Villa Oppenheim (Berlin)
Die Villa Oppenheim, auch Villa Sorgenfrei, in der Berliner Schloßstraße im Ortsteil Charlottenburg ist eine Villa im Stil der Neorenaissance, in der sich bis 2009 ein Museum für Gegenwartskunst befand. Seit 2012 dient die Villa als Heimat- und Geschichtsmuseum der heutigen Berliner Ortsteile Charlottenburg und Wilmersdorf.
Villa Oppenheim | |
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Daten | |
Ort | Berlin, Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf |
Architekt | Christian Heidecke |
Bauherr | Margarethe und Otto Oppenheim |
Baustil | Neorenaissance |
Baujahr | 1881–1882 |
Koordinaten | 52° 30′ 58,9″ N, 13° 17′ 51,2″ O |
Das Bauwerk
Die heutige Villa Oppenheim ist der Nachfolger eines älteren Gebäudes. Sie wurde 1881–1882 nach Plänen des Berliner Architekten Christian Heidecke errichtet und bestand ursprünglich aus einer dreiflügeligen Anlage aus Backsteinen. Heidecke orientierte sich bei der Gestaltung an den Renaissancevillen Venedigs. Das Erdgeschoss erhielt hochrechteckige Fenster mit schlichten Sandsteinrahmen, die Fenster des Obergeschosses waren von Pfeilern flankiert und hatten Rundbogenabschlüsse innerhalb eines rechteckigen Rahmens. Durchgehende Gesimse trennen die Geschosse optisch voneinander ab. Für eine weitere Auflockerung der Komposition sorgen Freitreppen, die von den Portalen der Eckrisalite in den Garten führten, und Loggien mit eingestellten Säulen im ersten Obergeschoss. Die heutige Farbgebung – rot für die Wände, weiß für die gliedernden Elemente – hebt diese Anordnung hervor. Auf der Nordseite befand sich im Obergeschoss ein Balkon über dem zentralen Portikus und auch die Südseite war durch einen Portikus samt Mittelrisalit symmetrisch gegliedert. Das Dach war ein gekapptes Mansardwalmdach. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.[1]
Geschichte
Zur Zeit der ersten Bebauung Charlottenburgs befanden sich auf dem Gelände Marstall, Menagerie und Lorbeerhaus des Charlottenburger Schlosses. Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Orangerie errichtet und König Friedrich Wilhelm II. verschenkte das Grundstück an den Geheimen Kämmerer Rietz. Nach mehreren Besitzerwechseln ging es 1844/1846 in den Besitz des Bankiers Alexander Mendelssohn über, der dort einen Sommersitz für seine Familie errichtete, dem er den Namen „Sorgenfrei“ (frz.: sans souci ‚ohne Sorge‘) gab, als Anspielung auf ein „Kleines Sanssouci“. Im Jahr 1871 erbte seine Witwe, Marianne Mendelssohn (geborene Seligmann, 1799–1880), das Anwesen. Nach ihrem Tod fielen Villa, Nebengebäude und Garten an die zweitälteste Tochter des Paares, Margarethe (1823–1890), die mit dem Obertribunalrat Otto Georg Oppenheim (1817–1909) verheiratet war. Die alte Villa „Sorgenfrei“ wurde abgerissen, um für einen Neubau Platz zu machen – die heutige Villa Oppenheim. Diese wurde bis zum Tod Otto Georg Oppenheims im Jahr 1909 als Alterssitz des Juristen sowie als Sommersitz der Nachkommenschaft genutzt und 1911 samt dem dazugehörigen Grundstück an die Stadt Charlottenburg verkauft. Die Stadtverwaltung verkaufte das Gebäude umgehend an den Kriegerverband weiter, der es als Kriegervereinshaus nutzte. Bereits 1913 erwarb die Stadt Charlottenburg das Grundstück im Rahmen einer Zwangsversteigerung zurück.[2]
Die Stadt legte auf dem östlichen Teil des großen Oppenheimschen Gartens den Schustehruspark an, riss den Nordflügel und die Nebengebäude der Villa ab und errichtete nach Plänen von Hans Winterstein ein Schulgebäude, das mit dem Rest der Villa Oppenheim verbunden war. Die Schule trug zunächst den Namen Sophie-Charlotte-Schule, später wurde sie in Oppenheim-Oberschule umbenannt.
Während des Zweiten Weltkriegs dienten die Gebäude als Seuchenlazarett, doch schon 1945 wurde der Schulbetrieb wieder aufgenommen. Die Villa hatte durch die Luftangriffe der Alliierten ihr Dachgeschoss eingebüßt und erhielt nun ein provisorisches Flachdach.
Von 1985 bis 1987 wurde die Villa Oppenheim restauriert und mit Galerieräumen im Erdgeschoss versehen. Von 2005 bis 2009 beherbergte sie die Galerie für Gegenwartskunst. Anschließend musste auch das historische Gebäude umfassend saniert werden. Seit Abschluss der Sanierungsarbeiten am 24. Januar 2012 ist das Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim untergebracht. Mehrere Ausstellungen sind für Besucher geöffnet, darunter Dauer- und Wechselausstellungen.[3]
Beispielsweise fand in der Zeit zwischen Januar und Juni 2019 eine Sonderausstellung unter dem Titel Susi, die Enkelin von Haus Nr. 4 statt. Sie fußte auf dem gleichnamigen Buch der Berliner Grundschullehrerin Birgitta Behr,[4] die mit ihrer Graphic Novel die Geschichte eines jüdischen Mädchens aus Berlin-Wilmersdorf erzählte, das mit seinen Eltern Steffy und Ludwig Collm im Oktober 1942 untertauchte und so der Verfolgung im Nationalsozialismus entkam.[5] Der Berliner Tagesspiegel berichtete mehrfach über die Ausstellung, zum Beispiel im März[6] und im Mai des Jahres,[7] die Berliner Morgenpost berichtete,[8] die TV-Sendung Berliner Abendschau[9] und viele Andere.[10] Zuvor hatte die Süddeutsche Zeitung bereits 2017 über das Buch von Behr berichtet.[11]
Literatur
- Gisela Scholtze: Die Villa Oppenheim in Charlottenburg. In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, 93. Jahrgang, 1997, S. 150–164 (PDF-Datei).
Weblinks
Einzelnachweise
- Baudenkmal Villa Oppenheim, 1881–1882 von Christian Heidecke Schloßstraße 55/ Am Parkplatz 6
- Stephan Brandt: Berlin-Westend. Sutton Verlag, Erfurt 2009, ISBN 978-3-86680-458-6, S. 78.
- Villa Oppenheim bei Berlin.de
- Birgitta Behr: Susi. Die Enkelin von Haus Nummer 4 und die Zeit der versteckten Judensterne. ArsEdition, München 2016, ISBN 978-3-8458-1525-1.
- Susi, die Enkelin von Haus Nr. 4. Das Überleben im Nationalsozialismus einer als Juden verfolgten Familie im Untergrund. Sonderausstellung 19. Januar bis 16. Juni 2019. In: Das Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim. 2019, abgerufen am 28. August 2020.
- Christoph Stollowsky: Susi will leben. Wie eine Berliner Familie die NS-Zeit im Versteck überstand. In: Der Tagesspiegel. 16. März 2019, abgerufen am 28. August 2020.
- Christoph Stollowsky: Ausstellung in der Villa Oppenheim. Susis Geschichte sucht eine feste Heimat. In: Der Tagesspiegel. 14. Mai 2019, abgerufen am 28. August 2020.
- Carolin Brühl: Das Schicksal des jüdischen Mädchens Susi aus Haus Nr. 4. Ein Buch, ein Film, eine Ausstellung. Was ein Stolperstein auf dem Nikolsburger Platz in Wilmersdorf ins Rollen brachte. In: Berliner Morgenpost. 29. Januar 2019, abgerufen am 28. August 2020.
- Die Geschichte hinter dem Stolperstein. RBB Abendschau. In: Website Birgitta Behr. 2016, abgerufen am 28. August 2020.
- Presse. In: Website Birgitta Behr. 2019, abgerufen am 28. August 2020.
- Eva-Elisabeth Fischer: Graphic Novel. Stolperstein. In: Süddeutsche Zeitung. 16. März 2017, abgerufen am 28. August 2020: „Brigitta Behr beschreibt in ihrer Graphic Novel eine jüdische Familie, die während der NS-Zeit in Berlin lebte. Sie erfuhr Gewalt und Hilfe - bis auf die Großmutter gelang es ihr zu fliehen. Das ist sehr authentisch erzählt und schon für Kinder wichtig.“