-Philips gründete er 1992 die Hip-Hop-Band God's Favorite Dog, die vor allem durch ihr Stück Love and Pain bekannt wurde. Es folgte ein Album und nationale wie internationale Auftritte, unter anderem als Vorgruppe der Fantastischen Vier. Da weitere Erfolge ausblieben, verlor die Band allerdings ihren Plattenvertrag und löste sich auf.[2]
Nach einer Phase der Orientierungslosigkeit zog Bertelmann nach Düsseldorf. Dort begann er wieder mit dem Musikmachen, wobei er auf seine mehrjährige Ausbildung als klassischer Pianist zurückgriff. Er komponierte Klavierstücke, die er unter dem Pseudonym „Hauschka“ veröffentlichte, das er in Anlehnung an den böhmischen Komponisten Vinzenz Hauschka und die Arznei-Produkte von Dr. Hauschka auswählte.[4]
Das erste Hauschka-Album Substantial erschien 2004 beim Kölner Label Karaoke Kalk. Das ebenfalls bei Karaoke Kalk veröffentlichte zweite Album The Prepared Piano folgte 2005. Auf diesem setzte sich Bertelmann intensiv mit den Möglichkeiten präparierter Klaviere auseinander, einer 1940 erstmals von John Cage praktizierten Technik zur Verfremdung des Klavierklangs. So klemmte er Leder-, Filz- oder Gummistücke zwischen die Saiten, umwickelte die Hämmer mit Alufolie, beschwerte die Saiten mit Gegenständen und verband diese mit Gitarrensaiten oder Klebeband.[5] 2007 folgte das Remix-Album Versions Of The Prepared Piano, auf dem die Stücke des Albums von Künstlern wie Èglantine Gouzy, Barbara Morgenstern, Nobukazu Takemura, Wechsel Garland, Frank Bretschneider, Mira Calix und Tarwater neu interpretiert wurden.
Im gleichen Jahr unterschrieb Bertelmann einen Vertrag mit dem FatCat-Sublabel 130701. Auf dem 2008 erschienenen Album Ferndorf arbeitete Bertelmann mit Cellisten, Posaunisten und Violinisten zusammen. Nach einem Konzert mit dem Magik*Magik Orchestra entschloss sich Bertelmann, seine Stücke durch weitere Instrumente anzureichern.[6] Die so entstandenen Werke wurden im Januar 2010 von einem Orchester unter Leitung von Minna Choi in San Francisco aufgezeichnet. Ian Pellicci war der Soundengineer bei diesen Aufnahmen, die im Studio TinyTelephone von John Vanderslice aufgenommen wurden. Die Klavierstücke nahm Bertelmann dann im Düsseldorfer Studio Zwei auf. Das Album Foreign Landscapes wurde 2010 auf 130701 veröffentlicht.
Für das 2011 erschienene Album Salon des Amateurs (benannt nach der Düsseldorfer Musiklounge Salon des Amateurs, wo Bertelmann zusammen mit Aron Mehzion das Approximation Festival gründete) arbeitete Bertelmann mit Musikern wie Samuli Kosminen (Múm, Edea), Hilary Hahn sowie Joey Burns und John Convertino von Calexico zusammen. Die Aufnahmen sollten ursprünglich gemeinsam mit dem Vorgänger Foreign Landscapes erscheinen. Einerseits sollte dabei das Klavier nur noch als ein Instrument unter vielen genutzt werden, andererseits sollte es hauptsächlich als Rhythmusinstrument fungieren. Da die aufgenommenen Stücke aber nicht in der gewünschten Art zusammenpassten, entschied sich Bertelmann dazu, beide Platten getrennt voneinander zu veröffentlichen. Dabei stellt Foreign Landscapes den Schritt weg vom präparierten Klavier als Soloinstrument und Salon des Amateurs die Entwicklung hin zu einer Rhythmus-betonteren Herangehensweise dar.[7]
Im Jahr 2012 produzierte Bertelmann die Filmmusik zu Doris Dörries Film Glück und dem israelischen Dokumentarfilm Schnee von gestern von Yael Reveuny. Im Mai 2012 erschien das Album Silfra (benannt nach der Silfra-Spalte) mit der US-amerikanischen Violinistin Hilary Hahn auf dem Label Deutsche Grammophon. Dieses Album besteht aus zwölf Improvisationen, die in den Greenhouse Studios in Island von Valgeir Sigurdsson aufgenommen wurden.
Für die TV-Doku-Reihe Durch die Nacht mit... übernahm der Musiker für die Sendung Tori Amos & Hauschka, die am 9. Februar 2013 erstausgestrahlt wurde, die zweite Hauptrolle.[8]
2017 erhielt er für seine Zusammenarbeit mit Dustin O’Halloran an der Filmmusik zum Spielfilm Lion – Der lange Weg nach Hause (2016) Nominierungen für den Oscar und Golden Globe Award. Ebenfalls 2017 wurde er in die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften gewählt.
Er ist außerdem Mitglied von Music A.M., einem Projekt mit Stefan Schneider von To Rococo Rot und Luke Sutherland von Long Fin Killie. Gemeinsam mit Torsten Mauss veröffentlicht er elektronische Musik unter dem Alias Tonetraeger.
Ende Juni 2018 wurde Bertelmann ein Mitglied der Academy of Motion Picture Arts and Sciences.[9]
2020 komponierte er die Musik für die Showtime-Miniserie Your Honor, 2021 für die Podcast-Serie Day X der New York Times.
Volker Bertelmann lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Düsseldorf.
Diskografie (Auswahl)
Studioalben
- 2004: Hauschka – Substantial (Karaoke Kalk)
- 2005: Hauschka – The Prepared Piano (Karaoke Kalk)
- 2007: Hauschka – Versions Of The Prepared Piano (Karaoke Kalk)
- 2007: Hauschka – Room To Expand (130701)
- 2008: Hauschka – Ferndorf (130701)
- 2010: Hauschka – Foreign Landscapes (130701)
- 2011: Hauschka – Salon Des Amateurs (130701)
- 2011: Hauschka & Hildur Guðnadóttir – Pan Tone (Sonic Pieces)
- 2011: Angela Fette & Christian Jendreiko & Hauschka & Rosilene Luduvico & Tolouse Low Trax – Schwerte Box Set (Apparent Extent)
- 2011: Hauschka & Rosilene Luduvico – Unbestimmt (Apparent Extent)
- 2012: Hilary Hahn and Hauschka – Silfra (Deutsche Grammophon)
- 2013: Hauschka – Salon des Amateurs Remixes (130701)
- 2014: Hauschka – Abandoned City (City Slang)
- 2015: Hauschka – A NDO C Y (Temporary Residence)
- 2017: Hauschka – What If (City Slang)
- 2019: Hauschka – A Different Forest (Sony Classical)
Filmscores
- 2012: Hauschka – Glück
- 2013: Hauschka – Schnee von gestern (Dokumentarfilm)
- 2014: Hauschka – Futuro Beach
- 2015: Hauschka – The Boy
- 2016: Hauschka – Deutschland. Dein Selbstporträt
- 2016: Hauschka und Dustin O’Halloran – Lion Original Motion Picture Soundtrack (Score zu Lion – Der lange Weg nach Hause)
- 2016: Hauschka – Stürmische Ernte – In Dubious Battle
- 2016: Hauschka – Exodus Where I Come from Is Disappearing (Dokumentarfilm)
- 2017: Hauschka – 1000 Arten Regen zu beschreiben
- 2018: Was uns nicht umbringt
- 2018: Die Farbe des Horizonts (Adrift)
- 2018: Hotel Mumbai
- 2019: Gut gegen Nordwind
- 2019: Enzo und die wundersame Welt der Menschen (The Art of Racing in the Rain)
- 2019: Der Name der Rose 8-teilige Fernsehminiserie
- 2019: Als Hitler das rosa Kaninchen stahl
- 2020: The Old Guard
- 2020: Summerland
- 2020: Downhill
- 2020: Ammonite
- 2020: Home
- 2020: Your Honor
- 2021: Sörensen hat Angst
- 2021: Stowaway – Blinder Passagier (Stowaway)
- 2021: Monte Verità – Der Rausch der Freiheit
- 2021: Westwall (Fernsehserie)
- 2022: Against the Ice
Singles & EPs
- 2006: Hauschka – What A Day (Earsugar)
- 2009: Hauschka – Snowflakes & Car Wrecks (FatCat Records)
- 2009: Hauschka – Small Pieces (Secret Furry Hole)
- 2011: Hauschka – Youyoume (Serein)
- 2012: Hauschka – Salon des Amateurs Remix EP1 (FatCat Records)
- 2012: Hauschka – Salon des Amateurs Remix EP2 (FatCat Records)
Literatur
- Sven-André Dreyer, Michael Wenzel, Thomas Stelzmann: Keine Atempause – Musik aus Düsseldorf, Droste, Düsseldorf 2018, 192 S., ISBN 978-3-7700-2067-6.
Weblinks
- Offizielle Website hauschka-net.de
- Volker Bertelmann in der Internet Movie Database (englisch)
- Volker Bertelmann bei crew united
- Volker Bertelmann bei filmportal.de
- Volker Bertelmann bei Discogs
- Hauschka bei AllMusic (englisch)
Einzelnachweise
- Hauschka: Vordergründig bei coolibri.de, abgerufen am 2. April 2012
- Ungewohnte Töne: Der Klangkünstler und Pianist Volker Bertelmann bei dradio.de, abgerufen am 30. März 2012
- Five questions for... Volker Bertelmann bei metro.co.uk, abgerufen am 30. März 2012
- Hauschka spielt Klavier (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. bei viawala.de, abgerufen am 30. März 2012
- Immer rein damit – Artikel bei zeit.de, abgerufen am 30. März 2012
- A Chat With Volker Bertelmann (Hauschka) (Memento des Originals vom 30. August 2011 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. bei fluid-radio.co.uk, abgerufen am 30. März 2012
- Hauschka „Salon des Amateurs“ (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. bei beatsinternational.com, abgerufen am 30. März 2012
- Tori Amos & Hauschka, abgerufen am 21. August 2016
- Gregg Kilday: Academy Invites Record 928 New Members. In: The Hollywood Reporter, 25. Juni 2018.